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Im Ausstellungsraum des Antiquariats Vaer u. Co. ist
Freitag und SanEtag die Bibliothek Ernst Aca g nu s zu öestch-
Ligen, die ick Montag 14. ds. zur V erste igerung gelangt. Ihr
Besitzer, der 1910 verstorbene, NegierungsraL Magnus, hat diese
herrliche Sannnlung von Werken deutscher Literatur des
18. und 19. Jahrhunderts mit Unterstützung seines Freun
des Erich Schmidt und auf Grmrd eigener gediegener Lllermur-
kenntnis rm Lcmfe vieler Jahr: sorgsam ZusEENgetragen. Das
abgerundete Bild, das sie bietet, bezeugt hinreichend, daß sie nicht
unsachlichem Eifer und blinden Zufällen, sondern genauem Wissen
um das Wesentliche und weitausgreisender systematischer Sammler
tätigkeit ihre Entstehung verdankt.
Den Grundstock der Bibliothek bildet die sehr umfangreiche
! mit einem solchen Zukunsts^istentum von eigenen Gnaden,
schließlich sein verhüllter Hinweis auf rmue, noch ungeahnte
Möglichkeiten des NaMrerkenneus gemeint find natürlich
die Naturschaüungen seines Meistens Steiner, die ihrerseits
wiederum Verzerrungen Goeth^scher Natuiverkenränis dar
stellen —: das alles ist im Kern anthroposophisches Gedanken
gut, durchsetzt mir mystischen Einschlägen und getragen von einer
ab^lMeten, beinahe bis zur Unkenntlichkeit getrübten Reli
giosität, die weder für den Einzelnen, noch gar für die Welt
Erlösung bedeutet. So sehr befindet sich RiLtelmeher im Banne
jener unheilvollen synkretischen Gnosis, die sich Anthroposophie
nennt, daß für ihn Äe echten religiösen Kategorien wie „Glaube"
und „Gnade" kaum -eine Rolle noch spielen, daß er vielmehr,
eingefangen von pseudo-religiösen Lehren, Anschauungen ver
tritt, die eigentlich nur mehr dem Namen nach christlich heißen
dürfen. Hatte er im Laufs des Vobtrags seines Jünger-Ver
hältnisses zu Steiner ausdrücklich gedacht, es wäre der Met
zähl der Hörer Wohl Leichter gewesen, sich ein richtiges Urteil
über sein besonderes Christentum zu bilden. So mag nur noch
in Ergänzung seiner Darlegungen erwähnt werden, daß die
unter Rittelmeyevs Führung gegründete Christengememschaft
von der Stuttgarter Anthroposophen-Z entrale ausgeht und zu
meist Anthroposophen zu ihren M-tgln-edern zählt, und daß die
sog. „LebensfLi-ern" sich in kultischen Formen vollziehen, die
tells -von der römischen Messe übernommen, teils von Steiner
„geschaut" sind Lw. !
Welk-EMsmg.
Der frühere Pfarrer Dr. Fr. Ritt sture her, ernst
Anhänger Johannes Müllers, jetzt eingeschwoven auf Rudolf
Stet wer und die anthPoposophische Bewegung, trat MoMag
abend in Frankfurt auf, um Jünger für seine neue christliche
VerkündiMrtg M werben. Ein sonderbares Evangelium war
es, das er vertrug Um erlöst zu werden, so lehrte er, müssen
wir nur das „Christuswesen" in uns lebendig werden lassen.
uns- mit janam „königlichem Gsistwillen der Liebe" beseelen,
den Christus selber dufth sein Leben bezeugt hat. Nnch RitteR
meyers Meinung hat das Christentum bisher in dieser Hinsicht
versagt. ^M'der üblichen christlichen GoAesseÄen seien darum
Lebensfei ern einMsühren, bei denen die Menschen un-
mAtÄbar das Christus-Ich in sich ausnehmen — wie diese
Lebensseiern zu denken sind, darüber siel kein Wort —, auch
gelte es, das Christentum von jenem EgOisnnrs zu besioeien,
der nur nach Erlösung des Einzelnen strebt und statt dessen
ein Ehristenchum aufzürichtem das die Erlösung der ganzen
Welt zum Ziele hat. Erne besondere Aufgabe inner^lb
dieses ZuIunstschristentums fällt nach> MttelmeyLL den Ger
-narren zu. Sie, die gleicherweise zum Geist emporstveben,!
wie zur Natur hi-nstveben, werden im Zeichen des neuen RM-Äl-
meyerschen ChnistenÄums das zu vollbringen haben, was bis
her leider weder Goethe noch Hegel! gelungen ist: die Geist-'
-L _ <.— ---
Geistes. In diesem Zusammenhang wies der Redner auch
auf das Elend der modernen Natnrwissenschast hin, und deutete
an, daß bck rechter Fragestellung einK andere, aufschlutzreichere
Art der NaLnverkenntnis als die henke gewohnte sehr Wohl mög
lich sei.
