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H:Kracauer, Siegfried/01.01/Klebemappe 1921 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.01/Klebemappe 1921 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043378
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.01/Klebemappe 1921 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.01/Klebemappe 1921
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1921
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

Hund entschiedener Schulreform^. 
L 
--- Frankfurt, 17. Mai. 
Der Bpub entschiedener Schulrefsrmer, der 
1918 kurz mach der RevMtion gegründet wurde, hält gegen 
wärtig seine sechste Tagung in Frankfurt ab. Der Bund, dessen 
Mitglieder sich satzungsgemäß Zur Idee des freien Volksstaates 
und zum Geiste sozialer Gemeinschaft bekennen, erstrebt die 
bewußte Einstellung der Einzelpersönlichkeit auf die Allgemein 
heit und sucht im Kampf um die Verwirklichung seiner pädago 
gischen Forderungen an der sittlichen und geistigen Erneuerung 
des gesamten deutschen Erziehungs- und Bildungswesens mit- 
zuarbeitern Die jetzige Tagung soll dazu dienen, die Oeffent- 
lichkeit über die bisherige Tätigkeit und die einzelnen Ziele 
des Bundes sufzuklären. « 
Die heutige Vormittagssitzung im Bürgersaal des Rathauses 
wurde durch den Vorsitzenden Dr. Sander eröffnet, der auf dir 
wachsende Bedeutung des Bundes hinwics und sich kurz über dessen 
organisatorische und propagandistische Maßnahmen verbreitete. 
Stadtschulrat Schüßler begrüßt hierauf die Versammlung im 
Namen des Magistrats und der städtischen Behörden. Er erwähnte, 
daß die Stadt Frank'urt jetzt zwei Reform-Volksschulen ins Leben 
gerufen habe, und bezeichnete es als die Aufgabe des Bundes, 
durch seine Tätigkeit das Schulwesen vor der Verkalkung zu be 
wahren. 
Als erster Redner des Tages sprach Pros. Franz Staudin - 
ger (Darmstadt) über die sozialen Bedingungen und 
Hindernisse der Erziehung. Als Volks Wirtschaftler, so 
betonte er einleitend, fühle er sich vor allem deshalb zu den Bestre 
bungen des Bundes hingezogen, weil dieser die Erziehung auf 
praktische Tätigkeit der ZöglMe gründen wolle. Daß 
schon in der dem einfachsten Einzelzweck geweihten praktischen 
Tätigkeit die ganze Kette von Wirtschaft, Technik, Recht, Ethik, ja 
sogar von Kunst und Religion beschlossen liegt, muß durch geeig 
nete Erziehung ins Bewußtsein erhoben werden. Für die Heran 
bildung der Einzelmenschen Zu gemeinschaftsbewußten Persönlich 
keiten ist aber die Art des jeweiligen menschlichen Zusammenlebens 
von entscheidender Bedeutung. Wir leben heute noch in einer Zeit 
heftigster Kontrahenten- und Konkurrenzkämpfe, während doch 
alles darauf ankommt, daß jene Einhelligkeit, die die Persönlichkeit 
zwischen ihren vielen Trieben und Bejahungen herzustellen hat, 
auch innerhalb der Gemeinschaft erreicht wird. Zur Schaffung 
echter Kulturgemeinschaft ist es erforderlich, den individuellen Han 
delsaustausch in Gemeinschaft'saustausch umzuwandeln, 
der allein den sozialen Frieden verbürgt. Der Redner begrüßte 
die Versuchsschulen und Siedlungsschulen, die auf das von ihm 
hervorgehobene ferne Ziel einer neuen Gemeinschaftsorganisation 
hinarbeiten. 
