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Die Mißet auf Deutsch.
Zur Übersetzung von Martin Buber und
Franz Rosenzw ei g.
Von Dr. Siegfried Kraeauer.
^Schluß.)
Diese Schriftverdeutschung rührt die Gegenwart nicht auf.
Sie ist ohne Aktualität; zum Unterschied von der Lutherischen,
die in ihre Zeit als revolutionäre Erfüllung eingebrochen ist. Die
Abgelegenheit der Sprache verrät die der Gehalte; nicht in
den vergriffenen Worten einer jüngst vergangenen Epoche, deren
soziologische Struktur unschwer zu durchschauen gewesen wäre,
teilt die Wahrheit sich mit. Erkannt hätte werden müssen, in
welchen Bereichen zu sprengen heute ihr obliegt. Während die
Lutherbibel genau an dem entscheidenden Punkte angegriffen
hat, Liegt die Verdeutschung Bubers und RosenzweigZ von
der Öffentlichkeit unseres gesellschaftlichen Daseins ab ins
Private. Der Bibeltext, der den Alltag aufzureißen be
stimmt ist, wird durch sie aus dem Alltag entfernt und zur
Unterlage eines imaginären Bühnenweihfestspiels gemacht.
Nur als solche mag dieses Deutsch einmal beschränkte Geltung
besessen haben; ein Ausdruck des realen Bedrängtseins, ein
Mittel der Erkenntnis ist es nie gewesen.
Seine RückständigkeiL gibt der Haltung, der es ent
wächst, einen reaktionären Sinn. Indem ste die
Profansprache meidet, verdrängt sie das Profane; indem ste
aus dem Gebiet der ordinären Oeffentlichkeit sich aufschwingt,
verläßt sie die Notdurft, mit der es die Wahrheit hält. Gewiß
ist dieses Gebiet das der Äußerlichkeit; aber an ihre Aenderung
ist die Erhebung des Innern geknüpft. Das Vokabularium
der Schriftverdeutschung beweist, daß sie verbindlich zu Einzel
menschen reden soll, deren soziale Bezüge nicht mitgedacht sind.
Sie entwendet der Äußerlichkeit den Bedeutungsakzent und
wird damit Zu einem gegen die Bewährung der Wahrheit ge
richteten Instrument. Das von ihr angesprochene Privat-Jch
muß sich selber durch seine Scheinerhobenheit den Weg in die
Oeffentlichkeit verstellen. Seine Irrealität enthüllt der roman
tische Gestus der Usbersetzung. Ihre ästhetische Wirkung kenn
zeichnet sie als ein Symptom der Flucht und das Private als
Refugium. Welche Folgen, auch in politischer Hinsicht, der
Rückzug zu ihm haben mag, geht aus dem völkischen Tonfall
einiger der neubiblischen Manifestationen hervor.
Die grundsätzliche Kritik der Übersetzung ist gefordert,
weil ein fester Begriff der Wirklichkeit ste trägt. Buber
entwickelt ihn m sM vor einigen Jahren erschienenen
religwnsphilosophischen Buch: „Ich und Du". Er scheidet
hier die „Du-Welt", in der das Ich und das Du als Gesamt-
personen in einer ungegenständlichen Beziehung zueinander
stehen, von der „Es-Welt", in der die Menschen ihr Gegenüber
versachlichen und damit in ein abstraktes VerhÄtnis zu den
von ihnen abgeschiedenen Objekten treten. Während in jener
alles Geschöpfliche durch seine innere Verbundenheit zur Wirk
lichkeit gelange, erstarrten in dieser die Zeugnisse wirklichen
Lebens zu Bekundungen uneigentlicher Art; in sie herabzu-
sinken sei Menschenlos, unizukehren aus ihr uns aufgegeben.
