hält; und ist Höchstleistung auch die Norm, so werden doch, gerade
aus Gründen der Zweckmäßigkeit, die Kräfte des Durchschnitts-
mLeiters nichts Mer Gebühr in Ansvruch genommen. Vor allem
aber: Spezialisierung und Rationalisierung korrigieren ihre etwai
gen schädlichen Wirkungen dadurch selber, daß das Interesse der
BetriebswirtschastW das sie hervorruft, zugleich auf hohe
Entlohnung und Reduktion der Arbeitszeit dringt. Denn:
Menschlichkeit macht sich bezahlt — so lautet der erprobte Grund
satz Talors und auch Fords, der längst die fünftägige Arbeits
woche eingesührt hat. Nicht aus Barmherzigkeit — „7 Kate
sagt Ford —, aus rein praktischen Erwägungen vielmehr, und
darum sicher verankert, werden also in dem wissenschaftlich organi
sierten Betrieb alle Vorkehrungen (Heimstättensiedlungen, Hebung
der Allgemeinbildung, WerkZeitungen usw.) getroffen, die dem
Arbeiter in s^ner Freizeit ein menschenwürdiges Dasein ge
währen, dieselbe rationale Gesinnung, die den Herstellungsprozeß
atomistert, gelangt offenbar dazu, die irrationalen Forderungen
der Humanität zu erfüllen, wenn sie nur folgerichtig zu Ende sich
denkt. Das aber umso mehr, als sie auch in objektive^ Hinsicht
durch mechanisierte Mmaenherstellung und Vereinheitlichung der.
GebrauchsgegLnständs, nicht Zuletzt der Häuser und Wohnungs
einrichtungen, die Lebenshaltung in steigendem Maße verbilligt.
Herr Borst schloß mit einem Ausblick auf die kommende ganz - z
Ämro Mcher gewirkt, die beide in der ihm eigentümlichen Leistung
zu neuer Einheit sich verknüpfen. Er war der Nachfahr' Hegels,
^»^»Erdmann gewonnen haben mochte, und so mußte er
FA°s Bewegung erfahren, die sich
vollzieht. Aber er war auch, vor
wiegend wohl auf Grund seiner von Haupt und Leo anaereaten
Phrlologrschen Studien mit dm Traditionen der Klassik gesättigt
die den einzelnen Individuen ureigene Freiheit maestarü,'
wilMn^S^^ "ib Freiheit der geisteSgeschichtlichen Ent-
wiLlung. diese einander scheinbar entgegengesetzten Prinzipien
der- neueven Philosophie "einen
beiden Gerechtigkeit widerfahren läßd Das Be-
: die aus Freiheit schaffende individuelle
- sattste?" ^e. widmet jedem
R^d L von Desoartes bis Hegel einen eigenen
lewerlige System rein aus sich selber Le-
enEsipH ^sprungspunkt aufspürt, von dem aus es sich
entfalten laßt. sind diese individuellen Gestalten aber
ernzrg, hängen sie darum nicht nL" imig
zusammen. S»e stellen gleichsam Knotenpunkte einer
Entwicklung dar, bezeichnen die Krisen in der
Rre Systeme werden gesetzmäßig vor»
sind auch die Wirkungen, dis diesen
„Nur eben ihre besondere Leistung selber,
die Epoche bildet, sottet empirisch-kausaler Ableitung, sie ist ein
einmaliger Einbruch in die Zeit;, der nicht Ohne Rest aus dem
Vorangegangenen sich erklären läßt. Die Werke Kuno Fischers
die von einer so gearteten gMichtsphilosophischen Einsicht ae-
^as«-- werden, sind durchweg dem neuzEtchen DeL
wlt Descartes anhsbenden Epoche der abend-
ländilche» Phrlofophis, die, entgegen dem früheren, religiös ge
bundenen Denken, von der Autonomie des Erkenntnis-subjekts ihren
Ausgang nimmt. Fischer umfaßt sie in ihrer Ganzheit und indem
er die einzelnen Systems würdigt, die ihr angehören und sie be»
stimmen. Lebt er die eniasn individuellen Akte der Vernunft her-
als entscheidende Krisen der Gesamtentwicklung anzu-
wrechen sind. Der Höhepunkt der Epoche, und damit, der Philo-
N<e überhaupt, weint ihm die Philosophie KantS; und, dem
Redner zufolge, ist die Darstellung Kants zugleich der Höhepunkt
lemes eigenen Schaffens, von den Späteren nicht erreicht! ge-
sckrwerae denn üLertroffen.
