unter allen Umständen mit ihnen zu rechnen.
Ferner streifte
Weizmann Klagen der Jewish Agency. Er gestand zu,
daß ihre Erweiterung Gefahren heraufbeschwören könne. Doch sei
diese Erweiterung schlechterdings unabweislich. Den Vorschlag
der Opposition, die Einbeziehung der Nichtzionisten in die Jewish
Agench auf ökonomisches Gebiet zu beschränken, bezeichnete er
als töricht. Der Kongreß habe die Jewish Agency beschlossen;
er solle ihr die Chance gewähren. Zum Schlüsse betonte Weiz-
mann nochmals die Unabänderlichkeit der von ihm eingeschlage
nen Politik und ermähnte den Kongreß, für die Behebung der
Krise gu sorgem
Langanhaliende Ovationen wurden dem Redner zu Teil. Die
Sitzung schloß um ^2 Uhr.
drückte sein Bedauern darüber aus, daß die palästinensischen Schutz
truppen nur zum geringsten Teile aus Juden beständen. Der Friede
in Palästina, von dem die Exekutive spreche, sei zwar zur Zeit vor
handen, doch gebe es Symptome, die auf künftige Unruhen
und Auseinandersetzungen Hinwiesen. Natürlich solle keine aggres
sive Politik getrieben werden; aber die stetige Versicherung der Exe-
kuttve, daß die Lage in Palästina befriedet sei, wirkte politisch gerade
zu destruktiv. Die Exekutive, gegenderenWied erwähl
er stch deutlich aussprach, habe der Welt geradezu die Ueberzeugung
von einer entspannten Atmosphäre suggeriert, während sie die
politische Krise in ihrer ganzen Furchtbarkeit
hätte offenbaren müssen. In Lezug aus die Erweiterung der ckewisk
erklärte er, daß er nur auf wirtschaftlichem, nicht
aber auf politischem Gebiet für die Mitarbeit der Nicht-
Zio nisten sei.
Es sprachen sodann die Vertreter der verschiedenen
Landsmannschaften. Das Schlußwort Weizmanns
zur Generaldebatte wird voraussichtlich morgen abend erfolgen.
Dsr Monifterrksttgreß.^
Schlutz der Generaldebatte. — Präsident Dr. Weizmann
begründet nochmals seine Politik.
(Sonderbericht der „Frankfurter Zeitung".)
ML' Bafel, 4. Septbr. Die Generaldebatte, die nichts Be
merkenswertes mehr brächte, schloß Samstag abend zu vor
gerückter Stunde. Nach Mitternacht ergriff Dr. Weizmann
das Wort Zu seiner großen Schlußrede, die seine außer
ordentlichen Führerqualitäten bezeugte. Bündig und geistreich
rechnete er mit seinen Gegnern ab. Hinter jedem Satz, den
er sprach, war sein ausgeprägter Sinn für Realitäten und
jene staatsmännische Klugheit zu spüren, die auf weite Sicht
hinaus denkt.
Zunächst klärte Weizmann den palästinensischen Poale Zion-
Führer Katznelson auf, daß die direkten Verträge der Organisa
tion mit den einzelnen Siedlern und Si-edlergruppm sowohl im
Interesse ihrer größeren Kreditwürdigkeit als auch zur Stärkung
des Verantwortlichkeit^ in den Siedlern erfolgten; aus
sachlichen Gründen also und keinesfalls, wie Katznelson unter
stellt, aus politischen Gründen, die das Zeichen irgend eines neuen
Kurses wären. Schlagend und pointiert fertigte Weizmann auch
die Sprecher der Opposition ab: Grünbauw und Jabo-
tinsky. Diesen warf er in der Angelegenheit der palästinensischen
Schutzgruppe dogmatische Entstellung einzelner Tatsachen vor.
