die
er und
lieben den Erlöser als ihren Bräutigam und pflegen Verkehr mit
dem Gemarterten. Auch entsteht in den Frauenklöstern eine
reiche Erbauungsliteratur, die zu den schönsten Erzeugnissen der
Hochgotik gehört. Für den fraulichen Geist, der sie beherrscht,
ist es charakteristisch, daß die Texte vielfach Mosaike sind, „geist
liche Blumensträuße", die man sorgsam Zum einheitlichen Ganzen
zusammengebunden hat. Dieser Mosaikfpielerei sind u. a. auch
die deutschen Predigten Meister Eckharts zum Opfer gefallen. —
Auch an der Entwicklung der spekulativen Mystik nehmen übri
gens einzelne Frauengestalten des 13. Jahrhunderts hervorragen
den Anteil. Vor allem ist Mechtild von Magdeburqzu
nennen, in deren Werk: „Das fließende Lickt der Gottheit* Ein
flüsse der höfischen Poesie und der erotischen Bernhardinischen
Mystik Zusammentreffen. Die ganze Terminologie der Eckharr-
schen Mystik ist hier schon vorgebildst. Neben Mecktild kommt,
abgesehen von einer gleichnamigen Schülerin, die sich dem Herz-
Jssu-Kulr widmet, noch Gertrud die Große in Betracht, die
sich dem religiösen Leben der Welt Zukehrt und von den Pro
testanten als Vorläuferin des Protestantismus gefeiert wird.
Spätere Frauengestalten haben im Vergleich mit diesen Vertre
terinnen der deutschen Mystik keine Bedeutung mehr.
Wenn die Frauen vorwiegend die Form der mystischen Vn-
dachtsliteratur bestimmen, gibt das männliche Laientum,
das mit den Anfängen des Bürgertums entsteht, den Anstoß zur
häretischen Sektenbildung und bestimmt im wesent
sich stärker und leidenschaftlicher aus als in seinen erst vor wenigen
Jahrzehnten wieder entdeckten lateinischen Werken. Wichtig pno
.zumal seine Verteidigungsschriften, in denen er die einzelnen
Punkte seiner Lehre zu erklären sucht. Die Gedankenwelt Eckharrs
ist eng begrenzt, sie geht nicht über das Gebiet der Religion
hinaus und bezieht sich lediglich auf das innere Leben, das Ver
hältnis des Menschen Zur Gottheit. Kirchliche Ueberlieferung
und Sakramente bekämpft er Zwar nicht, aber sie sind ihm un
wesentlich. Kern seiner Lehre ist die pamheistische GLerchsetzung
der Gottheit mit dem 68ss pm um, dem reinen Sein. Dieses
unendliche göttliche Sein ist die Negation alles endlichen Seins,
das ja in Wahrheit nur ein Nichtsein ist und erst durch
Gort Zum Sem erweckt wird. In einem kleinen Winkel
der Seele, im ungeschaffenen „Seelengrund" vollzieht sich nach
Eckhart die Berührung und Vereinigung der Kreatur mit Gott,
und Ziel der Menschen ist es, diese "Geburt Gottes in der
Seele zu bewirken. — Mit Eckhart bricht die Reihe der großen
spekulativen Denker ab. Er selber hat sich noch am Ende seines
Lebens gleich den ihm anhängenden Laiensekten gegen alle Gelehr
samkeit gewandt, getreu seinem Spruche, daß ein Lebemeister
mehr wert sei als tausend Lesemeister. Ihm folgen zum Abschluß
der fraulich zarte Sense und der praktische Lebensreformer
Tauler -- Gestalten» in denen sich ebenfalls Teilströmungen
der mystischen Gesamrbewegung verkörpern. Zahllose im Volke
umgehende Schriften und Kunstwerke bezeugen, daß Funken jenes
Seelendranges, der die Gotik erfüllt hat, noch heute mit alter
Kraft aufsprühen. ___ Lr.
Sentenzen, die Thurneysen unter dem Titel: „Eine
christliche Unterweisung" vereinigt hat, und ausge
wählte Lutherbriefe aus den Jahren 1516 bis 1517 be
zeugen denselben Geist, der auch in den Arbeiten Barths und
Gogartens MM Ausdruck gelangt, und stellen gleichsam das Leben,
zu dem die dort gegebenen Formulierungen hinzuleiten
trach.cn, in seiner Konkretheit dar. Den Beschluß macht ein
Ver:cbt über den 40. Kongreß für innere Mission, in
den Merz die Haltung des Kongresses, an dem auch Jugendliche
wilnahnr-en, kritisch beleuchtet. Das zweite Heft dieser Schriften-,
folge, die aus der Flut der literarischen Tageserscheinungen sich
einsam heraushebt, wird u. a. eine Auseinandersetzung mit dem
Problem der Ethik bringen und die Beziehung zwischen Christentum
und Sozialismus erörtern. ' Xr.