- Nicht zuletzt würdigte Pros. Hoffmann das Menschentum
Kuno Fischers. Die neue Philosophie, deren Geschichte ex schrieb,
sie prägte auch sein Wesen, gab ihm Kraft der Gesinnung und
ermutigte ihn zu Meck Kampfe gegen theologische Traditionen,
ANE?" rkolge ihm 1853 die venia lexencki entzogen wurde.
der Persönlichkeit und Gehalt des Werkes hinterließen bei dm
Mitlebenden einen bedeutenden Einbruch Und die Besten der
Zeit: Alexander v. Humboldt und David Friedrich Strauß
erkannten freudig an, daß in ihm ein Geisteshistoriker großen
Stils erstanden war, der das Ererbte wahrhaft zu besitzen lehrte.
Die TagNW des Deutschen WerkbundZ.
LLr Karlsruhe, 24.-26. Juli.
Während der diesjährigen Werkbund-Tagung, der da? gast^
freundliche Karlsruhe den schönen Rahmen schuf, erörtert
man mit der Leidenschaft der Betroffenen ein Faktum, das gerade
die im WerkLund zusammen geschlossenen Kreise zu unmittelbarer
Stellungnahme zwingt: die Tatsache des Am erikanismus,
dessen Vordringen sich mit Naturgewalt zu vollziehen scheint. Man!
ging insofern aufs Ganze, als man sogleich die geistige Gesamt--
Haltung erfragte, die dem Prozeß der Zunehmenden, Jndustrieali-
sierung zugeordnet ist. Trotz der Gründlichkeit freilich, mit der
man den Gegenstand angriff, vermochte die Aussprache nicht auf
den Grund zu dringen. "Der Werkbund ist- wie. Gch -Nat Bruck
mann ausdrücklich erklärte, eine durchaus unpolitische Vereinigung,
und so mußten die ökonomischen und politischen Voraussetzungen,
auf denen die Rationalisierung des Wirtschaftslebens beruht, rm
wesentlichen unangetastet bleiben. Immerhin trat - und ^dos
war Gewinn — die Erscheinung selber von der dre ^earl
heM wehr M Nchr LMlWi wird, so schroff und. UMwerdeung
hervor, daß ihre Ansehnlichkeit jede Romantik im Keim schon
zerstörte.
Als Parteigänger der von Taylor erdachten und orgamflerten
wissenschaftlichen Betriebsführung erwies sich ein Führer deut
scher Wirtschaft, der Direktor der Bosch-Werke Hugo Borst, der
in seinem Vortrag die Frage aufwarf und — verneinte, ob mecha
nisierte Industrie-Arbeit im Gegensatz zu freier Arbeit Mensch
und Kultur gefährde. Seine Argumente waren von einer Sach
lichkeit und unbeirrten Konsequenz, der niemand sich verschließen
konnte; ihre Einseitigkeit bestätigte die marxistische Erkenntnis,
die gewiß richtig ist, wenn sie nur undogmatisch genommen wird:
daß die ökonomischen Zwangsläufigkeiten die Struktur des Welt
bildes bedingen. An die Spitze seiner Darlegungen stellte Borst
die These, daß der Taplorismus uns vor dem Verhungern schütze.
Am auf dem Weltmarkt uns zu erhalten, sind wir zu äußerster
WarenverbM genötigt, die wiederum ein-e Intensivierung
der deutschen Betriebe -- nicht der industriellen allein, sondern
auch der landwivtschaftlch — erforderlich mache. Das eigent
liche Bemühen Borsts galt nun dem Nachweis, daß die Mechani
sierung aller Verrichtungen garnicht ein solches Schreckgespenst
sei, wie man in Deutschland noch vielfach befürchte. Gewiß, der
Arbeitsvorgang wird bis ins kleinste geregelt, doch mag diese Ent-
seelung der Tätigkeit — nach seinen Erfahrungen wenigstens —
menschlichen Bedürfnissen nicht durchaus Widerstreiten, zumal der
geistig Regsame Möglichkeiten des Anstiegs in dem Betriebe er
automatische Maschine, diV den Menschen zum MaMnen-
beherrscher machen toerdr, und bekannte fich damit als Anhänger
5!^r . Utopie, die a^ dem Zwang zur Mechanisierung in un-
dmanischer Gradlimgkeit die Befreiung des MenschmoesM
yervorg-hen läßi. —
Man empfand den scharfen Wind, der, wie der Vorsitzende Pros.
