Aer erste deutsche Tonfilm.
-- Schwarzwald-Berlin. Der in den Ufa-Lichtspielen ge.
zeigsrre Film: „.,SS chk w a rzz w a l d m nä dbpesl" ist nach der galleiicÄh--
Operette gedreht. Liane Haid muß in ihm ein süßes
Madel Erstellen, das aus dem stillen Dorf nach dem großen Ber-
^^A^iagen wird, dort sich einem Mann opfert, der für sie nicht
geschaffen rst, und zuletzt wieder ins stille Dorf zurückkehrt. Teils
m eracht terls im Stadtkostüm. Ein volkstümliches Rührstück,
dessen zweifelhafter Held Fred Louis Lerch als russischer Emi
grant rst. Berlin wird durch die Gesellschaftsdame Olga Lim-
und einen Trottel von Gnaden Georg Alexanders
schlecht und recht repräsentiert. Die Regie hätte das Stück durch
erne leichte Wendung ins Märchenhafte wesentlich verbessern
Encn.
Tobissilm glücklicher verfahren, wenn man nur die vorgewiesenen
Schriftstücke laut hätte verlesen lassen. . .
Wie immer das Experiment ausgefallen ist, es ist sehens- und
Hörenswert. Je mehr Anteil die öffentliche Meinung an den Ver
suchen nimmt, um so eher wird das Provisorium überwunden.
Der Film ist die Leistung eines Kollektivs, zu dessen paffwen
Mitarbeitern das Publikum zählt. („Der Günstling von Schon-
brunn" läuft im Frankfurter Gloria-Palast.)
S. Kracauer.
und nicht dort? Autor und Regisseur sollten wissen, was sie eigM.
lich wollen.
Das Happy end gibt sich als gesprochener Dialog. An sich ist es
durchaus richtig, einen ausgezeichneten Punkt so aus dem Fluß
der Darstellung herauszuheben. Nur eben liegt die Kunst der
DiclloFführuN'g noch« völlig im «argen. Um von Ler Unzulängliche
keit der technischen Reproduktion abzusehen: die Wirklichkeit des
Tons vernichtet die des Bildstreifens. Man läßt Petrovich und
die Dagover sprechen; aber sprechen sie auch? In demselben Augen
blick, in dem gesprochen wird, zerstäubt die bisherige Realität der
wahrgenommenen Personen, und Petrovich und die Dagover ver
flachen zu photographierten Figuren. Die Stimme, die ihren
Träger ausrunden fasste, entlarvt ihn als eine Spiegelung aus
der Leinwand. Das rührt daher, daß der Ton in die Geschlossen
heit der Filmzeit und des Filmvaumss einbricht wie der Wolf in
die Hürde. Der Ton hat seine eigene Zeit, seinen eigenen Raum.
Erst wenn es gelingt, die beiden von einander getrennten ästheti-
I icken Welten des Tons und des Bildes ?u verschmelzen, wird das
Wort im Film Gestalt werden. Es ist die Frage, und. vorerst zu
bezweifeln, ob gerade die Red« der sichtbar e n Figuren leicht zur
Kunstwirklichkeit gelangen kann. Vielleicht wäre, man in unserem
Obwohl dieser Titel des in den Ale
m'a- Lichtspielen gezeigten Films unmißverständlich ist, heißt
°r d°ch noch emmal im Untertitel^Erotik". Natürlich nehmen di-
Ausschweifungen des Mngen Mannes, dem Olaf Fjord die schöne
Statur und das sieghafte Versührerlächeln verleiht, ein böses Ende-
ö. h. er wlrdvoneinem betrogenen Gatten erschossen. Je weniqer
^ gerfenst " ig b t rd ° ine ^ E E heonn i d n W f rierk il l i icch h k w eit ill si d nedr, F u i m l m so w emnä i grcehr een i hn amfteorrab li slüch h eens
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^"-pel statuieren, als durch die Apologie der Ehe die Darbietung
einiger halbwegs verfänglicher "Situationen ermöglichen. Womit er
denn doch wieder die Wirklichkeit eingeholt hätte, die er mit der
Verkündigung der monogamen Liebe verläßt. — Regie und Dar ¬
! stellung halten sich in den üblichen Grenzen. RacL
Menschen-Arsenal.
s " , Frankfurts den 8. November.
,M enschen-Ar s e nal" ein Russenfil m nach einer
Novelle von Barbusse, die in einem der amerikanischen Süd
staaten spielt. Aber gleichviel, Unrecht geschieht überall. Hier wird
es an Arbeitern aus dem Petröleumviertel verübt, vor allem an
einem ihrer revolutionären Führer, der zu lebenslänglichem
Zuchthaus verurteilt ist. Um ihn, der immer wieder die Mit
gefangenen aufwiegelt, auf gute oder vielmehr schlechte Art los
zuwerden, gewährt man ihm den Urlaubstag, der jedem Sträfling
nach zehnjähriger Haft gesetzlich zusteht. Er tritt ihn an, von
einem Detektiv gefolgt, der den Revolver nicht nur zum Spaß Lei
sich trägt. Der Urlaub wird ohne ersichtlichen Grund zur lang
wierigen Odyssee, bei der unser Held seine Penelope fortwährend
verfehlt. Das Ende ist Krawall und Revolte. Zwar entkommt der
Zuchthäusler dem Hörensagen nach, aber das Menschen-Arsenal
wird mit neuen Häftlingen aufgefüllt.
Sei es durch die Schuld der Novelle oder der Regie A.