Die Wahrheit kann sich also nach Buber dort nur eröffnen, wo
der Mensch sie mit seinem ganzen Wesen ergreift, verschließt sich
dagegen einer jeden theoretischen Betrachtung, die sie als etwas
Gegenständliches in abstrakter Form zu haben wähnt. Diese
Auffassung, die das Wirkliche wider das Unwirkliche, das
Konkrete wider das Unkonkrete ausspielt, ist einem Teil der
geistigen Führerschaft zu einer um so willkommeneren Ideo
log i e geworden, als sie formal im Recht sich befindet. An
gesichts der sozialen Verhältnisse sind die Bildungsstände
darauf angewiesen, gerade die an sich unverfänglichen An
schauungen als Rettungsgürtel für ihr Gewissen zu benutzen.
Der Dubersche Wft nimmt sofort ideologischen
Charakter an, wenn etwa eine inhaltlich nicht mehr existente
Wirklichkeit die. Ueberlegenheit über eine Theorie behaupten
möchte, bei der trotz öder richtiger: wegen ihrer Abstraktheit
die Aktualität heute ist. Der bündige Beleg für eine solche
Praxis ist die Schriftverdeutschung; die Art ihrer Wirklichkeit
wird durch die Sprache denunziert, deren poeüsierende Weise
wirklichkeitsfremder ist als so manche weitläufige Prosa.
Buber vergißt — viele vergessen es mit ihm —, daß die Wahr
heit selber von Punkt zu Punkt, von Sphäre Zu Sphäre
wandert und daß sie zu einer Zeit sehr wohl dazu genötigt sein
kann, in den profanen Bereichen zu attackieren, in denen die
wie immer abstrakte soziale Kritik mehr zu Hause ist als eine
WirMchkeitsbesinnung, die sie überspringt. Diese Bereiche find
gegenwärtig ihre wesentliche Durchbruchsstelle. Buber gibt sie
preis, wenn er sich in seine Du-Welt Zurückzieht, wo er, um in
seiner eigenen Terminologie zu reden, nur ein „Es" anzu-
treffen hoffen darf.
Läßt aber die Wirklichkeit allein auf dem Weg durch die
„UnwirktiM des Profanen hindurch sich erlangen, so ist
die Schrift heute nicht zu übersetzen mehr. Schon die Absicht
ihrer Verdeutschung entfernt sich von der Wahrheit,, sofern sie sich
vermißt, das Wort in seiner ursprünglichen Gewalt ungebrochen
zu vermitteln. Die Situation Luthers ist nicht die mnsrige,
dahin die Stunde, in der bis deutsche Sprache, in der irgend
eine Sprache chie Wahrheit der Schrift legitim zu bergen ver
mochte. Sie muß, für uns, in der Luther-Uebersetzung bewahrt
bleiben, oder sie ist nicht mehr. Denn durch ste, und nur durch
ste, ist die Schrift zu einem bestimmten Zeitpunkt unserer Ge
schichte in die Wirklichkeit getreten; auf sie auch bezieht sich
die Tradition, die sie in jener Wirklichkeit noch halten mag,
nachdem aus den theologischen Sphären das Profane sich aus
gesondert hat. Ihm entspräche einzig eine textkritische
Ausgabe, die etwa den Kautsch auf den Stand
der modernen jüdischen Schriftforschung brächte und, wie man
zu sagen pflegt, allen berechtigten Ansprüchen der Wissenschaft
genügte. Zwischen der philologischen Exegese und der Luther-
Uebersetzung besteht kein Raum für ein drittes Unternehmen.
Nicht den geringsten Zweifel duldet, daß ein Kommentarwerk,
das, aus der Historistischen Gesinnung unserer Zeit heraus, den
Urtext nur klären und konservieren wollte, den Geist der von
ihm bewußt in Stummheit eingesenkten Schrift getreuer durch
die Zeiten trüge als der romantisch-willkürhafte Versuch
Bubers und Rosenzweigs, der ihn unzeitig zum Reden zwin
gen möchte.
*
Die Problematik der Uebersetzung ist die der „reli
giösen Erneuerung" überhaupt. Bewegungen, Kreise
und Gruppen haben, gebannt durch das Wort von ihr, sich
^regt und, im loseren oder engeren Anschluß an die positiven
Bekenntnisse, einen Wandel des Seins zu bekunden getrachtet.
