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H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043383
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1927
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

In KerZrvraL'L RLNÄ M^iK. Voveiierr. Von 
Knck?/a--ck Lip^Ln//. kn§ OeM§6?r6 redev- 
tvaasn von Kuäoif von 8e/ro?t2 nnä ^Me?m 
^s^mttnn. I-erv^i.a, Inst. Z6^ Keitsn. 6^eb. 
6.56. 
Den srstM bsiäsn UäQäsn äsr inusterMtiMN Lin- 
! UuK ^us^Lds äss kaulHst-Verlags Ist rassd äisssr 
I16US Mkol^t. äs? oius ^N23,di von dlovsttsn sebt Hp- 
liLKsedsu Osdlüts Vbrsmi^t. vis mäiseks 801ms drütst 
über äsn 8eb^Lr2sn uuä V/siLsn, äsr vlebtsr lisdt 
äis Uit^s, aued ssins Nsnssdsn sinä beiü. l^r dsä^rt 
äsr sxotissbso I^amässbsckt nur, um ssins Oesebönks 
LUS äsr Civilisation voraus xustsllsn uuä sis 3,1s 
i^atur^vsssu 2U 2SiMQ; uisbt um 6s 3 Lxotisehsu 
ss^dsr ^su. lu äsr ^ropsu^ut ottsudart sied äsm 
alten Usiäsn Llpliu^ der Nsnsed, ^is sr vou l^atur 
Lus ist. vadsr sr äsun aued mit uuvs^dod^snsr 
^Vouns iu sinsr ^r^LliIuu^ ssins Inäsr, äis äsm Oott 
äsr vins:6, ^vis sis sinä. äisnsn. über äsn armen, dra- 
vsu äsutsedsn Missionar triumndisrsn lallt; äsr näm- 
lied äisut äsm 6ott äsr vinM, ^is sie sein sollen. 
Mit arimmiMM Uumor uuä dort ^u^rsilsnäsr 8praeds 
vaedt sr äis sedv/ar^sn ä>usu an unä sednitxt sis iu 
8ednurrsn ^ursedt. 8is srsedsinsn adersMudised, siksr- 
süedti^, lüMsrised uuä siuä im Orunä präedtiZs 
Lsrls, unvsrdilästs dlaturnroäudts aus äsn Osedun- 
wlMMnäsn. an äsusu man niedts änäsrn soll. Nit 
idnen srstsdt äis idanäsedatt. äsr sis ent^vaedssn; 
! sius Ilsdsrseä^smmuu^ ist dsrrlied Msediläsrt. 8sins 
unMdroedsnsn männdedsn Instinkts küdrsn äsu vied- 
tsr von ss'dsr 2ur naiven Verdsrrlieduns; äss Em 
pire uuä äsr luMuäsu äss en^iseden Nitttars. ^dsr 
sr suedt äa« Usläentum sdsr bei äsu (Gemeinen als 
dsi äsn Okkizim'su uuä dat Usrr Müus. äis vaZa- 
bunäendakten ^.nasdöri^^n äsr unteren Volks sein eil 
ten mit Olan2 2u üdersodütten. ra. 
Sonntag Morgen. 
Von L LL«». 
Wundervoll gekleidete Herrschaften promenieren am Sonntag 
Morgen- zum 8013 immer auf der einen Seite der Avenue, so 
verlangt es der Brauch. Warum es ein Brauch ist, wissen sie nicht. 
Während sie gruppenweise hinschlendern, betrachten sie sich und 
flirten ein wenig, wohlerzogen wie auf Porz-ellantellern. Ueber 
die Bräuche nachzudenken, wäre ihnen zu beschwerlich. Winzige 
Herrchen und Dämchen schreiten würdig im Zug, Kinder ohne 
Zweifel. Sie sind in Pelzmänteln und Galoschen geboren, niemals 
werden sie schmutzig. Die Rasenflächen leuchten grün, und daher- 
geritten kommt ein General aus der Schulgrammatik, wo er das 
Subjekt in Hauptsätzen ist, -ein stolzer General mit seinem Fräulein 
Tochter. Er verschmäht es, um sich zu blicken, die Welt ist in 
Ordnung. 
Es ist noch früh, vor Mittag. Neben die Straßen im Lors 
hat der liebe Gott Gebüsche und Bäume gestellt und ihnen ein 
besonders gesittetes Benehmen zur Pflicht gemacht, weil die b ste 
Gesellschaft sich unter ihnen ergeht. Täglich werden sie frisch 
gebürstet und zurechtgestutzt wie die Schoßhündchen in den Salons. 
