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berKvreis ruteil geworden ist.
Zu den Zukunftsplänen, die erörtert wurden, gehörte vor
allem die Stuttgarter Ausstellung des nächsten
Jahres. Von der württsmbergischen Arbeitsgemeinschaft des
Werkbunds angeregt, hat die Stuttgarter Stadtverwaltung
beschlossen, 60 Wohnungseinheiten ihres kommunalen Bau
programms der Regie des Werkbunds zu überantworten.
Mietshäuser mit Wohnungen bis Zu sechs Zimmern sollen er
richtet werden. Von dem Werkbund ist Mies van der Rohe
als Organisator ausersehen. Es besteht, wie man hört, die
Absicht, bekannte Architekten des In- und Auslandes heran-
zuziehen.
Das Projekt einer der Veranschaulichung des Werkbund
geistes gewidmeten internationalen Ausstellung
19 3 0 hat noch gute Weile. Auf Grund der Vorbesprechungen
ist von dem Reichskanzler und dem Innenminister jede För
derung zugesagt worden. Ueber den Ort herrscht vorerst Un
einigkeit; die Städte rivalisieren miteinander. Daß für eine
solche Veranstaltung Berlin geeignet wäre, duldet wohl
keinen Zweifel. Die Platzschwierigkeiten dort werden sich lösen
lassen. Der Werkbund bereitet eine Denkschrift vor, die der
Reichsregierung vorgelegt wird.
Zur Gegenart noch: man begrüßte, besichtigte, tanzte.
Prominente wie Poelzig, Bruno Paul, Höger waren er
schienen und zeigten sich menschlich. Die Stadt Essen hatte
alles aufgeboten, um ihre Gäste zufrieden zu stellen; sehr zu
Recht dankte Geheimrat Bruckmann ihrem Oberbürgermeister
Bracht. Einladungen nach Krefeld, der Düssel
dorfer Gesolei und Duisburg wurde Folge geleistet.
Als kommender Tagungsort stehen Frankfurt, Mannheim
und Stuttgart in Wahl.
Ton Lrnsf Bar-
r k 6 i. Bonn, F>. (7oksn. Lsr'ten.
Brnst BartlleI, dessen wertvolle Sellrikt „Ooe-
tkss Wisssnsellaktslellre in illrer modernen TrZK-
weite" s>n dieser Atolle seinerzeit KswürdiDd worden
ist, rielit in dsr „Debensnllilosonllm" die 8umme aus
trüberen Adelten. Das von Llun entworkeno Welt
bild ist ein Verein von ^nsebauunken, deren Bünd
nis illres vsrsebiedsnen BsdeutunKssellalts wSLSn
ein wenis skurril anmutst. Hölzerne Blattitüden
stellen neben ^ussasen, die als materielle Intuitio
nen gelten dürken; naive Zirkulationen Knostisoller
^bkunkt misellen Hieb un^ellemmt mit einer l^atur-
erkeNntnis im ^sieben Ooetllss. Die Welt wird von
Bartbsl auk den xöttliellen Do^os surüekLeküllrt und
die Dnsterbliebkeit durell die ^nnallme der Bxisten?
einer weiten Welt 2U siollern sesuebt, die unsers
Welt sur Totalität erKänM. Die VtzLründunK, -warum
diese Dnsterdliellkeitstllese von „sanr sveriellem
sorialsn 'Wert" sei, lallt siell so komisell an, dall sie
llisr dar^sboten -werden mö^e: „Wenn jeder Uensell
in seinem näellsten Dasein in dieser Welt möÄieller-
weise in jeder anderen Lomalsrunne geboren werden
kann, so ist es eine 8aolle des wolüverstandenen
D^oismus, dall jeder Uensell wällrend seines Dellens
daru beiträ^t, das llarmonisolle Oleioll^ewiellt swi-
sellen den ZomalKruvVen 2U kordern . . Loleller
Aeielltlleiten linden siell viele, man wundert siell nur,
mit weleller 8elllstverständliellkeit sie vor^etrasen
werden. Diaenss (Aenrä^s tragen allein die natur-
pllilosonllisellbn Xnüellauun^en: so die Dellre
von dsr Dntstellun§ des orLanisellen Debens, die dem
Darwinismus den bedanken einer kosmisellen Drsen-
Lsun§ ent^egensstLt, und das aut' brund der Riemann-
sellen Lu^elKsometrie auksellauts astronomisells
Weltbild. LeZeiellnend kür diese Mturpllilosonllie ist
das Bestreben, dem kosmisellen Deben jenen abstrak
ten Dnendliellkeitsellarakter ru nellmen, den die bis-
lleri^e blaturwissensellakt illm verlieben llat, und es
den besrensten Nallen msnselllieller ^nsellauun^ ru-
LänÄiell ru maellen. Das kyselliellt Zumeist ollno
Büeksiellt auk die Lontrollsellranksn eines kritisellen
Verstandes: doell verdienen die Tlleorien. insoweit
sie erweisbar sind, eins saelllielle Brükuns. Der
strotssndsn blaturvllantasie des Autors mas: es rum
Teil 2u danken sein, dall dem Vuell der Ltrind-
böswillige Erfindung, die Medaille wurde im Lichtbild
gezeigt.
