großen darstellerischen Leistung würdig an.
c.
Drachen
Das Stachel
— Stachelschwein.^ Hans Reimann hat die
Meiste mit dem Main vertauscht und Zugleich seinen sächsischen
Erweiterung eines KunstgewerLe-Hauses. Die Fankfurter
Firma H. und S. Langenbach hat die Zahl ihrer Aus
stellungsgeschosse noch um zwei weitere vermehrt, sodaß sie nun
ihre Inneneinrichtungen auf sieben Stockwerke verteilen kann.
Auch bei den neuen Räumen ist Wert darauf gelegt worden, daß
jeder von ihnen mit den in ihm gezeigten Möbelstücken harmonisch
zusammenklingt. Wände, Dielen, Beleuchtungskörper: das alles
ist auf die Schauobjekte abgepaßt, um eine leichtere Beurteilung
ihrer Wirkung im eingerichteten Zimmer zu ermöglichen. Die ver-
. schiedene Größenabstufung und architektonische Behandlung der
Gemächer trägt den mannigfachsten Raumansprüchen Rechnung,
wie auch das in ihm Gebotene selber vom schlichten Typenmöbel
an bis zum reichverzierten Stilmöbel vielfältigen Zwecken und Ge-!
schmäckern Rechnung trägt. j
Die Zehn G bote. Es ist mit diesem anrerikanischen Monstre-
film, der jetzt in den beiden Lichtfpiclbühnen d?s „National-
Theaters" vorgeführt wird, eine eigentümliche Sache. Daß
er Kitsch sei, steht außer Zweifel; aber damit ist er längst nicht er
ledigt, wie ja überhaupt der Kitsch nicht durchaus absprech-end be
urteilt werden darf. Dem Ganzen liegt die Idee zugrunde, daß die
Zehn Gebote überall und immer unverbrüchlich gelten, und alle, die
gegen sie freveln, scheitern muffen, ob es sich nun um die Kinder
- Israel handle oder um moderne Sünder aus San Francisko, die
! von der Religion nichts mehr wissen wollen. In dem ersten, dem
biblischen Teil wird tatsächlich das Alte Testament verfilmt:
Moses beschwört die Plagen herauf, führt die Kinder Israel durchs
Rote Meer, nimmt auf dem Berge Horeb die zehn Gebote entgegen
und zerschmettert die Tafeln ob den Greueln seines Volkes^ das
den Tanz um das goldene Kalb vollführt. Zeichen und Wunder
darzustellen, ist dem amerikanischen Filmregisseur eine Kleinigkeit:
die Blitze der göttlichen Allmacht veranschaulicht er mit Hilfe der
Elektrizität und die Teilung des Meeres wird für ihn Zum ein-
schwein" umgezeugt. Diese borstige Wochenerscheinung serviert
den: Publikum ein abwechslungsreiches Menü: als Kors-d'oeuvre
polnisch? Glossen, dann pikante Gerichte, in denen alle möglichen
Zeitereignisse verarbeitet sind, satirische Saucen und als Speziäl-
platte ein kräftig gewürzter Stachelschwein-Salat. Das Ganze ein
Allerlei — freilich kein Leipziger mehr —, das zumal auf Frank
furter Gaumen abgestimmt ist- da es Zu nicht geringem Teil sich -
aus lokalen .Ingredienzien zusammensetzt. Indessen kommen auch '
die übrigen Weltbürger bei dem Geratsch und Geruddel auf ihre-
K sten, denn von Frankfurt aus versendet das Stachelschwein seine
Pfeile nach allen vier Himmelsrichtungen und erspießt so Ziemlich
jGes Ding, das zwischen Josma Selim und Pallenberg, Zwischen
m ' „Lustigen Witwe" und „Lohengrin" seines Weges kreucht und
fl-MG Die Namen der Mitarbeiter und nicht Zuletzt Reimauns
Name selber bürgen für die literarischen Qualitäten dieser unter
haltenden Dvachmsaat.
