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richtig zu leben. Die Mühe eines solchen Lebens, das dem
Nächsten verbindet und der Stunde ihr Recht gibt, ist groß
genug, um den Blick auf die zu weiten, viel zu weit gespannten
Horizonte zu verbieten, seine überzeitliche Bestimmung aus
geprägt genug, um die Hoffnungslosigkeit, unter deren Einfluß
man heute in Deutschland die Wirklichkeit verflüchtigt und
zerschwatzt, zwar nicht zu tilgen, doch zu begrenzen. Wie es zu
führen sei, davon reden und schweigen die Worte in Goethes
„Vermächtnis altperfischen Glaubens":
„Und nun sei ein heiliges Vermächtnis
Brüderlichem Wollen und Gedächtnis:
Schwerer Dienste tägliche Bewahrung,
Sonst bedarf G keiner Offenbarung,"
) ) vro e
-r s-'SSÄPfung".! Unter diesem Titel bringt der Berliner
Furche-Verlag ein vollendet ausgestattetes Sammelwerk heraus,
das der religiösen Ausdruckskunst der verschiedensten
> Volker und Zeiten gewidmet ist. Der -vorangeschickte programma ¬
tische Aufsatz des Herausgebers Oskar Beyer lenkt nach einigen
prinzipiellen Aussagen über den vlÄeröUerten Zusammenhang von
Religion und KulMr den Blick auf das religiöse Schaffen dar noch
in d-r Vereinzelung stehenden Künstler unserer Zeit. Das von ihm
angeschlagsns Thema führen Btzitrags über Steinhaufen, Carl
Mensc, Otto Langes religiöse CLaMk und Rudolf Mach näher
aus. Von der Betrachtung dieser zeitgenössischen Künstler, die er- >
gänzt wird durch eins WürdiWNg des Kultbaugedankens in der
neuen Architektur, leiten andere Darstellungen zurück auf van
Gogh, Grünwald, BottieM, Kunst und Religion- im neunzehnten
Jahrhundert, die LandschaftS-malerei der Romantik und mittelalter
liche deutsche Plastik- Auch- die Kunst des Ostens ist einbezogen:
Japanisch-buddhistische Plastik, der Tempel Boro Budur, die
Malerei von Nowgorod und die Eingebungen chinesischer Land-
schastsmalevei werden in kleinen Monographien liebevoll erörtert.
Für die GAs der Aufsätze bieten schon die Namen her Verfasser
Gewähr; erwähnt feien etwa G. F. Hartlaub, Meter-
Graefe, Fechter, Frich Lühbecke, E. A. Brinckmänn,
Wa-etzold, Otto Fischer, Karl With Ms Mindere, das
sich hie und da doch eingMichen hat, wird WerreiW auf«,
wogen durch die mehr Äs sechzig AMlduGen, die MeistÄwerke
der R-produktiimStechmr M. Der Verlag beabsichtigt, d»ser
ersten Veröffentlichung bald eine Keichtzsartete zweite folgen zu
lassen. - Kr.
Stadtv. Hipp er (Zentr.) kam nochmals auf seine bereits
beantwortete Anfrage, das lange Leer stehen der Wohnun
gen betreffend, zurück und übte, hieran anknüpfend, Kritik an dem
zu langsamen Geschäftsgang des
Wohnungsamtes,
das mit dem eisernen Besen ausgekehrt werden müsse. Stadtrat
Zielowski erklärte in seiner Erwiderung, daß Herr Hipper
es verabsäumt habe, ihm das Tatsachenmaterial zu unterbreiten.
Er sei darum nicht in der Lage, auf Einzelheiten einzugehen. Durch
die neuen Gesetze werde übrigens ein gewisser Abbau der
Zwangswirtschaft erreicht. Den Schwarzmietfällen lasse
sich nur schwer beikommen, auf keinen Fall aber ziehe das Woh
nungsamt sie groß. Nicht die schlechte Organisation des Woh
nungsamtes, sondern der Manael an verfügbaren Wohnungen
Siadioerorvuelen-versammlullg.
Sitzung vom 9. Oktober.
Au Beginn der Sitzung gelangten Lei schlechtbesuchtem Haus
und Lichtb-esetzten Tribünen verschiedene Magistratsvorlagen zu
dsbatteloser Erledigung. Zu einer kleinen Diskussion^ führte der
unbegreiflich bürokratische Beschluß des Magistrats, die für gärt
nerische Arbeiten in der Wegscheide angeforderten 600 000 Mk. (!)
zu verweigern- Der Fall erledigte sich dadurch, daß die Presse
vertreter den Betrag zur Verfügung stellten. Zu der Vorlage
über KurLoffelbeschaffuna für Beamte, Angestellte
und Arbeiter beantragte Stadtv. Frl. Dr- Schultz (Dem-),
daß sie an den Magistrat zwecks Erhöhung der durch die Geldent
wertung überholten Vorschüsse zurückverwiesen werde- Stadtv. Frl.
