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Gin Bati-Kttm.
Berlin, im Februar
Dr. Friedrich Dalsheim und Baron von Pless en haben
von ihrer Expedition nach der Insel Bali den Film: „Die
Insel der Dämonen" mitgebracht, der eine sehr glückliche
Mischung von Kultur- und Spielfilm darstellt. Schon immer sind
wir der Meinung gewesen, daß eine solche Mischung zu fordern sei.
Sie ist dem rein dokumentarischen Kultur-Film gegenüber dadurch
im Vorteil, daß ste die Bilder nicht nur mehr oder minder zu
fällig aneinanderreiht, sondern ste nach einem kontrollierbaren Leit-
prinzip auseinander hervorgehen läßt. Freilich kommt alles darauf
an, daß die Handlung, die als Ariadne-Faden dient, auch wirk
lich durchs Labyrinth der fremden Welt führt.
Um dieses Ziel Zu erreichen, haben die Verfasser des Films,
denen sich noch der landeskundige Maler und Musiker Walter
Spieß Zugesellt, die Fabel auf Grund von Erzählungen und
Berichten der Eingeborenen gestaltet. Sie ist also nicht von außen
herangetragen, entwickelt sich vielmehr aus dem Rohmaterial, das
vergegenwärtigt werden soll. Ihr Verlauf ist ungefähr folgender.
In einem balinesischen Dorf lebt eine alte Hexe, deren Sohn die
Tochter eines Kaufmanns liebt. Dieser erleidet durch einen Hahnen
kampf schwere Verluste, für die er das Unwesen der Hexe ver
antwortlich macht. Nachdem ihr auch noch die Schuld für eine
Sonnenfinsternis und ein großes Kindersterben aufgebürdet worden
ist beschließt die Gemeinde auf Rat des Priesters, den Hexensohn
zu einer wundertätigen Urwaldquelle zu schicken, deren Wasser das
Dorf retten wird. Während einige Mädchen Traumtänze produ
zieren, hat der Priester, der ins Urwaldwasser schaut, die Vision
eines Kampfes zwischen dem guten Geist Barong und dem bösen
Dämon Rangda. Der Dämon wird getötet, und im selben Augen
blick stirbt auch seine Verkörperung, die Hexe. Ein Danksest bildet
den Beschluß.
Der Vorgang, der sich eirnnal annähernd so zugetragen haben
soll, bietet die Gelegenheit, das Dorfleben auf Bali in weitem Um
fang zu Zeigen. Seine Schilderung fällt um so wirklrchkeiLsLreuer
aus, als die Darsteller durchweg Balinesen sind, die überdies im
Film zum großen Teil ihre Alltagsrolle spielen. Der reizende
kleine Entenjunge des Films etwa ist tatsächlich ein Entenjunge.
Mit einer erstaunlichen Sicherheit, die offenbar die Frucht einer
langen und intensiven Kollektivarbeit ist, veranschaulichen alle
Personen die verschiedenen Zustände ihrer realen Existenz. Am
interessantesten ist wohl die tonfilmisch ausgezeichnet gelungene
Wiedergabe der Traumtänze. Man steht, wie die kindlichen Tänze
rinnen rasch in Tranes geraten und zur Begleitung lsNöerLarer
Mädchen- und Männerchore ihre genau abgemessenen Bewegungen
vollführen. Der Hexenglaube ist durch die noch vorhandenen
Mythischen Gemeinschaftskräfte hinreichend fundiert. Großartig
sind auch dse Hahnenkawpfszenen, die. Episode im Urwald und
eine nächtliche Tanzerei. Dabei haben es die Autoren zum Glück
keineswegs darauf abgesehen, nur seltene Ereignisse darzübieten,
sondern versuchen nach Möglichkeit das ganze, stark kultisch be
stimmte Dasein zu erfassen. Markttreiben, Bebauung der Reis
felder, Straßenbegegnungen und häusliche Existenz: das alles'
ist seinem Rang entsprechend behandelt.
Gute Montage und schöne Bilder, die durch die hervorragende
Abstufung der Helligkeiten auffallen, erhöhen den Wert des Films
und drangen seine paar schwächeren Stellen vollends in den
Hintergrund ab. Die Szene des Kindersterbens zum Beispiel ist
zu abrupt eingebaut. Kein eigentliches Gebrechen dagegen sind
gewisse Längen, die sich mitunter zu bilden scheinen. Sie erklären
sich nicht aus der ungebändigten Lust am Berichten, sondern rühren
von der Mischform her, die hier mit Recht gewählt worden ist.
Manche Abschnitte, die vielleicht für die Spielhandlung unnötig
wären, sind als Bestandteile des Kulturfilms unerläßlich. Und
umgekehrt haben einige Szenen, die den Spielfilm voran treiben,
nur eure untergeordnete dokumentarische Bedeutung. Da aber auf
beiden Partien: der kulturellen sowohl wie der spielerischen, der
gleiche Akzent ruht, ist auch das Nebeneinander purer Beschrei
bungen und betonter Handlungseffekte kaum zu vermeiden.
Vermutlich wird sich die Bali-Kultur nicht mehr lange in ihrer
jetzigen Unberührtheit erhalten können. Um so wichtiger ist ein
solcher Film. Er verhindert, daß diese Kultur in Vergessenheit
gerät und bewahrt gerade diejenigen ihrer Aeußerungsformen auf,
die sich aus literarischen und künstlerischen Zeugnissen nur unzu
reichend erschließen lassen. 8. LraeLusr.