können? Aber diese angedrohte Prüfung ist eine blanke Ideologie,
deren Abhängigkeit von Interessen sofort durch den Plan enthüllt
wird, kritische Störenfriede bei ihren Verlagsunternehmen anzu-
zeigen. Das sind die Methoden von Raubrittern, die nicht mit
Argumenten, sondern mit. Pressionen kämpfen; um ganz davon
abzusehen, daß es schließlich den Verlagen überlassen bleiben muß,
sich ihre Kritiker auszuwählen.
„Die extrem-politische Einstellung mancher Kritiker in sonst
anders gerichteten Blättern", fährt der Lagungsbericht fort, „führe
häufig zu einer grundsätzlichen Ablehnung von Filmen im deut
schen Milieu, während häufig ausländische Filme wegen einer
radikal-politischen Tendenz die besondere Begünstigung der gleichen
Beurteiler fänden. Aufgezeigt wurde auch die sinnlose Geschäfts
schädigung, die darin liege, daß ein Kritiker mit leichten witzig
sein sollenden Worten einen Film abtue und dadurch die Export
möglichkeiten verhindere, jedenfalls die Ertragsmöglichkeiten ver»
ringere." In diesen Sätzen offenbart sich mit Deutlichkeit die
schlimme Verknüpfung von Patriotismus und Geschäft. Mam
fabriziert miserable Tonfilme aus Altheidelberger Requisiten oder
vom Rhein und verdächtigt dann den Kritiker, der einen solchen
Quark mit Recht verneint, et lehne das „deutsche Milieu" zu
gunsten radikal-politischer Filme des Auslands ab. Ein
Anwurf, der den einzigen Zweck verfolgt, der unabhängigen
Kritik den Garaus zu machen. In Wahrheit greifen die führenden
Kritiker jene Erzeugnisse nur an, weil sie kitschig sind und das
„deutsche Milieu" entstellen. Und sie loben Filme
wie die „Liebesparade", „Unter den Dächern von Paris" oder
verschiedene Russenfilme keineswegs der politischen Tendenz
wegen, sondern weil sie etwas taugen und der deutschen Film
industrie zum Vorbild dienen könnten. Woraus die patriotische
Elegie der Spio abzielt, gibt dem, der es immer noch wissen
sollte, ihre Auskunft zu erkennen, daß durch die Kritik häufig die
Ertragsmöglichkeit des kritisierten Fabrikats verringert werde.
Richtig ist daran nur, daß die betreffenden Produktionen oft noch
unter dem Geschmacksniveau des durchschnittlichen Kinopublikums
liegen, das denn doch nicht so dumm ist, wie Manche Film
fabrikanten es machen wollen.
Zum Schluß wurde in der Sitzung gefordert, „daß die
Theaterbesitzer im Reich" die Verlagsanstalten ersuchen sollten, die
Kritik auf Grund der Anschauung der eigenen Redakteure vorzü-
nehmen". Es bedarf wohl keiner Erläuterung dieser Absicht. Sie
spekuliert auf . die materielle Äbhängigkeit der Provinzkritiker von
ihren Zeitungsverlagen und wiederum auf deren materielle Ab
hängigkeit. Oiviäe et irapera heißt hier die Parole.
Die Filmindustrie hat mit diesem Vorstoß, der einem Dolch
stoß zum Verwechseln ähnlich sieht, ihrer Sache in der Öffentlich
keit nur noch mehr geschadet. Statt die Schuld an ihren Mißerfol
gen bei sich selber zu suchen, klagt sie die Kritiker an, die däs
ihnen änvertraute Amt redlich verwalten. Sie sollte gute Tonfilme
herstellen und möchte jene Sprecher unterdrücken, die schlechte Ton
filme schlecht finden. Sie sollte endlich erkennen, daß der Gewinn
an saubere' Leistungen gebunden ist, und zieht es vor, ihn durch
Mittel zu erzwingen, die nicht eben als fair Zu bezeichnen sind.
Daß auch diese plumpe Attacke Zu einem Mißerfolg führt, dafür
wird dieselbe öffentliche Meinung sorgen, auf deren Beeinflussung
nicht zuletzt die Filmindustrie soviel Gewicht legt.
Aus Anlaß des- Vorgehens der Spitzenorganisatton der Deut^
scheu Filmindustrie haben sich M in Berlin die Filmkritiker
der Berliner und auswärtigen - Zeitungen sämtlicher Rich
tungen zu einem „Verband Berliner Filmkritiker"
zusammengeschlossen. Zweck des Verbands ist die Erhaltung der
Unabhängigkeit der Filmkritik der Tagespresse und die Wahrung der
Berufsinteressen, vor allem gegen äußere Beeinflussung. Der Vor
stand besteht aus den Herren IHering, Kersten, Krafft,
Olimsky, Pohl. !
erfüllten LoIIsktivs unä äon nositlven ^.nsats 6er
Nasse. I^iedt ru dsstreiten. äak er von seinem ^us-
LanLsw'ukt aus eine Airradl väoktiLsr unä nütr-
Uodsr Diadlioks xeninnt. Vor allem äie. äak äer
Rilm als soleüer. inäem er äie Distanz äss /^u-
selmuers ankdedt. äie disüer in samtlielmn siokt-
daren Lünsten «e^aürt blieb, ein äsn Nassen zmxs-
ksdrtss RunstmittsI ist. äem äie Funktion äsr 3nb-
larvunL rruMt. (8ebr riebtis ksikt es am ZMuü.