Der Lieblichkeit wegen sind auch Seen angebracht, die sich mit un 
befangener Natürlichkeit Winden, längliche und runde, jür jeden 
Geschmack. Die Ruderpärchen auf den Seen flüstern in 
Alexandrinern. An den Ufern liegen entzückende Pavillons, in 
denen berühmte Schauspielerinnen zu dejeunieren pflegen. Hinter 
den Spiegelscheiben sieht man den General vor einem gedeckten 
Tischchen sitzen, seine Tochter ist von Verehrern umringt. Draußen 
schnauben ungeduldig die Rosse. Bald sprengt die Kavalkade 
davon. 
Ueber die Hauptalleen rollen elegante Autos, die sich ohne 
Unterbrechung an dem schönen Morgen erfreuen. Sie kennen 
einander und nicken sich Zu. Die Püppchen in ihren Fenstern sind 
kleine Idole, die vor Unfällen schützen und die Insassen erheitern. 
Wenn es den Alleen zu anstrengend ist, gradeaus zu laufen, 
krümmen sie sich sanft. Das Naturempfinden der Limousinen ist 
so fein ausgEldet, baß sie bei malerischen Punkten von selber 
stoppen. Die Herrschaften steig-en aus und wandern auf ver 
schlungenen Pfaden durch die Waldnischen, die für solche Aufent 
halte vorgesehen sind; die Pfade leiten wieder zum Ausgangs 
punkt hin. Nach dem Genuß der Wälder sinken die Herrschaften 
befriedigt in die Polster Zurück. 
Die Lichtungen sind als Tennisplätze und Rennbahnen aus 
gebildet, auf Venen sich die große Welt in modischen Kostümen 
Leugnet. Vornehm schlafen die Tribünen in den Morgen hinein, 
sie empfangen erst später. Von jenseits der Seine glänzen weiße 
Häuschen auf den Hügeln; die ganze Natur hier ist hochherrschaft 
lich. Selbst ein Kammerdiener könnte sich ohne Anstand in ihr 
bewegen. 
Dem Lois entlang dehnen sich die Villen und Wohnpaläste. 
Manche 'haben sich in Privatstraßen zurückgezogen, die nur mit 
Ausweis benutzt werden dürfen. Das Personal hat seinen eigenen 
Aufgang, man ist unter sich. Eine mVd abgetönte Ruhe herrscht 
in dem Viertel. In der Palmenhalle eines Blumengeschäfts be 
spricht die Frau des Generals Mit der schmucken Verkäuferin ein 
Arrangement. 
Um die Mittagsstunde kehren die Limousinen aus dem Dois 
zu den Wohnpalästen zurück. Aus der einen Hüpfen leichtfüßig 
zwei junge Mädchen in Kornblumenblau, die sich mit ihren Be 
gleitern einem schmiedeeisernen Portal zuwenven. Wie hübsch 
baß man im Grünen zusammen war, morgen abend trifft man sich 
im Theater. Sie winken sich Abschied zu, und das eine Paar 
fährt davon, nur wenige Schritte weit, zu einem der Nachbar 
paläste. Vor allen Portalen halten die Autos, die gleichen, die im 
8015 gehalten haben. Die Herrschaften sitzen oben, speisen und 
plaudern gewählt. Sie werden dann etwas schlafen wollen. Der 
General muß nicht um sich blicken, seine Tochter hat sich verlobt, 
die Welt ist in Ordnung. 
Der Schachspieler. 
r*SOLL. Paris, im Januar. 
Der französische Großfilm: „D e r Schachspieler" (1^ 
joueur ä eskecs), der Zur Zeit im Theater MELrivaux läuft, wrrd 
Karriere machen. Er ist nach einem Roman von Henry Dupuy- 
Mazuel in Szene gesetzt, der zu Ende des 18. Jahrhunderts in 
Polen und Rußland spielt und eine Episode aus dem Kampf um 
die polnische Unabhängigkeit mit vielen höfischen Jntrigen verziert. 
Weder die historische Fabel noch die Großartigkeit der Hinter 
gründe zeichnet diesen Film vor den deutschen der gleichen Gattung 
aus; obwohl die Arrangements in brn Schlössern zu Warschau 
und Petersburg mit kaum Zu überbietendem Geschick getrosten 
sind und das Näherrücken von Reitermassen durch dre Wahl der 
Blickpunkte und die Art der Bildfolg^e zu selten starker Wirkung 
gelangt. Doch hat man ähnliches bereits gesehen. Was da 
gegen hier wohl zum ersten Male auf der Leinwand dargestellt 
wird, ist der Schrecken, den automatische Figuren ver 
breiten. 
