der Reiz des Gesichtes oft rein durch.
Raes,.
.
I Der Faschingsprinz. Wer ist der MMngsprrnz? Natürlich
Harry Liedtke. Da er immer ein Faschingsprinz ist, benimmt
er sich in diesem Film der Alemannia-Lichtspiele genau
so wie überall: lächelnd, liebend, leichtsinnig, und im stillen
Grunde, da schlägt das edle Herz. So rosenrot ist der Held vieler
Magazingeschichten, so ununterbrochen mit Zärtlichkeiten beschäf
tigt denken sich Operettenmelodien den idealen Mann. Dieses Mal
hat er sich wenigstens eine reizende Partnerin zugesellt, das kleine
Fräulein Winkelstern, das voller Charme ist. Man wünschte
der jungen Dame einen Regisseur, der ihre natürliche Mitgift
wirklich auszuwerten versteht. Hier wird sie überbeansprucht und
zu künstlichen Exzessen der Mimik gezwungen. Dennoch schlägt
Msphalt.I Der Film dieses Titels ist ein Musterbeispiel
künstlich emporgezüchteter Kolportage. Ein Schupomann liebt eine
Diebin: welch ein Thema für einen Kolportageroman. Was aber
geschieht? Statt den Stoff, billig, mit der linken Hand, schmöker
haft und rosa glänzend aufzumachen, wie es sich für das Thema
gehörte, wird er aus der literarischen Unterwelt in die Beletage
versetzt. Eine Großstadtstraße von über 400 Metern ist erstellt wor
den, mehr als 23 000 Glühbirnen haben gebrannt. Und so ist
auch.die Innenwelt Zur Dauerfeerie umgewandelt. Was ver
schlossen bleiben oder nur als Ergebnis mitgeteilt werden sollte,
wird mit Umstand psychologisch entwickelt; als handle es sich um
eine komfortable Fabel und nicht um ein Geschehen, das sich nur
dem raschen Zugriff der Kolportage ergibt. Jede Regung des
Schutzmannliebchens ist so ausführlich in Großaufnahme darge
stellt, daß man die einzelnen Wimpern sieht; von dem Schutzmann
selber wird ein detailliertes seelisches RönLgenöild entworfen; und
um noch etwaige Hohlräume auszufüllen, ist eine Unmenge von
kleinbürgerlicher Moral hineingestopft. Eine solche Ueberhöhung ver
trägt aber die ungewählte Handlung nicht. Gerade weil sie zu sehr
gehoben und ausgebaut ist, scheint ihre Nichtigkeit überall durch,
und das seiner Ansprüche wegen ungemäße Arrangement gibt sich
zuletzt als kunstgewerbliche Verzierung zu erkennen. Dieses Ver
sagen dem Gehalt gegenüber ist um so trauriger, als Joe May,
der Regisseur, eine technisch vorzügliche Leistung bietet. Er hat die
Finessen des Handwerks inne, er kann, was er will. Nicht viele
Prosaisten vermöchten die Fahrt des edlen Paares m der Auto
droschke so dicht zu erzählen wie er. Auch die Großaufnahmen sind
stilsicher eingesetzt und durchgehalten, und die wandernde Kamera
entschleiert äußerst geschickt das Miteinander der Menschen und
Räume. Schade, daß wie so oft in Deutschland das technische Ver
ständnis sich auf Kosten des Wissens um die geistigen Bedeutungen
auslebt. Asphalt auch hier. — Albert Stein rück ist eine der
Hauptfiguren. Der unlängst Gestorbene geht um, als lebte er noch,
und kaum ist Zu fassen, daß man so erscheinen und zugleich tot
sein kann. Gustav Fröhlich stellt den Schupomann: gute Phy
siognomie und Gebärdenskala, gegen den Schluß hin psychisch
zu ausgefeilt. Seine Partnerin Betty Amann ist für Mimik be
gabt und leuchtet, dank auch dem Regisseur, nicht selten verfüh
rerisch auf.
lZ.ur Slufführung des Films in den Frankfurter Ufa-!
Lichtspielen.), i ,, L»e».
