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H:Kracauer, Siegfried/01.04/Klebemappe 1924 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.04/Klebemappe 1924 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043381
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.04/Klebemappe 1924 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.04/Klebemappe 1924
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1924
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

Ministerial-Erlaß mit gutem Grunde fordert. Gelangt doch das 
deutsche^ Wesen, das dem Zwange zeitenchobener Formen nm 
unwillig gehorcht, zu sich selber allein, wenn es Äs individuelles 
Sein und Werden sich entdecken darf. 
Ein Wort noch zu den Autoren. Es ist gewiß richtig so, 
daß die Dichter und Schriftsteller unserer Tag« in stattlicher 
Zahl vertreten find, denn aus der LekAve ihrer Wecke gewinnt 
die Jugend am ehesten jenes lockere und mittelbare Verhältnis 
zur Gegenwart, das die spätere unmittelbare Einstellung auf 
das Heute vorbereitet und trägt. Zur Ergänzung der bereits 
angebrochenen Liste seien auf gut Glück Gorch Fock und Fried 
Stern, Bonseis und Paula Dchmel, Arno Holz und Johannes 
Schlaf herausgegriffen. Im ganzen gehören die zeitge 
nössischen Verfasser den verschiedensten Höhenlagen an, 
aber ihre Verschiedenheit erweitert den geistigen Raum, und 
nM immer ist das Beste für die Jugend gut genug, 
* 
Wenn, dieser Verbesserungen «ich Vorzüge ungeachtet, 
„Lebensgut" kein rundes Gelingen ist, so liegt die Hauptschuld 
nicht so sehr an den Herausgebern als an der Situation, die 
sie mitbedingt. In einem Lande, das achtundzwanzig Parteien 
kennt und mindestens ebenso viele „Weltanschauungen", tu 
einem Volke, das die Fundamente seines Staatswesens «n- 
zweiselt, und so sehr allen Fragen preisgegeben ist, daß es kaum 
erst weiß, was zu erfragen und zu gestalten ist, — wie sollte 
hier und jetzt ein Lesebuch reifen, dl^ seiner Bestimmung wirk 
lich genügte? In der Verlagsanzeige heißt «: „Unser deut-^ 
schesi Lesebuch ist für die höheren Ähulen jeder Art bDimmt, 
die alle im deutschen Bildungsgedanken ihre gemeinsame^ 
Grundlage finden. Diese Einheit sucht es über alle Schranken 
der Stämme und Länder, von Religion und Kirche von Stand, 
Beruf und Politik . . Das aber ist genau der Mangel: dk 
Bearbeiter haben es, soweit man aus dsn Bänden von Sexta 
bis Untertertia ersehen kann, allen Frakionen recht machen 
wollen und darum niemandem ganz recht gemacht. Gewiß, sie 
wählen den Ausgangspunkt gut und treten auch richtige Wegs 
an; doch um nicht anzustsßen an einer der achtundzwanzig Ecken, 
brechen sie nach dem ersten Schritte ab und lasten die folgenden 
ungetan. Diese Genügsamkeit bezeigen sie zumal der deut 
schen Republik gegenüber, deren Existenz in den vier 
Bände,: weder in gutem noch in bösem Sinne je Erwähnung 
sinkst. Mögen die Kriegs-Klischees von Tanera und die Kaiser 
Wilhelm-Anekdoten der älteren Lesebücher gestrichen sein und 
mag auch der Ton des Ganzen sich sehr zu seinem Vorteil von 
dem feindseligen Gebühren der französischen Schulliteratur noch! 
1870 unterscheiden — eine Reminiszenz von Carl Schurz aus 
dem Fahre 1848 oder das Gedicht: „Der Krieg" von Georg 
Hehm bieten für d^ Fehlende känen Ersatz, denn sie stehen 
vereinzelt inmitten teiliWhmÄoser Umgebung. Wußten jene' 
vergangenen Bücher nicht, wie Menschen zu bilde« Mm, so 
wWn die mnmr M der Mldimg nichts anznslMMNp sie 
bleiben im Ansatz stecken und verabsäumen sorgsam das Be- 
" r s zum S t a a t, dessen der Staat zu stiner Erfüllung 
rmd bis Bckdung als ihres irdischen, Haltes bedarf. Das ist nicht 
! ein« Emheit über allen Parteien, sondem eins Einheit außer- 
chalb d« Schranken; nicht ein Ausschalten der Tagespolitik aus 
m )n der Schule geübte Vogel-Strauß- 
Prlitck. Das Dckemna scheint unausweichlich: will man den 
jungen Staat durchbilden, dann halten fich ganze Volksschichten 
ziwuck, und spMt man das veMndende Wort, so muß man 
sich selber kunfllrch Zurückhaltüng auferlegen. Trotz solcher 
Zwangsläufigkeit, die noch das Wachstum auf breitein 
Grurwe verwehrt, trifft die Herausgeber doch der Vorwurf, 
daß sie ihre Behutsamkeit zu weit getrieben haben. Ein Lese 
buch, das offizielle Geltung beansprucht, muß dem Staat« geben, 
des Staates ist; es darf auf keinen Fall bis 
Geswehnlsse verschveigen, die notwendig zu seiner Herauflunst 
stlyEN, Mrd dev döe Grund-züge des Meu-sn voren^ 
HÄten. das heute rechtskräftig besieht. Dia Neuvalität aus Vor 
sicht, der Unterlassungen dieser Art entspringen, hat mit der 
Tugend überragender Einheit nichts Feinem. 
