räume sind so unbezweifelbar echt wie der FamNenkram in der
Kantorwohnung. Durch die Montage wird gegen den Schluß hin
die letzte Spannung herausgeholt. Einige Meter sterbender Kan
tor, dann wieder ein paar Meter das Revuetheater mit den Girls
und dem als Neger geschminkten Sohn. Die Parallelität verengt
sich mehr und mehr, das Tempo wird immer schneller. Auch die
Kontraste sind keß geschnitten und die zu Rührungszwecken einge
schobenen Ritardandos richtig ausgeklügelt. Technisch ist hier
viel Zu lernen.
In Amerika ist der Film als Tonbildfilm vorgeführt worden.
Er kann auch erst zu seiner vollen Wirkung gelangen, wenn Al
Jolson wirklich singt. Man sagt, er habe Tränen in seiner
Stimme. EZ sind höchstbezahlte Tränen, und vielleicht hat er sie
versichert wie Paderewski seine Hände. Rein darstellerisch ragt er
trotz der Tränen nicht einmal sonderlich über die andern hinaus,
obwohl er auch die Gesangspartien durch mimische Mittel über
zeugend in die Filmsprache übersetzt. Von erstaunlicher Lebens-
nahe-ist die Gestalt des Vaters, eine Leistung, die der Darsteller
des treuen Trabanten der Kantorfamilie beinahe noch übertrifst.
Denn er ist in jeder Bewegung das Leben selbst. Seine Hände
halten Monologe, und wenn er nur die Augenbrauen leicht hebt,
macht er lange Abhandlungen überflüssig. Und die Mutter — sie
ist eine Mutter.
Al Jolsons Lebensgeschichte ist auch eine Auseinandersetzung
Zwischen der jungen und der alten Generation. Soll man das
Kol-Nidre singen oder für 600 000 Mark auftreten?. Das ist das
Problem. Ein rein amerikanisches freilich in anbetracht der Höhe
des Honorars. Aber nun reißt es auch an uns.
Dieser Film ist ein Reißer, aber ein guter, der wirklich reißt.
In New Kork ist er Monate hindurch vor ausverkauftem Haus
gelaufen. Al Jolson spielt in ihm seine eigene Lebensgeschichte.
Al Jolson, der 600000 Mark für eine Rolle erhält, soll der höchst
bezahlte Darsteller Amerikas sein. Seine eigene.Lebensgeschichte;
ein Reißer.
Die Handlung setzt im New Uorker Ghetto ein. Kantor
Rabinowitz, ein Mann von gewaltiger Frömmigkeit, will aus
seinem Jungen ebenfalls einen schwarzbärtigen Kantor machen.
Der Junge singt so schön. Nur singt er leider viel lieber in den
Bars als in der Synagoge. Ein Kantorsohn, der Gassenhauer vor-
Lrägt — unmöglich. Er wird verstoßen, er ist kein Sohn mehr. Die
Mutter freilich... Nach Jahren treffen wir ihn wieder. Robin,
so heißt er jetzt, durchreist als kleiner Jazzsünger die Staaten, die
groß sind. In einer Bar begegnet ihm Mary, eine jener be
zaubernden Revuetänzerinnen, die man immer wieder mit ein
ander verwechselt. Mary erkennt sofort sein Talent, betet ihn und
die Kunst an und setzt glücklich durch, daß er mit ihr für eine
Broadwayrevue engagiert wird. Der Abend der Premiere wird für.
ihn der Anfang einer ruhmreichen Laufbahn sein. Aber ausgerechnet
an diesem Abend beginnt auch der Versöhnungstag und möchte der
Vater den Jungen, dem er bisher nicht verziehen hakte, das Kol-
Nidre singen hören. Der Vater liegt nämlich auf dem Totenbett.
Die Mutter... Wird der Junge die Premiere im Stich lassen?
Die Vorstellung muß abgesagt werden, er singt dem sterbenden
Vater das Kol-Nidre. Und ist doch worden der höchstbezahlte
Mann am Broadway.
Der Film ist virtuos gemacht. Die endlose Ghettosiraße spielt
mit? ein Provinzbahnhüf greift ein, und die Bars und Bühnen
Ale eigene LeVensgeschichie — ein Weißer
Zur Aufführung des Films: „Der Jazzsänger" im Frankfurter Capital.
OsAtse/r Dorr Usr-is I-eipE
Sr-eMern B Oo- L^Z Leiten. Ask. Z.7A
PranL KsUsr ist ein MistMebsr Look. In M-
nsn LLdlrsiedsn Modern dat sr äsn Lzwuk des ver-
smslten LloodsiapIerroTNÄNL Msedaiksm in 6sm sied
OssprLeds. äsrsn Ironie mitunter an O-eseHZebnkts-
dritL RrsnZt, um eins msdr oäsr MsniMr LWsed
HrÄLsbtB MMuM randen. Idr UM ist dlsdsr Nerr
OoUln Ke^sssn, ein so Kodüäster ^Ls Ksrisssner
Qsunsr. äsr stets äen 8iex über ä^s kedleedts ?rin-
rip äsr dsrrsodsnäsn I/Lnäes^ssetLS äavon^stra^sn
dat. Hs sein dlaedkol^sr stellt sied in äem neusn
Vued äsr Miseds ksvedonnLl^tidsr vr.
