ruhe ist uns allerdings viel gelegen.
D. Red.
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Kot oben und unten nicht beseitigt werden, solange unser Babbitt
sortfährt, mit Scheuklappen in der Welt und der Gesellschaft herum«
zulaufen. Von dem Grad seiner Ahnungslosigkeit zeugt die Unter
stellung, daß wir es darauf abgesehen hätten, „unter allen Um
ständen Modernstes zu bringen", das ihn „ziehen, kitzeln, spannen"
solle» Nicht doch, verehrter Anonymus, es ist keineswegs unsere
Absicht, Sie zu kitzeln und zu spannen. Das, was wir wollen, ist
vielmehr: Ihnen die Augen öffnen über gesellschaftliche Zustände
und menschliche Verhältnisse, von denen Sie morgens am liebsten
nichts wissen möchten. An diesen Attentaten gegen Ihre Gemüts-
Frankfurt, 26. Oktober.
In diesem Film wird gefilmt, und die gefilmten Szenen er
scheinen selbst wieder als Film. Wie in einem Spiegelkabinett.
Eine echte Filmidee: den Konkurrenzkampf zweier „Kamera
Männer" aufzunehmen, die bei zwei Wochenschau-Unternehmungen
angestellt sind. Jeder der beiden möchte im Interesse der Firma
und aus purer Sportlust der Welt beweisen, daß er ihr bester
Kameramann ist. Natürlich ist der eine Kameramann ein Mädel;
natürlich besiegt zuletzt das Mädel den Mann; natürlich erobert
zuletzt der Mann das Herz des Mädels.
Bebe Daniels geht forsch ins Zeug. Sie ist vulgär aus
gemacht, wirst Blicke wie Bomben und benimmt sich nicht eben
damenhaft. Girltyp in Großaufnahme. Ihr Partner Neil Hamil -
ton: der übliche nette Junge, fix und mit jenem Lächeln im Ge
sicht, das so wenig ausgeht wie das ewige Lämpchen. Wenn er
kurbelt, dreht er die Mütze um. Zwei grundamerikanische Typen,
deren Wiege vermutlich schon ein Auto war. Sie fegen wie gute
Kinder durch den Raum, der Himmel ist blau und Amerika groß.
Niemals werden sie altern. Wenn sie heiraten, kriegen sie einen
do^-, der ebenfalls kurbelt.
Auf immer sensationellere Weise machen sich die beiden die
Sensationen streitig. Ein Höhepunkt in doppeltem Sinne ist ihre
Jagd nach dem Zeppelin. Rein topographisch: denn sie fangen
ihn auf dem Kopf der Freiheitsstatue ab. Rein filmisch: denn sie
fangen ihn gar nicht ab. Nachdem sie die ganze Zeit Krieg mit
einander geführt haben, beginnen sie sich nämlich ausgerechnet an
dieser luftigen Stätte die ersten Zärtlichkeiten zu erweisen, und über
ihre innige Umarmung hinweg entschwebt der Zepp wie der weiße
Hirsch.
Bezaubernder noch ist der unfreiwillige Tanz. Die Sache iü
die: ein indischer Maharadscha will sich um keinen Preis photo
graphieren lassen. Aus Aberglauben. Trotz aller Vorkehrungen ge
lingt es unserem Kamerapaar, sich bei dem ihm zu Ehren ver
unstalteten Gartenfest als ^änzer und Tänzerin einzuschmuggeln.
bleibt.
Im Namen derer, die gewohnt waren, im Feuilleton
Wertvolles zu finden.
Eine SchlagerUustration. „Kennst du das kleine
Haus am Michigansee - so lautet die Frage, die
der Film des Gloria-Palastes stellt. Er beantwortet sie im
Sinne des Schlagers. Ein junger Mann und ein junges Mädchen
lernen sich auf unkonventionelle Weise mitten im besungenen See
kennen; ein Wochenendhäuschen wird zur kleinsten Hütte für das
glücklich liebende Paar; eine auf väterlichen Befehl geschlossene
Verlobung geht zurück, und zum Schluß finden sich alle, die zu
sammengehören. Dem Publikum, das den Schlagern zubestimmt ist,
wird auch der Film angemessen sein. Paul Vincenti ist ein
echter, sportlich und erotisch gleich versierter Schlagerjüngling und
Margot Lands ein vollschlankes jugendfrohes, dummes Mäd
chen. Da auch Geld in Menge vorhanden ist, steht das Liebesglück
der Leiden unter günstigen Auspizien. Im Hintergrund: ein
Alpensee, ein künstlicher Sturm und der dicke Teddy Bill.
