Skip to main content

Object: H:Kracauer, Siegfried/01.01/Klebemappe 1921 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

E Z 
einer Vollanstalt für freie und angewandte Kunst aus zu« 
Lauen. 
2. Die räumliche Verlegung dieser Schule nach dem 
Stadel erscheint nicht notwendig und nicht zweckmäßig 
S. Der Schule ist eine direktoriale Spitze zu geben. 
Die Stelle ist vorher öffentlich auZZuschreiben und eine Mit 
wirkung der Lehrerschaft bei ihrer Besetzung vorzusehsn. 
4. Es ist wünschenswert, wenn vom Städel eine freie 
Gemeinschaft bildender Künstler geschaffen wird. 
Die berufenen Meister sollen berechtigt oder verpflichtet werden, 
auch auf den städtischen Schulen ausgebildete Meisterschüler an- 
zunehmen. 
5. Die Interessen der jetzigen Atelierinhaber sind Sei 
der Neugestaltung weitgehenost zu wahren, wobei jedoch die 
künstlerischen Interessen der Allgemeinheit voczugchen haben. 
Hülsen, der, wie er hervorhob, im Einklang mit den übrigen 
Lehrern der Städelschule sprach, die Ansicht, daß der Schule ihr 
Unterbau unabhängig von der Kunstgewerbeschule erhalten werden 
müsse. Man einigte sich schließlich auf folgende Resolution, die 
dem Magistrat, der StadtverordnetemVersammlung und der 
Administration der Städelschule übermittelt werden soll: 
1. Die von der Stadt übernommene Kunstgewerbeschule ist M 
IrankfmLer Angelegenheiten. 
Die RepÄrMsusfrage. ! 
In einer vorn Demokratischen Verein einbemfenen offene 
lichen gu besuchten Versammlung sprach Dienstag abend im 
Börsensaal Pros. v. Schulze-Gaevernitz (Areiburg) Wetz 
die ReparaLionsforderungen unserer Gegner. Der Redner gnö 
Zunächst einen kurzen UeLerblick über die Rechtsfrage. Nach 
dem FriedensverLrag ist die Festsetzung her gesamten Repara-- 
Lionssumme ein einseitiger ALL der ReparationsLoMmission, vor« 
zunehmen bis zum 21. Mai 1921. Das Verlangen der Alliier-t 
ten, unsere Unterschrift unter ihre Forderungen zu erhalten^ 
bedeutet also ein Hinausgehen über den Vertrag, das uns Zur 
Vorsicht verpflichtet. Was ferner die Höhe der uns obliegenden 
Entschädigungen betrifft, so ist sie praktisch durch die Zahtungs- 
fähigbeit Deutschlands bedingt und lediglich insofern begrenzt, 
als Deutschland laut Frredensvertrag seine Schuld innerhalb 
dreißig Jahren zu tilgen hat. Keynes hält es für möglich, daß 
Deutschland 60 Milliarden Goldmark zahlen kann, Baruch - 
der Sachverständige Wilsons, geht bis zu 80 Milliarden, womit 
die höchste Schätzung irgend eines Sachverständigen gegeben isti 
Die bekannten Parrser Forderungen dagegen, die sich außer der 
12proZentigen Steuer auf den deutschen Export auf 226 Milliar^ 
den Goldmark belaufen, würden nach dem Urteil von Keynes 
das Doppelte der h ochsten Ziffer darstellen, die irgend 
eine kompetente Persönlichkeit in England oder in den Vereinig 
ten Staaten jemals zu rechtfertigen suchte. Da es für eine, 
! streng wirtschaftliche Betrachtung überhaupt unmöglich ist, schort 
jetzt die Summe festzustellen, die Deutschland zahlen kann, er 
scheint das zweite Angebot unserer Delegation in London einex 
festen Verpflichtung für dck ersten fünf Jahre bei Offenhaltun^ 
der Gesamtsumme am sachgemäßesten. » 
Durch welche Mittel kann nun Deutschland zahlen? Gold 
werte für Zwecke der Reparationszahlung können sicherlich nur" 
durch Ueberschüsse unserer Handelsbilanz her 
vorgebracht werden. Demgegenüber ift aber festzustellen, daß 
die Nachfriedenspolitik der Alliierten Deutschlands Exportkraft 
in dreifacher Weise schwächt. Einmal erzwingt man "von uns^ 
Rohstoffli-eferungen von Kohle, Holz usw., ohne zu bedeutn,' 
daß unser Vermögen die Arbeitskraft ist, die den Rohstpff ver* 
sdüt; daß wir also die hohen Reparationsforderungen nur» 
verwirklichen können, wenn man unsere Rohstoffeinfuhr erleich 
tert. Zum andern wird unsere Exportkraft und damit unsere Repara- 
! Lionskraft deutscher Waren im alliierten Ausland unterbunden. Irr 
derselben Richtung wirkt auch die Beschlagnahmung von deutschem 
Privateigentum, deutschen Konzessionen und Kapitalbeteiligungen 
in aller Welt. Im Interesse unserer Zahlungsfähigkeit wäre drin 
gend zu fordern, daß mau diese Beschränkungen aufhöbe und den 
Grundsatz der großen britischen Freihändler des gleichen Rechtes 
Aller auf den internationalen Markt zur Anerkennung brächte. 
