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Full text: H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

L^visoben 
LetLnn^ äiessr Orunäbexrikks erörtert Haas 
kätrlieb niebt aus. 
Rrankkurt a. lä. 
SomMkücher Verznüsmgslmmel. 
Die Verguüguugswul, die im Wwter schon groß 
genug war, ist im Sommer keineswegs abgeebbt. Der Be 
trieb irr Dielen und Bars geht lustig werter, ^LW die KMtLe", 
„Me Keine Slmd-erin^ und andere Personchen dieses Schlags 
ibnen obvaltenäen NeLiebnn^en, v^obei sieb ibm ergibt, äaL 
äie seeiisebe IVirblmbbeit beberrsebt värä von äem Anta 
gonismus r^iseben Lrakt unä DrsobeinunK. V^ie xieiebe 
tzuantitäten xs^obiseber Lrakt unAeieben Lrsebeinunxen ent- 
sxreoben, eo entsxreoben umZebebrt xieieben DrsebeinunZen 
unssieiobe tzuantitäten von Lrakt. Das beM niebt nur, äaL 
äie aääguate Uexroäubtion einer DrsebeinunA in äer DrinNe- 
runx einen xerin^eren Lraktauk^anä als äsn ibr ursxrünxveb 
LUAeoräneten benötigt, es beiöt aueb, äaL äie Drsebeinung 
selber sieb änäsrt, äaü sie Uleiobsam ver^röLert unä über 
trieben v^irä, 'kvenn man sie mit unveränäerter Lrakt rexroäu- 
siert. visss Wr zeäe xs^ebisebe vinF^elt sseltenäen 6iesetLv, 
äie im Verlaut äer Arbeit noeb manebe vuebti^e Lr^LnsunZ 
unä Dr^eiterun^ kinäen, erweisen ibre Druebtbarbeit äaäureb, 
äa6 sie ?u sinbeitlieber DrblärunZ einer Reibe seelisebsr 
Dbänomens berankeLoxen v^eräen können, ^us äer Vorberr- 
sobakt äes D^namiseben, äie Deibebaltun^ immer ä-erseiben 
LraktKröLs koräert, leitet Haas 2. V. äie unstabilrsierts Dr- 
sobeinunAsv^elt äer primitiven Völker, äer Rinäer unä äer 
D-äumenäen ab, aueb äer Vorgang äer Verärän^unK etna, 
äen er als DolAe einer an äer vollen Dntkaltunss Zebinäerten 
Drsebtzinunx be^reikt, erkäbrt im Rabmen seiner Ibeorie eine 
2^ansslo8tz Deutung. Line beinabe ^läernatilrlisbe ^b^eiob- 
un§ von äen vielen LestätiAunKen zener ps^obisobsn kropor- 
tionsAesetLs biläen eissentUob nur äie . vor allem in Inäien 
betriebenen ^ieäitLtionsbbun^bn äer böberen Religionen, äie 
naob ibm äen rvüseben Lrakt unä Rrsebeinung bestebenäen 
Antagonismus äureb vauerverkoppelung äer gleieben Rrakt 
mit äer gleioben Rrsebeinung Lu tibervünäen Sueben. — Nan 
mag aus äiesen wenigen Angaben erseben, v^obin es äen 
konstruktiven 6eist äes Verfassers ärängt. Oleiebviel, vie 
seine eigenartige Ibeorie Zm einzelnen Lu bewerten ist, sie 
äart zeäeiüalls äas Veräienst Mr sieb in Vnsprueb nebmen, 
äa6 sie äer längst antiquierten ^.ssoLiationsps^ebologis mit 
allen ibr anbängenäen RonsequsnLen siiE entsoblossene Ab 
sage erteilt, obne äarum — vas übrigens sein trüberes Rueb 
noeb niebt so äeutlieb exkennnen lieü — einer mebr oäer 
weniger ^lllkürbakten, tveil SMem- unä riebtungslosen pbäno- 
menologiseben 8esob_reibung äer xs^ebiseben llatsaeben an- 
beimrukallen. zVünsebensvert väre es, äa6 äer Verfasser 
sieb äer begrenzten Leitung seines Ratsgorienmaterials stets 
bevmN bliebe. Me tauglieb immer äie Vegrikke äer xs^ebi- 
soben Lrakt unä äer pL^ebiseben Lrsobeinung Lur ^uibellung 
von (^esetriliobktziten inäiviäualxs^ebologiseber, obaraktero- 
logiseber, ps^eboxatbologisebsr ^.rt sein mögen, 2u äer von 
ibm äes eiteren versnobten ^usäeutüng religiöser unä ge- 
sobiobtspbilosoxbisober SinNLusammenbänge reieben sie grunä- 
die zurzeit schon herrschende zu versetzen, mondäne Paare be- 
wrtzen die Sommerpause, um stch str den Winter auf die 
neuesten Tänze vorzubereiLen, und zu alledem gesellen stch noch 
die üblichen Sommervergnügun-gen als da stnd: Feste im Freien 
mit Feuerwerk und bengalischer Beleuchtung. In diesem 
Jahre wurden mehrmals solche Unterhaltungen geboten, wobei 
es außer sonstigen Genüssen auch an bunten Raketengarben 
nicht fehlte. Etliche Zuschriften aus unserem Leseckeise zeigen, 
daß ernster Denkende an dieser geräuschvollen und weithin sicht 
baren Art, sich zu erlustieren, Anstoß genommen haben. Für 
uns ein doppelter Anlaß, uns mit dem Üebermaß dsr Dev» 
gnügnngenim allgemeinen und mit dem sorrmrernachZichen 
Feuerspuk im 'besonderen auseinanderzusetzen. 