Abgesehen von der Verworrenheit dieser Erlösnngsbolschaft
war am meisten M bedauern, dass Rittelmeyer in seinem gan
zen Werbevortrag seine innigen Beziehungen Zur Steiner
scheu Anthroposophie und so manches andere noch
geradezu ängstlich verschwieg. Geschah es wirklich nicht am
^DiplomaNe", daß er nirgends klär und offen sein astthropo-
sophisch Lurchffejuchtes Christentum bei dem rechten Namen
nannte? Viel eher hatte man das Gefühl, d<ch er durch solches
Verschweigen nicht von vornherein empfängliche Gemüter zu
rückschrecken wollte, die etwa an der Herkunft seiner Lehre aus
der inzwischen glücklicherweise etwas weniger geräuschvoll auf-
trsteNd'Ln „«Mthroposophisch mÄEniiertSN Gsisteswiffenschasi"
hätten Anstoß WechEn können. Dabei waren die Verbindungs-
fädM Zur AnLHropos^Me siür den Eingeweihten recht deutlich
zu erkennen. Rittelmehem Auffassung vom „Christuswesen",
Mne sehr gWWM gefärbte Lehre von der Vereinigung der
Menschen^ mit dem „ Christenwesen", seine irrige Meinung, de
Sammlung von Werken Goethes. Man findet w a. die unge
wöhnlich seltene erste Ausgabe der Werke Goethes vor, die 1775 in
Biel in der Heilmannischen Buchhandlung erschienen ist und den
„Werther", den „GZtz* und den „Clavigo^ umfaßt; ferner die
achtMrdige Gsschensche Ausgabe von 1787 bis 1790, die erste, recht
mäßige Sammlung seiner Werke; weiterhin die sieben Bände
„Neue Schriften" bei Unger (1792 bis 13)0). ein vollständiges
Exemplar der Eottaschen Ausgabe letzter Hand (1827 bis 1842) und
ein 139 Bände zählendes Exemplar der Sophien-Ausgabe in großem
Format und in OriginalemLändem Daneben ist eine Reihe seltenster
Einzeldrucke vorhanden: so der Mrief des Pastors^ (1773), die
erste Ausgabe von „Elaudine von Villa Vella^ (1776), zu der wie
bekannt die Handschriften fehlen, eine äußerst rare Sonderausgabe
der ^Gesänge" zu „Claudius von Villa Bella", die erste Ausgabe
von „Egmom" usw. Auch der „Fauste (einschließlich einer reich
haltigen ^FausL^-Literatur), ist in den verschiedensten Drucken, Be-
arüeitungeu und Uebersetzungen vertreten. Genannt seien außer
dem noch der Erstdruck der Satire „Götter. Helden und Meland"
<1774), oie erste Auflage des „Götz" von Goethe und Merck 1773 im
Selbstverlag herausgegsben, sowie die zu Frankfurt in der Eichsn-
Lsrgschen Buchhandlung verlegte zweite Auflage und die dritte Auf
lage, die sog. „AechLe Ausgabe", bei Göschen im Jahre 1787 er
schienen; dann die beiden ersten Werthsr-Drucke, die erste Ausgabe
des „Römischen Carneval", der ^Stelle", des ^West-Oestlichen D'i-
vaw' und manche anders Seltenheiten- Dem weitgespannten Nah
men fügt sich eins Sammlung von Goetheschen Einblatt-Drucken,
PrivaL-Drucken W festlichen Gelegenheiten und Publikationen seines
Kreises zu den Geburtstagen und Jubiläen ein. Daß die Brief
wechsel nicht fehlen, versteht sich leicht.
