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Das Haus Vraunfels.
Durch den künstlerischen Fassadenschmuck des Hauses
BraunfeLZ, der jetzt, nachdem die Gerüste großenteils entfernt
sind, endlich sichtbar wird, ersteht der ganze Liebfrauen-
bergin neuem Glanz. Das stattliche Gebäude hat eine, bewegte
Vergangenheit. Erbaut wurde es im Jahre 1350 von dem da
mals reichsten Bürger der Stadt, dem Weinhändler Brune
zur Weinrebe, der ihm auch, vielleicht nach seinem Heimatsort, den
Namen Braunfels gab. Das Haus, das schon früh zu Meßzwecken
Verwendung fand, galt auf lange hinaus als eines der bedeutensten
in der Stadt. Hier hielt 1442 und 1474 Kaiser Friedrich ilk.
sein Hoflager, hier fanden die Sitzungen des 1495 neuerrichteten
Reickskammergerickts bis Zu seiner Uebersiedlung nach
Worms im Jahre 1497 statt. In den Zeiten der Reformation
wechselte das Gebäude öfters seine Besitzer, ohne daß sich besondere
Ereignisse iL ihm abgespielt hätten. Zu Anfang des 17. Jahr
Hunderts dienten dann seine prunkvollen Räume wiederholt als
^Zwischen den Zeiten.^ Zu Beginn des Jahres ist (im
Verlag Chr. Kaiser, München) das erste Heft einer neuen
Vierteljahrs-ZeiLschr^ „Zwischen den Zeiten" erschienen, die
in Gemeinschaft mit Karl Barih. Friedrich Gogarten und Eduard
Thurneysen von Georg Merz herausgegeben wird. Der Geist
dieser Männer, in denen wieder alLreformatorische Gesinnung
auferstanden ist, verleiht dem vorliegenden Heft sein Gepräge.
EingeleLLeL wird es durch einen Vertrag: „Not und Ver
heißung der christlichen Verkündigung", den der,
Göttinger Professor Barth im Sommer 1622 am Pfarrertag
der Provinz Sachsen Zu Schulpforta gehalten BnrLH gibt
hier, auf Wunsch der Hörer, „seine" Tcheologis, eine aus der
Wirklichkeit eigenen Fragens und Vernehmens stammende Theo
logie, die jeder innerlich unbeteiligten Spekulation und Kon
templation abhold ist und nur das Eine will: den rechten Weg
weisen, der durch die enge Pforte der Not W dem Leben der
Verheißung führt Die Rede, an Geistlich?' gerichtet, erfaßt
zumal den Beruf des Pfarrers in seiner ganzen Schwere und
sucht nach seiner Legitimierung. „Erst dadurch, daß unsere Ver
kündigung aus realer Not kommt," ruft BarLH die Amisge
nossen an, „wird aus unserem Amt Sendung." Worte voll
protestantischen Ernstes, die dem gegenwärtigen Einzelnen gel
ten und das Heil abhängig machen von dem Einsatz der gnnze»
Person. Legt Varth, weil die Gelegenheit es erfordert, ein Be-
kenntnis'ab, so führt Gogarten in seinem Aufsatz: „Die
Entscheidung" bis an die Schwelle des Bekenntnisses
heran. Die Entscheidung, um die es geht, ist die stets wieder
neu zu fällende Entscheidung für die endliche Erscheinung
der Offenbarung. Das dichtgefügte Satzgewebe der Betrachtung
geht von dem Gedanken aus, daß erst diese immerwährende
Entscheidung den Menschen aus dem unendlichen Relations-
zusanrmenhang erlöse, in den Philosophie und Geschichtswissen
schaft ihn notwendig verstricken. Kierkegaardscher Geist wrrd
hier spürbar, denn auch für Gogarten handelt es sich um derr
! einen „Sprung", ohne dessen Vollzug alles im Nm>
Nelativen verbleibt. KurZe, aus der SeelsorgetcMgkert erwach^M
Absteigequartier für Fürstlichkeiten. So nahm Kaiser Matthiasv
1612 in ihm Herberge, als er zur Krönung nach Frankfurt
kam, und auch Ferdinand !). kehrte 1619 in ihm Zu seiner
Kaiferkrönung ein. Der Aufenthalt König Gustav Adolfs
von Schweden im Braunfels wahrte mit Unterbrechungen über
ein halbes Jahr, von November 1631 bis Juni 1632. Nach
dem dreißigjährigen Krieg, im Jahre 1658, weilte Kaiser
Leopold j. in seinen Mauern. 1694 ging das ganze Anwesen
für 15 000 Gulden an die Patriziergesellschaft Frauen st ein
über, die damals meist aus Familien des Großkaufmanns-
standes zusammengesetzt war, sich aber immer mehr als Adels
gesellschaft ausbildete. Der ernste gotische Burgbau erfuhr nun
eine durchgreifende Umwandlung im Barockgeschmack. Türmchen,
Zinnen und Spitzbogen verschwanden, ein neues Portal, mit
