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durch den Bau eines Wolkenkratzers auf einem unweit der
Hauptverkehrsadern gelegenen Militärfiskalischen Gelände eine
große Anzahl von Wohnungen frei wird, die zur Zeit für
Geschäftszwecke usw. eingerichtet sind. Auf das Ergebnis des
Wettbewerbes kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden
-- Besonders stark regt sich naturgemäß das Bedürfnis nach
Wolkenkratzern in Berlin. Im Auftrag der Preußischen
Akademie des Bauwesens hat sich der bekannte Architekt Pros.
Bruno Möhring mit der Frage befaßt, wo und unter wel
chen Voraussetzungen Hochhäuser in Berlin gebaut werden kön
nen. Wie aus seinem kürzlich vor der Akademie über dieses
Thema gehaltenen Vortrag, den die Zeitschrift „Stadtbau
kunst" (Architekturverlag „Der Zirkel", Berlin) veröffentlicht,
zu ersehen ist, befürwortet Möhring auf Grund eingehenden
Studiums nordamerikanischer Verhältnisse sehr warm dre Er
richtung von Turmbauten in Berlin- Einer seiner Vorschläge
zielt z. B. dahin, das äußerst wertvolle Grundstück nördlich des
Bahnhofs Friedrichstraße mit einem Bürohochhaus zu bebauen.
Das von ihm für diesen Platz ausgearbeitrte Projekt, das
auch, mit einigen andern Hschhausprojekten zusammen, in
Faktoren gelingen. Zu den wirtschaftlichen Erwägungen haben
sich vor allem die städtebaulichen zu gesellen, Künstler und
Techniker, Wirtschaftsführer und Kommunalpolitiker werden
zusammenarbeiten müssen, um das Werk zu vollbringen, das
letzten Endes nur der genaue Ausdruck eben des Geistes sein
wird, der die Menschen bei seiner Ausführung beseelt. In einem
Aufsatz: „Zum Problem des Wolkenkratzers" (enthalten in den
beiden letzten Heften der ausgezeichneten Zeitschrift: „Was-
muths Monatshefte für Baukunst") preist Wilhelm Mächler
das Turmhaus der Zukunft als den wirtschaftlichen
Mittelpunkt einer ganz bestimmten und natürlich geglie
derten Lebens- und Arbeitsgemeinschaft. Nicht allein
an der Schöpferkraft unserer Baukünstler, sondern auch an dem
sozialen Gewissen, dem Gemeinschaftswillen unseres gesamten
Volkes wird es liegen, ob dieser schöne Turmhaus-Gedanke
bald seine Verwirklichung erfährt.
KraMfurLer KngekegmHÄM.
politische Strömungen in der Jugendbewegung.
In einer Sitzung der Frankfurter Gruppe des Preußrfchen
Philologenverbands sprach Privatdozent Dr. Marr üoer die po
litischen Strömungen innerhalb der heutigen ^ugendbeweAmg.
Der Redner charakterisierte das Wesen der f r ei deut scheu
Jugend vor dem Krieg, deren Gesinnungs- und Wahrhaftig
keitsradikalismus, formenflüchtige Geistigkeit, Abneigung gegen
jede Autorität und jede politische Betätigung auf das inwendige
Protestantentum des jungen Luther zurückzuführen seien. Das!
Ssbnen dieser freideutschen Jugend, die nur in einem protestanti
schen Lande wie Deutschland, nicht aber etwa m Italien, umnk-
reich, England oder Amerika denkbar ist, gilt der Gemeinschaft.