Ferner hielt er ihm entgegen, Laß die Frage des Schutzzolles in
Palästina ein höchst schwieriges Problem sei, das unter keinen
Umständen saus ka^ou gelöst werden könne. Sicher arbeite die
englische Verwaltung langsam, aber diese Langsamkeit habe ihre
Vorteile. Uebrigens habe die Regierung auf dem betreffenden
Gebiet in einigen Fällen bereits Konzessionen gewacht, und tat
sächlich bestehe die Tendenz, Industrien zu schützen, die ihre Pro
duktivität bewährt haben. Die Anklagen Jabotinskys gegen die
Kostspieligkeit der palästinensischen Mission entkräftete Weizmann
mit dem Hinweis darauf, daß die Kostspieligkeit zum Teil durch
das Bestreben, die Leiden auf ihr kleinstes Maß herabzusetzen,
hervorgerufen sei, zum Teil aber auch sich aus den herrschenden
politischen Bedingungen erkläre» Dann kam Weizmann auf das
Verhältnis des Zionismus zur MaudatarumchL
zu sprechen. Man habe während der Debatte vielfach Unzufrie
denheit über 'den außenpolitischen Kurs der Exekutive geäußert.
Es sei ein unverbrüchliches Axiom der Exekutivpolitik, die Or
ganisation so zu führen, daß man der Mandatarmacht ein Mini
mum an Verlegenheit bereite. Konflikte mit der englischen Re
gierung dürfte sich die Zionistische Bewegung um keinen Preis
leisten. Die ganze Palästina-Politik sei ja tatsächlich im Inter
esse Englands, doch sei die englische öffentliche Meinung, auf die
von der Regierung Rücksicht genommen werden müsse., hiervon
keineswegs überzeugt. Diese Tatsachen seren hart, aber man habe
Der ZiortPenkorrgreß.
(Drahtmeldung unseres Sonderberichterstatters.)
Bafel, 2. Septbr. Aus den KommissionSsitzungen
des gestrigen Tages wird das Folgende bekannt: Zum Vorsitzenden
des Permanenzausschusses, der die Personalvorschläge
für die neue Exekutive auszuarbeiten hat, wurde Kurt Blumen
feld (Berlin) gewählt, dessen Fraktion, das linke Zentrum, die
Politik Pros. Weizmanns befürwortet. Weizmann machte den
Vertretern des linken Zentrums Mitteilung von einem Schreiben,
in dem bekannte britische Staatsmänner die Zionisten
ihrer weiteren Unterstützung versichern.
Ferner ist das Ergebnis der Internationalen Zio
nistischen Frauenkonferenz (^Vomsn's International
Monist Organisation) nachzutragen, die unter dem Vorsitz von!
Lady Samuel vorn 28. bis 30. August tagte. Die Konferenz be
schloß u. a. die Gründung eines Fonds zum Zwecke ihrer Aufbau
arbeit in Palästina und des Studiums der Heimarbeit in den
verschiedenen Ländern, um die Einführung von Heimindu
strien in Palästina zu fördern, vorausgesetzt, daß sie Aussicht auf
Erfolg versprechen.
ch
Ihren Höhepunkt erreichte die Generaldebatte in der
heutigen Sitzung'mit der Rede Jabotinskys. Der lebhaft be
grüßte Revisionistenführer, der übrigens eine zahlenmäßig bedeu
tungslose Gruppe vertritt, setzte sich für eine stärkere Indu
strialisierung zur Behebung der Arbeitslosigkeit ein; frer-
> lich müsse zu diesem Zweck die Regierung die industriefeindliche
Haltung ändern, die sie in mehreren Fällen bewiesen habe. Ins
gesamt legte er der englischen Verwaltung einen Protektionismus
! im Interesse der schwerkämpfenden jüdischen Industrien nabs. Er
Der Ziorrrste«ko«greß. k.
Cröffnunzr der Generaldebatte.
(Drahtmeldung unseres Sonderberichterstatters.)
Basel, 31. Aug. Zu Beginn der NachwitLagMtzung ent
spann sich eine Geschäftsordnungsdebatte über den Beschluß des
Präsidiums, die Redezeit der FAMonsvedner in der General
debatte entsprechend der Größe der Fraktionen festzusetzen. Gegen
diesen Beschluß erhoben die Vertreter der Opposition einen
heftigen Protest, der zur Folge hatte, daß die kleinen Welt
anschauungsgruppen die doppelte Redezeit wie die Landsmann
schaften erhalten.
Zuerst sprachen die Vertreter der drei großen wehr oder
weniger regierungstreuen Fraktionen. Der jetzt in Palästina
lebende Rabbiner Meir Berlinaus New York, der Führer
der orthodoxen Gruppe (Misrachi), vertrat hauptsächlich die
Forderung, daß der Zionismus auf streng religiöse Grundlage
.gestellt werden solle.
