daß
letzte, äußerste Größe setzt?
nisten, Werteinsichten und politischen Ueberlegungen
Handelns. Der marxistische Theoretiker Lenin hat
zu erstreben wäre,
-als Folge eines von
Zweck politischer Aktivierung
steckt der eigentliche Kon
Buchs. Denn wie könnte
sondern
Erkennt-
gelenkten
den Ar^
Italien
Schauweise, der er sich wie selbstverstän' -b einfügt, geht er
sichtlich auf Spengler zurück. Ja, Speu^ hat bei diesem
Buch Pate gestanden; bis in die Sprache hinein, die kriegerisch
tut, über alle möglichen Dinge diktatorisch verfügt und manch
mal an Tagesbefehle gemahnt. Man brauchte auf diese Be
Ziehung weiter kein Gewicht zu legen, stimmte Jünger nichts
mit Spengler in einem entscheidenden Punkt überein: darin
nämlich, daß er die Gestalt met ap h h sizi ert. „Eine
Gestalt ist, und keine Entwicklung vermehä oder vermindert
sie . , . Die Geschichte bringt keine Gestalten hervor, sondern
sie ändert sich mit der Gestalt... Ebenso wie die Gestalt jem
seits des Willens und jenseits der Entwicklung zu suchen ist,
steht sie auch jenseits der Werte; sie besitzt keine Qualität."
Satze von Jünger.» Ihr Inhalt entspricht durchaus dem
kontemplativen Gestaltbegriff Spenglers. Nur daß dieser ihn,
in seinem Hauptwerk wenigstens, vorwiegend auf die gewor
denen, abgelaufenen Kulturen anwendet, die man tatsächlich
verwirklicht werden,
gebraucht. Hier, genau hier
struktionsfehler des
je eine Gestalt dadurch
man sie von vornherein als
Sie ist nicht etwas, das
ergibt sich allenfalls hinterher
beiterstaat der Sowjetunion geschaffen, und das
Mussolinis ist gewiß nicht aus irgendeiner Gestaltschau ent-
mit einigem Recht so auffassen wag, als seien sie die Dar
stellung irgend einer nicht ableitbaren Gestalt; während Junger
denselben Gestaltbegriff Zum
Gegenteil über alle ständischen Ansprüche hinaus..Das
heißt, Jünger entreißt das Wort Arbeiter seiner gewohnten
Umgebung und verleiht es den eigenen Konstruktionen ein.
Ein Begriffsraub, der ihm durch die Tatsachen selber ge
boten zu sein scheint. Denn überall in unserer Zeit sind, wie
er meint, Anzeichen sichtbar, die auf die kommende Herrschaft
eines Typus hindeuten, der unter liberalen oder marxistischen
Begriffen nicht mehr Zu fassen ist. Dieser Typus, der sich schon
heute durchsetzt, gilt hier aber darum als der des „Arbeiters",
weil ihm Arbeit nicht „Tätigkeit schlechthin" ist, „sondern der
Ausdruck eines besonderen Seins, das seinen Raum, seine
Zeit, seine Gesetzmäßigkeit Zu erfüllen sucht". Er lebt, den
Gegensatz Zwischen dem Individuum und der Masse auf
hebend, in den „organischen Konstruktionen" der Aufmärsche,
der Ärger, der Gefolgschaften; er Zieht dem Zustand einer
Freiheit, mit der er nichts anfangen kann, einen Zustand vor,
in dem Freiheit und Gehorsam Zusammenfallen; er schließt
das Elementare nicht aus, das (nach Jünger) durch den
Idealismus und Materialismus außer Kurs gesetzt wird,
verkörpert vielmehr einen „heroischen Realismus". Verzicht
auf Individualität, Maskenhaftigkeit, soldatisches Wesen, Be
reitschaft zum Trauring jeder Art, Freude an der gemein
samen Arbeitstracht usw.: das wären einige Merkmale, an
denen man ihn erkennt. Im übrigen ist der Kintopp mehr sein
Fall als das Theater, literarische Fragestellungen bedeuten
ihm nichts, und von den zeitgenössischen Presseerzeugnissen
interessieren ihn am meisten Photos und dokumentarische
Berichte.
Aus den in der Gegenwart Vorgefundenen Ansätzen ent
wickelt nun Jünger die Welt, die der von ihm charakterisierte
Typus zu verwirklichen strebt. Ihrer ganzen Beschaffenheit
nach drängt die Gestalt des Arbeiters darauf hin, die liberale
Gesellschaftsdemokratie durch die Arbeits- oder Staatsdemo
kratie zu ersetzen und den Uebergang von der heutigen „Werk-
stättenlandschaft", in der noch anarchisch und zusammenhangs-
kos experimentiert wird, Zur „Planlandschaft" zu vollziehen.