Der Mann mit dem Laubfrosch. Es ist schon ein Glück, daß
sich nach und nach wieder die Detektivfilme anmelden, die seit
. einiger Zeit reichlich vernachlässigt worden sind. Wenigstens
spannen sie mehr als viele Gesellschaftsstücke, die es nur mit
s Liebeleien zu tun haben. Der neue Film des Capitols spielt
zur einen Hälfte in vornehmen Prunkgemächern, zur anderen in
einem obskuren Hotelchen, in dem sich der übliche Mord ereignet.
Zwischen beiden Hälften schlingen sich Fäden, und man hätte
allen Grund, davor zu zittern, daß auch die Herrschaften in den
Salons an dem Verbrechen beteiligt sind, wenn nicht der Mann
mit dem Laubfrosch wäre. Heinrich George, dem Anschein nach
ein kleiner französischer Provinzler aus Arles, zieht in der Tat
mit einem Laubfrosch in das Hotelchen ein. Da der Laubfrosch
Wasser braucht oder einmal davonhüpft, befindet sich sein Besitzer
gewöhnlich auf dem Korridor. Ist er ein Detektiv, der die
Schuldigen erwischen will? Oder ist er am Ende selbst der Ver
brecher? Wir werden uns hüten, darüber Auskunft zu erteilen,
und sagen nur soviel, daß mit diesem etwas unbeholfenen Pro
vinzler Verwandlungen vor sich gehen, die in Staunen versetzen.
Durch die Sicherheit und Plastik seiner Bewegungen überragt
George die anderen Darsteller, als da sind: Junkermann, Evelyne
Holt, Rilla usw. Der Film ist trotz der Zu großen Gedehntheit
Eterhaltend, und George zu sehe i lohnt sich allein. kaca.
-- .Harry Piel.1 Er ist <mf nette W-rse ein Held. Nicht
einer, dem die Weiber zu Füßen liege», sondern mehr em Held,
wie N» die Knabenphan^ste M ausmalü Ein Knobe ich <mcn
Schmöker, lutscht dazu Bonbons und träumt^ nur Harry Pret
kann seinen Träumen entsteigen. Er selbst hat etwas vom Knaben
an sich mit seiner Freude am Basteln. In seinem neucn Film:
„Die MLLternachtstaxe" hat er sich ein altes Auto aus
geheckt, das noch die Lage der Pferdoherrjchaft erblickt haben muß,
einen krummen, lahmen, holprigen Klapperkasten, den er mit
rührender Liebe betreut. Wie reizend ist es, daß er nicht auf so
einem schicken Ding in die Welt hineinvast, sondern sich der um
ständlichen Benzinkutsche bedient, über die jeder gewitzte Chauffeur
lacht. Indem er sich ihren Launen anpaßt, vermenschlicht er die Tech
nik, statt sie wie die andern Zu vergöttern. Und es ist nur in der
Ordnung, daß ihm die fossile Droschke doppelt zurückerstattet, was
er ihr an Fürsorge zuwendet. Sie ist mit ihm völlig verwachsen,
rumpelt, springt, Zögert, wenn er es will, und fährt ihn mitten
in ein wunderbares Abenteuer hinein. Das muß man gesehen
haben, wie Harry sich der Verbrecherbande bemächtigt, den Haupt
schurken niederboxt und dann das Mädchen küßt, das schon mit
geöffneten Armen seiner harrt. Beurteilt man die ganze Geschichte
vom Erwachsenm-Standpunkt, so ist st« natürlich ziemlich blöd.
Aus der Perspektive der Knabenlogik betrachtet, schließen sich aber
die Ereignisse folgerichtig zusammen, und über allen Schmökern
schwebt Harry als untadeliger Held. (Zur Aufführung in den
Frankfurter Olympia-Lichtspielen.)
