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Ole Zukunft des Frankfurter Lunftfchulwesens.
In der gestrigen Sitzung des Rates für künstlerische An*
gelegenheiten entwickelte Direktor Pros. Wichert das Pro»
gramm des zukünftigen Frankfurter Kunstschul
wesens, zu dessen Neugestaltung er seinerzeit nach Frankfurt
berufen wurde. Seine Darlegungen ließen erkennen, daß das
große Projekt bereits ois ins Einzelne durchdacht worden ist. Jnij
Einklang mit den Richtlinien des Kultusministeriums soll eine
Allgemeine Kunstschule erstehen, für deren einen Teil
de^ Charakter einer Hochschule zu erstreben sein wird. Sie
wird sich in fünf Abteilungen gliedern: die Meisterateliers, vre
Entwurfs- und Fachklassen, die Werkstätten, die allgemeine Ab
teilung und die Nebenfächer Wie diese Abteilungen auszubauen
seipr. wie sie in eine organische Verbindung sich bringen lassen
und wie schließlich die Schule als Ganzes dem kulturellen
Leben Frankfurts sich einzufügen hat: hierüber machte Pros
Wichert ausführliche Mitteilungen, die von der Reife des Planes
und dem starken Verantwortungsbewußtsein der gestellten Auf
gabe gegenüber zeugten. Zu hoffen bleibt nur, daß auch die
Schwierigkeit der Raum frage zu überwinden sein wird. —
Die zahlreich vertretene Künstlerschaft Frankfurts nahm mit voller
Zustimmung von dem Gesamtprofit Kenntnis.. Lr.
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-- sChinssisch-s aus Frankfurt.? An Äer Fra n k u r k e r
Universität hält im Wintersemester der bekannte China
forscher Dr. Richard Wilhelm eine Reihe von Vorlesungen
über sein Fachgebiet. Er behandelt die ch i n e s i s che P h i o-
sophie von ihrem Beginn bis zu der klassischen Epoche des
Laotse, Kungtss und Moti, würdigt die bildenden K.unpe
in ihrem Zusammenhang mit der chinesischen Kultur und unter
sucht weiterhin mit seinen Schülern die chmesWen Quellen des
Lehrgebäudes von Kungt'e. Schließlich führt er in emem veson-
deren Kursus an die Anfangsgründe der chinesischen Sprache
ein. Die Weisheit des Ostens wird durch seine Lehrtätigkeit ihre
in Frankfurt erhalten.
sDas Frankfurter Kunstschulwesen»j> Die Neugestal
tung des Frankfurter Kunstschulwesens scheint nun endlich vor der
Verwirklichung zu stehem Pros. Wichert, der Direkior der
Frankfurter Kunstgewerbeschule, der von der Stadt seinerzeit zur
Durchführung der Reformen nach Frank, urt berufen worden ist,
entwickelte gestern vor der Frankfurter Künstlerschaft das Pro
gramm der zrckünftigrn Organisation, das eine Allgemeine
Kunstschule Vorsicht, deren einer Teil den Charakter einer
Hochschule tragen soll. Seine Darlegungen bezeugten, daß
das große Projekt bis inS einzelne durchdacht ist, und verrieten
ein starkes Verantwortungsbewußtsein der gestellten Aufgabe
gegenüber. Auch gewann man den Eindruck, daß bei dem vor
handenen guten Willen die Schwierigkeiten mit der Städelschulc
zu besiegen sind und die Raum frage kein unüberwindbares
Hindernis bildet. Die Künstlerschaft gab zu erkennen, daß sie
das Projekt in seiner Geschlossenheit gutheißt und der umsichtigen
Tatkraft Pros. Wicherts wl- bisher so auch in Zukunft Vertrauen
entgegenbringt. Wir werden zu seiner Zeit genauere Mitteilungen
über die Plane machen. Lr.
Wahlversammlung der Deutschen Volksxarkei.
Vorlrag von Minister Booütz.
