mus die Ausfütterung des persönlichen Wesens eine bedächtig
umwälzende Bedeutung haben.
Verständigung.
Verständigung^ Sie reicht kaum je durch alle Schichten.
Bei der Schilderung der deutschen Zustände erklärt der Fran
zose höflich: „HIaLs, es v'est pas xossidle?", und der
Deutsche seinerseits muß sämtliche geliebten Kategorien in die
Ecke stellen, wenn er etwas Französisches fassen will; er darf mit
„konservativ" nicht „reaktionär" assoziieren, mit Sozialismus
nicht Marx, mit Katholizismus nicht Politik. Immerhin bleibt
es unbenommen, die erwünschte politische Verständigung
in Cercles und Revuen durch die Bekundung des guten Willens
angenehm zu überhöhen. Die Sprache bietet Parolen an, die
den Balken einer Notbrücke gleich über Zwischenräume ver
helfen. Balken freilich stürzen von Zeit zu Zeit ein. Ob die
sprachlichen Hilfskonstruktionen einmal wirklich auf das gleiche
hindeuten werden, hängt durchaus von der geschichtlichen Ent
wicklung ab. Es besteht heute, nach den Jahren einer Anarchie,
die etliche Möglichkeiten in sich trug, die Wahrscheinlichkeit,
daß in Deutschland eine Gesellschaft mit Manieren heranwächst
und eine Kultur sich bildet, die behaupten wird, sie sei eine
Kultur. Die Wirtschaft hat sich konsolidiert, die schreckliche
Röte am Horizont ist wieder angeschwärzt worden, und die
Sprößlinge des Bürgerblocks, die den Krieg nicht einmal als
Kinder mehr gesehen haben, können sich von neuem mit höheren
Dingen pfleglich befassen. So vielleicht käme man Frankreich
äußerlich näher, aber der Zauber wäre faul, da er schlimme
Zustände konservierte. Lieber schon die Barbarei, oder rvas
in Frankreich so heißt; sie verstellt wenigstens die Zugänge
nicht. Frankreich selber hat gut nicht barbarisch sein, es lebt
mit einer wohlgesinnten Natur im Bund, seine Fundamente
halten noch stand. Aber Zollgrenzen schützen nicht vor dem
Wind, der bei uns durch die Löcher pfeift. Die Natur ist
zweideutig, und es läßt sich denken, daß der Fortschritt der
Weltwirtschaft eines Tages jenes Gleichgewicht ins Wanken
bringt, dessen Frankreich sich vorerst rühmen darf; ja, die
Gerechtigkeit, die das Beruhen auf natürlichen Vorzügen nicht
anerkannt, verlangt es beinahe so. Der Deutsche kann nicht in
die durchwärmte Wohnung einziehen, als die ihm Frankreich
heute erscheint; doch vielleicht wird Frankreich einmal obdach
los sein wie Deutschland. Dann, wenn die Situationen sich
angeglichen haben, aber auch dann erst, wird man sich wirklich
verstehen und mehr austauschen als die Parolen. Dann auch
mag die glückliche Natur Frankreichs ihre Kraft erweisen und
die französische Humanität sich auf einer gediegeneren Grund
lage als der bloß natürlichen über die Grenzen verbreiten. Das
Voll m Paris gibt mehr Hoffnung als die Gesellschaft«
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lernen 8t okkeo erprobten. 8cklickters IlluLtralienen
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schende Oberklasse zu Ende psychologiert, so daß die einzelnen
Brocken jetzt ohne Zusammenhang im Leeren schwimmen: die
KulLur, die ihrer Grundlosigkeit wegen sich zuletzt von innen
her auflöst. Er liebt sie, die Jungen lieben sie nicht. Sie
haben es auf die Familie abgesehen, auf die Konventionen,
die nach dem Krieg doppelt verlogen erscheinen. Zu einem nicht
unbedeutenden Teil wird die Privatfehde auf dem Kampfplatz
