Harry Domela im Film.
— Um eZ vorwegzmiehmm: der in dem Gloriapalast ge
zeigte Domela - Film tut niemanden weh. Man hat Domelas
im Malik-Vertag erschienene Erinnerungen für den Gebrauch des
Kinopublikmns gründlich gereinigt. Der Potsdamer Adel, der sich
gegen den vermeintlichen Stande-sgenossen so zuvorkommend be
wa, ist unter den Tisch gefallen. Verschwunden die Heidelberger
Sax, Borussen, deren Schilderung zu den besten Abschnitten des
Buches g>.börl. Auch einem Prozeß L lo PiScator mit dem Herrn
tu Door-^-Ä die Filmgesellschaft sich kaum au-setzen müssen,
^ahm lachen die Streifen über die Leinwand, nur unbesorgt, es
geht gnädig ab. Die Courage war nicht so groß wie die Angst
Vor ihr
Was ist übrig geblieben? In der ersten HS'fte eine Illustra
tion der Elendsstat tonen, die Domela als staatenloser
junger Mann, der nirgends Arbeit finden kann, in dem Deutsch
land der Nachkricgs jähre zurücklegt. Die Darstellung, die sich
nicht durchweg an das Buch anschließt, ist filmtcchniich nur Mittel
mäßig gelungen. Das Uebliche an Hintergründen und Statisterie,
keine optisch durchdachten Uebergänge. Ja, hie und da sogar eine
kleine Abweichung von der Wirklichkeit, die gerade in diesem Film,
der allgemein bekannte Milieus heranzicht, besonders genau Zu
beachten gewesen wäre.
In der Zweiten Hälfte werden einige Hochstapeleien ge
boten. Man muß es der Regie Lassen, daß sie Domela fast durch
weg als einen sympathischen Jungen Zeigt. Abet auch jene ge
wissen Kreise, die betrogen werden, weil sie sich selber betrügen und
darum den Schabernack, wenn rnchts Schlimmeres, verdienen,
dürfen sich nicht die Sympathien verscherzen. Die Folge ist, daß die
Satire sich in Komik und Buffonnerie verflüchtigt; -daß die Ge
stalten, die Zum Teil Groß-Figuren hatten sein sollen, in lächer
liche Kleinstadttypen sich auflösen, denen schon in den alten Possen
niemand böse war; daß die Gesellschaftskritik, die aus dem Domela-
Buch herauszuholen gewesen wäre, einer Verulkung Platz macht,
die streichelt, statt daß sie schlüge.
Domela spielt sich selbst. Er ist ein etwas doofer, aber hülttoser
und eher gut gearteter junger Mensch, der, wie schon das Buch
erwies, seine juristisch nicht einwandfreien Taten ohne eine Ahnung
von der Bedeutung begangen hat, die sie über die Jurisprudenz
hinaus haben. Im Gegenteil er erblickt etwas Besseres in jenen
Kreisen, die sich die besseren nennen. Insofern paßt er zu den
Zarten Absichten der Regie. Man hat ihm gesagt, wie er gehen,
stehen und blicken soll. Wie man Hofintendanten wohlwollend auf
die Schulter klopft, wird er allein gewußt haben Im übv'gen
- wirkt er recht nett und wiederholt anständig, was er früher vor-
i gemacht hat. — Unte- den übrigen Darstellern zeichnet sich^ Wil
helm Vendows Hotebdirektor aus, der ein Musterpröbchen
harmloser Komi? ist.
—„ Der Bettelstudent." Wieder einmal eine verfilmte Operette
wieder einmal mit Harry Liedtke, der geradezu ein Monopol
auf charmante, edelmütige und besonnene Licbhaberrollen hat Er
singt in einer jeden mit dem gleichen Lächeln und den gleichen
Posen; die offenbar so unwiderstehlich sind, daß die Frauen ihrer
rucht müde werden. Dieses Mal muß Agnes Esterhazy daran
die eine schöne, dunkelfarbige Komtesse ist, mit Jda
W ü st als Mama. Das Stück selbst ist voller Pointen aus der Zeit
der Mazurkas und der Waber, schöner Pointen, die man schon
lange Voraussicht, nachdem sie so oft auf der Bühne daro^ellt
worden ünd Aber man kann auch schließlich noch einmal im Film
Nachsicht nnt ihnen üben Er läuft in den Alemannia-Licht-
spielen und ist mit Routine gedreht. Hermann Picha tragt in
chm einen Vollbarb kaaa
- Ew Offr-Oswalda-FÄrm In den Bieberbau-Licht-
spielen wird: s j i auf Abwegen" gezeigt, ein harm ¬
loses Produki, nach einem verjährten Lustspiel a-t renoviert. Hwei
Frauen unternehmen m der Abwesenheit ihrer Ehemänner emen!
Vergnügungsausflug in ein Seebad; natürlich sind die Männer
dort auch zur Stelle. Der Gegenspieler Ossis, die in früheren Mb!
mm lustiger war ist Livio Pavanelli, der behäbch mit den!
Augen Zwinkert und flirtet. Auch aus einem solchen Stoff wäre!
rein filmmäßig mehr herauszuholen gewesen. Ganz nett ist das?
Lausbubenhasie Zusammensein der beiden Frauen. — Voran geht
ein amerikanischer Filmfletsch, der wenigstens Tempo hab KgQL.
2)
„Hrient-Erpreß."