Noams: der Film macht es sich mit der Verteilung von Recht
und Unrecht denn doch zu leicht. Alles Licht fällt auf die Opfer;
jede Gemeinheit wird der Gegenseite zugeschoben. Der Zuchthaus
direktor ist ein widerwärtiger Affe, und seine Beamten sind Büttel
und Henker. Daß die Gefangenen unschuldig Verfolgte sind, wird
noch nicht einmal zu beweisen versucht. Eine unmoralische
Schwarzweißmalerei, die mit dem Gewissen des Publikums
Schindluder treibt. In den alten großen Russenfilmen ist die
Unterdrückung so sichtbar gewesen wie die Revolution; hier wird
jene behauptet und diese gespielt. In „Mutter" oder „Potemkin"
hat man den Sturz eines Systems vergegenwärtigt; hier werden
die Gefühle mit falschem Pathos (und, nebenbei bemerkt, durchaus
unmarxistisch) gegen peinliche Zeitgenossen aufgerührt, die es
überall gibt. Der Film gleicht aufs Haar so manchen pseudo-
radikalen Tendenzstücken, die heute über die deutschen Bühnen
stufen; nur daß er noch oberflächlicher als diese ist.
Das moralische Gebrechen wirkt sich im äschetischen Medium
aus. Da man auf Argumente verzichtet, muß der landesübliche
Realismus häufig genug einer Stilisierung von durchscheinender
Hohlheit weichen. Der Rundbau ches Zuchthauses, das an eine
antike Arena erinnert, ist ganz auf den Effekt der Symmetrie ab
gestellt. Aber der Symmetrie ermangelt die Schlagkraft, weil ihr
Symbolgehalt nicht erfüllt ist. Aeußerlich wie sie ist das Gebärdenspiel
des Gefangen'LnkollM Einem höheren Sprech- und Bewegungs
chor gleich nähern sich die Sträflinge den Zellengittern und ent
fernen sich wieder von ihnen. Auch bei der Wanderung des Ur
laubers und bei der Keilerei am Schluß überwiegt eine Rhythmik,
die weniger Ausdruck als Selbstzweck ist. Der künstlerische' Leer
lauf ist die gerechte Vergeltung für das Surplus an Gesinnung,
i Frankfurt, den 5. November.
^.Die Tobis debütiert mit ihrem ersten Großtonfllm: „Der!
2 ^chönbrunn". Er ist unter allen Um-I
E» ein .nt-restantes Experiment. Darum hätt«, nebenbei be-!
mert! aur die Mr.che Unterlag« doch mehr Sorgfalt verwandt wer-!
dem können. Lre Fabel: eine höfisch« Liebesinirigue in Stil-?
kostumen. ^ie Montage: ein abgeleierter BUdschnitt, der sich, durch-
a^- unsilrmtch, an Theatereffekte hält. Cs sind schon Tonfilme
E nIrriger altmodisch und geistlos waren. (Z. B..Erich
oon O..ohemi--: »Hochzeitsmarsch", ein Gemisch aus böser Satire
. und sentimentaler Baumblüte.) '
e-n^A^chnifch^ das Verfahren der Tohis
^nen vorwärts. Die Nebengeräusche fallen nahezu aam
«?birktt Ä"5b Klavirr erklingen ungetrübter, als man:
Ensemolemusik und allgemeiner Lärm kom-
.ren freilich noch immer verfchwommen heraus. Das Hauptproblem^
dre.mcnich.lche Stimme. Nicht nur, daß die Zi'chlaute sich in
v°"li^-d-e Gesang und erst recht im Sprechen
..tur. d.e Stimme ihr eigentümliches. Timbre. Auch wirkt sie
Vergrößerung des gewohnten Organs. Schließ ¬
° . b-i d-r Musik, daß, sie sich nur Verstandes-
M SEhörigs Bild projezieren
laßt. Es bedurfte - man entichuldige den laienhMn Vorschlag -
eines akustischen Reflektorensystems, das die Schallwellen so Met,
daß sie von der Leinwand auszugehen scheinen.
Ei« Experiment ist der Tobissilm vor allem als künstlerische
Gestaltung. Wir haben noch keine Tonfilmregisseure und
können sie auch einstweilen nicht haben. Das erfordert Zeit und
Erfahrung. -
Auffallend ist die Unsicherheit, mit der bald das Musikalische,
- bald das Optische in den Vordergrund gerückt wird. Dergleichen ist
gewiß von Fall zu Fall zu entscheiden, aber es muß. auch wirklich
emschieden werden. In dem Film spendet Iwan Petrovich mitunter
unmoriviert Gefangseinlagen, oder Lil Dagover klimpert auf dem
Spinett. Die Kamera weiß unterdessen nicht, wohin sie sich wenden
soll. Sind solche Sondernummern geplant, so ist die Gesamtkompo-
sttion mit Wissen und Vorbedacht danach einzurichten; etwa als
Potpourri. Nicht aber dürfen sie nur angesetzt werden, weil man
zeigen will, welcher klanglicher Leistungen der Tonfilm fähig ist-
In einer Szene, die nur musikalisch untermalt ist, sieht man
den Helden an die Tür klopfen. Man sieht den Vorgang nicht allein,
man hört auch das Klopsen. Ein Späßchen, das ästhetisch fehl am
Platz ist; denn nun erwartet jeder, auch die andern Geräusche der
Szene zu vernehmen. Der Klopflaut wäre allenfalls berechtigt, wenn
ihm eine Bedeutung zukäme. Sonst ist er vorlaut. Ein gleiches gilt
für die Worte, die vereinzelt eingcstreut sind. Warum gerade hier