Die Schriftverdeutschung, nicht zu trennen von ihrem Bestand,
enthält einen Hinweis auf die Gefahren, denen sie ausgesetzt
sind. Es könnte geschehen, daß sie bei ihrem „Gang in die
Wirklichkeit" das Wirkliche der sichtbaren Äußerlichkeit faktisch
versäumten. Es könnte geschehen, daß ste mit ihrer Existenz
einzutreten meinten und faktisch das öffentliche Wesen sich
selbst überließen, um privat sich zu retten. Es könnte ge
schehen, daß sie der Wahrheit Zu dienen glaubten und faktisch
sie in ihrer Aktualität nicht zu finden wüßten. Denn der Zu
gang zur Wahrheit ist jetzt im Profanen.
jMmLerstürme wichen...1 In der Zeitschrift „Der
Zwiespruch", einer „Unabhängigen Zeitung der Jugendbewegung",
findet sich folgende Geburtsanzeige:
„Am Frigga-Tag, dem 26.
Lenzings, wurde unsere
blonde
Herrat
zum Lichte geboren."
(Es folgen die Namen der Eltern.)
In Eschwege a d. Werra. f
Mir wünschen den licht-vollen Beteiligten auch die Sonne!
im Herzen. D. Red.) :
d n/ eeß,, 2.F- '
-a>c. kiLL-ir
WrLtbrmd für Freimdschastsarkert
der Kirche«.
Frankfurt, 27. April.
Der deutsche Zweig des Weltbundes für inter*
nationale Freundschaftsarbeit der Kirchen
hat bereits dreimal getagt: 1922 in Herrnhut, 1923 in Nürn
berg, 1924 in Stuttgart. Die jetzige vierte Tagung gewinnt
eine besondere Bedeutung dadurch, daß sie gewillt ist, die
Arbeit des Weltbundes für ihren Teil innerhalb der von der
Stockholmer Konferenz ausgestellten Richtlinien fort-
zusetzen.
Die Tagung wurde durch eine Morgenanda-cht von Pros. O.
Rade (Döarburg) eingeleLLet. Es folgte die Reihe der Be
grüßungen. Prost Litius lBcrlm) sprach für den Deutschen
Evangelischen Kirchenausschuß, die Regierung zu Kassel und
Wiesbaden hatte Regierungsrat Ufer Zur Begrüßung entsandt.
Prost Embden als Vertreter der Frankfurter Universität drückte !
die Ueberzeugung aus, daß die Aufgaben der Wissenschaften denen I
der Kirchen parallel tiefem Erwähnt sei noch, daß Senior O.
Bornemann die Glückwünsche der Evangelischen Landeskirche
zu Frankfurt üb erbracht e. Stadtrar Hitler hieß den Kongreß
namens der Stadt Frankfurt willkommen» Aus Oesterreich war
Prost Beth (Wien) gekommen, der im Auftrag, des Zweig
verbandes grüßte. Wie er, so erklärte auch der Präsident d'Ls
Evangelischen Kirchenamtes Wiesbaden Dr. The inert, daß
unter den Massen des Kirchenvolkcs immer noch Hemmungen
gegen die Ideen des Weltbundes verbreitet seien. Aus dem Aus
land hatte Bischof SoederLtom schriftlich Grüße entboten.
Der Vorsitzende der deutschen Landesvereinigung, Präsident
D. Spiecker, gab seiner besonderen Genugtuung über die Be
grüßungsworte des Regierungsvertreters Ausdruck und erstattete
sodann über die Ereignisse des verflossenen Jahres Bericht/ Stütt-
gart und Stockholm wurden von ihm ausführlicher besprochen..
Das Verhandlungsthema des ersten Tages lautete:
Die soziale Erneuerung der Menschheit
als Aufgabe des Christentums. Der Referent Geh. Rat Prost
Titius (Berlin) Hing aus von der einen Aufgabe des
Christentums: der Aufgabe der Erlösung. Man habe sie verlassen.
Ehe man nicht Zurückfinde zu ihr, sei Erneuerung unmöglich. Was
die soziale Erneuerung im besonderen betreffe, so Me man auch <