äak äie Russen nur äarum so auLeroräentliebs M
misebe DsistnnLSU vollbraebt babsn, ^eil ^br ^Vollen
mit äen im Vilm auLsIsLtsn IsnäenMN Zusammen-
trM.) 2u äen soZioIosiseb wertvollen lntsi'ms-
! tationen. äis Ralä^s Keiner Rosition selruläet. es-
s bört etwa noeb äie äer ^VoebensebaunroLramme oäs^
äis eines Rilms wie „Nenseben am Konnta^", äsm
als ..Lleinbür^erromantib mit negativem Vorbei-
eben" auk^ekaüt-wirä.
Rreilieb, äie russiseben Dsdrsn sinä 2um Zebaäen
äer Deutungen all^usebr in Rauseb unä Rosen sinLe-
seiLt. Vala^s verbält sieb ibnen LSLsaüdsr un^ekäbr
wie ein Konvertit. Dr lebt niebt aus ibnen. er küblt sieb
bei ibnen unter Daeb unä Vaeb. Vorbebaltlos be
nutzt er äen xanLen Komplex äer russiseben läsolo-
sis. Da er sie in äsr kert-i^en Rorm übernimmt, in
äer sie bei uns LanL unä Lebe ist. ebne sie bis «u
ibrsm IlrsprunL 2urüeb2uverrolLen unä äerart von
innen ber 2u erkabren. reiebsn natürlieb äie aus ibr
LeroLbnen Leblüsse niebt in äie Riete. leb äsnks an
äie viel ?u simvis DrklärunL äes LleinbürLertüms
— äie Osstalt äes Dstsktivs 2. R. kommt um ibr
Reebt an äis nroblematisebe ^snKsrunL. äak
äis OroKauknadms, übsrbaupt äie Müs äer Camera
beim Objekt, äen allgemeinen Drang Lur Rinkaeb-
bsit Verrats, äer ,,von äer Lkensis äer beutigen Os-
neration gegen äis bergebraobten ^usäruekskormev^
äes keuäalen unä altbürgerUeben Oeistes" l.errübre;
an äie rsieblieb naive Doräerung. äis anlaMeb äer
Herrsebakt äes Ronkilms gestellt wirä: „äetrt müssen
enälieb äis Diebter an äen Rilm beran. Die besten,
äis größten. Dsnn jetrt ist es 2eit!"; an äie
Osbersobätrung äes einen oäer anäeren russiseben
Lrrsugnissss. in äem sieb kaute läeologisn umtrsi-
bsn (so äes Dewsebenko-Dilms: ,,Rräs"). Um gan2
davon Lu sebweigen. äak äis unkontrollierten ^n-
sebauungen keine Nögliebkeit gewäbrsn. äsn Linn
jener Düms aukLULeigen. in äenen niebt äas Nassen-
bakts regiert. Das sebsint Rala^s aueb einLuseben.
denn mitunter kinäen sieb ^bweiebungen von äer
Rauptlinis. stilksebwsigenäe Lou^essionen an äie
bürgerliebs Vorstelluvgswelt. lnsgesamt leidet äie
Einstellung an ibrer Unsedärks.
Dennoeb: äas Lueb ist ein Vorlüuker. unä Vor
läufer baden es sebwer. Ds entbält eine Nengs
guter Linsiebten. Und man wirä es unter allen Drn^-
Ständen mit Rutren lesen. Lr.
Oine plumpe Attacke.
Filmindustrie gegen Filmkritik.
LLr Berlin, Anfang November.
Die Spitzenorganisation der deutschen Filmindustrie, Spio
genannt, hat sich bei ihrer letzten Tagung mit der Filmkritik der
Tagespresse befaßt. Nicht etwa, um von ihr zu lernen, was sie nötig
hätte, sondern aus dem Bedürfnis heraus, unbequeme Stimmen
zum Schweigen zu bringen. Je tönender der Tonfilm wird, desto
stummer sollen seine Kritiker sein.
Ich zitiere ausbem im Neichssilmblatt vom 25. Oktober veröffent
lichten Tagungsberichk „Bei der ausgedehnten Besprechung über
allgemeine Tonfilmsragen," heißt es dort, „kamen aus der Ver
sammlung Worte der schärfsten Entrüstung über die ganz willkür
liche und unsachliche Mitik der Lonfilmpremieren in einem Teil
der Lagespresse. Auf Antrag des Verbandes der Filmindustriellen
soll in jedem Falle einer derartigen Kritik sowohl in der Öffent
lichkeit als auch den einzelnen Verlagsunternehmen gegenüber das
Unsachliche und Ungehörige unter genauer Prüfung der Eignung
und Vorbildung des Kritisierenden bekanntgegeben werden." Hierzu
wäre Zu bemerken: Es ist bisher nicht üblich gewesen, in der eigenen
Sache den Richter zu spielen. Zugegeben selbst, daß manche Kritiken,
dre man in den Tageszeitungen liest, insofern „willkürlich und
unsachlich" sind, als sie einen ungehörigen Tonfilm gutheißen —
dre Filmindustrie hat darüber am allerwenigsten zu befinden. Sie^
die für unsere TonsilmproduM verantwortlich zeichnet, sollte
vorurteilslos die Eignung und Vorbildung der Kritiker prüfen