Es sei ferne von uns, den gestrengen Sittenrichter zu 
-spielen und als Abraham a SnrLa Clara zürnend Mchnpyedig» 
ten in KnitLekrersen zu HÄtem Im Gegenteil, viel eher möch 
ten wir versuchen, etliche Grunde für die heute allgemein herr 
schende Sucht nach Amüsement und Zerstreuung autzu decken. 
Wenn man Zur AÄL tu Deutschland nicht nur wie besessen 
tanzt, sondern noch dazu den Untergang des Abendlandes 
bengalisch beleuchtet und mit Naketengeknattsr begleitet, so 
rührt diW w der Hauptsache sicherlich daher, daß man schon 
seit Jahren sozusagen aufAbbruch lebt. Unserem unglück 
seligen Geschlecht ist jeder Ausblick auf dauernde Zustände ver 
sperrt, wir haben gleichsam das konstante Phantasiemilieu ver 
loren, tms eine ruhige und stete Entfaltung aller Neigungen 
und Planungen ermöglicht, und stnd statt dessen dazu ver 
dammt, punkchast von Lag zu Lag zu leben. Eine solche ge 
raden widernaLrlich zu Kennende Einengung des Horizontes, 
ein solches Ausgestoßensem mrs jeder festeren Lebens Ordnung 
bringt begreiflicherweise leicht jene JnstmklB zum Verküm 
mern, die sonst auf die richtige ReMierung von Anspannung 
und AbspMMung, von Berufsarbeit und Vergnügen LBziAen. 
Wer nicht weiß, was der Morgen mit ihm vor hat, wird 
gerne, wenn er nicht besondere Widerstandskräfte in stch ent 
wickeln kann, am heutigen Lage alles erraffen wollen, was nur 
irgend an einem Tage sich erraffen läßt. Uns erscheint dieser Zu 
sammenhang zwischen dem Mangel einer Ordnung auf weite 
Sicht und dem übersteigerten Drang noch Zerstreuungen 
offenbar genug — so offenbar, daß wir mehr aus jenen Man 
gel als auf die heutzutage soviel besagte besondere Schlechtig 
keit der Menschen das nicht einzudammerHe AmMerbedurftM 
Zurückfichren möchten. 
Zu dieser nous lo MInZs-Stmmmug, die viel ¬ 
fach auf dem Grunde der hohlsten Larven und der schalsten Ver 
gnügungen schlummert, gesellt sich zumeist auch eine schauerliche 
innere Leere, die ausgefüllt zu werden verlangt. Weder 
stehen die Menschen heute in einem Wen Zusammenhang, noch 
vermögen sw irgendwelche Zusammenhänge M überschauen; 
die Maschinerie, deren Sinn es ist, beherrscht und dienstbar ge 
macht Zu werden., rast entfesselt weiter, und keiner ist mehr, der 
das Hexentreiben zu bändigen vermöchte. Die Frage nach dem 
Sinn, die notwendig sich einstellen muß, bleibt ohne Antwort, 
chaotisch werden, die Menschen unchergewirbelt, sie sind Werk 
Zeug ihrer Werkzeuge, und alles Denken stößt bald, allzu bald 
auf einen Widerstand, der schlechterdings nicht zu besiegen ist. 
Was Wunder, daß man sich schließlich des Denkens überhaupt? 
begibt und, ganz nach außen gewandt, einfach in den Tag 
hinein lebt, weil über den Tag hinaus kein Leben mehr mög 
lich scheint. Was an der Oberfläche wie Leichtsinn und ekler 
Zeitvertreib aussieht, ist im Grunde ein Nichtmehrsehenwollen, 
entspringt der Platzfurcht vor einem Leerrmun, wie er sich 
fürchterlicher kaum denken läßt. 
Verstehen und Erklären heißt allerdings nicht zugleich recht» 
fertigen, wenn wahres Verständnis auch hindert, leichthin Mo 
ralpauken Zu halten. Solche Standreden stnd ja heutzutage 
im Schwang, es ist sogar vermutlich nicht allzu schwierig, sie 
abzufassen und mit ihnen emphatisch vor die Menge zu treten. 