Nicht gegen die Auffassung des ausgezeichneten Fach
mannes, daß die wirtschaftlichen Überlegungen heute ent
scheidend seien, kehren sich die Bedenken; wohl aber gegen die
Sonntags ästhetik, die er ausgepfropft hat. Sie ist
eine Ideologie in Reinkultur. Werden die Gesetze, denen die
Industrie untersteht, zu starren Notwendigkeiten verding-
licht, wie es vom Standpunkt des leitenden Ingenieurs aus
leicht geschehen mag, so muß in der Tat die Kunst herhalten,
um das Leben des Arbeiters in den Feierstunden zu ver
schönern. Die Kunst als ein Ding, das den Ausgleich und
ein beruhigtes Gewissen schafft: der zitierte Goethe hat es so
nicht gemeint.
So auch meint es der Werkbund nicht. Unumwunden
wies der Korreferent, Geheimrat Riemerschmid, die Mei
nung zurück, daß die Kunst eine PrmMngÄegenheit sei. Ge
rade weil der Großindustrie, deren technische Leistungen er im
übrigen nicht genug zu rühmen wußte, die führende Rolle
heute zufalle, müsse sie sich von jener Gesinnung durchdringen
lassen, die nicht übervorteilen wolle, sondern übertreffen, und!
die Grundvoraussetzung jeder Formgebung bilde. Er warf
der Großindustrie ihre „Lieblosigkeit" vor; sie hänge nicht am i
Werk, sondern am Geld. Liebe aber könne, wenn die Phan-
taste von der rechten Art sei, sogar die Kosten verringern. Er
geißelte auch die „Verlogenheit" der Industrie, die in der
Fabrikarchitektur sich nicht selten zeige. Zur Werkarbeit lege
man das schlichteste Kleid an, und häßlich würden die Dinge
dann, wenn sie etwas Besseres sein wollten, als sie sind. Die
Industrie müsse sich ihrer Verantwortung bewußt wer
den, sie dürfe sich nicht mit dem Mäzenatentum mancher Fudu-
strieherren zufrieden geben, das nur ein Kennzeichen der Gleich-!
gültigkeit gegenüber der Werkarbeit sei.
Der Mahnruf Riemenschmids fand allgemein Anklang, man
spürte aus ihm den persönlichen Einsatz heraus. Ideologisch
sein Glaube, daß die gemeinsame Arbeit am „Werk" die Grup
pen der Unternehmer, Arbeiter, Banken vereinen könne. Erst
wenn sie real vereint sind, mögen die dauernden Werke ent
stehen, die er ersehnt. Indessen sprach fein beschwörender Idea
lismus zu den Betroffenen; man hat ihn gebeten, seine Dar
legungen in Jndustriellenkreisen Zu wiederholen.
In der anschließenden Diskussion formulierte Dr. Riez -
ler die Erkenntnis, daß die Persönlichkeit im Sinne Goethes,
deren Begriff und Wirklichkeit seit der Renaissance die abend
ländische Menschheit bestimme, durch die Macht der Technik
mehr und mehr den großen anonymen Komplexen weiche. Die
Formen, die ihnen entwachsen werden, so überspitzte er geist
reich, sind nicht mehr dazu da, um gesehen zu werden. Zum
Schlüsse deutete er auf die Beseeltheit der Welt hin, die zu
ihrer Auswirkung der nun schwindenden Persönlichkeit nicht
bedürfe. —- Freiherr v. Pechmann erklärte unter anderem,
daß die Industrie überall dort, wo sie bewußt gestalte, die Mit
arbeit des Werkbunds nicht entbehren könne, der sie sich gleich
wohl viel zu häufig entziehe.