Vaterlos. Wir haben über diesen Prunkfilm der Ewelka
gelegentlich seiner Münchener Uraufführung bereits in der „Frankfurter
Zeitung" berichtet. Karl Grüne hat die Aufnahmen geleitet. Es ist
ein Jammer, daß dieser hochbegabte Regisseur, der seinerzeit Die
Straße", einen der besten und Zukunftsreichsten deutschen Filme
gedreht hat, nun Zu der Herstellung historischer Bilderbögen herab
gestiegen ist. Denn um Geschichtsklitterung handelt es sich natur-
lich auch in diesem Film. Wellington wünscht, daß die Nacht oder
die Preußen kommen, Blücher sagt Vorwärts und Napoleon
pflanzt auf Elba seinen Kohl. Lauter Anekdoten und dazwischen
die Schlachten.-Eine Menge von Requisitenkammern müssen ge
plündert worden sein, um die vielen Soldaten zu bekleiden, die
durch die Wälder und Auen um München in Schlachtordnung
aufmarsckieren. Was der ganze Zauber soll, ist nicht recht klar.
Als Geschichtsunterricht in Bildern ist er ein Produkt des
Dilettantismus. Dient er der Stimmungsmache für Kriege und
nationale Heroen? Man weiß es nicht. Gewiß ist nur, daß der
Film aus der Geschichte eine Anekdotensammlung macht und
gerade jene Züge an ihr hecaushebt, die den Fortgeschritteneren
unter uns heute höchst irreal dünken. — Das Talent Grünes ist
ssgar bei der Durcharbeitung dieses nichtigen Stoffes unverkenn
bar. Er hat immer neue Einfälle, um die Maßen zu arrangieren,
arbeitet oft ausgezeichnet mit Beleuchtungsesfekten und versteht
sich aufs Zeremonial. Aber was nutzt der Aufwand, wenn der
Gehalt fehlt? Leer entfalten sich die Prachtszenerien, und der
ernst gemeinte Pomp wirkt hohl. —- Otto Gebühr scheint eine
- Inkarnation des alten Preußengeistes ?u sein Er stellt einen
Film-Blücher arrf die Beine, der sich schen Lassen kann und die
anderen historischen Größen bei weitem überragt. (Zur Aufführung
des Films im Gloria-Palast.)
' Das brennende Herz. Das ist eine Art von Liebesromanze,
in der die Musik nicht nur inhaltlich eine Rolle spielt, sondern bei
nahe die Inhalte gebiert. Jedenfalls ist die Handlung so unwahr
scheinlich. daß sie höchstens als eine Illustration von Klangsolaen
zu Recht bestehen könnte. Es geht um die Beziehung zwischen
einem armen jungen Komponisten und einer armen jungen Sänge
rin. Diese verheimlicht dem Geliebten, daß sie aus Geldnot ge
zwungen ist, in einem großstädtischen Variete aufzutreten. Natür
lich kommt der Geliebte dahinter und natürlich läßt er das Mädchen
seiner Lügerei wegen im Stich. Wieder einmal einer jener Fälle,
in denen die ganze Tragik vorn Verschweigen herrübrt Hätte die
Sängerin nur einen Ton geredet, so wäre der KonM unmöglich
gewesen. Da sie aber bloß singt, entsteht lauter Unheil, und erst
am Schluß treffen infolge eines märchenhaften Glücksevrignisses dre
Entzweiten Zusammen und sprechen sich endlich au^. Der Weg bis
dahin ist mit Vorgängen gepflastert, die ein wenig kleinbürgerlich
Mmmen: so wird etwa das VaristL als der reinste Sündenpfuhl
geschildert. Ludwig Berger hat bei der Regieführung mit Recht
auf einen allu großen Realismus verzichtet, ist aber dafür stellen
weise in den Expressionismus entglitten. Außerdem hat er, offen
bar in der Absicht, den Schein der UnwiMchkeit zu erzeugen, die
Liebenden zu einem ausdrucksvollen Benehmen bestimmt, das
weniger als die Frucht innerer Aufregung denn als Hast wirkt.
Mady Christians, die Heldin, ist magerer als sonst und hat Augen
Lücke, in denen sie ihre reiche Mitgift »an Charme voll entfaltet. Ihr
Partner Gustav Fröhlich ist ein frischfrommfröhlicher Junge,
her nur noch viel zu dick aufträgt. Am reizvoWen ist Jda Wüst,
die in falschem Glanz daherrauscht; leider auf einer kleinen Neben
strecke. (Zur Aufführung in den Bieberbau-Lichtspiele n.)
H r, r^.