Lichter der Großstadt.
Z u r d e u t s ch L n u r aufs ü.h ru n g d e Cch apPtu f dL m K.f
- '- ^-Berlin,-'Ende'März^ü^
„Lichter der Großstadt — eine Folge der-MMchstM-PantA-
minren^ Chaplin beweist in ihnen von neuem,'- LäßPer die We-
bärdensprache auf eine Weise zu reden verstcht, -Äe..jhM. ge-
Drochene Wort zum Schädling macht. Wehr, noch;- er-e rf i n^d e t
Gesten und mimische Situationen, durch die eine H
sich sprachlich nur schwer umschreiben läßt, mit einem Schlag den
Kindern und Erwachsenen aller Völker verständlich wird.
Einstein hat dem Künstler in Berlin seine Photographie mit der
Unterschrift: „Charlie Chaplin, dem Nationalökonomen" geschenkt,
-Ob Chaplin sich viel mit Nationalökonomie beschäftigt hat, weiß
sich nicht. Aber aus seinen Filmen weiß jeder, daß er ein Freund
der Schwächeren, der SchlechtweggekommeM und ' mit gutem
Herzen und scharfem Auge unsere gesellschaftliche Wi
mißt. Als ein rechter Mensch versucht er sich in ihr zu behaupten,
und die einzelne Pantomime stellt nichts weiter dar als .eine solche
Begegnung zwischen ihm und der unrichtigen Welt.
Ich will auf gut Glück eitrige Szenen aus dem neuen Film
herausgreifen, die belegen, bis Zu welchem Grade das M
Sprachschöpfertum Chaplins einem exemplarischen menschlichen
Grunde entwächst. Gleich am Anfang zeigt er sich auf einem .eben
enthüllten Denkmal, das dem „Frieden und Wohlstand" des Vol^
lles gewidmet ist. Man muß dieses voluminöse Henkmas gesehen ,
haben und den in seinen Stemmassen verlorenen kleinen Vaga
bunden, dem Noch dazu das Riesenschwert einer der drei Friedens
figuren die Hose zerschlitzt! Eine komischere Travestie auf M kon
ventionelle Heuchelei ist kaum je ersonnen worden, und wenn
Gelächter zu Löten vermag, so wird das durch Liese Episode ent
fesselte rwch ganze Denkmalsdynast^
Eine unvergleichlich schöne Verdichtung, wie sie nur den größten
Humoristen unter den Romanciers gelang, ist auch der exzentrische
Millionär, der im Suff Charlie als seinen Freund umarmt, und
im nüchternen Zustand ihn immer wiede^ ward
drastischer versinnlicht worden, daß das durch den bloßen Reichtum
ermöglichte Regiment eines der Willkür ist? Nebenbei bemerkt,
parodiert diese geschlossens Mimische Figur Zugleich das Prohch
bitionsgesetz, denn es bedarf ja stets erst des Alkohols, um aus dem
Millionär einen Menschen Zu machen.
Daß einer, ist er schon Mensch, die irdischen Güter nicht Zum
Fetisch emporsteigern wird, lehrt die geistreiche Szene mit dem
Zigarrenstummel. Charlie steht vor dem Rolls Royce, den ihm sein
trunkener Gönner verehrt hat- und sehnt sich nach etwas Rauch-
Larem. Begehrlich folgt er einem M mit dm Blicken, der ge-
.Menschen, als ein Million^ Und auch er benimmt sich
ihr gegenüber so ungezwungen, als habe sein Stock eine Elfenbein
krücke und als sei überhaupt sein Inkognito schon gelüstet. Der
Tag weicht wieder Nr Na nachdem die Blinde durch seine Bei
hilfe sehend geworden ist. Sie erblickt ihn irr seinem schäbigen
Aufzug und ist blinder, als sie es je Zuvor war. Der Welt Ver
fällen,, der verzerrten Welt, wendet sie sich von ihm ab, wahrend
er mit einem Mienenspiel, das zu den erschütterndsten Leistungen
seiner Kunst gehört, bittend, gläubig, aufmunLernd, ängstlich, hoff-
rmngslos um fM
Es dürfte nicht gax so schwer sM Schwächen in
zu entdecken. Die GesamthandluW ist dünner als die im „Gold
rausch" und enthält wohl auch die eine oder andere taube und
sentimentale Stelle. Die Musik, für die Chaplin verantwortlich
zeichnet, gefällt sich mitunter in Imitationen der sichtbaren Vor-,
gange. Schließlich wird hie und da vom Kapital gezehrt und ein
Effekt heraufgeholt, der bereits früher ausgewertet worden war.
eine M die zu der angMchen Aeuß^
stimmt, daß er in semen kommenden Filmen den Vagabunden-
..typus preisgeben wolle' Aber diese Ausstellung Die sich höchstens
im Vergleich mit anderen, bereits klassisch gewordenen Werkem
großen Künstlers aufdrängen, schränken die Helle, den Sinn und
die komische Gewallt der neuen Pantomime nW im mindesten ein,
JkMe-Mrtrifft vielleicht sogar jene Werke in einer bestimmten
Hinsicht: daß sie sich nämlich beinahe' tiefer als der Zirkusfilm mit-
den Schwierigkeiten und der Trübsal unserer menschlichen Gesell
schaft eingelassen hat,. S. KraenUer.aa
Mßfrvh M Zigarre AM Der Mann wirft.spater W Zigarre
foM.CMchlM Charlie ihm rmch, entreißt einem Bettler,
der etwas früher zur Stelle war, den schäbch
und lenkt dann, , wollüstig paffend, den Prunkwagen Zurück. Der
StümMel als Ziel für den Rolls-Royce — so kommt doch dieM
wieder" in Ordnuntz. a"
Jagn die Pfeifszene, die überdies dem Tonfilm Zu hohen Ehren
verhiW Charlie nimmt als Gast- des Millionärs an einer sus-
MlasMen Gesellschaft teil und verschluckt dabei aus Versehen ein
Pfeifchen. Jm ffeM Augenblick soll, , wie es bei Soireen üblich
ist, ein GesangMortrag vonsLattsn gehen. Alls Damen und Herren
- klatschten begeistert, nur Charlie muß in einem fort pfLifeu -Die.
WesMchastist indigniert und er selber untröstliche was kann
' er tun gegen daszwangsläunge innere Pfeifchen? Wie Sr, mitten
im Pfeifen, durch ein bedauerndes Achselzucken oder gar Durch
MontL M auszudrücken sich beWhL^.-Haß'.'nicht
eigentlich er, sondern nur das Pfeifchen die Schuld an der Exung
trägt: das ist von einer schlechterdings unwiderstehlichen Komik.
Die "Reihe der Episoden, die allesamt das Mißverhältnis
zwischen dem Vagabunden betreffen, der ein Mensch ist, und der
Welt, die^ oft unmenschlich ist, könnte noch lang fortgesetzt werden.
. Sie - liegen.. keineswegs durchweg in der . gleichen Dimension.
Chaplin, der au Dickens geschulte Erzähler, weiß sehr wohl, daß
mitunter zur Entspannung Spaß eingeschaltet werden muß, und
macht von harM gern Gebrauch. Dann wieder
taucht er in ^n' Abgrund, dem das Komische erst entquillt, und
legt ihn freu Am nachhaltigsten in der Haüptfäbel des Films,
die selber nicht mehe als eine Episode ist. Ihr Inhalt ist seine
Liebe Zu einem blinden Blumenmädchen. Solange das Mädchen
nichts sieht,, erscheint er ihr wie er ist: als. der wunderbarste- aller