Aus dem Hange zur Enthaltsamkeit erklärt sich! mühelos 
der Almanach-Charakter, in den die Bände zum 
Teil verfallen. Die alten Lesebücher hatten es leichter weil sie 
ihren Stoff formal organisierten und den Weg zum Gesinnungs- 
z«l methodisch zu Ende gingen. „Lebensgut" will rein den Sinn-, 
Zusammenhang hervorkehren, scheut aber davor zurück, eine be-> 
stinnnte Gesinnung nun wirklich ung^rochen durchgu- 
halten. So bleiben die vielen kurzen, häufig wohl allzukurzen 
Leseproben ein Gemälde in Andeutungen, eine Mannigfaltig 
keit ««verschmolzener Elements, und es liegt durchaus an 
der Person des Lehrers, nach welcher Richtung hin dis 
fragmentarischen Ansätze ausgebaut Norden. 
schließlich erwecken manche Einzelheiten .Bedenken 
und Wünsch«. Fehl am Ort« erscheinen jene Prosatexte und Ge 
dichte, in denen eins nur dem Erwachsenen eigentümliche Re 
flexion das jugendliche Leben zu sich heraufhslt und spieMsi 
Nicht als üb jedes Wort zu der Jugend gesprochen sein und 
»m ihr ganz begriffen werden müßte, aber der Monolog des 
WeK, dessen Thema die Kindheit ist, kreist in einer ihr unzu- 
Mnglichen Welt. — Auf die schlecht reproduzierten Schwarz? 
Weiß-Illustrationen nach Originalen von Dürer, Richter, 
Thoma, Mbelohde hatte man entweder gang verzichten oder 
getreuere Wiedergabe' ermöglichen sollen. Späteren Auslagen 
war« auch wohl ein Literatur-Nachweis beizufügen, der dis 
Schüler zu selbständigen: Vordringen von den: einen sde« 
andern Punkte aus befähigt. 
Aus Ganze hin gesehen ist „Lebensgut" ein Prowks 
sorivM, das deutlich verrät, wessen wir ermangeln. Von 
Wecken ßrkner Art heute mehr zu Schöffen, hieße vielleicht ün- 
LiMg ftkN, «ex die VEufiOM des Geleisteten hinWBW 
täuschen, hieß« fich^ der Ve«mtwmNung beiden. Dis Bear 
beiter haben — das ist ihr wesentliches Verdienst — das 
schematische Gerüst der alten Lesebücher abgetragen und sich bei 
ihrer Neuschöpfung den Ansprüchen der Wirklichkeit den Er 
fordernissen echter Bildung bereitwillig geöffnet. Das Begon 
nene über die Anfänge hinauKzuführen oder gar in entschei 
dendem Sinne zu vollenden, haben sie nicht vermocht. Da 
Teile der Allgemeinheit im Stich lassen, wäre Weiterschreiten 
ein Vorauseilen, unverhüllte Aiü und Aufnahme des wer 
denden Staates ein Henmmis der Wirkung gewesen. 
Immerhin ist das von den Bänden ein gebrachte Material 
selbst in halbverarbeitetem Zustand wertvoll genug und einst 
weilen wohl zu nutzen — vorausgesetzt, daß man sich mit dem 
Vorhandenen nicht begnügt, sondern, «s Äs Hinweis und Ver 
sprechen nimmt. Ein Lesebuch, d-K dieses Versprechen cinlöst, 
das dem deutschen Menschen zu einem Gesicht und der deut 
schen Bildung zu einem Körper derhilft, wird allenfalls ent 
stehen können, rvenn die Republik sich die Seele ihrer Bürger 
gewonnen hat. 
Diesterwegs „Deutschkunde" steht unter der Leitung 
von Minrsterialrat Dr. W. Schellberg (Berlin) und Studien 
rat Dr. G. Sprengel (Frankfurt). „LebenSgut" wird 
hermrsgMSen von den StudrenrSLen H. Schmidt-Voi gi und, 
Dc. M. Preitz rmd dem Geh. Studienrat Dr. O. Winneber- 
U«r (sämMch in Frankfurt) in Verbindung mit den Studienräten 
Dü L VEper (Münster) «nd I. Kneip (Köln). Die Heimat- j 
MSMÄe M das Rii«kn-Main-Grht«H Mssrat Studie»-
	        

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