Ueber das Werden der neuen Schule sprach sodann der 
Bundesvorsitzende Prof. Paul Oestreich (Berlin). Er stellte 
fest, daß Schulreform zugleich Lebensreform bedeutet und kenn 
zeichnete es als das unendlich ferne Ziel all^r Erziehungsreform, 
die heutige Schule, die eine lebensferne Bildungskaserne ist, in j 
eine produktive Lebens st ätte der Jugend überzu- 
führen. Um das Zu erreichen, versucht der Bund zunächst durch ge 
eignete Propaganda die Einsicht in die Gründe der gegenwär 
tigen Menschheitsnot zu wecken und über die Möglichkeit einer 
Rettung auszuklären. Er fordert eine andersartige Ausbildung der 
Lehrerschaft (Oefsnung derHochschulen für sämtliche Lehrer!), 
strebt danach, die Elternschaft für die neue Erziehung Zu gewin 
nen und reicht der Jugendbewegung, insbesondere der des Prole 
tariats, verständnisvoll die Hand. Das Werden der neuen Schule 
selbst soll nicht durch gewaltsamen, zentralisierten Zwang, sondern 
durch elastische Betätigung der lebendigen Kräfte gemäß ihrer 
örtlichen Stärke erwirkt tperden. Wie der Bund z. B. den Abbau 
der Vorschulen, des Berechtigungswesens usw. begrüßt, so unter 
stützt er die Gabelungen m oen Oberklaffen, die Sommerschulen, 
die Errichtung von LundheimeO usw., kurzum alles, was die 
elastische Bewegungsfreiheit der Schüler vergrößert und zur 
Produktionsschule h'marbeitet. 
An Stelle der verhinderten Dr. Anna Siemsen (Düsseldorf) 
sprach Dr. Siegfried Kam er au (Cbarlottenburg) über dieEr- 
ziehungder Geschlechter. Die ungeheure Verwirrung 
unserer Zeit gerade A -sichtlich des Sexualproblems führte der 
Redner auf die heüU übliche durchgängige Verwechslung von 
Erotik und Sexualität zurück; und zwar entspricht nach ihm die 
sexuelle Einstellung ds,. Verstand-skullur der alten Gesellschaft, 
während die erotische Einstellung das Ziel der neuen Gesellschaft 
ist. die die Einheit von Leben und Geist Zu verwirklichen trachtet. 
Die erotische En'wlcktung der Geschlechter vollzieht sich auf Grund 
des biogenetischen Gesetzes in einem. .ganz verschiedenen Rhyth 
mus, und diese Erkenntnis gilt es für die Erziehung von der 
frühesten Kindheit an fruchtbar zu machen. Der Redner stellte Er 
ziehungsleitsätze auf, in denen er u. a. betonte, daß die von dem 
Bund geforderte Koedukation ohne Zwang je nach den be 
sonderen Umständen durchzusühren s-ei, wie die sexuelle Aufklä 
rung sich aus dem organisch m Zusammenleben in der Familie 
ganz von selber ergeben müsse. 
Zu Beginn der Nachmittagssitzung verlas Pros. Oestreich 
eine am Vorabend der Tagung von der Mitgliederversammlun.g 
des Bundes beschlossene Erklärung, die gegen den Reichs 
schulgesetzentwurf Einspruch erhebt. In der Erklärung 
wird u. a. gesagt, dyß die Annahme und Durchführung dieses Ent- 
! Wurfes das deutsche Schulleben in die schlimmsten Zeiten der 
Konfessionellen und bundesstaatlichen Zerrissenheit, zurückwerfen und 
Revolution der Seelen. In der demokratischen 
Jugendgruppe sprach dieser Tage Pfarrer Ernst Klein 
über „Die Revolution der Seelen". In seinen einleitenden 
Worten erinnerte der Redner an die Pfingstgeschichte und an die 
Ereignisse der Reformation, die beide ein Beweis dafür sind, daß 
neue Weltgestaltungen stets nur aus dem Aufruhr der ^oelen heraus 
geboren werden. Auch in unseren Tagen kündigt sich die Geburt 
einer neuen Welt an. Man kenn es heute in Deutschland immer 
wieder beobachten, daß die Menschen durch rein politische Ent 
scheidungen, mögen sie auch von noch so großer Tragweite sein,' 
viel weniger in Spannung gehalten werden, als durch Vorträge 
oder Theaterstücke, die irgendwie die Erlösung der Welt und der 
Menschenseele zum Gegenstand haben. Dieses ehrsurchtgebietende 
Suchen nach neuen Wegen, zu dem es trotz ihrer Sorge ums täg 
liche Brot die Menschen unwiderstehlich drängt, erklärt sich wohl 
mit daraus, daß wir jetzt nach und nach den Krieg und den Ver 
trag von Versailles als das Zu erleben beginnen, was sie eigentlich 
gewesen sind: als die schamlose Selbstenthüllung der Kulturmensch 
heit. Und indem wir jene Ereignisse ihrer wahren Bedeutung nach 
erleben, wissen wir zugleich: eine Kultur, die sich auf so furchtbare 
Weise offenbart, kann nur noch ein „lebender Leichnam" sein sie 
ist schon längst tot, uns aber fällt die Verantwortung zu, aus ihren 
Trümmern eine neue Welt zu bauen. Sehnsucht nach einem 
kommenden besseren Reich bewegt heute viele Millionen Deutscher, 
deren Herz mit religiöser Inbrunst um die Wiedererheöung des 
Vaterlandes fleht, bewegt auch mißgeleitete Kommunisten, denen 
die Revolution nicht die Erfüllung ihres Traumes von der Er- 
weckung des Menschen im Menschen brächte. Was bleibt uns zu 
tun, um die große Wendung herbeizuführen? Wir haben uns vor 
falschen Propheten zu hüten, uns wartend in Bereitschaft zu halten 
und dessen eingedenk zu sein, daß wir nur durch Selbsterkenntnis' 
und Buße reif für die Empfängnis des Neuen werden. Erst wenn 
wir uns in allen Dingen des Lebens zur Wahrheit durch- 
gekämpft haben, beginnt die eigentliche Revolution der Seelen, erst 
dann können wir das Reich Gottes auf Erden erlangen. 
