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H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043383
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1927
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

rennen, ist kein Einwand wider die Ähnlichkeit der Photo 
graphie. Sie haben Grund, nicht zu wissen, wie sie aussehen, 
und wenn sie etwas als unwahr bezeichnen, ist es nur um so 
wahrer. 
Auch in solchen Filmen noch, die in die Vergangen - 
heit schweifen, gibt sich die heutige Umwelt zu erkennen. Sie 
kann sich schon darum nicht immer betrachten, weil sie sich 
nicht von alten Seiten betrachten darf; die Möglichkeiten un- 
anstößiger Selbstdarstellungen sind begrenzt, während das Ver 
langen nach Stoffen unersättlich ist. Die vielen historischen 
Filme, die nur das Gewesene illustrieren (nicht etwa wie der 
Potemkin-Film die Gegenwart in historischem Gewand) sind 
ihrer eigentlichen Bestimmung nach Blendungsversuche. Da 
die Verbildlichung von Zeitereignissen stets Gefahr läuft, die 
leicht erregbare Menge gegen mächtige Institutionen einzu- 
nehmen, die in der Tat oft nicht einnehmend find, richtet man! 
die Kamera lieber auf das Mittelalter, an dem das Publikum' 
sich unbeschädigt erbauen mag. Je weiter zurück die Handlung^ 
liegt, desto tollkühner werden die Filmleute. Sie wagen es,! 
Revolutionen in historischen Kostümen zum Sieg zu Vorhafen, 
! um die modernen vergessen zu machen, und befriedigen gerne 
das theoretische Gerechtigkeitsgefühl durch die Verfilmung 
längst verschollener FreiheitZkämpfe. Douglas Fairbanks, der 
ritterliche Gönner der Unterdrückten^ zieht in früherm 
Hunderten gegen eine Gewaltherrschaft zu Feld, deren Fort 
dauer heute keinem Amerikaner mehr nützt. Der Mut der Filme 
verringert sich direkt proportional mit dem Quadrat der An 
näherung an die Gegenwart. Die geschätzten Szenen aus 
dem Weltkrieg sind keine Flucht ins Jenseits der Geschichte, 
sondern die unmittelbare Willenskundgäbe der Gesellschaft. 
Daß sie sich in den Filmen reiner als in Theater 
stücken spiegelt, erklärt sich schon allein aus der größeren An 
zahl der Vexmittlungsglieder, die zwischen dem Dramatiker 
und dem Kapital eingeschaltet sind. Nicht nur jenem, auch 
den Intendanten wird es so scheinen, als sei man von diesem 
unabhängig, als könne man zeit- und klassenlose Kunstwerke 
produzieren. Man kann es nicht, aber immerhin mt- 
stehen Gebilde, deren soziale Bedingtheit schwerer zu durch 
schauen ist als die von Filmen, die der Konzern-Direktor in 
Person überwacht. Vor allem die der intellektuellen (Ber 
liner) Bourgeoisie gewidmeten Lust- und Trauerspiele, ge 
hobenen Revuen und Regie-Kunstfertigkeiten stehen nur zum 
Teil noch ungebrochen innerhalb der Gesellschaft; ihr Publi 
kum liest am Ende eine radikale Zeitschrift und geht seinem 
bürgerlichen Beruf mit schlechtem Gewissen nach, um ein gutes 
zu haben. Auch die künstlerischen Qualitäten eines Theater 
stücks mögen es der Gesellschaftssphäre entrücken. Zwar, 
Dichter sind häufig dumm, und wenn sie auf der einen Seite 
der überkommenen Gesellschaft absagen, gehen sie ihr auf 
der anderen um so gründlicher auf den Leim. (Bert Brecht 
hat in der „Literarischen Welt" die Lyrik der Bürgerlichkeit 
verdächtigt und an ihrer Stelle dem Sport sich verschrieben. 
Der Sport als unbürgerliches Phänomen — Samson-Körners 
Biograph ist um diese Entdeckung nicht zu beneiden.) Von 
solchen Ausnahmen abgesehen, die sich einem Teil der Bin 
dungen bewußt entziehen, ist im übrigen das Gros der 
Bühnenmachwerke die genaue Antwort auf die Empfindungen 
von Theatergemeinden und dem Bestehenden nicht minder ver 
pflichtet als die Filme, von denen es sich nur durch die größere 
Langeweile unterscheidet. 
Um die heutige Gesellschaft zu erforschen, hatte man also 
den Erzeugnissen ihrer Filmkonzerne die Beichte abzunehmen. 
Sie plaudern alle ein unzartes Geheimnis aus, ohne daß sie 
es eigentlich möchten. In der unendlichen Reihe der Filme 
kehrt eine begrenzte Zahl typischer Motive immer wieder; sie 
zeigen an, wie die Gesellschaft sich selber zu sehen wünscht. 
Der Inbegriff der Filmmotive ist zugleich die Summe der 
gesellschaftlichen Ideologien, die durch die Deutung dieser 
Motive entzaubert werden. Die Serie: „Die klein e n 
Ladenmädchen gehen ins Kino" ist als -ein kleines 
Musteralbum angelegt, dessen Schulfälle der moralischsn 
Kasuistik unterworfen sind. ' 
*) Die Serie ist in den Abendblättern vom 11- bis M März 
N dieser Reihenfolge veröffentlicht worden: „Freie Bahn", 
^Geschlecht und Chara? te r", „Volk Ln Waffen",
	        

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