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H:Kracauer, Siegfried/01.10/Klebemappe 1931 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.10/Klebemappe 1931 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043387
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.10/Klebemappe 1931 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.10/Klebemappe 1931
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1931
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

E 106 
Bor ein«« Vierteljahr habe ich an dieser Stelle in einem Auf 
sich Wer den Prozeß um die Dreigroschenvper den spannungSlosen 
uttdialektischen Zustand beklagt, der heute Zwischen der Filmindustrie 
und unserer künstlerischen Vorhut besteht. Die Tobis und Weill 
versuchen ihm für ihren Teil ein Ende Zu machen. Man kann sich 
dem Experiment gegenüber skeptisch verhalten Und etwa den Ein- 
wand erheben, daß die Filmindustrie durch die ihr innewohnenden 
ökonomischen Tendenzen und sozialen Interessen über furz oder 
lang gezwungen sein werbe, dem Künstler die Gefolgschaft zu 
kündigen. Oder man mag auch besorgen, daß die in den technischen 
Produktionsprozeß hineingezogens künstlerische Aktivität Schrden 
erleide. Aber gleichviel: das nun geschlossene Bündnis ist gut und 
inderOrdnung. Es schlägt eine Bresche in den mechanisierten 
deutschen Filmbetrieb und nötigt Vertreter der Industrie und der 
Avantgarde Zu einer Auseinandersetzung, die unter allen Umständen 
nützliche Folgen haben wird. Denn glückt sie, künstlerisch und ge 
schäftlich, so schafft sie eine Aenderung der bestehenden VerW 
die zur Nachfolge anregen und Kreise ziehen muß; und glückt sie 
nicht, so Zeigt sie doch zum mindesten dieseVerhaltniffe deutlich auf, 
Sie werden nicht mehr ungestört im Dunkeln fortdauern können 
und auch das wäre schon viel. 
Gin gut ausgenutzter Sieg. 
Kurt Weill und dir Tobt». 
LL^. Berlin, lm Februar. 
Der Streit um bis Verfilmung der Dreigroschenoprr ist, wie 
Kersits durch die Blätter ging, beigelegt worden. Und zwar hat 
der Komponist Kurt Weil! aus das ihm zustehende Recht ver 
zichtet, die Vorführung des vorn Regisseur PaLst gedrehten Drei- 
groschenopersilms Zu verhindern, dafür aber Vereinbarungen mit 
der Tobis getroffen, die eine fruchtbare Zusammenarbeit in der 
Zukunft emöglichen. Dank der Einsicht Leider Parteien ist ein für 
jede von ihnen unergiebiger RechtsZustandin einen 
produktiven Vergleich umgewandelt worden. Fände man 
sich nur überall so aus der Sackgasse heraus! 
Das Abkommen ist über den besonderen Fall hinaus wichtig, 
weil es eine echte und brauchbare Beziehung zwischen der Film 
industrie und der künstlerischen Avantgarde herstellt. Wenn auch die 
Filmindustrie schon seit einiger Zeit den SOS-Ruf nach Dichtern 
susgsstoßen hat, um vorm Ertrinken in schlechten Manuskripten 
gerettet Zu werden, so ist sie doch bei uns niemals wirklich dazu 
geneigt gewesen, sich den durch die künstlerischen Notwendigkeiten 
gesetzten Bedingungen zu fügen. Sie ist vielmehr immer weiter 
abgetrieben in die Gewässer des Kitschs, die voller heimtückischer 
Gefahren sind... 
