Arankturter Angelegenheiten.
Lehrgang über Berufsberatung. Am Donnerstag fand die
EröffnungsverjaE des von dem Städtischen Berufsamt, dem
Berufsamt für Akademiker und der Arbeitsgemeinschaft der Eltern-
Lesväte veranstatteten Lehrgangs für Berufsoeratung statt. Ais
erster Redner sprach StadtraL M oller über das Frankfurter
Wirtschaftsleben. Der Ermahnung au. die Eüern, ihre Kinder nach
Möglichkeit gelernten Berufen zuzuführen und sie in eine ordnungs
gemäße Lehre zu geben, schloß er die Warnung vor einer Aus
bildung in solchen Berufen an, die wenig Aussicht auf eine sichere
Existenz bieten. Während z. B. die Verhältniße in der Metall
industrie nicht sehr günstig liegen, herrscht rege Nachfrage in den
Berufsgruppen für den Inlandsbedarf, so im Bau-, Holz-, Be-
kleidungs-, Bankgewerbe und im Kaufmannsstand. Dr. Kunze,
der Leiter des Berufsamts für Akademiker, erörterte die gegen
wärtige Lage der akademischen Berufsberatung. Er
legte dar, in welcher Weise diese besondere Art der Berufsberatung
den Studierenden zur Seite steht und sie durch Einrichtungen, die
der Arbeitsvermittlung und Wohlfahrtspflege dienen, zu unter
stützen sucht. Hoffentlich werde sich der Staat mehr als bisher der
jungen Akademiker annehmen. Ueber die Aufgaben des Eltern
hauses bei der Berufswahl sprach Dr. Po lag, der Vorsitzende
der Arbeitsgemeinschaft der Elternbeiräte. Sich vornehmlich an die
Eltern wendend, ermähnte er sie eindringlich dazu, rechtzeitig bei
dem Berufsamt Auskunft einzuholen. Zum Schlüsse behandelte der
Leiter der Städtischen Nachrichtenstelle, Redakteur Müller, die
Frage der Wirtschaftsöeihi! fen zur Aus- und Fortbildung
der Kinder. Die Notwendigkeit von Wirtschastsbeihilfen sei heute
auch bei denjenigen Bevölkerungsschichten gegeben, die ihre Kinder
in die höheren Schulen zu schicken Pflegen, zumal dann, wenn be
gabten Schülern, die diesen wirtschaftlich schlecht gestellten
Schichten entstammen, der Besuch der Hochschule ermöglicht werden
soll. Der Redner beendete seine Ansprache mit dem Appell an
Reich und Staat, die nötigen Mittel für die Aus- und Fortbildung
der Jugend im Interesse unserer kulturellen Entwicklung Lereit-
Iranktmler AngelegenFeiLw.
Stadtverordneten Versammlung.
Als erste der auf der Tagesordnung angekimdigten Magistrats
Vorlagen kam nach kurzen geschäftlichen Mitteilungen d§s Vor
sitzenden Hopf die Vorlage über die
Bepselweinsteuer
zur Beratung. Stadtv. Hene (Dem.) wandte sich gegen diese
Steuer, die eine ungerechtfertigte Belastung der Bevölkerung und
der Frankfurter Aepselweinindustrie darstelle und sicherlich nicht den
vorausgesehenen Betrag einbringe, da der Konsum mit 75 000 K!
in Frarcksun viel zu hoch eingeschätzt sei. Auch Stadtv. Land-
grebe (lib.) hob hervor, daß das Erträgnis vermutlich nicht den
Erwartungen entsprechen werde, und machte vor allem das Beden
ken gellend, daß die Steuer aus einer unsicheren rechtlichen Grund
lage ruhe Nach Ausführungen des Stadtv. Lang (Komm ), der
die Besteuerung des Äepselweiukonsums ablehnte, und des Stadtv.
Wilhelm (d -natl.), der ebenfalls im Namen seiner Fraktion aus
einer N->he von Gründen sich gegen diese Steuer aussprach, stellte
SLadtrat Dr. Langer fest, daß im Hauptausschuß bereits Stim
mung für die Annayme der Steuer in Verbindung mit der Bier
besteuerung vorhanden gewesen sei und der jetzige SLimmungsum-
schwung daher überraschend anmute. Die rechtliche Zuläffigkeit der
Steuer sei im übrigen nicht Zu bezweifeln. Die Vorlage, gegen
deren Annahme sich noch Stadtv. Mühlig (Unabh.) wandle,
ging an den Hauptausschuß zurück.