! figürlichem Schmuck wurde errichtet, über dem das Wappen der
Gesellschaft, die goldene Lilie im blauen Feld, seine Stelle fand,
und die ganze Fassade tzrhielt eine heitere Bemalung. Bei den
Kaiserkrönungen öffnete der Braunfels nach wie vor seine Tore;
1792 hielt der letzte Kaiser des alten Reichs, Franz U., bei
seiner Krönung mit der Kaiserin und mehreren Erzherzögen in
ihm Einkehr. Um die Ausnutzung des Hauses noch vorteilhafter
zu gestalten, ließ die Gesellschaft Frauenstein, die nach ihrer Ent
stehung und Zusammensetzung mit der Frankfurter Handelswelt
eng verbunden war, in den Jahren 1791 bis 1792 und dann
wieder in den Jahren 1794 bis 1796 große Umbauten und Neu
bauten vornehmen. Derart wurde im Braunfels, dem amtlichen
Sitze der einheimischen Kaufmannschaft und der Börse, auch ein
Meßhaus großen Stils geschaffen. Als 1806, nach dem Eintritt
der Freien Stadt Frankfurt in den Zollverein die Messen zurück
gingen, leerte sich me Galerie im Braunfels mehr und mehr. Das
mag die Gesellschaft Frauenstein dazu bewogen haben, ün Jahre
1859 das ganze Gebäude zu verkaufen. Später nahm es den
Charakter eines nüchternen,Geschäftshauses an, das im Aeußern
wre im Innern stark verwahrloste.
Die seit einem Jahr im Gang befindliche Restaurierung
dieses historischen Gebäudes ist im wesentlichen das Werk des
Bundes tätiger Altstadtfreunde. Eine schwere
Aufgabe war es vor allem, das Hausinnere wieder in Stands
zu setzen. Im Obergeschoß hatte der Schwamm die Balken
köpfe zerfressen und eine bedrohliche Senkung der Decken^
heroorgerufen. Nach mühsehligen Ausbesserungsarbeiten ist
jetzt dem Sckaden so Ziemlich abgeholfen, und wie man hört,
hegt die Stadt die Absicht, in den behäbigen Dachräumen Woh
nungen einzurichten. Durch die von der Firma Hembus
ausgeführre Fassadenbemalung ist besonders der Hof wieder
zu Ehren gekommen. Das Grau des Sockelgeschosses, der Fenster-
umrahwunven und der Gesimse geht vortrefflich mit dem Gelb der
großen Putzflächen Zusammen und verleiht der schlichten Barock
architektur das ihr anstehende freundliche Aussehen. Von dem kleinen
Uhrtürmchen an der Rückwand, in dem auch wieder Glocken ange
bracht werden sollen, blickt das neu hergerichtete Ziffernblatt trau
Lich in dew Hof herab. Die Bemalung der Außenfassade nach dem
Liebfrauenberg Zu lehnt sich im großen und ganzen an einen im
Jahre 1728 entstandenen farbigen Stich Salomon K l e i ners an,
der die bunten Hausfronten am fröhlich belebten, winterlichen
Platze zeigt. Die gemalten Pilaster werden in der Höhe des zweiten
Stockwerks von den lebensgroßen Bildnissen etlicher Fürstlichkeiten
bekrönt, die in dem Braunfels Wohnung genommen hatten. Gelbe
und rote Töne in Erdfarben überwiegen. Die Ornamentik selber
ist teilweise etwas matt geraten. Das in kräftigen Farben gehaltene
schöne Barockportal hebt sich sehr wirkungsvoll von der Fassaden-.
flächeab^ ' 7 ..." ' Lr.
DezZ z«A hell N LeN l«d!sches Aeliglonen.
«- Im Nahmen des von der Vereinigung von Freunden
und Förderern der Universität Frankfurt ver-
anstalteten Vortragszyklus sprach Montag Abend Priv.-Doz. Dr.
Prrnz über die Weg e Zum Heil in den indischen
Religionen. Er ging von einer kurzen Charakteristik des
Rigv'eda, des ältesten Denkmals der indischen religiösen
Literatur aus, der die Menschen noch ganz dem Tage, dem Dies
seits hinqegeben Zeigt und Erlösungssehnsucht nickt kennt. Später
erst scheidet sich Himmel von Hölle, die Opfertechnik verfeinert
sich, das Ritual wird spitzfindig ausgedeutet. Mit dem Erwachen
.dieser Owerspekulstion stehen auch die beiden Grundgedanken
*aüer indischen Religionen fertig da, die fortan durch die Jahr
hunderte hindurch als Dogmen unangetastet in Geltung bleiben:
die Lehre von der S e e! e n w a n d er u n g, derzufolge die Seele
nack ihrem Abscheiden sich in unendlich vielen Existenzen wieder
verkörpert, und die Lehre vom Karma, nach der alles, was
einem Menschen widerfahrt, geknüpft ist an die Laren seiner
früheren Existenz.
