Marseille ist klein. Marseille ist groll. Line ?ro-
vinrstadt. Die V^eU.
In der Lrübe um künk Dbr trekken mehrere Lern-
rüge aus der 8chneir und aus Deutschland ein.
auf dem ganzen Personenkreis. Eine Art Anschauungsunterricht
über die Zustände in einem dürftigen Weltstadtviertel. Manche
Aufnahmen unterhalten sogar. !
Eugen Felber hat recht daran getan, die Regie auf Stim
mung und psychologische Kleinmalerei zu stellen. Mit der Unter
streichung von Kollektivwirkungen etwa wäre er doch nicht durchge
drungen. Er nutzt die Straßengeräusche aus und versteht sich auf
Pausen. Alle diese von früher her bewährten Mittel genügen frei
lich nicht, um die Leere der realistischen Bilderflucht zu tilgen,
machen sie vielmehr erst recht deutlich. Vielleicht hätte man noch
ein wenig schnöder vorgehen sollen. Das Lokalkolorit hält die Mitte
zwischen dem New Yorker Osten und dem Berliner Norden. — Die
Inszenierung wird durch das ausgezeichnete Bühnenbild von Wal-
ther Dinse unterstützt. Seine Backsteinfassade mit dem peinlichen
Zahnfries und den gußeisernen Schnörkeln der Treppengitter ist
ein echtes Gleichnis der kleinbürgerlichen Hölle.
DCa-rsoLUo
V^äkrenä dleapel eins 8iaät mit einem Haken ist,
bestimmt cler blaken Marseilles ckie Ltackt. Der
alte Ilaken Lkr Lilck, äer neue ibr lieben.
Der alte Ulaken: ein rechteckiges dlaturbassin,
um ckas sieb ckas blenckencke Amphitheater Mar
seilles aukbaut. ^.uk ihn als äen Fluchtpunkt aller
Perspektiven sind ckie Xircken ausgericktet, ihm
äie noch unbeäeckten Ilügel ruge^vanät, sollen,
Uotorbarksn und ?inassen küllen äie 8ai, ^.n
ihrer okkensn 8eite kükrt äer Iransboräeur über
sie kin^veg, äer äie Verbindung mischen äen
blkern hsrstellt. Diese riesige Konstruktion mit
äer 8cb^ebekahre, äsn Drahtseilen, äen Lisen-
gerippen unä äsn altmoäischen bkauschen ist ein
^unäernerk vergangener lechnik. Der ganre
^asserplatr ist vom ?ark des ?asteur-Instituts
aus mit einem einzigen Nick 2U umkassen. V^er
sich gegen -^bend, et^va an Lord eines der klei
nen Dampker, die den Verkehr rum Lhateau
d'Ik vermitteln, auk ihn rube^vegt, genieÜt krei-
lieh ein nock groüartigeres 8chauspiel. Lr er-
käbrt im wahren, ^vie allmählich hinter dem kei
nen biligrannetr des l'ransbordeurs die 8tadt
terrassenkörmig aus dem Orund unrähliger 8egel
ansteigt. Ihre Llausermassen stehen hell in der
kukt, und reckts aus der Höhe blitrt I^otre-Dame
de 1a Oarde.
Dangst dient der alte Haken nicht mehr dem gro
llen Verkehr. Die OLeandampker legen am (Zuai
de la doliette und den benachbarten Kais an,
die sich in weitem Logen hinriehen. Dort bekin-
den sich die Oebaude der Lchikkahrtsgessllschak-
ten, reihen sich die krönten der Dagerhäuser ein
tönig aneinander. Dort erhebt sich auch die mo
numentale Kathedrale, die selber den Lindruck
eines Lagerhauses kür ungezählte Letermassen
erweckt. 8chikksirenen pkeiken, Laxis rasen an,
-^us^vandererkamilien mit Kisten und Kasten
Hocken in der okkenen Halle. Neugierige um-
drängen den Dampkersteg. In den neuerdings be
liebten Lilmen, die sich mit« dem Mädchenhandel
bekassen, kehren solche 8renen von der doliette
immer nieder. Der unausgesetzte Kreislauk der
Reisenden, die täglich landen und abkahren,
durchblutet die 8tadt.
Hans Albers Don Juan. In einem Film der Alß-
mannia - Lichtspiele "Ja, ja, die Frauen...") mimt
Hans Albers das ^üßgenie, den Abgott der Mädchen. Aber,
seine Unwiderstehlichkeit besteht nur in Unausstehlichkeit. Wenn
man ihn das Monokel einklemmen und Umarmungen verabreichen
sieht, bittet man Harry Liedtke im stillen manches Unrecht ab.
Sollte ein solches küssendes Ekel wirklich Sympathien einflösen?
Die Verfertiger des Films sind jedenfalls davon überzeugt. Es
erübrigt sich, das Machwerk näher zu charakterisieren, das nicht
nur läppisch ist, sondern auch von falschen Details strotzt. Raea.
