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Full text: H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Fliegenden Blättern. 
/ 27. 
(Raser, cksr Referent, erst 24 Kerne rädle. 
Vitzrunckrwanri§ labrs unck ein kritisedes 
Urteil: cker lun^mann ist Zeriedtet. 
Die blnkadiAkeit, .VrZuments ru fincken unä 
Vatsaeden riedtix wieckerruZeden, wirck cklTkeb ckie 
LsZadun^ rur luckenrieederoi eieblied 
aulFewoxem (Rasers Kritik ist Rsrrn 8tapel 
unZ^mpatbised; also FenüLt es niedt, ckem Kri 
tiker seine visrunärwanri^ 1abr6 anrukreiäen, er 
mufz aukeräem ein ducke sein. Indessen, diese 
äeutseblänckisebs Intuition ist erwiesenermaßen 
kalseb. Der Inkriminierte ist dlonck unä von ein 
wandfrei arisodem Osdlüt. Wir sobiokten IR-M 
8tapel §srn seine RboioZrapbis und Rlutnroden 
Lur RrükunZ ein, laZe äe.' Rall niodt doRnunZs- 
108. 
Den Unrat an Lebmäbworten aukr.ikebr'en, 
äsn Herr Lrape^ von sieb läßt, keblt uns um so 
mebr äie Dust, als sied die ältesten Daäenbüter 
darunter dskinäen. Der ^iobtjuds Oläser wird 
unter anderem als ,,kleiner Diteraturmoritr" an- 
Aersäet unä erdait einen „spitren luäenbut" 
auk§esetrt. Das ^rdt es noed. Das steiZt aus den 
Oründen des „Deutse. sn Volkstums^ auk unä 
dsbauptet, deutsebes Volks^um ru sein. 
Wie ^aed soleden Nusterdeispielsn deuisod- 
ländisoder Od^ektivität die VerküAunA Herrn 
Ltapels ru dowerten sei, daß dis „Frankfurter 
Zeitung niobt naod äsm Kunstwert urteile, 
sondern „in idren bterarisoben Urteilen äie 
Interessen der ^ssimttationsiuäen" verksobte, 
wird nisdi mebr nweikeldakt sein. 
--Aus der ameriLmischm GesrSschsst. Die Neue Lichtbühne 
bringt gleich zwei amerikanisch« Gesellschaftsfilme auf einmal. Der 
eine: »Der Garten der Sünde"' beruht auf der technisch 
vorerst noch nicht zu verwirklichenden Voraussetzung, daß ein alter 
Herr um ^ayrzehnre verjüngt werden könne. Diese Unmöglichkeit 
gibt aber wenigstens Adolph« Menjou die Gelegenheit, sich 
als Lebe greis zu -eigen — er P ein wundervoller Lebegreis mit 
Säcken unter den Augen, gelähmtem Rückenmark und der Illusionen 
bar. Die Illusionen kommen ihm auch nach der Verjüngung nicht 
wieder, dafür das faszinierende Lächeln und die elegante Art, yät 
der er die Damen der Gesellschaft bezaubert. Ein Mädchen aus 
den oberen Gesellschaftskreisen (Tanz, Pelz, Flirt, schöne Mama — 
das sind die Bestandteile ihres Lebens) verfällt der Magie seiner 
Gesten. Aber in dem Augenblick, in dem aus dem Spiel Ernst 
werden soll, schreckt sie zurück. Der illufionslose Lebemann durch 
schaut ihre verspielt« Nichtigkeit, fühlt stch degoutiert und übergibt 
sie dem braven Jungen aus der Provinz, der sie zu lieben glaubt. 
Der Film enthält Keime der Gesellschaftskritik, die freilich nicht 
ausreisen. Menjou ist die vollkommene Verkörperung eines Gesell- 
schaststhpS und als f-lche Ms außerordentlich. Auch die Hinter 
grund« find nicht uninteressant: mondänes Treiben im Schwimm 
bad emes Luxusdampfers und auf New Yorker Dachgärten, die 
inmitten der nächtlichen Lichtreklame sich als phantastische Platt 
form fnr nüchterne Erotik bewähren. — Daß Amerika ein demo 
kratisches Land sei, möchte der Film: „Maripo sa, die Tän- 
^ erweisen. Pola Negri ist in ihm ein schwarzes spa 
nisches Kind, naw, tänzerisch und anständig zum Entzücken. Zwei 
Insassen eines amerikanischen Autos, das stch auf Europareise be 
findet, verlieben stch in ste: der junge Herr und der Chauffeur. 