Die Sehnsucht nach Erlösung aus dem Kreislauf der Wieder
geburten und dem Zwang des Karma beherrscht in der Folgezeit
den indischen Geist. Drei Wege sind es im großen ganzen, dir von
den Heilsbedürftigen beschritten werden. Der erste ist der W e g
der Werke. Nur wenige glauben, daß er völlig Zum Ziele
führe, wenn ihn auch niemand für durchaus entbehrlich hält. Der
zweite Weg ist der W e g der Erkenntnis, der am meisten
der spekulativen Veranlagung der Inder entspricht. Seine Anfänge
gehen auf die Upanishads zurück, in denen das Wesen der Seele,
der A rman, sich nach und nach Zur wikrokosmischen Urkraft ent
wickelt und dem Brüh man, der makrokosmischen Urkraft,
qleichgesetzt wird. Daß das eigene Selbst gleich der Urkraft der
Welt sei: aus der Einsicht in diese Wahrheit muß für alle, die den
Heilsweg der Erkenntnis einschlagen, die Erlösung erwachsen.
Eine Reihe von Lehren wandeln den so gefaßten Erlösungsge
danken auf verschiedene Weise ab. Da ist Zunächst die Sa muhya-
Philosophie, in der schon das Leitmotiv aller späteren Lehren: der
Pessimismus, deutlich hsrvortritt. Sie drängt nach Aufhebung der
Verbindung zwischen Leib und Seele, damit der Leib zur Urmaterie
zerfalle und die erlöste Seele ruhig in sich selbst verharre. Die
Dschein a-Religion wie die Bog a-Lehre legen einen großen
Wert auf Kasteiungen, die nach thuen zur Tilgung der das Karma
erhaltenden Leidenschaften und Triebe führen. Auf der höchsten
Stufe der Askese tritt bissen Lehren zufolge eine Isolierung ein,
die von Erleuchtung begleitet ist, das Karnra wird vernichtet und
die Seele wandert in den Himmel der erlösten Seelen. Buddha,
im Gegensatz hierzu, verwirft die strebe" Askese wie. auch den
Sinnsngenutz nnd wählt einen mittleren Weg, der zum Nirwana
Khrt. Ar der Pr^t von MEss M Mm MMchrer t
die Wahrheit vom Leiden, von der Entstehung des Leidens (durch den
„Durst", die Gier), von der Aufhebung des Leidens (durch die Be
freiung vom „Durst") und von dem achtfachen Weg zur Aufhebung
des Lewens. Die Erscheinungswelt verliert bei Buddha ihre Reali
tät, aber auch die Seele ist nach ihm nicht unvergänglich. Ueber das
Nirwana selber, in das dieSeele nach erfolgterLäuterungMeditation
und Erkenntnis schließlich eingeht, hat er jede Auskunft verweigert
mit der Begründung, daß er nur lehren wolle, was unmittelbar
dem Heil fromme. — Hat der Buddhismus in Indien jeden An
hang verloren, so bekennt sich noch heute die Mehrzahl der gebil
deten Inder Zur monistischen Vedanta-Lehre, die zirka
800 n. Chr. entstanden ist, und auf ein (Zwischen 200 und 400
n. Chr. verfaßtes) Werk zurückgeht, dessen ä00 Sprüche während
eines Jahrtausends immer neu kommentiert worden sind. Nach
ihr sind alle Einzelsselen das eine Brahman selber. Durch das
Wissen hierum wird der Schleier der Maya zerrissen, die Kette
der Wiedergeburten gesprengt und der Atman eins mit dem
Brahman. Neben der esoterischen Vsdanta-Lehre besteht noch eine
exoterische, die das Brahman personifiziert, damit das Volk durch
die Anbetung eines ihm faßlichen persönlichen GotteS zur Er
lösung gelange.
Der dritte Heilsweg ist eben dieser Weg der Gottes
liebe. Zum Unterschied von dem Agnostizismus der indischen
Spekulation wurzelt der Theismus in der uralten Religion des
Volkes, in dem Glauben an die Götter Wischnu und Sckiwa.
In dem Mahabharata-Epos verkündet Wischnu, der das Wesen
hafte in allen Dingen ist, als Gott Krischna selber seine Lehre.
Ihre Quintessenz ist, daß die Seele, die alle Werke um Gottes
willen tut, dereinst zu ihrem göttlichen Ausgangspunkt zurück
kehrt. — Der Redner beschloß seinen aufschlußreichen Vortrag
mir einem UeberbLick übrr die späteren Systeme, in denen sich
Vedanta-Lehre und Wischnu-Lehre auf verschiedene Arten ver-
schmelze»^ / - L r.