lichen Zufallsvolitik", um mit den Worten des Herrn Kra-
ciurer zu sprechen) zu überlassen, selbst aber die Hände in den
Schoß zu legen. . , . >
Dis Ziele, welchen das Panideal zustrebt, und welche dem
Kritiker als „erschreckliche Triumphe der Schöpserkraft", als
„ungetrübte Apotheose des Menschlichen" erscheinen, tragen
also im wesentlichen die folgenden Züge: Dis erreichbare
menschliche Vollendung soll auf die Dergeistigung der religiösen
Gefühls gerichtet sein und in der Kunst (wie die Schafscns-
pfhcholcgie Holzapfels eindeutig hervorhebt) auf die stets voll
kommenere Verherrlichung des überirdischen Schaffens . . .
Diese Andeutungen genügen wohl, um zu veranschaulichen,
welche Kluft die Fiktion, die Herr Kracauer bekämpft, von
drm wirklichen Werke Holzapfels trennt. Im Sw'eoel der
Panideal-Forschung sah der Kritiker nicht die Welt ihres
Schöpfers, sondern nur deren Zerrbild. Es ist also nicht zu
verwundern, daß ihm dieses selbstverfaßte Produkt mißfallen
mußte. *
DnpÜk.
Don Dr. Siegfried Kracauer.
Herr Dr. Astrow entsendet wider meinen Aufsatz: „Holz
apfels Panideal" (vergl. Erstes Morgenblatt vom 7. Febr.)
einen kleinen Geschoßhagel von Argumenten, der nur leider
sein Ziel verfehlt und darum auch nicht die geringst«
Schramme hinterläßt. Sein« Einwände entspringen im
wesentlichen dem Bedürfnis, mich als «inen Don Quichote zu
entlarven, der den Riesen Panideal zu besiegen wähnt, wäh
rend er doch in Wahrheit lediglich die klappernden Wind
mühlen seiner eigenen Phantasie berennt. Welches andere
Mittel bleibt mir zur Abwehr solchen Verdachts, als den
Riesen selber nochmals zu zitieren und ihm das Eingeständ
nis zu entlocken, daß wirklich er es sei, den ich meinte und
meine? !
, Herr Dr. Astrow erNSrt zunächst, daß ich in meinem kri
tischen Produkte sehr zu Unrecht den Vorwurf hemmungs
loser Kulturgläubigkeit gegen Holzpfel erhoben habe;
-weder glaube dieser an eine „Auflösung aller Dissonanzen",
noch handle «S sich ihm um einen „idealen irdischen Endzu
stand". Nun es muß schon gesagt werden, daß Holzapfel
LhrHsM.sU der Ansicht UM MrtMgers ist, sondern gar
unbekümmert die kommenden „Menschheitskunstwo ke" verherr
licht und das Leben der panidealistischen Zukunftsgefellschast
- geradezu als messianisch« Erfüllung preist:
„Wie ein irdisches Paradies Ware es", so äußert
er einmal vorausblickend, „zu dem alle Hauplwege unv Neorn-.
Pfade der Vervollkommnung führen, in dessen Seen alle Ströme
und Bäche münden; ein Wundergarten, von Himmelsstrahlen
durchglüht, wo jegliche Gestalt und Eigenschaft allen andr en i
ihr Bestes leiht, jegliche vom Bestreben geleitet, der irdischen i
Vollendung zu dienen, um die der Ewigkeiten zu
Von der Vollkommenheit dieses seines stufenreichen Wunder
gartens hegt Holzapfel so erhabene Vorstellungen, van ei die
Konzeptionen seiner Vorgänger schlicht als einseitig verdammt.
Er bedauert unter anderem, daß der evangelische Jesus „keine
wesentlich neue Wertdifferenzierung" (!) angestrebt habe und
faßt die bisherigen Menschheitslehren von Buddha und Plato
an bis zu Augüstin und Luther summarisch als „Spszialisten!
der Idealisierung" zusammen. Man wird nach alledem keinen
Zweifel mehr daran hegen, daß Panideal doch das „Absolute
und Größtdenkbare" in den irdischen Bereichen fordert und
des Geistes voll ist, den mein Aufsatz ihm zuspvach.