der Erotik ausgetragen, man setzt eine andere Erotik als
die tradierte, die Homosexualität etwa steigert sich zum
(sozialen) Protest. So bei Gide, dessen
einer der aufbaugläubigen Intellektuellen mir gegenüber als
„Z«58trueti0v" bezeichnete, nicht ohne den großen Einfluß
des Romans auf die Jugend zu bedauern. Die Freundschaft
des Mannes mit dem Knaben richtet sich gegen die Familien
väter und Beamten - Unseelen, sie leuchtet als einziges
Glanzsignal in dem Sumpf, mag sie selber auch falsch-
rnünzerisch sein. So bei dem jungen Ren6 Crevel, der in
seinem neuen Roman „ltza Nort älkkiells" einen ebenfalls
noch recht jungen Herrn aus dem verrotteten Milieu der
Alten zu dem unglücklich geliebten Freunde fliehen läßt. Die
Ideale setzen sich auseinander, nicht die Klassen; die persön
lichen Lebensziele, nicht die politischen Richtungen. Ein Be
weis, daß nicht gegen die Gesellschaft und den Inbegriff der
bestehenden Verhältnisse protestiert wird, sondern innerhalb der
Gesellschaft und auf einem Lebensgrund, den die Jungen mit
den Alten noch teilen. Die Wendung ins Religiöse wird durch
das jüngst in der „Frankfurter Zeitung" besprochene Buch:
„Kons Itz 8o1M äs Katan" von Bernanos exemplarisch
belegt. Seinem Kreis gehören Konvertiten an, die sich um
die JnwendigkeLL bekümmern und zugleich als Literaten
führend sind. Starke Kräfte formieren sich wider die vollendete
Laisterung. Ich berichtete einem Sachwalter dieser Fraktion,
daß während der ersten Nachkriegsjahre in Deutschland eine
ansehnliche Strömung in der gleichen Richtung vorwärtstrug.
Man wollte in ein Gehäuse, mit den zahlreichen Konversionen
schien das kirchlich-religiöse Leben sich aufzulockern. Was in
Deutschland vorüber ist, wenn auch der Franzose den Grund
der Ernüchterung nicht versteht, schwillt in Frankreich eher
noch an. Wir als die Entzauberten begreifen vielleicht besser
den Grund dieser Bewegung, der es nach dem Krieg um den
individuellen Einsatz und um Entscheidungen vor dem höchsten
Forum geht. Man will als Person richtig werden, indem
man sich füllt, indem man den ironischen Rationalismus von
Anatole France verwirft. Bei uns ward diese Auffüllung des
individuellen Reservoirs in manchen Fällen als Flucht er
kannt. Drüben sind die Wirtschaftskrisen nicht so dringend,
und fo mag neben dem ökonomischen und politischen Sozialis«
Die Pestalo^r-Gedenkfeier m Frarrks«rt.
Der Festvortrag Wilhelm Schäfers»
Irr Lem drchtgefüllten großen Saale des Saalbarrs fanb heute
vormittag die Frankfurter Pestalozzi-G edenkfeier
statt. Ein zahlreiches geladenes Publikum war zugegen. Für den
stimmungsvollen Verlauf der Feier trugen nicht zuletzt die Ge-
sangsvorträge des L e h rervereins bei. Stadtrat Ias - ert,
der im Namen des Arbeitsausschusses für die Pestalozzi - Feier
sprach, begrüßte die Vertreter der Behörden und die Gäste und
drückte seine Genugtuung darüber aus, daß der anwesende
Oberbürgermeister Dr^ Land mann den Vorsitz im Ausschuß
übernommen habe. Der Ausschuß, der sich aus allen an der Volks
bildung und Fürsorge interessierten Kreisen zusammensetze, solle
erhalten bleiben, um im Sinne Pestalozzis fortzuwirken. Man
beabsichtigt, wie der Redner MittMe, die gegenwärtige PestalozZi-
AuZstellung dem Schulmuseum anzugliedern, und zieht ferner die
. Schaffung einer Pestalozzi - S t i ftung in Betracht, die
den Anstieg' begabter Kinder erleichtern soll.