Drittens und letztens ist die durch die jähen Valutaschwankungenl 
so beeinträchtigte Wiederherstellung der deutschen Finanzen eM 
unerläßliche Vorbedingung der Reparationszahlungen. Ihre Neu«, 
ordnung kann aber nicht durch weitere erhebliche Steuererhöhungen, 
sondern nur durch den Abbau der Inflation erreicht werden, die 
eine Wirkung des Friedensvertrags und der Nachfriedenspolitik der 
Alliierten ist: Erfüllung der hohen Reparationsforderungen setztz 
eine Verminderung der Okkupationskosten und Rückgabe des deut 
schen Auslandsvermögens an Ne früheren Besitzer voraus. Man 
verpflichte ferner die deutsche Regierung zu einem Finanzplan, dep 
das Budget ins Gleichgewicht setzt und die Valuta befestigt. Nur 
ein Deutschland, das im Vollbesitz seiner Produktionskräfte bleibt, 
kann die hohen Entschädigungen Zahlen. Man wird anzuerkenner^ 
haben, daß Frankreich, das unter dem Druck seiner Finanznox 
steht, sofort realisierbare Forderungen braucht. Hierzu verhilst 
ihm freilich nicht eine Politik der Angst und Rache, sondern ledig 
lich eine Politik, die Deutschland wieder kreditfähig macht. Er 
schwerend für uns ist es, daß England imperialistische Ziele in 
Asien hat. die es unter Umständen dadurch zu fördern sucht, daß 
es europäische Interessen an Frankreich preisgibt. Demgegenüber 
stellen wir heute noch einmal unseren guten Willen fest, zu einem' 
praktischen durchführbaren Abkommen zu gelangen, das vor allem 
den finanziellen Bedürfnissen Frankreichs nach sofortiger Zahlung 
gerecht wird. Als der Gläubiger der Alliierten hat Amerika 
ein dringendes Interesse daran, daß der Schuldner seiner Schuld 
ner saniert werde, und vielleicht könnte eines Tages Amerika seinen 
Vorteil darin erblicken, daß es die Forderungen der Alliierten 
gegen Deutschland übernimmt. 
In Deutschlands Fleiß und Können liegen unbe 
grenzte Möglichkeiten, die der Entschuldung Europas dienstbar ge, 
macht werden können. Inzwischen arbeiten moralische Mächte für 
Deutschland und zermürben die Grundlagen des Versailler Frie 
dens, der auf dem Strafgedanken sich aufbaut. Früher oder 
später — so schloß der Redner seinen mit großem Beifall auf 
genommenen Vortrag — wird das Weltgewiffen über veraltete 
Gewaltpolitik hinaus dem großen Gedanken der Zukunft entgegen 
reifen: der Solidarität der Menschheit. 
Die Anregung des Vorsitzenden Dr. H. Mai er, von einer: 
Diskussion abzusehen und ein BegrüßungsLelegramm an den HeL - 
matbund der Oberschlesier zu schicken, fand die ein-; 
wütige' Zustimmung der Versammlung. 
. Kraniitmler AngelegenLeiLen. 
NeugestalluNg der Arankr^rter Kunstschulen. 