^imWsrtür aus ^mstsräam vor. Idn vsr^iedelt Red
lsr in einen Msttstreit mit einsm ^strolosen.
Zus äem äsr sedlaus ^udän^sr ^rsuäs als Brium-
vdator dsrvEsdt. ^rsilied Mndt Ldm dein Lrsis.
äsnn äie Bsuts in 0isstA.1t sinss entLNedsnäsn Kdä-
^dens iLllt äsm Lorasdopstsllsr andsim. Vvarum,
dlsidt uvdlar. Ldsr äis lüsbs ^anäelt idrs emensn
"UsLe. unä mit VsLrünäunLbn äar? man üdsrdnupt
äsm KomLN niedt kommen. OenuA. äaü er äured
einige nstts Vinkälls unä dosdakte Ranäslosssn kür
äis vLuer ssinsr I-sdtürs su untsrdLltsn vermag. Ls
dönnts maneden ^utorsn. äis vielloiodt msdr Kud-
NtLNL M vsraus^Ldsn dadsn. niedts sedaäsn. ^vsnn
sie st^as von äsr iMedtiadsit Lsllsrs annLdmsn,
mit äsr er ein Medts an Atoll LrLLiös LursedtLupit.
- L r.
Zwei Mnerikamsche Filme. Der eine der im Gloria-
P a l a st gezeigten Filme heißt „Titanic und stellt den An-
streg eines jungen Mannes in dem titanischen New York dar.
George O' Brien spielt den Helden mit Muskelkraft und
anständiger Gesinnung. Aus New Kork East-SDe — ein paar
schöne Stratzenbilder tauchen auf -- geht es über den Boxerring
nach den vornehmen Gegenden, wo der Junge erfahren muß, daß
Reichtum allein nicht glücklich macht, sich daraufhin das immer
geliebte arme Mädchen (Virginia Valli) aus dem LHten wie
der holt und mit ihr sehr reich wird. Die oberflächlich gearbeitete
Handlung wird durch gute Typen und Milieuschilderungen
einigermaßen wettgemacht. Damit nichts an Titanischem fehle,
ist auch ein Schiffsuntergana mit grandiosen Eisbergen einbe
Zogen. — Das andere durchschnittlich ausgemachte Stück: „W a s
eine schöne Frau begehrt" ist eine leicht satirisch ange
hauchte amerikanische Filmbetrachtung über die weibliche Eitelkeit
und'die Vorurteile der Gesellschaft. Die nette Billie Dove, die
Hotslangestellte ist, spielt sich als Gast dieses Hotels auf und
kapert sich einen ungemein reichen Junggesellen durch kleine Be
trügereien, die zuletzt herauskomm-en. Da aber der Junggeselle
auch innere «Schätze birgt, begehrt er sie dennoch zur Frau.
Nahme sie rhn doch! Sie nimmt ihn nicht, sondern kehrt zu dem
geliebten armen Chemiker zurück. Die Parallelität zwischen beiden
Almen rst merkwürdig. Sie beweist zum mindesten, wieviel die
Anfall des Herzens cuf der Leinwand gilt; was wieder Rück
schlüsse auf die Praxis erlaubt. Raea.
Die Carmen von SL. Paulü Das Beste an diesem in der
NeuenLichtbühne (und den Kamm e r - L ich tspi e l en)
gezeigten Ufa-Film sind die Milieuschilderungen. Zwar ist As
immer Mederkchvende Vergnügungsstraße ersichtlich gestellt, aber
Äazwischen taucht doch häufig genug der Hamburger Hafen auf.
Großartige Aspekt besonders gut wirken, wenn ein leichter
Nebel sie halb verschleiert. Die Handlung ist auf billige Effekte
hin Aufammengestoppelt und nicht von Belang. Willy Feit s ch
als junger Seemann erliegt den Reizen Jenny Iugo s, die sich
Mühe gibt, eine verführerische Carmen zu sein, ohne doch ihre
im Grund blonde Harmlosigkeit hinreichend verbergen zu können.
Sie ist das Idol und Ideal einer kleinen Schmugglerbande, die
aus verschiedenen Utelierapachen besteht. Fritz R a s p gehört ihr
mit verwegener Miene a^ Wolsgang Zilzer ist der Schüchterne
lm Kreis. Teils vollfüIren diese Leute Schiffseinbrüche, teils
treten sie (wie im Grünen Kakadu Schnitzlers) als Attraktion
der Gäste in einer Kaschemme auf. Zuletzt geschieht ein Mord
aus Eifersucht, aber das glückliche Ende bleibt doch nicht aus.
Das alles ist nicht ein glaubhaftes Geschehen, sondern ein Usa-
Arrangement. Die Regie sucht beflissen das dunkle Treiben Zu
belichten. .___ K a c m