Herr Arlosorofs von der Hitachduth (Partei der sogenann
tem VolkssoMisten, des rechten Flügels der Linken) begegnete
bei der Linken, die in dieser Hinsicht geradezu nationalistisch ist,
einem demonstrativen Widerstand, weil er sich der deutschen Sprache
bediente. Seine Polemik gegen den „politischen Klerikalismus"
des Vorredners fand den lebhaften Beifall der Versammlung. Als
schwache Punkte nannte er: die palästinensische Administration, die
ihrer Aufgabe inmitten politisch delikater Verhältnisse nicht durch
aus gerecht werde; die zionistische Position in den Vereinigten
Staaten, die von immer größerer Bedeutung werden müsse; das
Schwinden der außenpolitischen zionistischen Disziplin, dem im
Innern gewisse separatistische Bewegungen entsprächen. Ferner
stellte er fest, daß die geistige Aktivität des Zionismus hinsichtlich
der Bearbeitung der jüdischen Volksmasse (besonders in Polen und
Amerika) erlahmt sei. Sein Vorschlag: Schaffung interfraktio
neller zionistischer Verbände. An eine Kritik der Anleihepolitik der
Exekutive schloß er den Protest gegen den von einigen bürgerlichen
Gruppen neuerdings eingeschlagenest Untiarbeiterkurs. Zur Lösung
der Arbeitslosenkrisis seien drei Grundsätze zu befolgen: Einleitung
des Abbaues der Arbeitslosenunterstützung; Produktivierung der
Arbeitslosenfürsorge; Inangriffnahme der Orangenkolonisation.
Dr. SLephanWise, der bekannte amerikanische Reformrab-
Liner und Freund des Präsidenten WUon, der auch vor christlichen
Gemeinden gepredigt hat, sprach für die amerikanische Landsmann
schaft. Er erwartet mit Zuversicht, daß die Erweiterung der Jewish
Agency, d. h. die Zusammenarbeit mit den Nichtzionisten zustande
komme, und kritisierte die Mandatsverwaltung, insbesondere das
Steuersystem, das für die neuen Kolonien schwer Zu tragen sei.
Mrnens seiner amerikanischen Freunde sagte er Weizmann Unter
stützung zu. In Palästina empfahl er Toleranz, auch den Ortho-
b^en^gegenUöer. ° 7 7
Der polnische Sejmabgeordnete Grünbaum, der Führer der
radikalen Zionisten, wandte sich ebenfalls gegen die Beschwichti
gungsversuche des Präsidiums, mit dessen außenpolitischem Kurs
Wohl keine Gruppe einverstanden sei. Er protestierte sodann gegen
die Erweiterung der Jewish Agency (Verhandlungen mit Marshall),
die eine Desavouierung der zionistischen Agitation bedeutet und
tadelte heftig die Anleihepolitik Weizmanns. Es komme darauf an,
daß eine Lösung in nationalem Sinne gefunden werde.
Heute finden Beratungen in den Kommissionen statt. Die
Generaldebatte wird morgen fortgesetzt und abgeschlossen werden.
Hv- Basel, 1. Septbr. Perl Katznelson, der Führer der
Sozialistischen Arbeiterpartei (Poale Zion) erklärte Zu Eingang
vsr gestrigen Ubendschung, daß die Zur Schau getragene Ruhe
kaum der wahren Lage des Zionismus und der Arbeit in Palästina
entspreche. Die Schwierigkeiten der palästinensischen Situation hingen
Zum Teil von der politischen Lage ab. Die gegenwärtige Knse sei
keine Krise in Palästina, sondern eine Krise in derzioni sti s ch e n
B e w egun g. Er warf der Organisation vor, daß sie den Kontakt
Zwischen den verschiedenen Elementen der Bewegung Hemme und
die Möglichkeit, für zahlreiche junge Pioniere zu sorgen, verabsäumt
habe. Ferner protestierte er, wie der Vertreter der Volkssozialisten,
gegen die Arbeiterfein-dlichkeit eines Teiles der offiziellen Bewegung
und gegen die von der Exekutive vorgeschlagenen Einschränkungen.
Er forderte zum Schlüsse von der Organisation eine Erklärung, ob
sie mit oder gegen die Arbeiterschaft zu arbeiten gedenke.