— Frankfurt, 27 Novbr. In einer Wahlversammlung
der.Dru schen VolkspaNei verbreitete sich heute abend Kultus
minister Dr. Boelitz üb^r die preußische Kulturpoli -
Lik der letzten drei Jahre. Im Anschluß an die volksparteiliche
Wahlparole: Schwächung des extremen linken und des e^ remcn
rechten Flügels, die den vergangenen Reichstag aktionsunfähig
gemacht haben, Fortsetzung der Politik nach außen und nach in .en,
wie sie von dem Kabinett" S t r e s e m a n n inauguriert worden
ist, und die von der Volkspartei stets geforderte Hinzuziehung
der Deutschnationalen Volkspartei zur Regierung kam er auf sein
eigentliches Thema zu sprechen. Durchführung der in der Reicbs-
verfassung geforderlen, schon von Fichte ersehnten Einheits
schule: das sei der Gedanke gewesen, der ihn während sei-er
Amtstätigkeit immer beseelt habe. Nach einem längeren historischen
Rückblick auf die Entwicklung des Gedankens der Einheitsschule,
dessen Verwirklichung zumal durch das Kriegserlebnis und den
Zusammenbruch gefördert worden sei betonte er, daß die Ein
heitsschule ein Doppeltes darstelle: Organisationsprin
zip und Kulturprinzip. Insofern sie jenes ist, waren noch
manche tote Stränge zu beseitigen, um sie organisatorisch ans'u-
banen. So sei es am 7- Oktober <rst zum Glück gelungen, für die
Lehrer urid Lehrerinnen das Matnrum wurMusehen, auch habe
man für die Frauen (durch die Mädchenschulreform des v rgan-
genen Jahres) das gleiche Recht aus Bildung erwirkt wie Mr die
Männer, und schließlich gewähre man hochbegabten Volksschulen
durch die Aufbauschulen, die bereis die besten Ergebnisse
gezeitigt H8 ten, die Möglichk it eines ltebergangs von de^- R^s-
schule zur höheren Schule W^s nun die Einheitsschule K"l-
turprimip betreffe, so erwachse aus diesem Prinnv gebieterisch
die Forderung der deutschen Ratio nalerziehung, eine
Forderung, die gleich ühr gelte für Volksschule, höhere Schale,
Universität. Der Minister ging hierauf aus die neugeschalsene
deutsche Oberschule ?in die d^n Schüler mit d-'m gesam
ten deutschen Kulturgut Lu einem Ausmaß vertraut machen s^lle.
wie es das humanistische Gymnasium nun einmal nicht vermöge, j
und eine der besten Bürgschaften unserer Zukunft seü Weiterhin
wies er auf die Notwendigkeit des religiösen Unterrichts
hin. Wo die SimulLanschule gewachsen sei, möge sie unangetastet
erhalten bleiben Wer ebensowenig dürfe an die ksnfessio«
nelle Schule gerührt werden,, wo sie von alters her bestehe.
Schließlich verweilte der Redner noch kurz bei dex Notwendigkeit
künstlerischer Erziehung und der Pflege der Körperkultur und
erklärte mit Nachdruck, daß zuletzt alles ankomme auf die freu
dige Bejahung des Staates, auch wenn man seine
Dokumentationen nicht überall anerksnn-sn könne. — In der Dis
kussion hob Dr. Edinger hervor, man könne als Demokrgt der
Rede in so vielen Punkten zustimmen, daß man zu fragen versucht
sei, warum Minister Boelitz nicht weiter links stehe. Ein ssM-
dsmokratischer Redner bedauerte, ohne an den Ausführungen
selber Kritik zu üben, daß der Redner die soziale Frage nicht an-
aeschnitten'haLe. Direktor Bieber forderte weitergehende D i f-
ferenzierung der Einheitsschule und begrüßte die deutsche
Oberschule. Pfarrer Lücken betonte, daß auf das Dogma der
vlermhrigen Grundschule im Interesse der schwer ringenden
Elternschaft verzichtet werden müsse.