lichen die Geistesrichtung der Mystik? Kirchliche und
spekulative Mystik, desgleichen häretisches Sektierertum sie alle
wurzeln im Neuplatonismus, der als Ziel des Menschen seine
Rückkehr zur Gottheit lehrt, von der er ausaeströmr ist. Von
Alexandrien her dringt der Neuplatonismus durch die Schriften
des Dionys us Areopagitain das Abendland ein, wo
seine Werke seit Mitte des neunten Jahrhunderts große Ver
breitung genießen. Die häretischen Laiensekten, die rm 12. und
13. Jahrhundert allenthalben aufkommen, knüpfen an die
panrheistischen Lehren Amalrichs von Bena an, aus der sie
auch Konsequenzen für die Praxis Ziehen, So die zur Zeit Eck-
harts blühende Sekte der „Brüder und Schwestern vom
freien Geiste", die als Laiensekte gegen die gelehrten Theo
logen opponiert und von einem gesteigerten Selbstgefühl erfüllt
ist, das sie sogar über die Heiligen sich erheben läßt. Die mit der
Gottheit selber sich identifizierenden Glieder dieser Sekte lösen
alle festen ethischen Begriffe auf, billigen Brüdern und Schwestern
völlige Handlungsfreiheit zu und berätigen auch auf dem Gebiete
der Geschlechtsmoral wie überhaupt des sozialen Lebens ihre einer
übersteigerten Mystik entfließenden anarchistischen Grundsätze.
Diese Züge prägen sich deutlich in dem System Meister
Eckharrs aus, den die Brüder vom freien Geiste als ihren
Propheten bezeichnen, obgleich er selber den Anarchismus abge
lehnt hat. In den unter seinem Namen gehenden deutschen
Schriften, die nur zu geringem Teil von ihm herrühren, gibt er
Sle devWe Mystik des MMslallers.
Der vonderGssellschaftderFreundeundFör-
derer der Universität Fran k f u r t veranstaltete Vor
tragszyklus nahm am Montag Abend seinen Fortgang mit einem
der deutschen Mystik des Mitte lalters gewidmeten
Vortrag des Priv°-Doz. Dr. A. Spamer, der es vortrefflich
verstand, in der knappen Zeit em Gesamtbild der Epoche zu ent
werfen und ihre wesentlichen geistigen Gehalte herauszuarbeiten.
Zu Beginn seiner Betrachtungen kennzeichnete er kurz das Wesen
der Mystik selber. Sie ist das Erleben Gottes und ihr Ziel die
umo mvslms, d. h. das Aufgehen von Ich und Welt in der unend
lichen Gottheit. Als menschliches Mgememerlebnis steht sie an
der Wiege aller Religionen, wie auch letzte seelische DifferenZierL-
heit in sie einmündet. Zur Herbeiführung der Gottesvereimgung
bedarf es der Ekstase, die beim primitiven Menschen mehr äußer
lich ist, während beim geistig hoch entwickelten Menschen an die
Stelle der bloßen Besessenheit das innere Ergriffensein tritt.
Die mittelalterliche Mystik blüht zur Zeit der Goti k, in einer
Epoche ungeheuerster geistiger Spannung, sie umgreift alle Schich
ten und Stände und stellt die höchsten Ansprüche an die Kräfte
des Verstandes und des Gefühls. Eine innere Erregung wie da-
mmls, weitergetrieben durch Askese, trifft man später in der deut
schen Geschichte nicht mehr an. Angefachr und getragen wird die
ganze Bewegung, die Zwischen einwandfreier Kirchlichkeit und
ketzerischem Anarchismus schwankt, durch die Frauen und die Laien.
Gleich an der Spitze der Bewegung stehen zwei Frauen des
12. Jahrhunderts: H i l d e q a ro von Bingen und Elisa-
het h von S ch ö n a u. Äeide wirken noch mitten im Welt
treiben, sind bußpredigende Prophetinnen, die aktiven Anteil an
den politisch-kirchlichen Kämpfen nehmen. Zahlreiche Legenden
umspinnen die überragenden Gestalten, die noch heute das Volk
als Wundertäterinnen verehrt. Im folgenden 13. Jahrhundert
werden die Ekstasen in den Frauenklöstern zur Regel und es ist
nicht zu leugnen, daß sie vielfach zu Autosuggestionen ausarten.
Von Flandern urid vom Niederrhein her breiter sich die mystische
Welle aus, die sich bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts
hinein forrerstreckr. Viele Chroniken und Viren zeugen von dem
Geiste, der die Nonnen zu jener Zeit beherrscht. Statt daß
kirchenpolitische Visionen sie erfüllen, ist die Außenwelt
für sie abgestorben, ihre EksLafsn bestehen in gewohn
heitsmäßigen Uebungen, das Wunder ist ihnen zur Selbst
verständlichkeit geworden. Während Flagellanrenzüge die
Welt durchbrausen, verkehren sie nur noch miteinander und
ihr einziges Ziel ist die Entkörperlichung, das Eingehen in die
„Abgeschiedenheit", in die Vergottung. Bei alledem bleibt doch
der Gestaltungsdrang erhalten, die erotische Mystik und d e
Leidensmystik^des Bernhard von Clairvaux finden ihren
Weg m die KMer. Die Nonnen spielen mir dem Ehristuskind,
MitE Dergdor kurzem gegründete
a r c a n --B lo ck - V e r l «I g IN Koln beginnt die Rolae seiner
Esiöftm Gebiet sich bewegenden V'cröfftnt-
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