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--- So küßt nur eine Wienerin. Ein Film der Capital«
Lichtspiele, in dem Werner F ü t t e r e r, offenbar ein
Frauenliebling, die Küsse von Frauen der verschiedenen Länder
durchprobiert. Daß ihm die der Greta Graal, die als kleine
Wiener Mädchen austritt, am besten schmecken, ist um so weniger
zu verstehen, als er Gelegenheit hat, Erna Morena vor dem
Hintergrund des MartuSplatzes zu küssen. Die Morena sieht am
Badestrand fabelhaft aus, sie hat Haltung und Grazie, und ihr
andeutendes Spiel ist in seder Geste bewußt. Zum Ruhm ^r
Wienerin muß der Frauenliebling auch noch eine amerikanische
Miß durchprobteren, die freilich fürchterlich ist. Die Regte ist
normal, arbeitet mit allseits beliebten Praterszenen, Gondelfahrten.
Sängertriumphen, Kindern und erzielt sogar an zwei oder drei
Stellen ganz hübsch« Arrangements. Raca.
Harry Piel. Wieder hat Harry einen reizenden Film aus
geheckt, in dem er als Gentlemen-Abenteurer Triumphe feiert.
„Mann gegen Man n", so heißt der in der Neuen Licht
b ü h n e gezeigte Film; er sollte heißen: Mann gegen Männer",
denn dreier Harry erledigt Sieben mit einem Streich. Zugegeben, daß
die Situationen unwahrscheinlich sind, die er sich bereitet — aber mit
welchem Applomb, mit welch berückender Aeffigkeit löst er sie auf.
Mit einer Pistole hält er einen Generalbankdirektor in Schach: die
Pistole ist gar keine, sondern ein schlichter Zigarettenbehälter;
mrt emer anderen Pistole wird er selbst von einer Detektivin
bedroht; er reißt ihr das Morbinstrument einfach wie ein Kinder-
Melzeug aus der Hand und schickt ihr dann zur Entschädigung
Rosen; eine Unzahl von Schmugglern will über einen Gebirgs
paß die Grenze passieren: er nimmt unterhalb eines Felssturzes,
von dem die Leute sich einzeln abseilen müssen, Mann für Mann
m Empfang und wirst einen jeden wie ein Paket den Grenzern
m die offenen Arme. Mit tausend Tricks begegnet er auf tausend
Sportarten tausend Gefahren. Ein Tausendkünstler, dem nichts
W lreb ist, als im ersten Akt für einen bedenklichen Hochstablcr
gehalten zu werden, weil ihm das absichtlich erzeugte Vorurteil
E dazu dient sich im fünften oder Zehnten Akt desto strahlender
zu enthüllen Freilich: wenn man ihn sieghaft sich nahen sieht,
weru man schon im ersten, wer er in Wirklichkeit ist. Kurzum,
der ^ilm ist spannend und amüsant, und jeder Unverbildete
wird sich mehr an ihm freuen als an vielen eingebildeten Kunst
produkten.
Sechs Mdchsn suchen Nachtquartier. Die Stoffarmur ist in
der Filmbranche so groß, daß bereits seit Längerem alte Schwänke
verfilmt werden; obwohl die Stoffe aus der Straße liegen, die aber
offenbar nicht gezeigt werden darf. Der im Gloria-Palast
vorgeführte Schwank obigen Titels, den man jetzt ausgeschachrer
hat, spielt in der Zeit der Duodez-Fürstentümer und gibt sogar
Gelegenheit zu eimgen republikanischen Empfindungen. Wir er
leben es, baß Georg Alexander als kleines Fürstchen mit
einem Schurrbärtchen in einem kleinen Städtchen residiert. Das
Sämurrbärtchen hätte er sich besser nicht angepappt, denn es raubt
ihm die dümmliche Eleganz, durch die er sonst wrrkt. Und die sechs
Mdchen? Sie sind, mit der hübschen Jenny Iugo an der Spitze,
eine in Berlin verkrachte Tanzgirltruppe, die aus Geldnot nach
dem Fürstenstädtchen verduftet und sich dort in einem Magdalenen-
heim installiert. Unter der Maske von Büßerinnen betragen sie sich
höchst unbußfertig, was die Kleinstädter je nach ihrem Geschlecht
entzückt oder verdrießt. Kurzum; Verwicklungen in jedem Sinn.
Bei welcher Gelegenheit einmal zu sagen wäre, daß die in solchen
Filmen beliebte Satire auf die Kleinstädter bereits in der Vor
kriegszeit nachhaltig gepflegt worden ist und selber der Provinziali-
tät nicht entbehrt; denn der Stolz auf Verkchrstürme und Nacht
lokale ist genau der des Provinzlers. Zum Glück für das Stück hat
es der begabte Hans Behrendt gchreht. Zwar ist er an vielen
Stellen zu breit verfahren, hat aber wirklich filmmäßig gearbeitet
j und reizende Szenen entwickelt, die voller SituaÜonskomik sind.
Die Pleite in Berlin; der fürstliche Ahnensaal; der Anmarsch der
Eheweiber; der Bürgermeister vor dem Fürsten — das sind Auf
tritte, über denen ein echter LustspielgeW waltet. Der Witz der
Regie modernisiert in ihnen mit der Geschicklichkeit eines guten
Schneiders den abgetragenen Konfektionshumor. Die Darsteller,
unter denen noch Adele Sand rock, Ändert Wäscher und
Ellen Plessow genannt seien, befolgen durchweg ausgezeichnet
die ihnen erteilten Instruktionen. Wie die Aufführung bewies, ist
dem Film ein Publikums erfolg sicher. RacL.
Tra«evfeker für War Scheler. !
In dem Ehrenhof der Universität fand -Oson"
vormittag die Trauerfeier für Pros. Max Scheler statt. Die
Vertreter -er studentischen Korporationen umstanden mit ihren
Fahnen die Halle, in deren Mitte der mit Blumen und Kränzen
geschmückte Sarg aufgekrhrt war. Im Umgang, auf der Treppe
und den Galerien scharte sich die Zuhörerschaft.
Der Kurator der Universität, Dr. Kurt Nie zier, feierte in
würdigen Worten den Toten und sein Werk Er gedachte oer
seltenen Einheit, die Leben und Erkennen in Scheler gebildet
hatten, und begriff die Wandlungen des Denkers aus der Fülle
seines Wesens. Dieses Wesen habe die Tendenz in die Breite
gehabt, aber sich nie in der Breite verloren, sondern stets das Für
sich-Seiende, das Absolute erfragt. Es durchzusetzen und zu ver
wirklichen, sei der Sinn seines Denkens gewesen,
Pros. Drev ermann, der Rektor der Universität, stellte
der. studentischen Jugend das den höchsten Zielen geweihte Wir
ken Schelers als Vorbild hin.
Als Vertreter der philosophischen Fakultät beklagte Pros.
Hans Naumann den unersetzlichen Verlust, den die Universität
durch das Hinschciden Schelers erlitten habe Vor allem an
deren war sein schöner, warm empfundener Nachruf dem Genius
des Menschen Scheler gewidm-et.
. Bei gesenkten Fahnen wurde der Sarg hinaus geleitet Die
Beisetzung erfolgt in Köln.