KL0L.
Dem empörten Einsender ist es also unbegreiflich, Laß wir ihm
morgens Zum Frühstück einen Roman anzuöieten wagen, der von
Existenzen handelt, die er verachtet. Ihm steigt der Ekel aus vor
dem Treiben der Zuhälter und vor den Enthüllungen aus
Prostituiertenkreisen. Wir beneiden den Mann nicht um seine
Selbstgerechtigkeit. Statt zu erkennen, daß die Schilderungen
Döblins ihm den Sinn für ein Leben eröffnen sollen, das des Mit
gefühls und des Verständnisses wert ist, verschließt er sich gegen
über diesem Leben im Interesse seines privaten Tagesablaufs. Er
müßte dankbar dafür sein, daß ihn der Dichter in die Souterrains
unseres Gesellschaftsbaues führt, und entrüstet sich über den ,Kot",
den er dort findet. Aber vielleicht ist der Kot in der von ihm ver
pönten Unterwelt nicht größer als weiter oberhalb in der Beletage,
wo er von dem Dreck nur zu lesen braucht; und gewiß kann der
terbrot ge
Franz Biberkopf Zu
platten, gemeinen Jargon, der Döblin beängstigend flott aus dem
Munde geht. Und nichts als die Gedankengänge dieser Zuhälter,
nur ihre primitiven, hemmungslosen Triebe... All das ist sicher
interessant für den Psychologen, aber ein Mißgriff (zart ausge
drückt) Lei der Wahl einer UnterhaltungslektE Wir verstehen
auch Ihre Lage: Die Zeitung will unter allen Umständen
Modernstes bringen, möglichst auch ganz Neues, Niedagewesenes,
es soll „ziehen", kitzeln, spannen. Aber dies ernüchterte nur,
ekelte an und, je länger desto mehr, empörte es. Wir haben ja
auch allerlei dabei gelernt, das sei gern zugestanden. Wir kennen
nun jede noch- so faulige Falte im Seelenleben der Prostituierten,
Lei denen auch rührende Züge nicht fehlen, wir haben viel neue
Sprachkenntnisse eingeheimst, wissen genau Bescheid, wenn es
heißt „Ich geh verschütt", Kassiber, Lampen machen, und wie das
Verbrecher-Vokabularium sonst lautet, wir werden uns tadellos
benehmen, wenn wir mal in diese Kreise kommen, wir wissen
diesen Gewinn sehr zu schätzen. Aber wir hoffen doch, und möch
ten diesem Wunsch stärksten Nachdruck geben, daß der Genuß solch
platter, wertloser Durchschnittslektüre uns in Zukunft erspart
dieser e.naMche G«sellschastsfilm der Ale ¬
' p' ° schildert eine Ehebeziehung auf des
^ Künstlerin; er: ein reicher Fabrikant
Da d.e Sehnsucht der Künstlerin nach einem Kind trotz mehrjähri-
.^Ehb unbefriedigt bleibt, begeht sie nächtlicherweise mit einem
U Ä nbe L kannten einen Fehltritt, der sie in "» de » n S ge " w u ü " nic L kte " n KuiMnN
A Mannes. Höchst peinlich: das Kind kommt an und
der Seitensprung heraus. Wird der Betrogene sich mit dem freund
rade nooks es nicht, sondern erlebt nur ge
Weib verzeiht. Maria Corda spielt diese
aageoliche Dulderin, der es zuletzt doch ganz gut eraebt mit
nrehr von heute sind' Besser in
-^ameson Thomas, eine mit sympathi-
9/?^" ^5?. E"SKgte Figur. Insoweit die Regie Victor
§ mcht durch die Gefühlsseligkeit und Beschränktheit der
Effekte ^b^udlcapt wird, ist sie überlegen und erzielt diskrete
Antwort an einen Anonymus.