Bittorf (Soz.) forderte außerdem eine großzügigere Regelung
der Kartoffelbeschaffung. Stadtv. Nelles (Zentr.) befürwortete
im Anschluß an die Ausführungen des Stadtv. Lang (Komm.),
der ebenfalls einen weitgehenden Antrag stellte, sofortige Erhöhung
der Zuschüsse entsprechend der heutigen Preislage. Sein Antrag
kam zur Annahme; der Antrag Lang wurde dem Magistrat zur
schleunigen Prüfung üLerwiesen.
Die neuesten Erhöhungen der Straßenbahntarife
wurden nachträglich genehmigt. Stadtv. LanH (Komm.) forderte
hierbei, daß die Beschlußfassung über die Tariferhöhungen erneut
in das Plenum zurückv erlegt werde. Sein Antrag fand Ableh
nung, was die Tribünen mit lebhaften Pfm-Nufen zur Kenntnis
nahmen.
Eine Eingabe des G. d. A. bezüglich Abänderung der Verord
nung über Schornsteinfeger « Gebühren ging an den
sozialpolitischen Ausschuß-
Einem Antrag des Schulausschusses. der sich für die Erhaltung
des sozialen Frauenseminars ausspricht und seine Ueber
nahme durch die Provinz fordert, wurde zugesümmt.
Annahme fand auch ein weiterer Ausschuß-Antvag, der sich
dafür erklärt, daß der Landeshauptmann Mittel und Wege finde,
um die Taubstummen - Anstalt zu erhalten, die von der
Stadt nicht mehr finanziert werden kann.
Stadtrat Dr.Schlotter betonte, daß er die Entwicklung der,
Dinge mit großer Sorge betrachte. Es gebe jetzt in Frankfurt
50 bis 60 000 Kurzarbeiter und eine Reihe weiterer Betriebsein
schränkungen stehen bevor. Einem Abbau der Demobilmachungs-
vorschriften werde sich das Arbeitsamt strikte widersetzen. Der guten
Zusammenarbeit aller verantwortlichen Stellen in Frankfurt sei es
bisher gelungen, die Arbeitslosigkeit zu bannen; auch in Zukunft
werde das Mögliche getan werden. Hierzu sei allerdings Ver
trauen- erforderlich und die Hetze unverantwortlicher Organe könne
nur störend wirken. Der Antrag Lang ging an den wirtschasts-
politischen Ausschuß.
Ern Antrag des sozialpolitischen Ausschusses, der fordert, daß
den Erwerbslosen nur der während der Bezugszeit gültige
Gaspreis angerechnet werde, fand einstimmige Annahme. Ein
weiterer Ausschuß-Antrag, der freie Beförderung der Notstands
arbeiten durch die Hafenbahn bezw. Ermäßigung der Fahrpreise
fordert, wurde ebenfalls angenommen.
Stadtv. M'üblig (Soz.) stellte folgenden Antrag: „Die
Stadtverordneten-Versammlung ersucht den Magistrat, die Aus
führung seines Beschlusses Nr. 1712 vom 4. Oktober 1923, betr.
oas Sachsenhäuser Luftbad einstweilen auszusetzen und
der Stadverordneten-Verfammlund erneut Gelegenheit zu geben,
zu dieser Sache stch zu äußern."
Stadtrat Bernecker erklärte, daß der Magistrat alles ver
suchen werde, um einen Ersatz für das Licht- und Luftbad in
Sachsenhausen, vielleicht im Anschluß an das Stadion, zu schaffen.
Der Antrag Mühlig wurde angenommen.
Gaspreis.
Stadtv. MerLen (Zentr.) stellte die dringliche Anfrage: ,Zst
der Magistrat bereit, darüber Auskunft zu erteilen, 1. ob er dem
StadtverordneLen-Beschluß vom 6. März 1923, § 178, durch wel
chen der Magistrat evsucht wird, durch seine Vertretung im
Aufsichtsrat der Gasgesellschaft zu veranlassen, daß das städtische
Revisions-AmL die Kalkulation und die Gewinnanlage der Gas
gesellschaft nachprüft und der Stadtv.-Versammlung hierüber bal
digst Bericht erstattet, Rechnung getragen hat und evtl. welche Er
gebnisse die Nachprüfungen gehabt haben; 2. aus welchen Gründen
die bisher der Frankfurter Gasgesellschaft für die Festsetzung des
Gaspreffes zugebilliate Kohlenriäusel von 0.4 neuerdings auf
0.55 erhöht worden ist. Außerdem stellte er folgende Anträge:
I. „Die Stadtverordneten-Versammlung wolle beschließen:
Der Magistrat wird ersucht, die Verordnung vom 5. Ok
tober wonach der Gaspreis rückwirkend auf 26 000 000
Mark festgesetzt wurde, unverzüglich zurückzunehmen."
