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Schwalb' und Krähe, Ent' und Gans baden ihr Gefieder;
wonnig in der Wellen Glanz taucht das Ross die Glieder.
Was da lebt in Flur und Au, kennt der Reinheit Segen;
Blümlein baden sich im Thau und der Baum im Regen.
Überallher tönt der Ruf: „Ohne Fleck und Fehle!
Kindlein, bleib, wie Gott dich schuf, rein an Leib und Seele!“
Löwenstein.
76. Das Kätzchen und die Stricknadeln.
Es war einmal eine arme Frau, die gieng in den
Wald, um Holz zu sammeln. Als sie mit ihrer Bürde auf
dem Rückwege war, sah sie ein krankes Kätzchen hinter
einem Zaune liegen, das kläglich schrie. Die arme Frau
nahm es mitleidig in ihre Schürze und trug es nach Hause.
Auf dem Wege kamen ihre beiden Kinder ihr entgegen, und
wie sie sahen, dass die Mutter etwas trug, fragten sie:
„Mutter, was trägst du?“ und wollten gleich das Kätzchen
haben; aber die mitleidige Frau gab den Kindern das
Kätzchen nicht, aus Sorge, sie möchten es quälen, sondern
sie legte es zu Hause auf alte, weiche Kleider und gab ihm
Milch zu trinken. Als das Kätzchen sich gelabt hatte und
wieder gesund war, war es mit einemmale fort und ver—
schwunden. Nach einiger Zeit gieng die arme Frau wieder
in den Wald, und als sie mit ihrer Bürde auf dem Rück—
wege an der Stelle war, wo das kranke Kätzchen gelegen
hatte, da stand eine ganz vornehme Dame dort, winkte der
armen Frau und warf ihr fünf Stricknadeln in die Schürze.
Die Frau wußsste nicht recht, was sie denken sollte, und es
dünkte ihr diese absonderliche Gabe gar gering; doch nahm
sie die Stricknadeln und zeigte sie ihren Kindern und legte
sie des Abends auf den Tisch. Aber als die Frau des
andern Morgens ihr Lager verließ, siehe, da lag ein Paar