Zu der Vorlage über die NachtzuschlLge dsr Straßenbahn,
die u. a. eine Erhöhung der Zuschläge nach 9 Uhr mit 50 Psenmg
Vorsicht, sprach als einziger Redner Stadrv. Lehmann (Soz.),
der im Namen seiner Parteifreunde die Vorlage ablehnte. Auch
diese Vorlage ging an den Hauptausschuß zurück.
Zur Verhandlung kam sodann die Errichtung eines Hauses
der Technik auf dem Festhallengelände, das über 11 Millionen
kosten soll, die nur Zum Teil gedeckt sind. Stadtv. Heiß Wolf
(Soz.) empfahl als Berichterstatter des HaupLausschusses die An
nahme der Vorlage und erklärte, daß die Stadt für die erste Bau-
etäppe nichs beizusteuern habe, da die Meffegestllschast die Mittel
hierfür bereit, gestellt habe. Stadtv. Kirchner (Soz.) begrün
dete einen Antrag, in dem er die Erwartung ausspricht, daß der
Magistrat der Stadtverordnetenverfannnlung künftig Vorlagen von
so großer finanzieller Tragweite rechtzeitig zugehen lasse, und fer
ner den Magistrat dafür zu sorgen ersucht, daß der Schulbetrieb
durch die Messe nicht mehr gestört werde. Stadtrat Dr. Schmude
betonte, daß der Magistrat sich bei der schnellen Einbringung der
Vorlage in einer Zwangslage befunden habe. Nachdem Bürger
meister Graf nochmals das Verhalten des Magistrats gerechtfer
tigt hatte, das sich aus der Notwendigkeit der schnellen Annahme
eines günstigen Angebots erkläre, wurde dem Beschluß des Haupt
ausschusses, sowie dem Antrag Kirchner mit großer Mehrheit zuge-
. 'KraMturier AngelegenUiten.
« Qnidde über Oberschlesien. In einer von dem FriedenZ-
berein, dem Verband für internationale Verständigung und der
Frauenliga für Friede und Freiheit einberufenen Versammlung
sprach gestern PLof. Quidde über Oberschlesien. Zu Eingang
seiner Rede führte er aüs, daß durch die Entscheidung der Alliier
ten Wer Oöerschlesten nicht nur die Erfüllung der Reparations
forderungen unmöglich gemacht, sondern auch die Weltwirtschaft
weitgehend gefährdet werde. Verhängnisvoll ist die Entscheidung
auch insofern, als sie eine deutsche Minderheit unter polnische Herr
schaft stellt; ihr Schicksal ist viel härter, als das der schon lange
unter deutscher Herrschaft stehenden polnischen Minderheit. Was
die Rechtsfrage betrifft, so gelangte der Redner zu dem Schlüsse,
daß der von den alliierten Mächten auf Deutschland ausgeübte
Zwang, mit Polen eine wirtschaftliche Vereinbarung zu treffen,
widrigenfalls ihm Sanktionen drohen, eine Verletzung des
Sriedensvertrags bedeute; dieser rechtswidrige Zwang be
weise nur, daß man entgegen dem Vertrag bei der Grenzziehung
nicht die wirtschaftlichen Zusammenhänge geachtet hat. Wie sollen
wir uns nun zu der Entscheidung verhalten? Der Redner sprach
sich mit aller Bestimmtheit gegen die von den Rechsparteien ge
forderte Nichtanerkennung aus. Er verlangte statt dessen die Ver
wahrung gegen ihre Rechtswidrigkeit durch Anrufung des von dem
Völkerbund geschaffenen internationalen Tribunals. Sollte die
Klage Deutschlands von diesem Tribunal angenommen werden, so
sei im Sinne der pazifistischen Organisationen eine zweit e_A ö -
stimmung in Oöerschlesten zu fordern, aus der sich erkennen
Lasse, ob die oberschleflsche Bevölkerung gemäß den politischen
Interessen auseinandergehen oder lieber zusammenbleiben wolle.
Der Gedanke einer nochmaligen Abstimmung entspricht nicht nur
dem Wunsche der Bevölkerungsmehrheit in Oberschlesten selbst, er
'ist auch von anderer Seite, z. B. in England, angeregt worden.