Ihre Tragik beruht darin, daß sie die Gemeinschaft vom autonomen
Ich aus erreichen möchte. Trotz des Gegensatzes der Fretdeut-
schm mit ihrer Romantik der Weltflucht zu der von Friedrich
Naumann geführten vorletzten Jugendgeneration sind beide
doch ihrem innersten Wesen nach Auswirkungen lutherischer Dis
positionen, und eS ist wichtig, sie als solche zu erkermen. Der
Krieg bedeutete der Jugend Flucht vor Staat und Gesellschaft,
er brächte ihr das Erlebnis der Volkheit. Nach dem Krieg wurde
die metapolitische Haltung der JugendbewAUNgen unmöglich,
sie mußten sich notwendig, mit den großen Zeitfragen auS-lnander-
Schon auf dem ersten Führertag in Jena IMS begann die
Spaltung der freideutschen Jugend in zwei Gruppen,, die ano^
' ganischen M e n s chhsitler und die völkische n, zwischen
denen man noch eine dritte Gruppe, die der e t h l s ch»^ n So z i a-
listen, annehmen darf, die aber Mon-mf dem Weg zu der völ
kischen ist. Gemeinsam ist diesen verschiedenen Gruppen derbu^
gerlichen Jugendbewegungen außer der Methode des Demens
und FühlenZ und lutherischer Angst vor Verkörperung die Ab
lehnung jeglicher Parteipolttik und die Verwerfung der formalen
Demokratie. Die Völkischen oder Jungdeutschen, dadurch
den Kreis um Stadtler und seine Zeitschrift „Das Genüssen ver
treten werden, lassen sich sozusagen als Ruls?nalbotschewistrn be
zeichnen. Die auf der Volyeit beruhende Nationalität ist ihnen
s etwas Letztes, sie bejahen den Sozialismus, insmvett er dem Kör
perschaftsgedanken entspringt (nicht aber als suechanischen MarxiS
mus) sieben der Diktatur nahe und smd aristokratische Anhänger
des monarchischen Prinzips, ohne dämm doch reaktronaren
Parteien einfach verwechselt werden zu dürfen Auch in der pro
letarischen Jugendbewegung gibt es Reigens völlig
sinnt« die sich, wenn sie den RLtegedanken verherrlichen, eme or
ganisch gegliederte Gesellschaft vorzustellen schemen,. welSM Zu-
kunstsideal.ste mit den Jungdeutschen verbindet. Wie dre Gruppe
der Völkischen sich an die Rechtsparteien anlehnt, so die der
Menschheitler an die linkSsozialistisehen Parteien T-er Auhang
dieser Gruppe ist im Schwinden begrrfM, wahrend ine Volkftchm
an Zahl zunehmen. Die Menschheitler geben neuerdings d>e Pa
role vorn Klassenkampf für die Jugend aus und setzen sich sur
radikale Schulresormen ein. Alles in allem stillte oec Redner inner
halb der gegenwärtigen Jugend (auch m der proletarischen) wach
sende Neigung zu einem FüderaüsmuS germam-chen Ur
sprungs fest.
Nr. 7 der „Berliner Illustrierten" dieses Jahrgangs abgebildet
ist. macht einen guten Eindruck. —- Ueber die anscheinend Ziem
lich weit gediehenen Pläne für Wolkenkratzer in München
berichtet Reg.-Baumeister Herman Sörgel (in Heft 6 der
„Woche", 1921). Bei der Ausführung von Turmbauten in
München wird man die größte Rücksicht auf die Frauentürme
wie überhaupt auf das historisch gewachsene, künstlerisch so
vollendete Stadtbild zu nehmen haben. Es ist daher nach Sor
ge! ratsam, die etwa zu schaffenden Hochhäuser in einem Ab-
stand von rund einundeinhalb Kilometern von der Frauen
kirche zu erbauen und sie nicht übertrieben hoch Zu führen. Wie
Sörgel hervorhebt, braucht z. B. das Münchner Kunstgewerbs
schon lange ein zentrales Messe- und Geschäftshaus, auch ist
nach der Fertigstellung der Walchenseekrastwerke im Jahre
1923 ein Zuzug geschäftlicher und industrieller Betriebe nach
München zu erwarten, deren gewaltigen Raumbedürfnissen bei
zeiten genügt werden muß. Dem Sörgelschen Aufsatz sind Ab
bildungen von Münchner Turmhausprojekten beigegeben, die
aus der Hand des Münchner Architekten Pros. O. O. Kurz
stammen; nicht alle dieser Entwürfe scheinen sich dem Geist der
Stadt glücklich anzupaffen und ihrem einzigartigen baulichen
Zusammenhang sich organisch einzufügen. Auch die Münchner
Handelskammer hat sich übrigens bereits mit der Frage der
Hochhäuser beschäftigt und hält deren Errichtung in München
für durchführbar. (Vgl. „Münchner Neueste Naschten" Nr. 65
u. 66).