Man begegne: sich wieder in New York, wohin sie ein findiger 
Impresario uberführt Die Tänzerin — man ist Zeuge ihres schön 
verfilmten Auftretens — wird von dem jungen Herrn beeindruckt, 
der sie zwar haben will, aber ohne Standesamt; weil es eben 
anders mcht grnge, der Familie wegen. Also sinkt ste dem Chauffeur 
in dre Arme. Wrr waren gerührt, wenn wir es glaubten. Außer 
der Negrr, dre leicht und südlich ist, glänzt noch ihre dicke, 
gute, alte komrscye Mama. 
ER 
Hsrr LIsIm 8 t a p 6 ! i8t -zettlsottt uuk 
UQ8 8pr6vli6n. In 8eiQ6r LertLettrikt: ,.O6rit- 
8 6 ktz 8 V 0 rk- 8 tum" (^xrMtzkt 1927)' 
6r, ttuk cker 6si8t 6sr Objektivität LH8 clen 
„LuIturdeTirken" äer LsiiariZ" ^6- 
roben sei. 2U ä6r baden ibrn Lwsi 
668pr66bunZ6n bn lüteraturblZtL ge§2b^n: äis 
^N86inanäer8et2unx Mas Lerrinannb Meiste) 
mit äomH01N8.N: „Volk obne Kaum" von IIan8 
0 r I m m unck Urn8t 6IässrZ cker 
vV erks X o I b 6 n b e v e r 8. 
i8t Mebebsn, äak sieb dlsrr Liapel 80 
aukrtzASn muA? Nax KerrmJrm bat 68 bei «ttler 
^nerkonnnn» cker künstterWoben b'LbiAkttten: 
Orimms ^ewa§t, ckie reaktionäre Haltung seines 
Romans an Hanck von Zitaten berausT.rst^IIen. 
Lrnst (Raser. seinerseits bat sied Mstsitet, 
ckas AebattenKoidsn^ einer im '.vesentlieben 
ästbetiseden Kritik Zu unLerLieden.^ 
^Ver erwartet,d ckaL Ilerr Stapel ckie der uns 
vermiete Odjektivität in seiner Krwrckerun^ 
8elder malten lasse, Lsnnt äas „peutsebe Vclks- 
tum" sdbloebt. Das „Veutsode Volkstum", ckas 
cker „Krankkurter 2eitunZ" man§e1nck6 Odjsk- 
ttvität Lum Vor^vurk maedt, verkälsebt ckie 
Htsaedsn. 
(-6A6N Nax Kerrmann 'rveiL Herr 8tapel 
niebts anäeres vorLudrin^eu, als ckak er im 
Literatur dlait sied mit cken p 0 litised 6 n 
lencken^en ckeS Orirnmselmn Romans delasse 
unck cker potttiseden OeAiersodalt ^veZen seine 
literarisede Reckeutun^ verkleinere. In HRrklieb^. 
keit vvürcki§t ilerrmann ausckrüokb'ed ckie .Mdie 
OebsimniZpoesis^ 'ti ckem Roman unck erklärt 
ain 8eblusse cker RespreebunA: „Risder sediekte 
ckio Reaktiop nur Lebrsr^ wie Hsr^o^ ocksr 
8trat^ ms IreRen; mit einem Nanne von cker 
Künstlersseben (^ualirät drimms wirck cker Kampf 
erst riedti^ ernstbakt, unck die ckeutseben iLelas 
unä Niradeaüs sollten sied beeilen!" 