Herr Taube, der nichts dazu kann, daß er eine dumm kon
struierte Arbeiterfigur spielen muß, hat seinen großen Augenblick
nach der Mordtat. Von den Polizisten und der Menge umdrängt,
spricht er mit feiner Tochter. Spricht er mit ihr? Die Sprache ist
so zerbrächen wie das Gesicht, wie die ganze Gestalt. Man fühlt:
das scheinhafte Ich hat sich aufgelöst, die harte Kruste ist, zu spät,
explodiert. Seiner Partnerin Lilly Kann glückt das Gemisch aus
Gedrücktheit und vitaler Sehnsucht, ohne daß sie die Rolle ganz
auszuwattieren vermöchte. Elaire Winter als beider Tochter:
eine reizende Erscheinung, die richtige Blume im Kehricht. Sie gibt
junge Unschuld; das Entsetzen über den Word meistert sie w
Mit Frau E i n z i g s drastisch-vulgären Tönen und Gebärden
wird niemand so leicht wetteifern können. (Unnachahmlich führt sie
den Hund spazieren.) Ein berückender Fruchteisitaliener ist Herr
I m p e k o v e n, durchaus italionissirno, mit neapolitanischem
Dialekt. Die kleine Szene von Herrn Verhornen und Frau
Menz ist eine Solonummer für sich; er ein Eastendlucki, sie völlig
beschwipst. Sybil Rares, die durch ihre Stimme wirkt, macht
Wenigstens an einer Stelle die sonst verschleierte Innerlichkeit des
allzu herben jüdischen Mädchens transparent. Herr Arie ist ihr
sensibler Bruder. An charakteristischen Episodenfiquren wären noch
zu nennen: Herr Biberti, Herr Engels, Herr K a t s ch,'Frau
Obermeye r, Hilde Marin Kraus. 8. Krämer.
Flieger gibt. Der Schwiegersohn muß unter allen
ein Seemann sein. Natürlich wird der Kapitän zuletzt
eines besseren belehrt. Der Film, der in der N e u e n st
buhn e lauft, hat groteske Züge und endigt mit einem Verbrecher-
Ler^ netter Kerl ist der Mowie^
d veesr o h nd i eerrs di ered R eon l d l e dee i rneasuc M h a i u n s i a a nd t e u re r n is fil t men
beobachteter, scharf montierter amerikanischer
PolrZerfrlm. Er spielt in dem durch sein Verbrecherleben
mternatwnal bekannten Chicago. Detektive und Revolverhelden,
?^be arnd Polizei sind ineinandex verfilzt — ein unsichtbarer
Kneg ber dem man beinahe vergißt, um was es geht, so sehr ent
arten yre Kampfe zum Sport. Auch noch in anderer Hinsicht be-
geben srch oie Hüter der Gerechtigkeit aufs Niveau der Gegenpartei
herab und entwerten damit ihre höhere Sache. Sie stellen nämlich
Z^hbre an, deren Barbarei in einem zivilisierten Staat nicht
geduldet werden, sollten, und unterziehen di- gefangenen Verbrecher
unmenschllchen Quälereien. Auge um Auge, Zahn um Zahn, so
tautet hrer die Parole. Da die Rache kein primitiver Gegenscklag ist
sondern auf Grund wohlüberlegten Handelns erfolgt, ist ihr Voll-
zuxp ziemlich widerwärtig. Bleibt die Spannung, die in der Tat
darrt der Regie Roland Wests der eines Wallace-Romans nicht
Mchsteht Sie wird durch die äußerst geschickte Exposition erzielt,
Äb aus lauter blitzartig aufspringenden Fragmenten besteht, deren
Smn sich erst nach und nach erhellt,- sie ist die Konseguenz raffi-
merter Parallelführungen und kunstreicher Verzögerungen: Ihren
Höhepunkts jener SZenenreihe, in der ein PolM-
spitzel entlarvt wird. Der reizende Bursche hat die ganze Bande
erngewlckelt und glaubt ihrer schon sicher zu sein. Mit einem Male
erfolgt in seiner Abwesenheit die Enthüllung. Die Minuten bis zu
semem Wiedereintritt sind nervenzerreißend. Eine splendide Aüs-
stattung trägt zur schlagkräftigen Wirkung bei. Pompös ist vor
allem das weltstädtische Vergnügungsetablissement, das den Ver-
brcchern als Hauptquartier dient. Unter den Darstellern tritt außer
dem erwähnten Spitzel Regis T oomeys nur Ehester Morris
hervor Er verkörpert den Verbrecherttzp, dem man das Verbrechen
mcht glaubt. Em netter, wohlgefälliger Jüngling, der höchstens in
Menen Augenblrcken seine düstere Natur preisgibt. — Der Film
laust in den Ufa-Lichtspielen im Schwan.