Rußland und auch Italien sind wohl die vagen Muster dieses
Zukunftsreiches. In ihm verwandelt sich die Technik aus einem
seine Gebraucher mißbrauchenden Instrument Ziellosen Fort
schritts in ein Instrument planmäßiger Herrschaft. Sie erfüllt
überhaupt erst dann die ihr zubestimmte Funktion, wenn sie
nicht wie heute noch teilweise dem individuellen Belieben dient,
sondern „ein Mittel zur Mobilisierung der Welt durch die Ge
stalt des Arbeiters" wird Das ferne Ziel, auf das Jünger
schaut, ist die Planetarische Planung, die eines Tages die
emzelstaatlichen Planungen ablösen mag. Je mehr wir auf
einem durch furchtbare Kriege und elementare Ausbrüche ge
kennzeichneten Wege in die „Planlandschaften" einrücken, desto
reiner wird sich die Gestalt des Arbeiters enthüllen. Bis sie,
im vorgeahnten Endzustand, den gesamten Lebensstil bestimmt
und kultische Bedeutung erlangt.
Soweit die Konstruktion Jüngers. Verschiedene Parteien
täten gut daran, sich mit ihr zu befassen, nimmt sie doch ihren
Ausgang von der Realität eines großen Teils unserer
Jugend. Diese Jugend .— vor allem die norddeutsche —
ist in der Tat so,' wie Jünger sie schildert. Sie hat
eine besondere Beziehung zur Technik, ist dem bürger
lichen Milieu entglitten, ohne doch im spezifischen Sinne
proletarisch sein zu wollen, und hegt Wunschträume, in
denen das Nationale mit einer vagen Vorstellung von
planmäßiger Wirtschaft verschmilzt. Stark ausgeprägt ist
auch ihr Hang zu festen Zusammenschlüssen militärischer oder
mehr Lündischer Art, die den einzelnen von der jetzt nicht ver
wertbaren individuellen Freiheit befreien und ihm die Chance
totaler Eingliederung eröffnen. Vorhanden ist nicht zuletzt die
Lust am Elementaren und die Gegnerschaft gegen den Geist
oder was man sich darunter denkt; aber mag selbst der Liberale
pder der Marxist, der mit teuflischen Zügen an die Wand ge ¬
malt wird, völlig verzeichnet sein, so dient sein Zerrbild
darum doch nicht minder der Bekräftigung eines greifbaren,
sehr wirklichen Daseins. Diese Jugend, deren Existenz ja nur
unsere allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse
widerspiegelt, ist bisher gerade von den politischen Willens
mächten kaum beachtet worden, gegen die sie sich wendet. So
geht es nicht fort. Man wird das politische Vokabularium
erweitern und sich mit ihr auseinandersetzen müssen.
Denn, wie auch die Konzeption Jüngers beweist: die
Kräfte der hier gemeinten Jugend wissen sich in der politischen
Sphäre nicht zu entfalten und werden immer wieder in eine un
mögliche Richtung gedrängt. Der Hauptbegriff, mit dem Jünger
operiert, ist die Gestalt. Unzählige Male heißt es, daß die
„Gestalt des Arbeiters" realisiert werden solle, und schon die
Nennung dieses Begriffs genügt seinem Benutzer beinahe, um
das liberale oder marxistische Denken zu verfemen. Die Ge
stalt ist alles; sie erschließt eine Dimension, in der sämtliche
von Jünger einfach dem^lü. Jahrhundert zugeordnetsn Be
griffe und Verhaltungswersen hinfällig werden. Kein Gedanke
daran, daß er sich etwa ernsthaft mit dem Prinzip des Fort
schritts und der Klassenkampf-Theorie beschäftigt; er glaubt
solche Prägungen vielmehr durch den schlichten Hinweis auf
Aue neue GchaM tilgen zu können.
Es wird also notwendig sein, den von Jünger so belasteten
Begriff der Gestalt näher zu untersuchen. Die Denk- oder ^
standen. In der ganzen Geschichte existiert keine „Gestalt", die
als Gestalt dem Blick vorgeschwebt hätte, und statt das Prinzip
der Prinzipien zu sein, ist sie viel eher die Erdenspur großer
Prinzipien. Indem Jünger die „Gestalt des Arbeiters" ver
goßt, schlägt er daher auch nicht, um in einer ihm gemäßen
Sprache zu reden, die feindlichen Begriffsheere in die Flucht,
sondern hebt sich von ihnen ab und entweicht ins Imaginäre.
