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das Ganze, sorglos übereinander geschichtet und von lauter
bunten Wimpelchen umweht. Alan glaubt flch in ein beweg
liches Plakat versetzt und zweifelt an seiner Mehr-
NmenfloncMät.
j Das leichtfertige Aeußere ist Hülle eines gewichtigen
Innenlebens, dessen Letzte Bedeutung freilich allein der Fach
mann auszuschöpfen vermag. Was es an Baubedarf und
Baustoffen nut irgend gibt, trägt sich hier selber zu Markt,
berichtet von seinen Fähigkeiten und harrt der Verwendung.
Soll man Tabellen zusammenstücken, aufzählen und gründlich
registrierend Aber trefflich ausgestattete Publikationen ver
zeichnen das Wissenswerte, und Vorträge, die im Verlauf der
Ausstellung gehalten werden, führen tiefer in die Materie
hinein. So genüge der Hinweis auf das Wesentliche: daß
die deutsche Bau-Industrie ihre Produktion >er heutigen WirL-
Waftslage^ erfinderisch anzupassen sich müht. Neue Mate
rialien zielen auf Einsparungen ab, neue Verfahrungsartur
versprechen besonderen Nutzeffekt. Und auch das Alte läßt flch
mitnichten verdrängen; die Ziegel wehren sich ihrer Existenz
und die Holzkonstruktionen stellen flch mutig dem Nebenbuhler
aus Eisen. Ein Kampf der Stoffe und Methoden, der um
den Zentimeter geht, das Wgeschliffene nochmals abschleift
und den geringsten Vorteil hartnäckig verwertet. Er beginnt
noch vor dem Anfang: Baumaschinen zeigen den Interessenten
ihre komplizierten Glieder, moderne Zeichentische erweisen sich
als Muster der Präzision. Es folgen die Schwierigkeiten des
Ausbaus und der Einrichtung, die einzeln und ausgiebig ab
gehandelt haben. Du erfährst, von welchen Mauern du dich
zweckdienlich umfangen lassen mußt, wie du dich billig isolierst
und vor Kälte schützest, auf welchen Fußböden du schreiten
und in welchen Wannen du baden sollst, wie das Dach am
besten beschaffen ist, das dir Schutz verleiht nichts 'st rer-
gessen, vom First bis zur Sohle, vom Rolladen bis zur Lür-
AiM wird alles dir kund.
Freilich, dies sind die Elemente nur. Wie ste zur Totalität
sich fügen, geht aus den wenigen Beispielen der Sied -
lungsbauten hervor. Die Zeiten haben sich gewandelt,
die Kapitalien sind dahin. An die Stelle des geräumigen Ein
samilieubaus, der auf früheren Ausstellungen von W ü/Ha iea-
heit zeugte, ist darum jetzt das Kleinhaus getreten, das sich
neuerdings sogar Zum „Kleinsthaus" entwickelt hat. Der
Superlativ ist nicht schön und zudem etwas übertrieben, da
es sich keineswegs um eine reine Liliputaner-Angelegenheit
handelt. Die „Kleinstheit" vielmehr entsteht zum Teil einfach
dadurch, daß, wie etwa das Häuschen der Stuttgarter Archi
tekten Trüdinger und E g e zeigt, die Verkehrsfläche voll-
komrmn^Wohnzwecken ausgenutzt wird; die Küche befindet
sich hier im Vorraum, von dem aus der Zimmerofen, der eine
Kochgelegenheit enthält, sich Heizen läßt. Gleich diesem Haus
typus ist auch der anschließende Pros. Ernst Wagners
(Stuttgart), den, wie es heißt, die Firma Bosch für ihre
Arbeiter errichtet, auf Nachwuchs und Selbsthilfe berechnet.
Geliefert wird nur die rohe Hülle und eine Stube vielleicht;
den weiteren Ausbau mag dann der Arbeiter nach Bedarf und
Belieben unternehmen. Daß er aus eigenen Kräften sich ein-
richlen kann, muß ihn dem Organismus seines Heimes allmäh
lich verbinden. Die Möglichkeit eines solchen Wachstums aus
der Keimzelle heraus hängt allerdings unabweislich von der
Voraussetzung des (bei der Firma Bosch schon vor dem Krieg
eingeführten) Achtstundentags ab.
