Darmstädter Künstlerkolonie, selbständig'weiter gebildet. Wie
sehr sie Richtung weisen, erkennt man u. a. aus Arbeiten von
I-S a t t l e r und Otto Hupp, auch ein Exemplar der Zeitschrift
Mo) bestätigt ihren Einfluß auf die deutschen Kunst-
Aerse. Abseits von der allgemeinen Bewegung hält sich Melchior
Lechter, dem eine ganze Vitrine eingeräumt worden ist. Seine
^uste und schwere, Zuletzt doch romantisierende Kunst steht fast
ausschließlich im Dienste Stefan Georges, dessen von ihm cmsoe-
stattere Werke z. T. in kostbaren Privatdrucken vorliegen.
Auf seine erfreuliche Höhe gebracht wird das Buchwesen in
Lsr Hauptsache durch die Weitsicht und Initiative der führerchen
putschen Verleger, die denn auch mit ihren wichtigsten
Verlagswerken in der Ausstellung gebührend vertreten find.
An der Spitze steht der 1896 in Florenz entstandene, späterhin
nach Jena verlegte Died erichs - Ver lag, der die besten
jungen Künstler heranzieht und es verstanden hat, seinen
Büchern einheitliches, durch und durch gediegenes Gepräge zu
verleihen. Walter Tiemann, Joseph Olbrich, Peter
Behrens, H.V ogler, J.V. Cissarz, F.H.E hmcke und noch
manche andere gestalten in seinem Auftrag Bücher und Buchreihen,
begründen unsere heutige Buchkunst. Aem Verlag Eugen Diederichs
an Großzügigkeit und künstlerischer Vornehmheit ebenbürtig ist
der Insel-Verlag, der sich Künstler wie Henry van de Velde
und Marcus Beym er verpflichtet hat und durchaus seine eigene
Linie verfolgt. Aus der Reihe der übrigen Verleger seien noch ge
nannt : Hans v. Weber, Kurt Wolfs, Georg Müller, Gustav
Kiepenheuer, Paul und Bruno Cassirer, Otto v. Holten,
S. Fisch er usw. Auf die schönen Werke der verschiedenen Frank
furter Verleger, die den Ausgaben der anderen Verleger in keiner
Weise nachstehen, wird noch Zurückzukommen sein. Immer aufs
neue wird man bei dem Rundgang durch die Vielseitigkeit der
Ausstattung, durch die konsequente Ansnützung jeder buchkünst
lerischen Möglichkeit überrascht.
Auch die Erzeugnisse derPressen liegen in kluger Auswahl
auf. An Drucke der Srn st Ludwig- Presse und ihrer Nach
folgerin, der Kleukens-Presse (Besitzer: Tiedemann-Uzielli)
schließen sich Publikationen derBremer Presse, der Marses-
Gesellschaft usw., ferner die besonders graziösen Erzeugnisse ver
schiedener österreichischer Drucker, sowie die in Frankfurt ja
bekannten Werke der Offenbacher Schrift- und Buchkünstler.
Unmöglich hier alle Namen zu nennen.
Die Anordnung der Illustratoren ist im großen und
ganzen nach Maßgabe der historischen Entwicklung erfolgt. Der
Stil der Illustrationen wird anfänglich, wie man etwa aus den
Zeichnungen Voglers ersieht, durch die englischen Einflüsse be
stimmt. Bon England her kommt auch die anmutige Kunst
Edmond Dulacs, dessen aus Pergament aquarellierte Märchen
Illustrationen in reichhaltiger Kollektion zur Schau gestellt sind.
Den breitesten Raum nimmt die Gruppe der Impressionisten ein.
Unter ihnen ragt der geniale Slev ogr, der geborene Illustra
tor, hervor, von dem u. a. der „Lederstrumpf" vorliegt. Vertreten
sind auch der mehr auf Zierlich-dekorative Wirkung abzielende
Preetorius, der Radierer Meid mit etlichen seiner hinge-
schriedenen Barock-Phantasien und Rudoif Großmann mit
pikanten Steinzeichnungen zu Goethes Tagebuch. Der Bibliophile
kommt gerade Lei diesen Ausgaben auf seine Kosten. Ihren
Abschluß findet die Reihe der Illustrationen durch die Werke
einiger expressionistischer Künstler. Man bemerkt es auch hier
wieder, welch wertvollen Zuwachs expressionistische Kunstübung
gerade dem Ornament gebracht hat. Erwähnenswert sind außer
den duftigen Zeichnungen Matheys die kraftvollen Illu
strationen Walter Klemms, die mit innerer Dynamik ge
ladenen Holzschnitte BarlKchs und die humorvollen, kapriziösen
i Tierjchildereien Richard Seewa ldszu Gallerts Fabeln.
In dem kleinen Stammbuchraum der Lmel-Sammlung haben
noch einige kleine Sondergruppen Unterkunft gefunden. Samm
lungen hochwertiger Kinderbilderbücher vereinigen sich hier mit
Kalendern und ^Almenachen, Privatdrucken und Gelegenherts-
schriften. Interessieren werden die Frankfurter Fami
lienbücher (unter ihnen befinden sich. buchtechnisch kostbare
Veröffentlichungen zur Geschichte der Familien Bansa, Heider,
Bethmann, Passevant usw.) und die mustergültig ausgestatteten
F e st s ch ri f t e n, die von Krupp, Stinnes, Kirdorf und anderen
Großindustriellen herausgebracht worden sind. Durch ihre ge
schmackvolle Aufmachung sticht die in der Reichsdruckerei herge
stellte Jubiläumsschrift der Preußischen Staatsbank (der „See
handlung" 1722—1922) besonders hervor.
Im allgemeinen hinterbleibt der Eindruck, daß die deutsche
Buchkunst sich auf gutem Wege befindet. Auswüchse sind natürlich
vorhanden und werden überdies von der heutigen Wirtschaftslage
begünstigt. So zeigt sich nicht selten allzu große Anpassung an
bibliophile Neigungen, Verschwendung ästhetischen Raffinements
an Werke, die solche Belastung ihrem Inhalt nach nicht ertragen.
Aber im wesentlichen setzt sich doch — so scheint es — das Be
streben durch, Form und Gehalt in Uebereinstimmung zu bringen,
und das Hauptgewicht auf eine geschmacklich anständige, möglichst
schlickte Ausstattung wirklich wertvoller Bücher zu legen.
' Die Ausstellung, Zu der Pros. Dr. R. Schmidt, der Direktor
des Kunstgewerbe-Museums, ein treffliches knappes Geleit
wort geschrieben hat, ist bis zum 25. März .geöffnet. Lr.