Niddy Jmpeksverr im Mm« Der jetzt m der Neuen
LichLbühne gezeigte Deulig-Mm: „Armes kleines
Mädchen" ist eines der wenigen Werke, die dem Wesen des
Films ganz gemäß sind und nur als WmkomposUwnen überhaupt
bestehen können- Das Andersen-Märchen gibt die einfache Fabel
hex von der armen Familie, die der Großstadt ausgeliefert ist: Die
Mutter (Lotte Wagner) sucht vergeblich Brot für ihre kleinen
Würmer. Der Vater (Fritz Kortner), ein Straßenhändler.
Zuckt zum Schmierensteher herab, und die älteste Tochter bietet
abends Streichholzschachteln auf der WLnterstraße an sie LrN mit
ihren nackten Beinen durch den Schnee^ sie gleitet an einem Tür
posten nieder und was sollte nun anderes geschehen, als daß sie
erfriert? Das ist alles: eine rührende Geschichte und ein Märchen
gar, denn das Sterben ist nur ein Uebergang zum Himmelreich,
und das Leiden hier wird gekrönt. Diese Handlung wird vom
Film ganz in Bewegung übersetzt, in eine Folge von Licht und
Schatten, einen Reigen der Gestalten im Schnee, ein stummes
Huschen und Jagen auf Treppen und an Brückengeländern, eine
rhythmische Verdichtung aller Sichtbarkeiten, die ohne die Beglei
tung dex Worte zu sprechen beginnen. Niddy Jmpekoven, das
arme kleine Mädchen, wirkt wie eine unendliche Melodie der Ge
bärden in diesem Tonwer? aus Hell und Dunkel. Verschüchtert
hockt sie in der Dachkammer, kahl an Geste wie die abgebröckelte
Mauer, sie wandelt dann, ein frierendes, lebendiges Chaos, durch
das drohende Berlin, fleht, wie ein Lichtreslex im Nebel, den
KastanienverkLufer und den Autogast um eine Gabe an, ihre Blicke
irren hilflos, Zurückgedrängt von den Hauswänden und der Leere
zwischen den Menschen, hingekauert entzündet sie ein Schwefel
hölzchen ums andere, und siehe, aus dieser WirÜichkeit der kalten
Abendstraße ersteht sichtbar und unmeMch die andere Wirklich- !
keit °- ein Wcihnachtsbaum erstrahlt, Lebkuchenmänner umtanzen
eine gebratene Gans, die sich selber tranchiert, und Zuletzt tut eine i
wunderbare Treppe sich auf, die wächst und schwillt und gradwegs
in den Himmel führt, und dic kleine Niddy tanzt, wie sie nm
tanzen kann, die Stufen hinan, die Kleiderfetzen fallen ab und
schwebend wallt sie hinüber Der arme Körper aber versinkt im
Schn«7^Da» schwrdtsch, Lustspiel: .Die Insel der Er.
füllung' mit Gunnar LolnaeS in der Hauptrolle ist ein«
Art Zähmung der Widerspenstigen. Ein« schlechthin entzückende
iunge Frau — reizend zumal im SeemannSkostüm — find«! au
einem jungen Dichter Freude« der schlechte Verse macht, aber thr
höheren Geistes scheint als ihr Mann. Wie dieser, em zweiter
Petrucchio, ste bändigt und wieder für sich gewinnt, wi« er den
schwärmerischen Poeten mehr oder minder roh lächerlich macht,
das wird in sechs harmlos vergnüglichen Akten sehr lustig demon«
siliert, und Tolnaez erhält die erwünschte Gelegenheit, sich als
Segler« Jäger und überlegener Ehegatte beim Publikum in ein
Lustiges Licht zu setzen. - Ein Vogel film, der sehr aus
führliche Biographien aller erdenklichen Vögel der nördliche»
Zone gibt, vervollständigt das Programm. rao.