Zum Schlüsse erhob Pros. Quidde die Forderung auf eine allge-^
meine Weltabrüstung, die eine Grundvoraussetzung für die Ver
wirklichung eines wahren Völkerbundes bilde.
dsr Sinn sich uns offmLM. wenn wir nnS der verhüllenden Gestalt
»u entledigen suchten, durch die hindurch allein Gott sich uns
kündet Aus dieser meiner Grundeinstellung heraus kann ich nicht
wir Flaks daran glauben, daß der von Keyserling beschritten« W«g
uns religiöses Neuland eröffnet, ich könnt« selbst dann nicht daran
glauben, ivenn Keyserling jene (ihm übrigens durchaus ungemäße)
heroische LeberMaltung Sehet«, die als Ergänzung seiner rela
tivistischen Philosophie von Mode gefordert wird. Was Flaks für
den Eintritt in eine neue Verlad« des europäischen Denkens Mt,
erscheint neir im Kern M der AuSklang einer LebenSanschauung,
in« zum Teil in den idealistischen Systemen der Vergangenheit mit
größerer philosophischen Prägnanz gelehrt worden ist und gegen die
sich heute, gerade m den Kreisen wahrhaft religiös empfindender
Menschen, miS hier nicht zu erörternden Gründen ^iestbevechtigtrr
Widerstand regt. Neues bringt 5kehferling, abgesehen von der
etwas ftemdartiFen VernwÄmung, tn die er sein« idealistisch,
mystischen Gedanken gonge «inkleidet, lediglich insofern, als er die
Theorie in die Pr<ytz umzusetzen sich bemüht. Aber darf man WÄL-
lich mit Flak« annehmm, daß diese so weit getriebene Distanzierung
von ShmboLm und Farnen uns frommt, daß diese geflissentliche
Abstraktion von bestimmten Inhalten uns reiner Menschlichkeit zu-
führt? Diel «her will mich bedrucken, daß Keyserling aller Vor
aussicht nach in seinen Schülern eine gefährliche quietistische Gleich
gültigkeit gegen das konkrete Leben und sein» konkreten Forderungen
erzeugt, «ine M'eichzMiMr, die eben das nicht ist, was uns heute
einzig nottnt, und daß er zwar möglicherweise Duldsameit er-
wckt, nicht jedoch Duldsamkeit der Stärke, die ÄS edelstr
Blüte einem hohen Glauben entspringt, sondern Duldsamkeit
der Schwäche, Milde des Zuschauers, der selber keine Entschei
dungen wagt. Handelt Keyserling als Erzieher nicht unbewußt
seiner eigenen Lehre zuwider — und zu einer solchen Annahme
liegt kein Grund vor — so maß jedenfalls die praktische An
wendung seiner Theorie mit innerer Notwendigkeit Ergebnisse
dreier Art zeitigen. Dr. Masse hat hier sicherlich richtig ge
sehen. — Wo das Ressentiment stecken soll, das Flak« aus mei^
nem MMt -WvB^WNy MM. Witz H rM WK GM i
er etwa ein auf proletarischen Klasseninstinkten beruhendes Groll
gefühl gegen Grafentitel und dergleichen bei mir voraus, oder
erscheint ihm meine Schilderung des äußeren Rahmens der
Tagung als Ausfluß irgendwelcher Vorurteile, die meinen Blick
für die wahre Bedeutung der Lehre Keyserlings trüben? Ich
kann Flake hersichern, daß das nicht der Fall ist. Wenn ich bei
der Beschreibung des Milieus verweilte und den Mitglieder»
kreis der „Gesellschaft für freie Philosophie* zu charakterisieren
suchte, so geschah dies in ganz bewußter Absicht zur Kennzeich
nung, der Art und Weise, in der Keyserlings Wollen sein« Ver
wirklichung findet, bin ich doch im Gegensatz zu Keyserling der
Meinung, daß der Leib, den eine Idee sich bildet, stöer der Idee
selber nicht vernachlässigt werden darf. Mein« von Flake ge
rügten Ironien waren eine Gegenwehr gegen die Prätensione»
Keyserlings, die mir durch seine Lehre nicht gerechtfertigt er
scheinen. Ich wollte weniger ein Horoskop stellen, denn über-
trieLene Ansprüche, die in den letzten Jahren laut und ver
nehmlich aller Welt verkündet wurden, in die ihnen gebührenden
Schranken zurückweisen.