Der praktischen und ästhetischen Einwande gegen die Turm
bauten sind viele, nur wenige jedoch vermögen bei näherer Be
trachtung stichzuhalten. Eine gründliche Widerlegung haben
sich schon des öfteren die Bedenken gefallen lassen müssen, die
z B. gegen die Feuergefährlichkeit der Wolkenkratzer und ge
gen die angebliche Gefahr des Verrostens ihrer Eisenkonstruk
tionen erhoben worden sind. Andre Uebelstände freilich, wie
die Zusammenpressung des Verkehrs im Umkreis der Hochhäu
ser Zu bestimmten Tageszeiten, die Ueberlastung des Unter
grunds, die Licht- und Luftbeschränkung können nicht geleug
net werden. Ihre Erkenntnis mit hat, den oben erwähnten
Ausführungen Pros. Möhrings zufolge, im Jahre 1916 in
New Vork zur Schaffung einer Staffelbauordnung (SouLu^
Resolution) geführt, die u. a. in den sogenannten Height-
Distrikts die Höhe der Wolkenkratzer nach der Straßenbreite
regelt und Überschreitung der Höhengrenzen nur aus Schön
heitsgründen und in -ganz bestimmten, gesetzlich festgelegten
Fällen duldet. In den meisten amerikanischen Städten beträgt
die Maximalhöhe gegenwärtig 61 Meter. Wir werden bei dem
Bau von Hochhäusern, aus den in Amerika gemachten -rakti-!
scheu Erfahrungen, nicht zum wenigsten auch in konstruktiver
Hinsicht, viel zu lemen hckbM
Die übrigen, mehr. ästhetischen und gefühlsmäßigen Beden
ken gegen Turmbauten wiegen ungleich leichter. Wo sie nicht
einfach der Seele des Spießers entwachsen, der an dem, was
er gewohnt ist, um jeden Preis festhalten möchte, da gehen sie
Zum Teil von der falschen Voraussetzung aus, als sollten nun
in Deutschland amerikanische Vorbilder ohne weiteres über
nommen werden, zum Teil beruhen sie auch auf der verschwom
menen Vorstellung, in den Wolkenkratzern verkörpere sich jener
selbe Geist des Materialismus und kapitalistischer Beutegier,
den es heute mit allen verfügbaren Mitteln zu bekämpfen gilt.
Die Häßlichkeit der New Vorker City ist jedermann bekannt.
Turm artige Ungetüme, die ihr Dasein dem ungezügelten Macht
willen raubtierhaften Unternehmertums verdanken, stehen dort
wild und regellos nebeneinander, außen und innen häufig mit
einer prunkvollen Scheinarchitektur verkleidet, die ihren höchst
Profanen Zwecken in keiner Weise entspricht. So freilich darf
in Deutschland nicht gebaut werden und so wird auch bei uns
nicht gebaut werden, dafür bürgt schon die gute künstlerische
Erziehung einer Mehrzahl unserer Architekten. Soll das Pro
blem der Turmbauten in den deutschen Großstädten einer glück
lichen Lösung entgeyengehen, so kann das allerdings lediglich
unter sorgfältigster Berücksichtigung einer ganzen Reihe von