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vational-
geäaedt
Während die angebliche Hauptsache von allen geglaubt und geprie
sen wird, nimmt die echte Hauptsache, die, auf die unser Leben wirk
lich bezogen ist, in der Welt den Charakter der Unscheinbarst
an, dsr niemand so leicht Beachtung schenkt. Jene um dieser willen
zu entthronen, ist daher eine Aufgabe, deren Bewältigung mitten
in die Melancholie hineinführt, wenn sie nicht gerade die Komik
heraufbeschwört. Nicht umsonst sagt man den Clowns nach, daß
sie melancholisch seien. Melancholie und Komik sind nur zwei Aus-
Der in ein Silbergewand gehüllte Clown, der wie der ältere,
schon gereifte Bruder seiner beiden Gefährten wirkt, kommt bnld
nach den einleitenden Späßen völlig grundlos auf den Gedanken,
daß man sich akrobatisch betätigen könne. Es ist eine Laune, sonst
nichts. Aber diese Laune setzt sich in den Zwei andern fest. „Akro
bat — schöön," sagen sie und schmücken dann das Thema so
lange aus, bis es förmlich zur fixen Idee wird. Diese nimmt all
mählich eine greifbare Gestalt an, verdichtet sich zu dem Projekt,
eine Brücke zu bauen. Was nun folgt, ist eine richtige Hand
lung, die sich aus dem Leitmotiv des Brückenbaues entwickelt. Kein
Theaterstück könnte eine geschlossenere Fabel haben, und während
der rote Faden, der die Bilder einer Revue miteinander verbin
den soll, gewöhnlich rasch abreißt, hält hier das Zwirnsfädchen
des Brückenbauplans sämtliche Aktionen bis zum Lausbübischen
Ende unzertrennlich zusammen. Der Witz ist nur der: daß die
Krücke auf lauter Umwegen zustandekommt, die wesentlicher sind
als das Ziel selber. Sie nehmen nicht nur die Hauptzeit in An
spruch, sie führen auch zu den entscheidenden Sehenswürdigkeiten
hin. Im Vergleich mit diesen ist die Brücke, die von den drei
Clowns mit Hilfe zweier Pagen errichtet wird, ein belangloses
Abfallprodukt, das, wenn es mit rechten Dingen zuginge, nicht die
geringste kompositionelle Belastung vertrüge. Es ist, als werde
man in einem Barockpark dazu genötigt, die großartigen Perspek
tiven, um derentwillen er angelegt ist, zugunsten unbeabsichtigter
Effekte zu vernachlässigen, die sich auf den Seitenpfaden vielleicht
bieten.
Bewußter und dialektischer könnten die Clowns ihre Mission
gar nicht erfüllen. Worin besteht diese Mission? In dem Nachweis,
daß das, was wir gemeinhin für die Hauptsache halten, in Wirk
lichkeit die Nebensache ist. Es gibt keine echte Clownerie, die nicht
die Bestimmung hätte, die herkömmlichen Weltverhältnisse umzu-
kehren. Schon die Zirkusspäße dienen dem Zweck, den Ernst der
Jongleure und Dressurkünstler aä adsm-äum zu führen (ohne ihn
darum ganz zu vernichten). Und wenn Grock mit dem Flügel nicht
umzugehen weiß oder Chaplin aus allen üblichen Beziehungen
zu den Dingen und Menschen Heraustritt, so geschieht immer
wieder das gleiche: die gewohnte Ordnung wird bagatellisiert und
die scheinbare Bagatelle in die Mitte gerückt. Tiefste Bedeutung
des Clowntums: die Akzente aufzuheben, die wir als Selbstver
ständlichkeit hinnehmen, und die Hierarchie der Werte in Frage zu
Ziehen, der wir im Alltag uns unterwerfen. Gerade das Wichtige
gilt dem Clown als unwichtig, und das Unwichtige schwillt vor
seinen Augen so riesengroß an, daß er es nicht mehr Zu übersehen
vermag. Durch diese Vertauschung der Proportionen gelingt es
ihm aber, auf die Zweideutigkeit hinzuweisen, die unserem Tun
innewohnt. Jenem vor allem, das auf die Errichtung von Werken,
von ungemeinen Taten usw. bedacht ist. Denn wie kein anderes
schnürt es uns vom Grunde des Wesens ab, spiegelt uns falsche
Größe vor und mauert uns ein. Babylonische Turmbauten sind
die der Clownerie zugeordneten Objekte.
und wisäsr Straßen sind äis t^piseksn ^uksnt-
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psrkrakt unä dößsrs Intelligenz auereietlnet, vsr-
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operkssts unä verwickeln siek wie äie Ringvsr-
tzine äer ^rwaeksenen in blutige Lämpks mit
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Oeriobte .gemaebt werden. Oerads in äiesen
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guten killen anruerkennsn und übsrkaupt inäivi-
äueU ^u vsrfabren gälte, vermißt man bei uns
bäukig den Kinsatr Kumansr Mtursn. Viellsiebt
gelingt es dem Bueb Rakknsrs, einige Kräfte ^u
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lostsn-Vanclen produktiv ?:u begegnen wissen, Ads?
man äark siob. Keiner lausobung darüber b!n-
geben, daß eine durobgreifenäe Beseitigung des
KliqueN'^Vesens nur von der Vesssrung unä Ver
änderung unserer allgemeinen VerkMmZse xu
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uvä maebsv. Lebaäe, äaü uiedt auob äer
LorlslistisedeiL Belegung ausKidrlieber
H^oräsa ist.
Akrobat-fchöön.
Von S. Kracauer.
Berlin, irn Oktober.
Die drei Andreu - Rivel , die wieder in der Scala auf
treten, sind Clowns von einer hohen Vollkommenheit. Kaum merkt
man ihnen noch an, daß der Clown dem Zirkus entstammt. Denn
sie produzieren nicht einzelne Einfälle, die zwischen einer Raub
tiernummer und einem Cowboyritt Platz hätten, sondern bauen
ein ganzes Gebäude aus Einfällen auf, ein in sich zusammen
hängendes Stück, das seinen Anfang, seinen Höhepunkt und sein
Ende hat. Aber widerspricht nicht eine solche Gestaltung der dem
Clown auferlegten Notwendigkeit zu improvisieren? Die Kompo
sition der Andreu-Rivel zeichnet sich dadurch aus, daß sie eigent
lich eine Folge von Zufälligkeiten ist und nur wie durch ein Wunder
zur Einheit gedeiht. Indem die Clowns sich zur Durchführung
eines gemeinsamen Werks vereinigen, betreiben sie in Wahrheit
^praktische Dialektik; das heißt, sie improvisieren nicht blank und
Won vornherein, sondern täuschen einen Werkwillen vor, den sie
'fortwährend desavouieren. So stellen sie die Gelegenheitsmacherer,
die doch ihr Beruf ist, doppelt drastisch heraus.
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K. Aaschwitz: „Per WaAeUwah«-.
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