II. Die Stadtverordneten-Versammlung wolle angesichts
der außerordentlich starken Steigerungen des Gas
preises, die für weite Bevölkerungsschichten der Frank
furter Einwohnerschaft nicht mehr tragbar stnd,
beschließen, den Magistrat zu ersuchen,
I. künftigen Gaspreiserhöhungen der Frankfurter GaZ-
gesellschaft erst zuzustimmen, wenn der HauPLaus-
trage nach Wie vor die Schuld an den herrschenden Zuständen.
Stadtv. Kirsch (Komm.) forderte schärfere Beschlagnahmung der
Wohnungen und endliche Abhilfe gegen die Wohnungsmisere
(Bravo von den Tribünen). Stadtv. Sieling (Soz.) ersuchte
den Magistrat, für Einrichtung leerstehender Räume in Heddern-
heim zu Wohnzwecken zu sorgen. Stadtv. Kreß (Zentr.) sprach
Änliche Wünsche unter Hinweis auf einige bestimmte Fälle aus
Stadtrat Zielowski verwahrte sich gegen die Behauptung, daß
nur für die reichen Leute Wohnungen besorgt werden. Im West-
end seien mehr als dreihundert Ruhrffüchtlingsfamilien unterge
bracht worden» Eine Prüfung der in der Diskussion erwähnten
Fälle wierde natürlich erfolgen. -»k
Die Lebensmittelversorgung.
Stadtv. Kreß (Zentr.) begründete eingehend einen Antrag,
der den Magistrat auffordert. Lei der Reichsregierung wegen der
Aufhebung der von Bayern, Hessen usw. erlassenen Ausfuhrver
bote vorstellig zu werden. Ein weiterer von Stadtv. Lang
(Komm.) eingebrachter Antrag dringt u. a- damuf, daß die Kom
mune die Fleisch- und Fettversorgung selber in die Hand nehme,
und tritt überhaupt für durchgreifende Beschlagnahmung der wich
tigsten Lebensrnittel ein. Die Annahme eines Antrags der Er
werbslosen, ebenfalls mit den Zuschüssen für Kartoffelversorgung
bedacht Zu werden, wird von ihm empfohlen- Stadtv. Frau Fürth
(Soz.) betonte, daß die Ausführungen des Vorredners jeden
brauchbaren Vorschlag vermissen ließen- Seine Forderungen seien
nur für die Galerie bestimmt gewesen. — Die vorliegenden An
träge gingen an die Notstandskommission. In einer Richtigstel
lung wandle sich noch Stadtv. Kirchner (Soz.) gegen die Be
hauptung des Stadtv. Lang, daß die sozialdemokratische Reichs
tagsfraktion der Aufhebung der Brotversorgung zugestimmt habe.
Stadtv. Lang (Komm.) versuchte» seine Behauptung zu recht
fertigen-
Ein weiterer Antrag des Stadtv. Lang fordert die Ergrei
fung von Wiaßnahmen zur Verhinderung von Betriebs
einschränkungen und -stille gung en. Stadtv. Tho
mas (Soz.) kennzeichnete die Leichtfertigkeit der Behauptungen
des Stadtv. Lang und betonte, dessen Vorwürfe entkräftend, daß
die SozialdemokraLie stets für die Erfassung der Sachwerte ge-
kämpft habe. Seine weiteren Darlegungen galten dem Nachweis,
daß uns nur mit einem Preisabbau und einer exakten Kal
kulation zu helfen sei. Nadtv. Korff (Dem.) erklärte, daß in
Frankfurt 130 Handwerker vom Arbeitsamt unterstützt werden,
und über zweihundert Handwerker ihren Betrieb
eingestellt haben- Die Großindustrie versuche sich allerdings Leute
durch Betriebsstillegung der Steuerschraube zu entziehen. Es sei
zu fordern, daß der MMtraL, vereint mit dem Demobilmachungs-
kormnissar, diesen Dingen auf den Grund gehe. Die Berechtigung
der Kurzarbeit sei zu prüfen, auch müsse verlang« werden, daß die
Leistungskräftigen ihren bedrängten Volksgenossen durch die Zeiten
der Not helfen» Mit großer Schärfe wandte sich der Redner so
dann gegen die Verhetzungen des Stadtv. Lang, die nur dazu on-
getan seien, Zwietracht in die Bevölkerung zu säen. Statt natio-
rialistischer mch kommunistischer Propaganda zu huldigen, komme
es darauf an, zusammenzustehen, sonst könne man der Schwierig
keiten nicht Herr werden.