Er stellt sich gar nicht den politisch wirksamen Lehren, die er
bekämpft; er erklärt sie von einer Dimension aus für nichtig,
die keine politische Realität hat. Sein Buch erhebt den An
spruch, ein Ziel zu weisen und politisch aktiv zu sein; es be
trachtet faktisch das Werdende aus der Scheinperspektive des
Gewordenen und verhält sich ästhetisch-kontemplativ.
Kurzum, die Schau Jüngers ist alles andere eher als eine
politische Konstruktion. Ich sehe davon ab, das Sein zu kenn
zeichnen, dem sie entstammt. Es ist so geartet, daß es sich kultisch
äußern möchte, ohne die Frage nach dem Sinn des Kults zu-
zulassen, und sich Zu unausgegorenen Behauptungen wie diesen
versteigt, man könne „bereits heute inmitten der Zuschauerringe
eines Lichtspieles oder eines Motorrennens eine tiefere Fröm
migkeit ... beobachten...als man sie unter den Kanzeln und
vor den Altären noch wahrzunehmen vermag". Wesentlicher
als die Betrachtung dieses dumpfen und schwierigen Seins
scheint mir hier der Nachweis zu sein, daß ihm die politische
Selbstdarstellung gründlich mißlungen ist. Wahrhaftig, Jüngers
Buch enthält Widersprüche, die sogar eine Gestalt sprengen
müssen. Auf der einen Seite wird die Wendung zum Elemen
taren vollzogen und das Schlachtfeld als „der spezielle Fall
eines totalen Raumes" vor Augen geführt; auf der anderen
Seite wird der Eintritt in „Planlandschaften" angestrebb
Merkt Jünger nicht, daß die Tätigkeit des Planem den Ein
satz einer Vernunft verlangt, die das Elementare zwar nicht
auszulöschen, aber doch zu übergreifen und zu beherrschen hat?
Ohne diese Vernunft entscheidend einZukalkulieren, vereint
er naiv Tendenzen, die einander entgegengesetzt sind. Der
gleichen mag metaphysisch sein; politisch praktizieren läßt es
sich nicht. Und um einer derartigen politisch undurchkonstru-
Lerbaren Gestaltschau willen soll der Begriff des Arbeiters mit
allen seinen Wurzeln aus dem Boden gerissen werden, in dem
er noch immer haftet? Eine Verpflanzung, die am Ende auch
vom Standpunkt Jüngers aus sehr bedenklich wäre. Denn da
Jünger nicht anders als die Arbeiterparteien die Ablösung
der kapitalistischen Privatwirtschaft im Sinn hat, handelt er
seinen Interessen entgegen, wenn er durch die Ausweitung des
Wortes Arbeiter zu einem politisch unverbindlichen Begriff
diese Parteien Zu schwächen sucht. Oder meint Jünger, daß die
„Arbeitsdemokratie" uns gewissermaßen von selber Zuwachse?
Ich weiß nicht recht, was er meint und was er will. Er
lehnt hier die Restauration ab und tut dort nichts, um ihr
Kommen zu hindern. Er befürwortet die Planung und wider
strebt ihr haltungsmäßig zugleich. Diese Gestaltschau eröffne!
nicht so sehr einen Weg in die Politik als eine Fluchtwöglich-
keit aus ihr heraus- Sie ist zweifellos bis zu einem hohen.
Grad nichts weiter als der ideologische Ausdruck gewisser
Schichten, die im Interesse ihrer sozialen Behauptung der
Illusion bedürfen.
Und doch wird der von Jünger angesprochene und ver
tretene Typus früher oder später zur wirklichen Politik durch
dringen müssen. An zwei Bedingungen ist die Fruchtbarkeit
dieser Begegnung geknüpft. Die eine: daß die Jugend, deren
Wortführer Jünger ist, sich nicht über politische Kräfte wie
den Marxismus oder den Liberalismus hinwegsetzt, um
schließlich im Leeren leer dazustehen, sondern die Tuchfühlung
mit ihnen aufnimmt, die sie allein zur politischen Realisierung
befähigt. Die andere: daß jene politischen Mächte, auf die es
ankommt, die in dieser Jugend investierte Substanz An fassen
ernen.