Rremerschmid bemerkte, aus diesem Vortrag anwehtze, ohne
Laß man gesonnen war, sich von ihm treiben zu lassen. Beschränkte
Redezeit gestattete nur stichwortartige Erwiderung, die aber den
amerikamkiLn Perspektiven aus gewichtigen Motiven der Einsicht
und des Willens sich widersetzte. Der Stetliner Museumsdirektor
' e tz ler etwa machte geltend, daß neben dem Rhythmus der
MaschE sich stets der „Rhythmus des Blutes" behaupt-, und darum
Kunst und. Lebendigkeit, die dem gewiß notwendigen Mechanisie-
rungsproz-n ,uh verweigerten, mitnichten sinnlos seien oder gar
vergewaltigt werden dürsten. Ihm zur Seite ging Herr v. P ech-
Verfasser des in der Frankfurter Societäts-Druckerei
M erschienenen Buches: „Die Qualitätsarbeit"), der an manchen
Symptomen aufwies, daß in Mropa, zumal in Deutschland, der
Peinlichkeit viel zu tief wurzle, als daß man ihn je,
, Mst bei der Stvase des Verhungerns, in der Arbeit und ihren
PEktm pr-isgeb^ Herr Tarnow als Vertreter der
Gewerkschaften erklärte sich mit der Jndustrialisieung nur einver-
sEden wenn ihren Gefahren für das soziale Widerstandsvermöaen
durch kräftige Arbeiterorganisationen begegnet werde, und der
-toaeordnete Wienbeck setzte sich in entschiedener
Weise für das Handwerk ein, das in ländlichen Bezirken vor allem
durchaus zu den Lebensnotwsndigksiten gehör«.
--Ar formvollendete Schlußvortr-g" des badischen Kultus
ministers Prof Hellpach der aus echt humanistischer Gestn-
nung heraus den amerikanischen Da^or-umete-Geist begriff und
bekämpfte, suchte die Rolle zu bestimmen,, die Deutschland als dem
Lande der Mitte rn der Auseinandersetzung zwischen westlicher
Zivilisation und östlichem Menschentum angewiesen sei.- Seine
A reichen, durch historische und soziologische Exkurse unterbauten
Ausführungen erbrachten eine treffende Kritik der Psychotechnik
und mündeten in die Erkenntnis ein, daß der Tavlorismus das
Arbeitsproblem nicht zu lösen vermöge. Er stellt die Arbeit neben
Mbt sie organisch in das Leben mit einzubeziehen. Was
ist die Folge? Die Arbeit wird entseelt und entsittlicht, und das
scheinbar freMgebene Leben weiß nichts mit sich -anZufangen, es
repr0'dM»ert s ^wiegend im Sport und sinkt auf eine anima-
ufH? Stufe herab. Dieser für das europäische Bewußtsein un
erträglichen Tendenz zum anorganischen Zerfall entgegenZuwirken,
^.vornehmlich die deutsche Aufgabe der nächsten Zukunft sein.
Die Au.omaüsierung der Maschine kann hier nichts fruchten, da
ste dem Menschen zwar Handarbeit abnimmt, ohne jedoch seinen!
Wärterdienst zu beseelen.._Gviindleaend? w/nsniüfbi' sich!
'schon einsetzt, und dafür sorgt, daß ganze Menschen, nicht Spe-
zialisten nur, herangebikdet werden. Die von dem Minister em-
zelsitete Reform deZ badischen Fachschulwesens erfolgt w
diesem Sinne: sie gewährt den allgemeinen Bildungsfächern breiten
Raum und erstrebt die Befriedigung des religiösen Bedürfnisses.
Durch solche Maßnahmen hofft Hellpach den Primat der Sittlichen
in der FaLrikarbeiL Zu erzielen und die der RMonaWerung
Unterworfenen zur Mitbeteiligung an der Produktion zu befähigen.
Freilich, so richtig auch die Einwände des Ministers gegen die
von Taylor oder Ford behauptete prästabilierte Harmonie zwischen
Humanität und Rationalismus sind, und so gewiß man prinzi
piell mit der Erziehung zu beginnen hätte, der Zweifel regt sich
doch, ob seine positiven Anregungen wirklich zu dem gewünschten
Ergebnis führen. Zum mindesten bleibt die Frage offen, ob sie
allein die Anarchie der Wirtschaft aÄZuwenden vermögen. Der
Versuch aber muß gemacht werden, denn auch der stille Weg hat
neben anderen fein Recht.
*
Das Zweite HaupLLHema der Tagung: Die künstlerische Bedeu
tung des Spielfilms, ward nur gerade angeschnitten, ohne voll
herausgeschält, geschweige denn bewältigt zu werden. Man ver
nahm einen Vortrag, der an Hand einer Reihe von Filmfragmenten
vergeblich sich mühte, einige.Gesetze der noch ungeschriebenen Dra
maturgie des Films zu entwickeln. Die wenig klaren Erörterungen
waren nicht dazu ungetan, eine Klärung der Meinungen herbeizu-
führen. Merkwürdig genug verhielt man sich im allgemeinen, vielleicht
aus tiefwur^elnden Vorurteilen heraus, dem Problem des Films
gegenüber mel befangener und stimmungZmaßiger als dem Faktum
der Mechanisierung, obwohl doch beide Phänomene: der Amerika-
nismus und die FilmkomposiLLon durchaus der gleichen Sphäre des
Oberflächenlebens angehoren. Der Vortrag hatte immerhin das
Gute, daß man die Frage des Films in ihrer ganzen Schwere er
faßte und zu dem Beschluß gelangte, ste bald einmal gründlicher
aufzurollen. —