Dieser jetzt im Frankfurter Capits! ge
zeigte Film ist einiger Regieeinfälle und der Darsteller
wegen irrteressant. Sein Thema variiert das Motiv aus Kaisers
„Von morgens bis mitternachts". Der StaLionsbe-amts eines klesi
nen Ortes sehnt sich nach dem großen Leben, das in Gestalt des
Orient-Expreß Tag für Tag an ihm borübersaust. Da er nicht
ausürechren kann, bricht das Leben zu ihm herein. Einmal hält der
Expreß unversehens an dem Statiönchen, weil eine Reisende sich
mit Veronal vergiftet hat. Sie wird in die Stube des Beamten
geschafft und verbringt dort einige Tage bis zu ihrer Genesung.
Er liebt die Welt in ihr, die er nicht hat; aber sie läßt sich nicht
halten. Eiire feine schöne Dame, plötzlich ausgetaucht und plötzlich
verschwunden.
Heinrich George spielt den Beamten dumpf, dumm und
ganz in der Gewalt seiner unbehauenen Instinkte. In einigen
Szenen sprengt er den Rahmen des Stücks, das aus Eisenbahn
Romantik und Glanz und Elend der Kurtisanen zusammengesetzt
ist. So unmittelbar nach dem überraschenden Anhalten des Zugs«
Wie oft hat er sich das Ereignis ausgemalt, das ihn aus den!
Alltag heben könme. Nun ist es eingetroffen, und er steht betäubt.
Begreift nicht, warum die Kranke in sein Häuschen transportiert
wird, trägt dem Arzt geistesabwesend die Koffer nach. Etwas
Lraumwandlerisches hastet ihm an. Das ist es, was mit seiner
Plumpheit und seiner törichten Machtgier versöhnt: daß er hilflos
WIE wie die bloße Natur.
Ihre Ohnmacht wird durch die Überlegenheit Lil Dagovers
unterstrichen, die eine Dame von Welt ist. Sie ist eine deb wenigen
Filmkünstlerinnen, die mit leisen Bewegungen laut Zu sprechen
verstehen. Ihre Pupillen lächeln, die drei Linien der laug er
zogenen Augenbrauen und des Mundes arbeiten wie sorgsältig
aufeinander eingeübte Jongleure zusammen. Welch eine Zarte
Komposition sind die Augen und jene Linien auf dein weißen
Untergrund des HochZeitsgewandes. -Gibt Georges Kunst die
.Natur in ihrer Befangenheit, so die Dagover das Unbefangene der
'zur Kunst gewordenen Natur.
Die Regie hat, von verschiedenen plumpen Effekten abgesehen,
das Spiel geschickt unterstützt. George wird aus der Froschperspek
tive photographiert, damit feine Anmaßung desto pomphafter auf-
trete. Sehr hübsch sind die Großaufnahmen aus einer Mode
zeitung, die der Stationsbeamte nach schicken Anzügen durch
sucht. Die leblosen Elegants wiÄm komisch und schrecklich Zu
gleich. Das verworrene und lebenshungrige Wesen der Kleinstadt
figur wird optisch ausgezeichnet dadurch charakterisiert, daß ihr
Kopf einmal hinter dem Wasserstrahl eines Springbrunnens und
das andere Wal vor einer Erdkarte erscheint RaeA.
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bünktix; jede b^rau nur naob ibrem sinnen 'iVMen
Natter Morde. „Dins Natter, die s-exen ibnen ^Villen
ein Lind debom-mt, mäüta das Ueebt baiben, es bei
seite Mi brinMn, ebe e« ^oberen ist, so Mt Mis sie
das Ueobt bat., es naobber MegMiMben." Ls ist
nätLliob, dall über die ^btreiban^ ebne UmsobMeik
MSproobea Mird. and NarMeriti-s macbt es sieb mit
der sobMieii^en Lra^s niebt einmal ieiobb H-er in
einem Uoman ist es damit niobt ^etan. Die Per
sonen sind naob dem Wlioben Lobema enbMorken, die
OnMn beiü. die Oes-präebe Mim 1eU Meonetisob,
die Mir ^asMatbieian^ ein^estrsaten LobitderanMN
alan. Lenner Narseilies Meiden sieb aas rein statt-
liobon Orändon kär die Leonen aas dem ^Iton Uaken-
viertel intoressieron. Das ^Verb rnax- als Naniksst
in Lranbroiob ^uksebsn erregt bsben; in unserer
Oettontli obbeit vird es niobt eben orsobütternd
Mirben.
Lr. ' !
Das Geheimnis des Abbe X. Dieser Film der Neuen
LichLbühn e und der Ka m m e rl i ch L s p i e l e behandelt eine
romantische Angelegenheit in der Nähe von Rom. Ein AbbL
liebt seine Schwägerin, deren Mann unter geheimnisvollen Um
ständen verschwunden ist. Auch sie liebt ihn, heiratet aber, um ihn
nicht in Versuchung zu führen, einen anderen, der ein Schurke ist.
Er kommt zum Glück ums Leben, nachdem vhn der AbbL als den
Mörder seines Bruders identifiziert hat. Der Film, dessen
Inhalt nicht besonders wesentlich ist, stellt eine sehr begabte Regie
leistung Wilhelm Dieterles dar, der auch die Hauptrolle spielt.
Rasches Tempo der Szenen, geschickte Uebergänge, wundervoller
Wechsel der Hintergründe. Man langweilt sich nicht, obwohl die
Handlung nicht gerade kouragierte Spannungen enthält. Freilich
wirkt auch die.schöne Marxella Albani mit, die aus dem Ge
mälde eines italienischen Meisters herausgetreten zu sein scheint.
Laca.