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H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043383
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1927
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

- 
Wemie im Kotet. 
Eine Dame und ein Herr fitzen in der Hotelhalle. EZ ist ihnen 
! nichts Besonderes anzumerken, sie plaudern Wer.Familienangele- 
genheiten, wenn sie nicht vorziehen zu schweigen. Die Hotelhalle 
gleicht dem Wandelgang eines Kurhauses in einem kleineren Bade 
ort für frühere Fürstlichkeiten und den heutigen Mittelstand. Ge- 
' malte Vögel Zwitschern auf den Staketen, im Hintergrund öffnet 
sich ein Muschel Bald ist es Ostern. Vor den Kurhäusern 
finden dann mittags Promenadenkonzerte statt. 
Durch die Hotelhalle wird ein blaues Flämnichen getragen. 
Man sieht es dem Kellner an, daß er noch nicht viele Flämwchen 
getragen hat, das Flämmchen ist ihm anvertraut worden. Eine 
wunderbare Erscheinung, wie- es vorbeizieht und leuchtet. Viele? 
Herrschaften unterbrechen ihre Gespräche und drehen stch nach dem 
Flämmchen um. EZ leuchtet in seiner Bescheidenheit niN gc-! 
ringsten'Heller. 
Das Flämmchen wird auf den Tisch gestellt, an dem der Herr 
und die Dame fitzen. Sie bekümmern sich nicht um seine Gegen 
wart; nur die Dame blickt mitunter schräg aus den Augenwinkeln 
herüber. Der Herr trägt einen Smoking. Er stammt von der 
Ostsee, in der er angelt. Wenn ihm die Dame jetzt w-egsiürbe, ver 
anlaßte er das Nötige und ging gefaßt in sein Zimmer. 
Das Flämmchen ist nicht allein auf der Welt, sondern erhitzt 
ein chemisches Laboratorium, das aus mehreren Glaskugeln be 
steht. In der höchsten Kugel liegt eine schwarzbraune Masse, in 
der unterem die mit jener durch eine Röhre verbunden ist, brodelt 
Wasserdampf. Drei Kellner umstehen die Retorten und machen stch 
flüsternd auf Einzelheiten aufmerksam. Die Szene gemahnt an 
ungewohnte Vorgänge in einem Herren-Friseurgeschäft. Läßt sich 
ein Herr etwa den Kopf elektrisch massieren, so strömen die Ge 
hilfen hinzu und lassen die Funken springen. Auf den Glaskugeln 
spiegelt sich das Muschelbassin. Die Dame spricht sächsisch. 
In der Halle ist vom Orient die Rede. Ohne Zweifel handelt 
es sich bei den Glaskugeln um Kaffee, nach türkischer Art. Ein 
deutscher Chemiker hat vielleicht in der Türkei den Kaffee lieben 
gelernt und später die Kugeln erfunden. Die Türken find trotz 
ihrer Reformen bei der altmodischen Kaffeebereitung stehen ge 
blieben. Nun ist die Herstellung des türkischen Kaffees wissen 
schaftlich gesichert. 
Oben liegt noch immer unverändert die schwarzbraune Masse. 
Die Kellner reden dem Flämmchen gut zu, das Publikum erwartet 
nervös den Ausgang des Experiments. Am Ende ist die Masse 
gar nicht Kaffee, und die Glaskugeln dienen anderen Zwecken. 
Der Herr, der Auskunft geben könnte, schweigt, seine Dame erzählt 
von Onkel Paul. Man hört den Namen deutlich, weil all.es den 
Atem anhält. Der von einem Kellner gerufene Direktor erscheint 
und winkt kalt mit der Hand. .Behutsam wird das Flämwchen 
wieder herausgetragen. Das Experiment ist mißglückt. 
Zum zweiten Male schwebt das Fläinmchen du^ch oie Halle. 
Die Gäste fühlen sich beschämt und blicken angestrengt von ihm 
fort. Ein leises Zischen rüttelt sie aus ihrer künstlichen Gleich 
gültigkeit auf. Der Direktor muß ein Hähnchen gedreht haben, 
denn der Dampf in der unteren Glaskugel steigt nach oben, erweicht 
die dunkle Masse zur Flüssigkeit und holt sie nach unten zurück. 
Alle Glaskugeln sind schwarzbraun. Es war doch Kaffee. Er ist 
chemisch entstanden. 
Die, Spannung in der Halle löst sich Zwei früher nicht bemerkte 
Mskkatäßchen vor dem Herrn und der Dame werden von Msi 
Kckimrn gefüllt. Eigenhändig kommt der Direktor au den TisÄ» 
und gibt beruhigende Erklärungen ab. Der Apparat ist seine? aus- 
^klügelten Einrichtung- wegen schwierig zu handhaben oder erzeugt 
uub dmür auf rationelle Weise Kaffee Wir leben in; .Mml-w du 
^Rationalisierung. Der Herr und die Dame führen' Zeitgemäß 
Tassen zum Mund. Der dritte Kellner löscht das Flämmchen vor- 
fichtig aus, montiert nach genauer Anweisung des Direktors die 
oberen Glaskugeln ab und enfiernt sich mit diesen aus der Halle. 
Niemand weiß, warum der unteren Kugel die Vergünstigung ge 
währt wird, noch auf dem Tischchen zu weilen. Wie hübsch wäre 
es, wenn Goldfische in ihr schwämmen. Auf den Staketen zwitschern 
die Vögel.
	        

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