Auch das Haus ist nur Element, es -hat sich dem Zug der
Straßen undPlätze einzugliedern,derenGestaltung nach stLdt e-
baulichen Grundsätzen durchgefüHrt werden muß. Die
Württemberger, die vorwiegend in der Ausstellung vertreten
sind, scheinen den Blick für diese Ganzheit des Städtebildes
Zu besitzen. Außer der vorzüglichen Sonderschau des Bundes
für. Heimatschutz und Denkmalspflege und manchen Architektur
entwürfen spricht die Tatsache dafür, daß selbst kleine Gemein
den, wie Zuffenhausen, Ravensburg, Lrossingen, Eßlingen,
mit Siedlungs- und SLadLerweiLerungsplänen zur Stelle sind,
und ihr jetziges und zukünftiges Bild im großangelegten Modell
zu erkennen geben. Nicht alles zwar ist gleich erfreulich. Die
Stadt Ulm etwa hat zur Bebauung des Münsterplatzes ein
geradezu selbstmörderisches Projekt ersonnen, dessen Haus
gruppen mit ihren Torbögen und Erkerchen Romantik im
schlimmen Sinne sind. Wenn schon gebaut werden muß, dann i
lieber Eisenbeton als dieser verblühte Seelenkitsch.
Ueberhaupt macht sich eine starke Unsicherheit fühlbar, wo
Höheres erstrebt wird als plakathafte Außenseite und zweck-
volle Gestaltung. Nur die technischen Waren eigentlich sind
von unfragwürdiger Form. Badeeinrichtung und Tresor wett
eifern miteinander an Prägnanz, und die knappe Ausdrucks
weise des Hotelherdes überzeugt gleich sehr wie die sachliche
Korrektheit "des Büroschranks. Ihre Selbstverständlichkeit er
mangelt jenen Leistungen, die den Rang von Kunstgebilden
für sich in Anspruch nehmen. Nicht so, als ob es an guten
Einzelstucken durchaus fehle, doch das meiste täuscht eine
Existenz vor, die es garnicht besitzt. Im „Haus des Hand
werk", das keine sonderlich glüMche Bauschöpfung ist, begeg
net man solchen zweifelhaften Dingen verhältnismäßig selten;
desto häufiger in den anderen Hallen, die der Innenein
richtung gewidmet sind. Die Exzesse der Schnörkelsucht, die
hier begangen werden, und die kunstgewerbliche Scheinhaftig-
keit vieler Möbel und Werkstatterzeugniffe beweisen durch ihr
Stuttgarter Kunst-Sommer. !
BMüMstMrM.
Auf dem alten Stuttgarter Bahnhofs geL äude, das nur
noch kyrze Zeit verfügbar ist, entfaltet sich die Banans-?
stellnng, die einen Ueberblick Wer die Leistungen des!
deutschen Baugewerbes geben und Möglichkeiten neuer Brm^
gestaltung vorsühren will. Heiter genug sind diese ..Irrn
provisationen im Juni" anzuschauen. Die einzige noch übrige
gebliebene Halle hat sich, frisch aufgetakelt, dachloses Gemäuer
einer anderen- mit vorgelagerten Pfeiler- und Säulen-
fragmenterr, gefüllt sich in der Schmach-trolle der Burgruine;!
Zwischen Monumenten und Rudimenten -- wie es gerade W
trifft, doch architektonisch irnmer besonnen — die von Baurat
Keu erleb er (StuttgarH geschickt MnskiNkMen neuen
! Hallenfluchten, die ihre provisorische Bestimmung ehrlich be-?
! kennen und langgestreEL wie Windhunds sind. Reklame zieht
sich, ein Band ohne 'Ende, auf den schrägen Gesimsflächen der
Bauten und Kojen hin, windet sich die Treppe hinan, die den
unteren Geländeteil mit dem oberen verbindet, läßt sich weit-?
läufig in Dreiecksflächen nieder, tut sich als riesiger hölzerner
Dachbinder auf, schraubt sich, Eiffelturm sn
dünn und verwegen empor und hockt in Gestalt von Kiosken^
Dempelchen und aufregenden Ungebilden, die den Ruhm ihres!