Indessen nutzt diese tugendhafte Zorngeberde im allgemeinen 
nur sehr wenig; Tanzpaare und Feuerwerker zucken vielmehr 
die Achseln und betreiben ihr beanstandetes Gewerbe ruhig wei 
ter. Etwas anderes ist.es, wenn man, ohne stch in den MantA 
der Tugend zu hüllen. Gründe sachlicher Art gegen 
eine Fortführung jenes „löblichen" Treibens geltend machen 
kann. Uns scheint, zum mindesten in Frankfurt, an solchen 
Gründen kein Mangel Zu herrschen. Der gesunde Menschen 
verstand allein sollte uns sagen, daß in unmittelbarer Nähe des 
besetzten Gebietes Aeußerungen des Vergnügens, obwohl sie 
Zum Teil sicherlich einer an sich durchaus berechtigten Lebens 
lust entspringen, auf ein gewisses Maß herabzudrücken find. 
Vor allem werden sie nicht eine Form annehmen dürfen, die 
in den vor den Toren sehenden Franzosen den ja sicherlich 
törichten Glauben erwecken muß, daß man im Weichbild der 
Stadt in Saus und Braus lebe. Ein schönes Feuerwerk in 
Ehren — aber seine freudigen Lichterscheinungen wirken jen 
seits der Grenze nur aufreizend und verdüstern darum unsere 
Nächte, statt sie zu erhellen. Zudem wäre auch zu bedenken, daß 
in den Mauern unserer Stadt Tausende von Flüchtlingen aus 
dem Rhein- und RnhrgMeL weÄen, die Kr fickche SmckHÄmv» 
gen Mr Zeit sicherlich nur wenig empfängt find. AM der 
artigen wirklich dringenden RAksichten täte man besser daran, 
voräst auf festliche Schaugepränge und laute Amüsements zu 
verzichten. Wir Dauben bestimmt, daß diese Erwägungen, M 
denen sich auch mch der Hinweis auf die Pflicht zur Sparsam 
keit gesellen möge, hinreichen werden, um die Notwendigkeit 
einer Abdämpfung der bei den verschiedenen Lustbarkeiten zn 
entsendenden Licht- und Schallwellen zu erweisen. Was zum 
Schlüsse noch das Moralische betrifft, so versteht es sich entweder 
von selbst und Reibt dann besser unberedet, oder es versteht 
sich nicht von selbst, dann aber hilft es auch nicht viÄ, wenn 
man nur große Worts von i^n macht. , Lr. 
UrLkt HLILÄ DL'SGd^lQRLrLK. OrunäM einer vlULmL 
äes ks^ovlseven. Von Dr. 8s,L8, Drivst- 
äoLSQt LL der Universität Löln. Bonn, Drieärieb Oobem 
112. Leittzn. 
Das vorUexenäs Luev, äss kied Luk einer krüveren Sevrikt 
äesseldeiL VeriLkserL („Die xs^eviseve Din§^elt") LukbüLt, 
enthält orissinelitzv unä xeistreiev ä^reiiKekMrtev. Ver- 
suev emer konstruktiven ks^evolossie. Im 
OegensstL rn äer atomisiorenäsL DrupLiLäunW- uuä ^.ssoris- 
liovspH^elloloFitz nimmt Ls^s Nie xs^oirisoveQ Neslitäten (slso 
OeäsniLtzn, OekMie, Werte usv.) st« lAe^edenveittzQ Viv; äisse 
Realitäten treten aber naeb ibm veäer rein isoliert ank, noeb 
LerkiieLen sie absatrlos In äsm Ltrom äs« xs^ebiseben Oe- 
Lobebens, sie verbinäen sieb vielmebr Ln äer Dinbeit äes 
xszrtzbiseben vinxes oäer äer xs^ebiseben L r s e b e i n n n 
äie ans Gekübl, Oeäanben nnä Linärnebs^ert sieb Lnsam- 
mensetLt. Dm nnn äie keZetrmäLigbelteQ sn blären, äenen 
äer ^anäel soleber xs^ebiseben Linbeiten innerbaib äes De- 
^uÜtseinL nnterlis^t, kübrt äer Verfasser äsn DeMiLt äer 
ps^ebiseben Lrakt ein, äen er äsm Ds^M äer Drsebsi- 
nun^ booräiniert. Dnä svar beiLt Lrakt ibm äer- 
ZeniAS DaLtor äer ps^ebiseben Welt, äer äen Vbiank äer Dr- 
sebeinunAen bestimmt unä überbanxt äie Hesamtbeit äer 
ps^ebiseben DinZe erst In DluL bringt. Im ^nsebiuü an äie
	        
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