Um eine Aussprache über die Frage der Neugestaltung der 
Frankfurter Kunstschulen heröeizusjU)^en, fand Somuag vormittag 
in der Aula der Gewerbeschule eine Versammlung statt. Zu der 
siebzehn Korporationen der Frankfurter Künstlerschaft ein Ein 
ladung hatten ergehen lassen Nach den einleitenden Worten des 
Vorsitzenden, AmLZgerich'tsrat Dr. Levi, der kürz auf die Be 
deutung der Emscheionngen hinwies, die infolge des Ü-eö^ßangs 
der Kunstgewerbeschule an die Stadt in nächster Zeit zu treffen 
sind, nahm Stadtverordneter Direktor Walter in einem längeren 
Referat zu dem für die Entwicklung des Frankfurter Kunstlebens 
so wichtigen Gegenstand Stellung Der Redner betonte Zunächst, 
dgß die Stadt begreiflicherweise nur über wenig Mittel verfüge 
und daß es ihre dringlichste Verpflichtung sei, vor allem für eine 
gediegene fachliche Ausbildung der Massen Zu sorgen. Aus solchen 
Erwägungen heraus hat der Magistrat seit Ostern 1920 die verti 
kalen Fachschulen geschaffen, die Lehrlinge, Gehilfen und Meister 
vereinen. Frankfurt hat vierzehn derartige Schulen, Maschinen- 
fachschule, Hilfsarbeiterfachschule, Buchgewerbeschule,- H aus hab 
tungsschule usw., deren Entwicklung sich in günstigem Sinne voll 
zieht. Auf ihnen als den Grundschulen sollen sich die höheren 
Schulen aufbauen. Für das Maschinenfach und das Baufach 
sind diese staatlichen Schulen vorhanden; die Kunstgewerbeschule 
dagegen muß jetzt von der Stadt übernommen werden/ öa sie lecker 
nicht verstaatlicht worden ist. Es versteht sich aus Gründen der 
Sparsamkeit von selber, daß die Stadt kein Doppelsystem dulden 
kann, und so hat sie bereits einzelne Klassen der Kunstgewerbeschule.' 
z. B. die für Gebrauchsgraphik, auf dem Verwaltungsweg ihrey 
gewerblichen Fachschule angegliedert. Welche Ausgaben hat nun 
die Kunstgewerbeschule zu erfüllen? Vor allem ist an 
ihr eine Klaffe für Raumkunst und Innenarchitektur zu schaffen- 
an die sich Klassen für Stilkhre, Kunstgeschichte, MZeichnen^ 
Ornamentik, Plakatkunst, freie Graphik usw. anzuschließen Haben 
Sie muß zu einer Vollanstalt für freie und angewandte Kunst 
ausgebaut werden, die in Mitteldeutschland die führende Stellung 
einnimmt. Den Gedanken, die so erweiterte Schule ans Städek 
zu verlegen, hat man nach reiflicher UeöerlegunH wieder fallen ges 
lassen, man will sie vielmehr in ihrem bisherigen Gebäude als 
Atelierschule beinhalten. Triftiae Gründe sprechen dafür, eine 
^direktoriale Verwaltung der kollegialen an der neuen Schule vor- 
zuziehen; der Posten des Direktors, dem hauptsächlich die Ver 
waltungsgeschäfte obliegen, soll ausgeschrieben werden. Was die 
Städelschule betrifft, so erscheint es wünschenswert, daß an 
ihr eine freie Gemeinschaft bildender Künstler geschaffen wird, die 
gleichsam den Gesamtaufbau des Frankfurter Kunstschulwesens zu 
krönen hatte. Der Redner empfahl an sie außer einem Architekten, 
zwei Bildhauern und drei Malern auch einen Schriftkünstler zu 
berufen, da gerade Frankfurts Schriftgießereien Weltruf ge 
nießen. Den zu berufenden Meistern wäre die Verpflichtung auf- 
zuerlegen, ein bis zwei hervorragende Schüler in ihren Ateliers 
zu unterweisen. Das Endziel, dem alle Anstrengungen gelten, ist 
sie Erhebung Frankfurts zu einer künstlerischen Metropole; zu 
feiner Erreichung wird es auch nicht wenig beitragen, wenn man 
die Kunstgewerbebibliotheken zu einer Zentralbiblio- 
thek für Kunstgewerbe und Technik ausgestaltet. 
Die Diskussion, in der im allgemeinen die vom Referenten 
entwickelten Pläne Zustimmung fanden, drehte sich im wesentlichen 
um das Verhältnis der Städelschule Zur Kunstgewerbeschule.« 
Während Stadtrat Dr. Rumpf es begrüßte, daß die Stadel? 
schule rein eine Schule für freie Kunst werden solle, vertrat Pros. 
hervorhob, im Einklang mit den übrigen 
e sprach, die Ansicht, daß der Schule ihr
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.