Oe^en Rrnst 0 bä 8 e r ^iedt äieser Vor 
kämpfer r.ckeutseblänckt^eber Kulturan^äsAeN'- 
beiten" mit äem Rinwanck. 2u Kelä, äsk er 
Kolbenbe^er ästbetiseb „ab86blaobt6", mn ilm 
politiseb 2u trelken. Misäer eine LntsLM.rn§: 
äsnn (Rä8er wei8t an entseheiäenäem Ort auk 
Kolbsnde^ers streben naeb RestaurierunL; unä 
seine ,,ntseliilimeIeIbin. ber davon adgs- 
^6den: einsp ästbetiseden Kritik von derart cker 
Maser-seben beke sied saeblieb deZe^nen, obns 
ckak man sie ^runäios ckes VersteekspielZ ver- 
ckäentiAtzn mükte. Die ckeuLseirlänäisebe Laed- 
lsedkeit Rsrrn 8tapels desedpicket sied mit einer 
edronoloFiZeden. ReriediiAun^ unck cker sedwerer 
wie^encken 'edrOnoloFiseden LeseduläiZunZ, äaL 
Revue mrv SMal»In Ven Bieberban-LichtspieLen 
läuft ,ein netter amerikanischer LustspieLschlager: a der S s n -- 
nenschein". Der Sonnenschein ist Vera Reynolds, ein lustiges 
Mädchen mit einer Stubsnase, das durch sein Temperament und 
seine schauspielerische Begabung zum Revuestar avanciert. Ein 
Theaterdirektor findet sie irgendwo auf der Straße, und im Auto 
schon entwickelt sie ihre mimischen Künste. Drollig ihr erstes Auf 
treten. Sie hat vor Aufregung ihre Rolle vergessen und plumpst auf 
den Boden: verdutzt über die Unfälle, beginnt sie zu improvisieren 
und reißt das Publikum hin. Nicht vergessen sei der Kapellmeister, 
dem bei dieser Szene der Schweiß über die Stirne läuft. Daß aus 
der Stubsnase und dem Direktor ein kinderreiches Paar wird, ist 
als Schlußapothese wohl unvermeidlich. — Der Hauptfilm heißt: 
„Schwester Veronika" und ist nach einem Schauspiel von 
Hans Müller gedreht. Das Stück Zeigt eine Krankenschwester, die 
nach jahrelanger unverdrossener Pflege eine Nacht mit einem Mann 
verlebt, und ausgerechnet in dieser Nacht, in der sie außerhalb des 
Spitals ist, muß ein krankes Kind sterben. Das Pech wird als 
Tragik ausgegeöen. Es kommt zur Gerichtsverhandlung, die, im 
Film wenigstens, mit Freispruch endigt. Eine rührende, etwas ver 
moderte Geschichte, die nicht verfilmt hätte werden sollen. Denn die 
Spannung ist hier inwendig und vergeht vollends, wenn sie stch im 
optischen Medium susdrLÄen möchte. Egede Nissen holt 
aus der Schwester heraus, was diese Figur hergibt. Der Ver 
teidiger Paul Morgan- ist zwar gut nuanciert, stammt aber 
! mit seinem Bart und dem schief aufgesetzten Zwicker aus den 
Höfisches. In den „Ufa-Lichtspielen" erscheint Harrh 
Liedtke in dem Film: „Der Soldat der M'arie^als 
Durchlaucht der Reichsgraf. Um ihn als wonnigen Frauenliebling 
Zu zeigen, wird die Biedermeierzeit heraufbeschworen, mit ihren 
Uniformen, die ihm gut stehen, und dem bescheidenen Prunk eines 
kleines HsfeS, der dem Liebling den nötigen Hintergrund gibt. 
Terna Desni als blondes Müllertschterchen ist das Opfer seiner 
Liebe. Er nähert stch ihr in der schmucken Tracht des einfachen 
Soldaten und erobert im Sturm das Herzchen, das zwischen den 
Mehlsäcken nicht verwohnt war. Außerdem poMert er noch mit 
den beiden Schwestern der Mari-e, und der Vater der drei Töchter 
heiratet Margarethe Kupfer, die als reiche Witwe in der Nacht 
jacke nicht eben schmackhaft aussieht. In den erotischen Wirkungen 
sich auszukennen, üöersteigt das normale Fassungsvermögen. Um 
das reichsgräfliche Liebesleben scharen sich Typen aus den 
Fliegenden Blättern. Am Ende lüftet nach altbewährtem Rezept der 
Soldat sein Inkognito, der Marie läuft ein Schauer über den 
Rücken, weil sie mit einem richtigen Reichsgrafen zusammen war, 
sie weint, sie knickst, atavistische Untertan engefühle werden befriedigt, 
und die Marie und ihr Soldat ergeben ein reichsgräfliches Paar. 
Die Mache ist durchsichtig: ein wenig Rückschau auf die alte 
dynastische Zeit, ein wenig Militärklimbim und eine gehörige 
Portion sogenannter Liebe, die zu sehen man immer liebt — fertig 
ist das Gebräu. Es scheint sich immer noch als süffig zu erweisen. — 
Ein ausgezeichneter Expedittonsfilm: „Autofahrt insMor* 
gen lan d" geht voran In einer Folge wirklich gilt gelungener 
! BWer erficht -er lkÄHsch Lcheven vor M« Mt seinen Bazar- 
straßen, Derwischen, VsSStypes, Mosches Gebräuchen Wie 
Illustrationen zu Tanfendundeine Nacht muten viele Bilder an.
	        
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