Der zwischen der Tobis und Kurt Weill abgeschlossene Vertrag 
gewährt diesem Möglichkeiten, wie. sie bisher noch kein Künstler 
innerhalb des Mmbetriebs gehabt hat. Weill erlangt nicht nur ein 
Lntscheiderches Mitöestimmungsrecht bei der Herstellung seiner künf 
tigen Filmwerke, er wird auch alle „kunstschädlichen und personlich- 
keitsschadlichen Methoden" ausschalten können. Im Gegensatz zu 
der üblichen Praxis kommt also endlich einmal ein Künstler in 
die Lage, seine Absichten rein durchzuführen. Um diese günstige 
Situation tatsächlich auszuwerten, hat Weill Zur Bedingung ge 
macht, daß der Beginn der DrHzeit nur im Einvernehmen mit den 
Autoren des Drehbuchs anberaumt werden darf. Wie einschneidend 
gerade die Terminfvage ist, weiß er aus eigener Erfahrung; war 
Loch den Manuskriptautoren Lei der Verfilmung der Dreigroschen 
oper nur eine begrenzte Frist gelassen worden, die ihnen als zu 
gering für die Verwirklichung ihrer Pläne erschien. Gegen eine 
solche Vergewaltigung durch den Apparat hat jetzt der Komponist 
mit Erfolg rebelliert. Er gewinnt so die Chance, bis zum Anöruch 
der Atelierarbeit alle textlichen und musikalischen Voraussetzungen 
erfüllen zu können, die zu einem filmischen Kunstwerk gehören. Die 
Verantwortung fällt damit auf den Schaffenden zurück, statt dem 
herrschenden Usus gemäß unter betrieöstüchtige Routiniers aufge- 
LM zu sein, deren Erzeugnisse ja auch danach aussehen. 
Per Mörder Dimitrij Karamasoff. 
Einige grundsätzlichcBetrachtungen zum 
Tonfilm. 
Berlin, im Februar. 
Ahmt der Film die Wirklichkeit n<O oder diese den Film? 
Jedenfalls häufen sich hier und dort die Mordfälls, und zweifellos 
besteht eine innig? Wechselwirkung zwischen der gedichteten Kol 
portage und der gelebien. „Der Mordprozetz Mary 
Dugan", „Der Mann, der seinen Mörder sucht", 
„Der Mörder Dimitrij Karamasoff" — ein wahrer 
Blutrausch scheint sich der Filmindustrie bemächtigt zu haben. 
Von diesen drei in den letzten Tagen urausgeführten Filmen 
transponiert der erste das bekannte Theaterstück auf die Lein 
wand, wo es der, einförmigen Umwelt und der vielen Dialoge 
wegen nicht eigentlich hingehört. Den zweiten, der sich eine Ton 
filmgroteske nennt, hat die Ufa von Robert Siodmak her 
stellen lassen, auf den die Öffentlichkeit anläßlich seiner Bild 
reportage: „Menschen am Sonntag" aufmerksam geworden ist. 
Diese neue Groteske bezeugt zwar immer noch die Begabung des 
jungen Regisseurs, .verrät aber leider keine Substanz. Sie walzt 
ein literarischcs Aper?u bis zur Bewußtlosigkeit aus, sucht gro 
teske Effekte mit realistischen Mitteln zu erzielen ,und benötigt 100 
Meter für Witzpointen, die eine bessere amerikanische Groteske 
auf 10 Meter zusammenpreßt. Unterwegs gehen natürlich die 
meisten Pointen verloren. Es bleiben nette Einfälle ohne Gehalt 
und gefällige Arrangements, die wenig zu arrangieren haben. Der 
Geist der Ufa schwebt über den Wassern. 
Weit über das GewoWre erhebt sich der im Capitel gezeigte 
Karamasoff-FLlm der TAra. Er ist, ich schreibe das mit 
vollem Bewußtsein nieder, der er; ste deuLsche Tonfil m , der 
einen Vergleich mit den guten stummen Filmen aushalten kann. 
Durch ihn wird verdeutlicht, was viele Beurteiler nach den bis 
herigen Erfahrungen in Zweifel zogen: daß der Tonfilm eigene 
Möglichkeiten der Gestaltung hat. Hoffentlich wächst er sich zu 
einem geschäftlichen Erfolg aus, damit die deutschen FilmgewalLigen 
endlich erkennen lernen, daß sie auch in ihrem materiellen Interesse 
nicht mehr so weiter wirtschaften dürfen. Es ist die höchste Zeit, 
daß der Operettenkram und die übrigen Seriensabrikate aus den 
Kinos verschwinden. 