Uns ist die folgende anonyme Zuschrift Wer
DöLlinS Roman „Berlin Alexand erplatz"
zugegangen. Sie ist so voller Mißverständnisse und verrät
ein so mangelndes Verhältnis zu literarischen Werken, daß
wir ausnahmsweise einmal von der Regel abweichen und
sie der Oeffentlichkeit unterbreiten möchten. Hier ist sie:
Frankfurt a. M., 12. Okt. 1929.
„Dieser Vrief ist die Meinungsäußerung weiter Kreise der
Leserschaft Ihres Blattes, die Sie als geistigen Leiter der „Frank
furter Zeitung" gewiß interessiert. Der Roman in den Spalten
Ihres Feuilletons ist Zu Ende, dem Himmel sei Dank! — Franz
Biberkopf ist Hilfsportier geworden, und wir wünschen ihm alle
einen friedlichen Lebensabend. Ein tiefes, befreites Aufatmen
geht durch die Reihen Ihrer Leser, denn wir haben begründete
Hoffnung, daß «ein noch tieferes Herabsteigen in den Schmutz des
Lebens nicht möglich ist und uns daher in Zukunft erspart bleibt.
Wir waren freilich etwas darauf vorbereitet, da Sie kurz vorher
„ins Schleudern geraten" waren und der üble Nachgeschmack noch
auf unseren Zungen lag. Das genügte eigentlich völlig, warum
aber mußte dieser „Roman" in die Spalten Ihrer Zeitung kom
men, die Sie doch überwachen? Mr machen Sie nicht dafür ver
antwortlich, daß das Buch geschrieben ist. Wenn es Döblin Spaß
macht, sich im Kot zu wälzen, so mag er es tun, und alle, die
daran Interesse haben (wir übersetzen die psychologische Seite
nicht) mögen sich das Buch kaufen, gut. Aber warum zwingen
Sie Ihre Leser, jeden Morgen mit Tagesanfang durch diesen
Dreck zu waten, in diese niedrigsten Niederungen der menschlichen
Gesellschaft zu steigen, daß einem der Ekel aufstieg. Man weiß
. zur Genüge, daß es diese Schichten gibt, in denen Habsucht und.
' Trunksucht, Neid, Verlogenheit, Gemeinheit, Gewissenlosigkeit,
Roheit bis zum kaltblütig begangenen Mord an der Tagesekd-
Harry Ein Pi F e i l l - m Fil a m us es d : em „M „M ä i n lie n u e ". r o D h a n s e M B ilie e u ru d f e " s — neue e n r
wird in den Drechsel- und den E li t e lich t sp i el e n ge-
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z K u o s l a p m or m ta e g n e , fi i l n m, d g e e m wiß e , r a a b ls er G er eh is e t im m p i o t liz G i e s s t ch L ic o k rb g e e e a re rb n eit p e f t lü u ck n t d . E en in t-
h f V a äe lt rl e td t i . eenisn M tieg a ne rse ng il ee le tht , öert w ,U ie ndwa e aß s hres le rch ib es t iicnhl u ic n hv d koer i l t e eO b n t r. , igZi g nu r a e l i h f s t ienint ü ee b rn e g r r a üw l n l eds e ee i nn n t : liceh d ne i t e n-
dK s i c ae h t m hGe a d l e e rs n aalem za tpI u em b r e s r p h Me a ki f tt t ti e ve n el nu G n a mk ss tit e d n eNr s o e Htr in ea e -nD s dalu H mn a e fe s n dt v ee i h e tl r a t d e e ls rG , Tarr d da ie ens J bu o on l rd l d ie ed t u t e r r , r
A je n nes ihm gig k a . l n e ti t s te c r h t e H E a is rr e p nsk h e in le a tt u , f d u a n s d d h e e n ru g n A t l e te r n um Haf d e i n e V ü e b r e b r r q e u c e h r e t. r ,
z A u n fa ih n m gen kle u tt n e d rt z H ug a le rr ic y h h d in as au S f e u n n s d ati h o e n r s u b n e te d r ü , rfn u i m s z d u ie b V ef e r r i b e r d e ig c e h n e , r
das überhaupt in dieser amüsanten Mache nicht zu kurz kommt.
nung sind — warum aber müssen wir es jeden Morgen aufs But
estrichen -bekommen. Ei warum, ei darum! um mit
berkopf Zu reden, vielmehr mit dem scheußlich echten,