Materials verkünden, auf den Freiflächen umher. Ver^
Mügungsstatten sühnen mit dem Ernst des Bauens aus oder
verführen zu ihm; eine Tanzdiele geberdet sich mondäner, alA
ihr zukommt, und in dem Restaurant bann man nicht nur effsu^
sondern auch die Holzbauweise erforschen. Vollendete Synthese
von Genuß und Sachlichkeit die Musterbäcksrei, mit ihrem
Ofen so groß wie ein Mietshaus, dem lange Stangen FlerW«
tp<cheG^c Eine VusysLernatischr OrdrmnK
Die Weinklause.
r >- Julihitze läßt es sich in der Weinklsuse durchaus
^iAgelühlte Erdbeerbo-wle, sehr zu empfehlen, sorgt als
wohltätige Isolierschicht dafür, daß die innere Hitze durch das
hertze Draußen nicht an ihrer Entfaltung gehindert werde; marr
trankt un^ trinkt, spießt die Erdbeeren mit einem Zahnstocher
auf und kommt sich wie eine Thermosflasche vor. Rolf Ronay
erweist sich arS Conferencier und Wiener von Geblüt. Er
EÄH "it Nonchalance über die entlegensten Themen,' gibt
Auftakt und Abgelang, wird unversehens selber zu einer jener
i Hummern des Programms, die er mit Recht als .gigantische'
A^K^ungen" zu be-eichnen pflegt, und stellt zwlschcnhincür
i Mklvz opHl;che Betrachtungen an, die einen sehr unverheirateten
Eindruck maa>en. Da wir gerade bei der BortragKkunst sind,
El Nell Marco nicht unerwähnt bleiben, die dämonische
Leidenschaft per,onifizirrt; sie trifft den Ton der Balladerr
Klabunds urü> setzte dre „Rouge et noir"-Verse einer Anderen,
,o grell und düster hin, daß mau darov zum Satanisten werden
Grays Chansons sind weniger erhaben denir
PE"ud, '«süß. schon, ,o von einer gewissen Art, daß . . .
auch die Blicke rLrigens, die sie wirst . . . man muß Bowle
AEen Erdbeeren stochern. Im gleichen Genre gefüllt sich
Gretel S ch w a b, die einige neue Schlager ihres Begleiters Fredtz
Bi a ym o nd friich, keck und verführerisch zur Kenntnis gibt.
Mit den Darbietungen des Worts wetteifern die der Instm-
men.e. ^asos Rigo ist ein König unter den Geigern denn er
kann nicht nur mit dem Bogen, er kann auch mit den' Fingern
den organisierten Aufruhr der Saiten entfesseln; virtuose
mk -der Hornhäute, Sache des GcMls und der FinoersM^n.
Aerne AMegin von der Harfe, Hilde Dittmann, ist weniger
stürmisch, sanft schwellen di« TSne an und ab, oanz Solo allem
und mit Zartsinn, wie es sich für eine Harfe gehört. Nun kam»
Mkn die Benie an die Reihe. Vorap pnA MliieresPi-eie^d
imgende und tanzende .Hawaiian-Trio mit Miß Milijsa,
Er reizenden exotischen jungen Dame, deren Wuchs und GeSE
n,cht nur ihre beiden eLen,o exotischen Partner zu stimulieren ver-
nwg. ^ch werde von meiner Begleiterin angelegentlich gebeten, ihr
em.m Zahnstocher für die Erdbeeren zu präparieren. AeKhetisch«
Kergeruna »oOormaen Fo Sarte und Roh, die einen Wiener
Walzer stilgerecht celebneren — eS war doch -in- gute alte steif —
und auch spavilch pch zu bewegen wissen. Olga Smirnova,
zart, biegsam, grün und silbern gewendet, sei 'Russin, versichert
der Conferencier. Man braucht nicht -russisch zu können um
! ste zu bersl-chen, oder vielmchr: das RwsMche verficht sich von
stwit, wenn mau sie tanzen sieht. Ich muß wieder 'Eldöeererr
> stochern. Aber dre Spräche der Beine ist ein natürliches Mve^
! wofür rch ichlieMch nichts kann. Zuletzt «Wentrischs
! «teppduett-e von Makel White und T-d BurnK, esil Gekli'r
und Geklapper im prastimm.o, dessen Rhythmus, ohne Musik-'
keglenuna zumal, durch feine unerhörte Genauiqkeir bezwingt,
j?^.,^?wle ,ft l-eer, die Erdbeeren sind aus Pflicht und Neigung!
Hitze doch"^ "U" mischen sich draußen innere und äußere