Kein besseres Thema ließe sich für den Film ersinnen. Die 
Automaten sind sichtbare Gegenstände, und klappt man sie auf, 
so kann man in das Innere blicken, das bei den Menschen ver 
schlossen ist. Nicht die Bewegungen nur, die sie vollführen, auch 
die Gründe ihrer Bewegungen sind wahrnehmbar; denn an der 
Stelle des Herzens haben sie Zahnräder und Spülen. Die mensch 
lichen Entschlüsse mögen die Sphäre des Films durchbrechen, der 
Automat geht bis zum Bodensatz seines Wesens in sie ein. 
In dem „Schachspieler" ist eine der Hauptpersonen ein Baron, 
den Charles Dullin, der Direktor des Montrnarrre-Theaters: 
„O'^telier" mit dünnen Lippen und dem für die Zeit der Auf- 
Närung bezeichnenden skeptischen Lächeln als einen ausgepichten 
Sonderling vergegenwärtigt. Nicht ganz zu Unrecht, da der 
Baron als würdiger Nachfahr Lamettries die Prunksäle seines 
Hauses mit selbs^eschaffenen automatischen Personen angefüllt 
Art. In die Mitte der kreisrunden Halle hat er sein eigenes 
Ebenbild hingestellt. Beliebt er auf die verschiedenen Hebel zu 
drücken, so erscheinen: ein Fräulein, das Mandoline spielt, ein 
Mann, der mit dem Kopf wackelt, ein rührendes Familiensttlleben 
und noch andere Scheinmenschen mehr. Sie wackeln, spielen, 
schreiten im Sinne des Barons, und so vollkommen ist in diesen 
Szenen der Film, daß man den Eindruck erhält, es seien du 
menschlichen Darsteller des mechanischen Hausstandes in der Tat 
Automaten, die ihrerseits wieder zu Menschen gediehen seien. 
Das Aeußerste ist aber in den SchlußaufirMen erreicht. Ein 
russischer Major dringt in das verlassene Haus, um irgendein 
kostbares Dokument an sich zu reißen, dessen Aufbewahrungsort 
er nicht kennt. Er gerät in die Halle und tastet die Hebel am 
Schaltbrett ab. Dinge geschehen, die ihn verwirren. Die weißen 
Tücher, unter denen die Automaten geborgen sind, schlagen Falten 
und setzen sich iu Gang. Der Major Zerrt an den Tüchern: 
freundlich lächelnd steht ihm der künstliche Baron gegenüber. Sein 
Schöpfer und Doppelgänger hat Einbrüche vorausgesehen und sich 
durch Mittel gegen sie zu schützen gewußt, die wirksamer, wenn 
auch umständlicher als Alarmglocken sind. Während der Major 
den Kopswackler mit dem Säbel guillotiniert, tritt er auf eine 
Fußbodenplatte, die mit gottweiß welchem Uhrwerk verbunden 
ist. Es öffnen sich ringsum die Türen. Aus allen Türen kommen 
automatische Soldaten mit geschwungenem Degen hervor. Sie 
rücken Schritt für Schritt auf die Mitte der Halle zu und kreisen 
den Major völlig ein. Neben ihm der künstliche Baron fährt be 
harrlich Zu lächeln fort und die Mandolinenspielerin Zirpt. Um 
sonst versucht der Major dem Säbelgefuchtel zu entrinnen. Die 
ausgeklügelte Fechtkunst der Homrnes rnLsbines ist größer als 
die eines lebendigen Offiziers. Er bricht zusammen. Ueber die 
Leiche senkt sich lächelnd der nun endlich aus den Fugen ge 
gangene Baron. 
In dieser Szene trifft der Film mit einer Wirklichkeit zu 
sammen, die ganz die seine ist. Der Automat, den er umgreifen 
kann, weil er ihm gleicht, besiegt hier den Menschen, und nichts 
entzieht sich mehr der mechanischen Aeußerlichkeit. Das Umsicht- , 
bare wird durch die farbige Sichtbarkeit verneint, keine andere 
Welt außer der den Linsen preisgegebenen scheint zu bestehen. 
Die Gewalt der Dinge über den Zum Ding gewordenen Men 
schen, die ein großes Thema der amerikanischen Filmgroteske ist, 
hat sich in der Ungestalt der Automaten dämonisch personi 
fiziert. 
Bilder aus diesem Film wird „Das Illustrierte 
Blatt" in seiner nächsten Nummer veröffentlichen.
	        

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