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„Mein Kind, o sieh ins Nest hinein,
dann weißt du meinen Gram.
Wie kann die Mutter fröhlich sein,
der man die Kindlein nahm?“
Der Knabe nahm die Jungen aus;
jetzt wird ihm bang und schwer;
er rennet hurtig fort nach Haus
und holt sie wieder her.
„Dran hab' ich wahrlich nicht gedacht;
verzeih es mir, verzeih!
Es war nicht recht, was ich gemacht, —
da hast du alle drei!“
Hoffmann v. Fallersleben.
104. Die Kornähren.
Ein Landmann gieng mit feinem kleinen Sohne Werner
auf das Feld hinaus, um zu sehen, ob das Korn bald
reif sei.
Sie kamen zu ihrem Acker und sahen, wie einige Halme
ganz aufrecht standen, andere aber ihre Ahren tief zur Erde
neigten. Werner sagte: „Es ist doch schade, dass so viele
Halme fast am Boden liegen. Oder nützen sie vielleicht nichts?“
Der Vater pflückte zwei Ähren ab und sprach: „Sieh,
diese Ahre hier, die sich so bescheiden neigte, ist voll der schönsten
Korner; diese aber, die sich so stolz in die Höͤhe streckte, ist
ganz taub und leer.“
Trägt einer gar so hoch den Kopf,
so ist er wohl — ein eitler Tropf.
Nach Chr. Schmid.