Herr Dr. Astrow bestreitet ferner, daß Holzapfel „Genie
kult" treibe und eine absolute Organisierb arkeit der
menschlichen Gesellschaft annehme. Auch in diesem Punkte er
greift Holzapfel selber wider seinen Apologeten für mich Par
tei. Wie sehr er der Organisierbarkeit des Menschlichen ver- s
traut, beweist allein schon sein von mir hinlänglich erö terter!
Vorschlag der Gründung einer „Akademie der Aus
nahmen", die das irdische Paradies mit Hilfe pauidealisti-
scher Erkenntnisse herbeiführen soll. Eine Akademie als Vor
sehung —: dieses Projekt, das auSgeheckt zu haben der Ho'z-
apfrischen Psychologie nicht eben zum Verdienst« gereicht, ver
rät eine Organisierungswut, die jede menschliche Grenze längst
überschritten hat und einer Steigerung schlechterdings nicht
fähig ist. Nur des Raummangels wegen widerstehe ich der
! bedrohlichen Versuchung, de» Wademir-Prospekt ganz vorzu-
- führen. Er bestätigt, daß die Akademie genau das ist, was
ich „Genie-Aufzucht" nannte, da er einmal die Ausbildung
von „Geniefindern" (!) vorschreibt und zum andern das Ver
langen kundgibt, es möchten „genial Veranlagte schon in der
Kindheit der Akademie zur Obhut und Erziehung übergeben
werden". Ein monomanischer Geniekult, der sich nicht zu
letzt darin aushrückt, daß, .Holzapfel Uns pMdealisiische^
Utopie einer für alle Menschen gleich erreichbaren abgeschlos
senen Vollendung ab. Er nimmt vielmehr an, und dres O
gerade einer der charakteristischsten Züge des Panideals^daß
dir Skala unterschiedlicher Anlagen und EnMÄungsfäh'.g-
keiten stets und immerdar große und unaufhebbare Unterschiede
der DeröMommnung und der Unvollkommenheit aufwersen
wird. Diesen stufenreichen Aufbau der Menschheit nach
MSolichkeit von der bisherigen Knechtrmg durch primitiv äußer
liche, rohe GesichtspuMs zu befreien, ihn im Sinne menschen
möglicher Vergeistigung und schöpferischer Förderung auszu--
gestalten, ist nnt das hohe Ziel des Panidsals. Nirgends also
handelt es'sich um einen „idealen irdischen Endzustand" oder
eme ^endgültige urrd SbWußhKstZ VoÜendung"; überM ist
cs nur das Mögliche, was real angestrebt wird, nie das
Absolute oder Größtdenkbare. Daher gibt es bei Holzapfel
auch keinen „GeniÄult", ja, bei aller Hochhattun« und Mv-
derungsbestrebung bedeutender Geister, sprjcht er sich an zahl
reichen Stellen des Werkes ausdrücklich gegen einen solchen
„Kultus" aus. So heißt es dort z. B. wörtlich: „Aber b^
trachtet auch das panideaNstische Gewissen einen heiligen und
schöpferischen Geist als höchsten irdischen Vertreter der Ewig
keit,' bringt es ihm auch die allergrößte Rücksichtnahme ent
gegen, so vernachlässigt es darum durchaus nicht die geringeren
und selbst nicht die "allerunbedeutendsten Seele.. Nicht nur
die größten und strahlendsten Sterne will es fördern und zum
Ziele Ohren. Ihm sind alle L-suchten lieb und wichtig, welche
. die Nacht schellen. Denn mögen sie noch so winzig sein und
unbemerkt glimmen, sie können demsÄben HimMl dienen, dem
'auch Sonnen und Monde ihre Arbeit weihen." (Panideal,
II. 386.)
Mgt also aus Holzapfels Bestreben, das furchtbare Schick
sal der Geistigsten und Genialsten nach Möglichkeit zu wan-
dein, noch keineswegs „Geniekult" oder gar „Genieaufzucht",
so will Holzapfel auch nicht alle Genies zu LionardoS machen,
wie Herr Kracauer behauptet. Er nimmt nur an, daß inner