— Die Schmetterlingsschlacht. Im Nationaltheater j
(Skala- und Hohenzollernlichtbühne) wird Sudermanns:
„Schmetterlingsschlacht" vorgeführt — ein naturalisti
sches Familiengemälde, das zu sehr auf seelischen Konflikten und
! dem Hin und Her innerer Zuneigungen und Gegensätze beruht,
! als daß es ganz in die stumme Optik des Films einzu gehen ver
möchte. Immerhin, es ist alles geschehen, um die Fabel für den
Film zu erobern, oder richtiger: die Filmregie hat es verstan
den. die Handlung so ausgezeichnet zu verdolmetschen, daß es
mitunter den Anschein hat, als sei sie für den Film erdacht. Es
handelt sich also diesesmal um einen jener seltenen Fälle, in
denen der Film einen verhältnismäßig glücklichen Bund mit
einem Werke schließt, das die Sprache zur unerläßlichen Vor
aussetzung hat. Das ist freilich die Ausnahme. Denn in der
Regel entstehen aus solchen Verdoppelungen nur Zwittergebilde, i
die nicht Fisch noch Fleisch, nicht Film noch Theater sind. Außer
dem Geschick der Regie, die sich in dem raffinierten Wechsel von
Großaufnahmen und Gesamtszenen besonders bewährt, hat man
! den Treffer vor allem den Darstellern zu danken. An ihrer Spitze
Asta Nielsen, die den Backfisch Rost mit einer Unschuld
spielt, über der ein rührender Schimmer von Wissen liegt. Rein
hold Schünzels schamlos prunkende Gemeinheit und Adele
Sandrocks sorgenbeladene Mütterlichkeit reihen sich dieser
sRlems MitteLlmrgen^ Unter dem Titel: „Rhyth
mische Musterkunst der Natur" (Verlag „Der. Konfek-.
twnär", Berlin) bringt "Georg Piek-Patrik ein von Dr. Fr.
Kahn bearbeitetes Bündchen heraus,, das dem K u n st g e w e r b e
neue ornamentale Formen erschließen will. Es führt in die Welt
d e s M ik r o sk o p s ein und zeigt in einer Fülle von Abbildungen
die wundersamen Gebilde der anorganischen und organischen
Natur, die dem bloßen Auge nicht zugänglich sind: Kristall
motive, Zellkerne, Knochengewebe usw. Gewiß ist, daß von diesen
noch zu wenig verwerteten individuellen Gestaltungen mannigfache
Anregungen für den Künstler ausgehen mögen; die Art jedoch,
in der der Verfasser selber die Naturformen zu kunstgewerblichen
Zwecken stilisiert, ist nicht eben vorbildhaft, sondern kann geradezu
als Gegenbeispiel dienen. __ Tr.
— Die Gefahren der Bcrgt^ In den Olympia -- Licht
spielen wird ein großer B e r g s p o r t f i lm der Fulag-Film-
Verlrihgesellschüft vorgeführt, der die mannigfachen Fährnisse
demonstriert, denen der A pinsst im Winter ausg-esetzt ist. Ein
KiNM für Bergsteiger, eine Mminstruktion, wie man sie besser
nicht wünschen könnte. Wie beninrmt sich der richtig Hoch
tourist, wenn er- als simpler Fußgänger Schneetraversen voll
bringt, wenn er mit Schneereifen die Hänge ab^ftet, oder auf
Stiern G'psel erzwingt^ Das alles erfahrt man hier und mehr
noch: m-an wird auch -aus die Folgen aufmerksam gemacht, die aus
einem ftMhaften Benehmen erwachsen. Erkraxelst Du unnötiger
weise vereiste Felsen, so stürzest Du abgrundtief, und beachtest Du
ächneewäch'en nicht, so geschieht Dir ein Gleiches. Katastrophen
folgen dem Leichtsinn aut dem Fuß und die Moral liegt auf der
Hand. Merlans diesem Fim Vorsicht in den Bergen nicht lernt,
der bleibe besser Zu Hause und genieße die Berge im Film. Frei-''
lich genießt er sie schöner in Filmen, die nicht so gar sehr be
lehrend und fach ich wie dieser sind, sondern das Unterrichtende
in eine Handlung einigten, die der Unterhaltung dient. Das
ist etwa der Fall in dem Film: „Die Fuchsjag d", der dem -
päd-azogischen Großsilm voranaehr und eine heitere JagdunLer-
nehmung ausgelassener Skiläufer zur Darstellung bringt. Mit
nahme von Schneebrillen der Winterhöhensonne wegen empfohlen!