Den Festvortrag hielt Wilhelm Schäfer. Keinen
Würdigeren als ihn, den Verfasser des PestaloM-Buches: «Der
LebenLtag eines Menschenfreundes", hätte man wählen können,
um in dieser Feierstunde von dem Wirken Pestalozzis zu zeugen.
Was ist uns Vorbildhast an Pestalozzi, so fragte er zu Beginn, was
nötigt uns heute noch, ihn als gegenwärtig zu empfinden? Es ist
nicht eigentlich der Pädagoge nur, der uns alle angeht, auch der
Dichter nicht, dem «Lisnhard und Gertrud" Mittel zum Zwecke
war, und ebensowenig der Denker, der seine praktischen Versttchr
zum Aufbau einer neuen Menschengemeinschaft theoretisch zu de*
gründen trachtete. Vielmehr: der Mensche nbruder Pestalozzi
rührt an uns, der das Wort ausgesprochen hat: „Himmel und
Erde sind schön; aber die Menschenseele, die sich über den Staub
emporheüt, ist schöner als Himmel und Erde!"
Von Geburt an scheint, Pestalozzi dazu bestimmt, ein Bruder
der Menschen zu werden. Er ist in jeder Hinsicht ein GrenZ-
fall, sein Anderssein schon gibt ihn den Entwurzelten und Ver
wahrlosten zur Seite. Als Knabe heißt er der'schwarze Pestaluz;
so sehen bodenständige Schweizer nicht aus. Das Schicksal stellt
seine Jugend zwischen Reichtum und Armut, die angeborene Un
rast treibt ihn von einem Studium ins andere. Stets bewegt er
sich an der Grenze, den Bürgerlichen gilt er als ein Entgleister.
Daß die durch seine Natur, Verarmung und gelehrte Halbbildung
gegebene Kampfstellung so stark und wirksam wurde, kam freilich
Ein Ossi OswÄda-Film. In dem Film: -Gräfin
P l ä i tmam s e ll", den die Neue Licht-Bühne zeigt, kann
sich Oist Oswald« als Berliner Range tummeln Sie hat etwas
Jugendhaftes, das sie leider ein wenig zu grob unterstreicht. Nur
die flüchtigen Blicke, die irgendeine AnÄglickkeit in Parenthese
bemerken, geraten hinreichend leicht. Beschriftung und Fabel sind
Berliner Mache dick aufgetragen und gewaltsam laut. Die
Oswald« als Plättmädchen hat den Auftrieb nach oben und kann
sich auch in der Tat eine Zeitlang einbilden, eine Komtesse zu sein,
weil ihre Mutter sich einnml mit einem Grafen verging, der frei
lich, wie sich zuletzt herausstellt, kein eigentlicher Graf war, sondern
eben nur Graf hieß AdaDert Graf. Die Aufklärung dieser V«r-
wechflung führt dre Sfsudo-Komtesse wieder auf die Erde und in
die Arme ihres gelobten Modezeichners zurück. Curt Bois
spielt ihn mit einer durch östliches Blut gedämpften Schnödigkeit,
amourös und von kitschigem Schick. Ein« ausgezeichnete Leistung,
die sehenswert ist. Auch die übrigen Rollen sind gut besetzt, Elf-
Lehmann wirkt mit Im übrig«» einen sich Gemüt und Keßheit
r« einer moralisch undurchdringlichen Weise auf dem Asphalt. —
Ew recht amüsantes amerikanisches Lustspiel: „Die zerflösse,
nen Mlllronärgäbe Anlaß zu soziologischen Studien. Das
Beiprogramm wird durch einen interessanten Naturfilm ergänzt,
der Szenen aus dem Fischleben bringt. ran.