halb einer höheren Kultur die allergrößten Schöpfer bestrebt
und imstande sein werden, ihre Artlagen ungleich vielseitiger
zu entfalten, als es bisher geschehen konnte, und führt einmal
als Beispiel einer solchen vielseitigen Entfaltung Lion-ardo
an. —
Und nun die Hauptsache: Holzapfels Stellung zum reli
giösen Problem! Nicht nur hat es HolzMel an zahlreichen
Stellen klar und bestimmt ausgesprochen, daß für ihn die Re
ligion und ihre Entfaltung das höchste AiÄ des geistigen
Lebens ist und sein soll. Er hat auch keinen Zweifel darüber
gelassen, daß er das religiöse Ideal wederan die Schranken
Menschlicher .Vernunft noch an die GiNnzen irdischer Mllew
düng gebunden hält. Alle Entwicklung und E-nMt in '--s
"Menschliche ist für ihn nur Vorstufe und Grundlage zur Er
kenntnis und Anschauung des über das Menschlich- urs
.Irdische Hinausragenden. Denn Holzapfel vermag mL:.
t es Herr Krakauer aller Erfahrung zum Trotz tut, das Streben
nach „Heil" vom Streben nach Vervollkommnung der gesam
ten Geisteskultur in willkürlicher Spaltung zu trennen: der
Fidschi-Insulaner, der Kannibale strebt anders danach als der
antike Grieche, dieser anders als der moderne-Christ. Nicht
ein Zurückkehren zu Stufen sucht Holzpfel, die «s unzu
länglich erwiesen, mit der Vernunft im Kampf stehen und die
Seele in ewige Zerrissenheit stürzen, sondern ein Fortschrei-
Lsn zu neuen, höheren, die den Menschengeist nicht roh und
hemmend beeinflussen, sondern ihn bereichern, erweitern, ver
edeln und befreien. (Holzapfel hebt im Panideal hervor, daß
-er in einem zweiten, bald erscheinenden Weck das religiöse
Problem ausführlich behandelt.)
Wie sehr das religiöse Leben- im Mittelpunkt all seiner Be
strebungen steht, ist aus dem Panideal völlig evident und ein
deutig zu ersehen Hier nur eine Stelle, aus vielen andern
-herausgegriffen: „Denn die Erde erkennen, den Menschen er
forschen müssen wir, wenn wir den Himmel anders ergründen,
dessen Leben anders verstehen wollen als die bisherigen, so
wild, so »»psychologisch orientierten Geschlechter . . . Und mit
dem Stamme des Menschheitsbaums empsrwachsend, nach
Aesten und Zweigen langmd, die.den Sonnen und Sternen
näher und näher kommen, werden wir mit steigender Ahnung
das Wunder erfassen, mit ihm gleichsam von Angesicht zu An
gesicht sprechen." (Panideal, I. 447.)
MenschheitskünsÄer aber — die Herr Kracauer als „gdt^
los" ausgibt — nennt Holzapfel ausdrücklich nur solche Kul
turgestalter, welche in der höchsten Vollkommenheit der EwiA.
keit ebenso aufgehen, wie die bedeutendsten rÄigiösen Gestal
ten der Vergangenheit, und für dis das religiöse Leben den
Höhepunkt alles Seins und StvebsnS bedeutet. — Holzapfel
stellt auch nirgends die Beeinflussung menschlichen Schicksals
durch höhere geistige Kräfte, als ste dem Menschen eigen sind,
in Frage. Er hält nur dafür) daß ihre Wirksamkeit der wis
senschaftlichen Forschung sich entzieht und daher ausschließlich
im religiösen Glauben und nicht in einer. Anwendung auf
wissenschafuiche Erklärungen ihre Betätigungssphäve hat. Er
glaubt aber auch nicht, daß der Mensch in seinem Streben
nach religiöser Erlösung sich lediglich auf die Hilfe der „Gnade",
auf die Wirkung höherer Geister verlassen soll, wie es Herr
Kracauer wünscht. Weder Moses noch Christus verlangten
von den Menschen und Völkern, ihr ganzes Schicksal und ihre
Mheit M Zukunft nur Gott Mein (der „leidigen gM