DlL Schiller- Literatur reiht sich wKrdig an. Von unschätz-
Harem Werts ist hier Zumal die fast vollständige Sammlung aller
MZubsr^-Msgaben, ^ginnend mit der erstem; Ausgabe von 1781
Mranffurt und LsipZig), die bi^ 2m: seltensten Bücher der deut
schen Literatur ist. Eine Reihe von kostbaren Erstausgaben ferner '
Schriften schließt sich an, darunter der „VenuZwagen" (1781),
der „Versuch über den Zusammenhang der tierischen Natur des
NLmschen mit seiner geistigen". ^Wallenstein", ^FieZco^ ^Wilhelm!
Tell" usw. Auch liegt ein komplettes Exemplar der Zeitschrift
„Thalia? rmt ihrer Fortsetzung Thalia, sowie Wem Vor ¬
läufer ^Rheinische Lhalio/ vor.
VvA Stürmern und Drän gern sind Kling er, H C.
Wagner, Lenz und Bürger mit Erstausgaben gut vertreten.
Sehr reichhaltig ist 'die Sammlung der N o m ant i? e r. So
tritt Arnim auf mit einem schönen Exemplar der Romantiker-!
Zeitschrift „TröstLinsamkeit" (1808) und der ersten Ausgabe
von „Des LknaLen Munderhsrn^ (1806—08); Brentano mit
der seltenen Geschichte von ^Bogs dem Uhrmacher" (1807), die
in Gemeinschaft mit Görres herausgegeben wurde, und mit „Gockel,
Hinkel und Gackeleia^ (1838, Erstausgabe). Von Hölderlin
sieht man den Erstdruck des „Hyperion" (1797—1799), der auch in
der Zweiten Auflage von 1822 vorhanden ist, und die ^Trauerspiele
des Sophokles^ (in Frankfurt 1804 erschiene) — beide Werke
große Seltenheiten der Romantiker-Literatur. Kleist als aus
erwählter Liebling Erich Schmidts ist besonders gut vertreten.
Da stößt man auf eine Rarität wie die Erstausgabe der „Familie
Schroffenstein* (in Bern und Zürich erschienen), ferner findet sich
die erste Ausgabe des „KäthHen von Hsilbronn^ (Berlin, 1810),
der ^Penthefilea (1808), des „Zerbrochenen Krugs-" usw., nicht!
Zuletzt ein Exemplar der mit Adam Müller heraus gegebenen Zeit
schrift ^Phobus^ (1808) G T. A. H offmann erscheint mit
einem hübschen Exemplar der „Gesammelten Werke" mit dm
Hosemannschm Bildern in Halbfranzbänden der Zeit. Vorhanoen
ist auch die erste Sammlung seiner Werke aus den Jahren 1827
bis 1839, sowie eine Anzahl von Erstausgaben, darunter das sehr
gesuchte Bündchen „Kindermärchen", das er im Verein mit Csn-
Lessa und M la Mstte-FouquS mit Bildern nach eigenen Zeich-
nungsrr herauZgegeben hat.
Von LessLng ist vor allem die erste SeseArrtEsgaLe feiner
Schriften zu nennen (17ö3 bis 1753) und die große Reihe der Erst
drucke, die Perlen wie die erste AusgaLs des und des
str Herrn S. G. Lange" enthält. Außerdem begeg
net man einer ansehnlichen. Literatur über LeMg.
Für Heine gilt das Gleiche, auch er ist mit Einzelausgaben
mrd gesa-melten Werken reichlich vertreten.
ALgefehsn von den Klassikern umfaßt die Bibliothek noch die
Dichter des 19. Jahrhunderts in weviDrÄen Einzeldrucken und Ge-
'mntEZgaöen; hmgewiesen fei nur auf Fontäne, HebLel,
Stifter, Stsrm usw., von denen zum größten Teil auch die
Erstausgaben vorliegend Vervollständigt wird die Sammlung durch
die frühen, schr seltenen Jahrgänge der ^Fredm Bühne" (der ietzi-
gen „Neuen Rundschau^) und eine Anzahl moderner Zeitschriften.
Der gründliche Katalog der über 2106 Nummern mrHählt,
ist mit einem übersichtlichen Vorwort von Privatdozent Dr. Karl
ViLtor versehen. Erwähnt mag noch werden, daß gleichzeitig
mit der Bibliothek eine Handzeichnung von Goethe aus
dem Besitz Bettina w Armin, später Joseph Joachims, versteigert
wird. - ___ ^r-.