--- Die Notlage der Deutschen in Polen. In einer vom Phi 
lologenverein im Einvernehmen mit der Gesamtlehrerschast und 
den Elternbeiräten veranstalteten VersEmlung sprach Direktor 
Treut (Bromberg) über das Schicksal des Deutschtums und ins 
besondere der deutschen Schulen in Polen. Obgleich der polnische 
Staat an den Minderheiten-Schutzverk deß Versaillrr Friedens 
gebunden ist, der ihn zur liberalen Behandlung der deutschen Mino 
rität verpflichtet, lauft seine ganze Kritik doch darauf hinaus, die 
Provinzen Posen und Westpreußen zu entdeutschen. Durch wirt 
schaftliche und kulturelle Bedrückungen wird die Ausrottung des 
Deutschtums systematisch betrieben. Das schilderte der Redner ein 
dringlich an Maßnahmen gegen Bauernschaft, Großgrundbesitz, 
städtische deutsche Bevölkerung Presse. Daß die deutschen Biblio 
theken und Theater geschloffen werden, und die deutschen Kirchen 
beider Bekenntnisse, besonders aber die katholische, mannigfache Be 
drückungen erfahren, versteht sich beinahe von selber. Und nun die 
deutsche Schule! Nach dem Friedensvertrag wäre der pol 
nische Staat zur Unterhaltung der deutschen Volksschulen und der 
höheren deutschen Schulanstalten verpflichtet gewesen, er hat sich 
aber weder zu dem einen noch zum andern verstanden. Wie heute 
die Dinge liegen, sind die Deutschen in Polen darauf angewiesen, 
durch die Gründung von Priv ätsch ulen für eine deutsche 
Erziehung ihrer Kinder zu sorgen. Dank der Hilfe aus der Heimat 
ist es bereits gelungen, eine Reihe von Privatschulen ins Leben zu 
rufend die, trotz der ihnen durch die Polen bereiteten Schwierig 
keiten den Unterricht notdürftig fortführen. Freilich 
Selbsthilfe ist immer Nothilfe, so schloß der Redner, und Aufgabe 
der Heimat wird es sein, diesem Privatschulwes-en, von dem die 
ganze Erhaltung des Deutschtums in Polen abhängt, alle erforder 
liche moralische und materielle Unterstützung angedeihen zu lassen. 
Im Anschluß an den Vortrag wurde von der Versammlung eine 
Resolution angenommen, derzufolge sich alle hiesigen Lehrerorgani 
sationen und Elternbeiräte zu einem großzügigen Hilfswerk für die! 
deutschen Privatschulen in Polen vereinen. Ein eigens hierfür er- 
nannte^ Ausschuß soll die vorbereitenden Schritte erledigen. 
Der B. T>^A. (Bund deutscher Architekten), der heute bereits 
die Mehrzahl der deutschen 'Baukünstler umfaßt, hält seine dies 
jährige Bund est-agung vom 27. bis 29. Mai in Cassel ab. 
Neben den WirMaftsfragem des Standes der PrivaLarchitekten 
sollen vor allem die kultu r ell enZiele der deutschen Archi- 
lektenschaft zur Erörterung kommen. Zu den Verhandlungsge 
genständen gehören" u. a. ' ^ie Einrichtung von Architektenkam 
mern, das Vermächtnis der Privatarchitekten zu den Baubeamten 
und die künstlerische wie technische Ausbildung der Heranwach 
senden Architekten.
	        

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