Schon rein aus pädagogischen Gründen verlohnt sich die Ana 
lyse dieses ausgezeichneten Films. Was Zunächst seine Handlung 
betrifft, so ist sie von Leonhard Frank aus dem Roman 
Dostojewskis herausgeschnitten worden. Man merkt sofort, daß hier 
nicht die üblichen Konfektionäre das Drehbuch geliefert haben. 
Denn anders als Lei den üblichen Rowanverfilmungen ist der 
epische Stoff nicht einfach als Unterlage M illustrative Szenen 
ausgenutzt, sondern von Grund auf in die Filmspmche übersetzt 
worden Das heißt: Frank hat mit Recht keinen Anstand da-ran 
genommen, die vorgegebene Fabel so umzugeMten und zusammen- 
zuschmelzen, daß sie nun eine Komposition darstellt, die aus den 
optischen und cckustischen Mitteln des Films lebt, ohne zu ihrem 
Verständnis noch irgendeines Bezugs auf das außerfilmische Kunst 
werk zu bedürfen. Statt des barbarischen Mosaiks, das von den 
Routiniers gemeinhin zusamm-engestückt wird, gibt er ein Film 
ganzes, dessen Teile sich gegenseitig bedingen und tragen. Viel 
leicht hat er im Streben nach filmischer Einheit den dramatischen 
Konflikt ein wenig zu stark akzentuiert. Wer einmal entgeht er 
dadurch der Gefahr unverbundenen Flickwerks, die gerade dem Be 
arbeiter von Romanmanustripten droht, und Zum andern ist gerade 
die Verwandlung der Romanepik in die Filmepik ein besonders 
schwieriges Unternehmen. Soviel ich wich entsinne, ist jene epische 
Form, die im Film gestaltet Zu werden verlangt, nur in Ausnahme- 
Wen bewältigt worden; etwa in einigen Russenfilmen und zu 
Beginn von „Therese Raquin". Der Dichter des Manuskripts hat 
sie um der größeren Geschlossenheit willen vernachlässigt., und ich 
beklage mich auch nicht weiter darüber, sondern wünschte viel eher, 
daß die Konzentration seines Drehbuchs den Leuten vom Bau zum 
Vorbild diente. 
Außer Frank sind noch andere Künstler an dem Zustandekommen 
des Films beteiligt. Carol R a rha u s hat die Musik besorgt, Erich 
Engel die Dialoge geleitet und Fedor Ozep die Gesamt- 
regie geführt, der Russe Ozep, dessen herrliche Bordellszene im 
Film: „Der gelbe Paß" mir für immer im Gedächtnis haften wird. 
Ihrer gemeinsamen Arbeit ist vermutlich die Verwirklichung des 
Manuskriptes Zu danken. Mit welchen Mitteln haben sie es in 
Szene gesetzt^ ML den großen des stummen Films, die seit langem 
in Vergessenheit geraten zu sein schienen. Hervorzuheben ist vor 
allem eine Lehre, die dieser Tonfilm erteilt: daß das ge 
sprochene Wort nicht den Vorrang haben darf, sondern 
sich einordnen muß ins Bildgefüge. Auch der sprechende Film spricht 
vorwiegend Zu den Augen. Bezeichnend genug, daß unter OZeps 
Regie die Leitmotive in der Hauptsache optischer Art sind. Die 
Station mit der Eisenbahn, die in entscheidenden Augenblicken 
wiederkehrl; die Uhren, die eine wichtige Stunde vergegenwärtigen 
helfen; das Heiligenbild, das immer von neuem auf den Mord 
hindeutet: di^ Kerzen des^Kronleuchters, die den Taumel verfinn-
	        

Hinweis zur Vollständigkeit

Die Blätter 89 und 90 fehlen im Original.

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