120 —
Der jüngste sprang dem Bruder nach
und zog ihn muthig aus dem Bach.
Nun denke nach, und sag' mir an,
wer wohbl am besten hat gethan.
Keller.
IO. Das verlorne Vierkreuzerstück.
Din kleines Mädchen stand auf der Straße und
weinte bitterlich. Da gieng ein Herr vorüber. Als er
das Kind stehen sah, trat er heran und fragte es, warum
es weine. „Ach,“ sagte das Mädchen, „meine Mutter will
das Mittagsmahl für den Vater kochen, und dazu sollte
ich für ein Vierkreuzerstück etwas beim Kaufmann holen,
und das Geld habe ich verloren!“ Dabei suchte das
kleine Mädchen immer auf der Erde umnher und weinte.
Da griff der fremde Mann in die Tasche und sprach:
„Sei ruhig, mein Kind, hier hast du zehn Kreuzer statt
des Vierkreuzerstückes; dafür kaufe beim Kaufmann,
was dir deine Mutter gesagt hat, und die übrigen
Kreuzer behältst du für dieh.“ Da ward das kleine
Mädehen wieder ruhig, nahm das Zehnkreuzerstück
und dankte hötlich.
Kaum aber war der Fremde einige Schritte fort-
gegangen, so kam ihm das Kind mit freudigem Gesicht
nachgesprungen und rief: „Hier, lieber Herr, sind die
zehn Kreuzer wieder; ich habe mein Vierkreuzerstück
gefunden!“
Da freute sich der Mann, dass das Kind so gut
und ehrlich war, und wusste nicht, was er sagen sollte.
Dann aber griff er noch einmal in die Tasche, gab dem
Kinde éinen blanken Silhergulden und sprach: „Du bist
ein braves Mädchen! Bleibe immer so ebrlich! Den