rac.
suchen Trick der gewiß nicht fo schwer Zu bewerkstelligen ist wie
manche Verwandlungskünste in einer modernen Groteske. Müh.
seliger als die Eingriffe von oben gestalten sich schon die dekorativen
Bauten und Massenszenen selber, an denen 2500Menschen in der kali
fornischen Wüste mitgewirkt haben. Die Regie hat diese Aufgaben
vortrefflich bewältigt. Die Nutzanwendung aus jenen biblischen
Vorgängen zieht der zweite Teil, in dem der Sohn einer frommen
Witwe Zu ihrem Kummer alle zehn Gebote Übertritt. Die Konse
quenz ist, daß er elend ums Leben kommt, während seine brave
Frau mit seinem ebenso braven Bruder auf eine Zukunft hoffen
darf, die sie endlich vereint. Zum Schlüsse wird noch das Evange
lium der Liebe hereingezsgen, damit neben der Lehre des Alten
Testaments auch die des Neuen sich wirksam erweise. Harmonium.
Finis. — Kitsch also, trotz oder gerade wegen der technischen
Meisterschaft, mtt 5er Urzeit und Gegenwart hier in Beziehung
gebracht und abgekurbelt werden. Und dennoch mag diese monströse
Kombination zu einem primitiven Publikum sprechen und nicht
die schlechteste Wirkung erzielen. Die faustdicke Direktheit, mit der
das Filmwerk den Dekalog allen Sinnen eintraufelt — sogar die
Farbenphotographie wird angewandt — hat etwas Zwingendes
für naive Naturen, und Zumal die Folge der Sensationen steigert
gewiß das Interesse für die Moral, .zu deren Glorifizierunq die
Sensationen ja allesamt dienen. Die Gattung des moralischen
Kitschs, mit dem sich der Kitsch als solcher natürlich keineswegs
erschöpft, erfährt jedenfalls durch diesen pompösen Film eine wert-!
volle Bereicherung. rae. j
11'
-- ^Vorlesung Ernst Liffauers.I Ernst Lissauer las
am Sonntag vormittag im Frankfurter Neuen Theater
aus eigenen Werken. Die B al l a d e n, die er zu Gehör brächte,
bannen entscheidende Situationen aus dem Leben Goethes, Napo
leons, Vruckners, Luthers, um durch solche Verdichtung des sym-!
bolischen Augenblicks die Gestalten selber ihrer ganzen Existenz
nach fühlbar zu machen. Start wirkte der zu Anfang des Jahres
1918 entstandene Einakter: „Die Abrechnung", den Lissauer
eindrucksvoll vermittelte. Vor seinem Tode enthüllt der einstige!
Feldmarschall Graf Uorck, was ihn feit seiner Entlassung nach dem,
Vertrag von Tauroggen wieder und wieder peinigte: daß er von
einem König verleugnet wurde, der es nicht wert war, König- zu sein.!
Der auch in Wsrnarck lebendige Konflikt zischen der Ergebenheit des!
treuen Dieners und dem Rebellenium der mächtigen, verantwortungs-'
bewußten Persönlichkeit findet hier eine dialektisch zugespitzte dra
matische Gestaltung. Den Beschluß der beifällig aufgenommenen
Vorlesung bildeten einige breit hinaelagerte Psalmen. Lr.