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H:Kracauer, Siegfried/01.11/Klebemappe 1932 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Bibliographic data

fullscreen: H:Kracauer, Siegfried/01.11/Klebemappe 1932 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Manuscript

Persistent identifier:
BF00043388
Title:
H:Kracauer, Siegfried/01.11/Klebemappe 1932 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]
Shelfmark:
H:Kracauer, Siegfried/01.11/Klebemappe 1932
Document type:
Manuscript
Collection:
Holdings and special collections
Year of publication:
1932
Copyright:
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Full text

C 
O 
S 
& 
$ • 
O 
Prohibition 
Von S. Kracauer. 
sonen als volle Individuen durchgestaltet, oder die 
könnte Sinclairs Roman als einen Sitten- 
r o m a n ansprechen. Außerordentlich interessant 
sind etwa die Einblicke, die er ins Leben der 
Patrizierfamilien aus dem Süden bietet. Sie hal 
ten an ihren Traditionen und Konventionen fest, 
verfügen über ein gewisses Erbgut an Phantasie 
und identifizieren nicht ohne weiteres den Wert 
Die Mattigkeit Sinclairs hat ihren Grund er 
sichtlich darin, daß es sich mit der Prohibitions 
bewegung ähnlich wie mit dem Pazifismus ver 
hält. Nicht anders wie der Krieg ist auch der 
amerikanische Alkoholismus keine isolierte Er 
ben aus vielen sozialen Schichten vereinigt und 
fesselnd verarbeitet ist. 
gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen sie leben, 
ganz freigelegt hätte. Bei seinem geringen Zug 
zum Individuellen war er also in Wahrheit vor 
allem auf die scharfe Darbietung der sozialen 
Konstruktionen angewiesen. Tatsächlich aber ge 
horcht er der Notwendigkeit, die Kämpfe ums 
feuchte Element soziologisch und sozialistisch zu 
motivieren, nur stellenweise und nicht sehr ener 
gisch. Gewiß, er zeigt, wie reiche Bankiers zu Al 
koholschmugglern werden, deckt die Heuchelei 
auf, die in den Lagern der Alkoholfreunde und 
ihrer Gegner herrscht, und läßt Maggie May in 
eine ausbaufähige Beziehung zur Arbeiterpartei 
geraten. Indessen, die Andeutungen dieser Art 
Ort der betreffenden Figuren ergeben. Die Be 
schaffenheit des Koordinatensystems, auf das er 
diese Figuren beziehen muß, hat aber Charakteri 
sierungsmängel zur Folge. Roger zum Beispiel 
soll ein charmanter Junge mit genialen dichte 
rischen Fähigkeiten sein, gehört jedoch leider 
der upper dass an und treibt sich dauernd unter 
und ihr Anstand wirkt etwas dürr. 
# 
und Prohibition: beide wenden sich gegen die 
Symptome eines Uebels, statt das Uebel selber 
an der Wurzel anzugreifen. Da sie aber die Her 
kunft der Symptome übersehen, können sie nicht 
einmal diese tilgen. Sie führen einen Kampf, der 
trotz mancher willkommener Einzelergebnisse 
aussichtslos ist; vorausgesetzt, daß er den Kämp- 
senden nicht zuletzt doch die Augen über den 
wahren Sitz des Krankheitsherdes öffnet. Wenn 
Sinclair, dem es, wie man weiß, um die Ver 
änderung der gesamten Gesellschaftskonstruktion 
geht, sich in seinem neuen Buch auf die Abwand 
lung des Problems Alkohol beschränkt, so schließt 
er eher die Augen. Und seine Befangenheit rührt 
Millionären herum. Sinclair fühlt sich daher ver- eines Menschen mit dem seines Besitzes. Die 
pflicht et, ihn einerseits zum Zyniker zu stempeln, Beziehungen solcher Familien zu New Yorkern 
um ihn nicht ironisch behandeln zu müssen, und sind bis in alle Details hinein beschrieben. Ferner 
ihn andererseits ironisch zu behandeln, weil er ist dargestellt: ein fixer Redakteur, der sich ge- 
nur ein goldblonder Liebling ist. Auch das Hei- schickt hochstapelt; der feudale Haushalt eines 
dentum, das Maggie May und Kip im Interesse Finanzgewaltigen; das Treiben literaturbeflisse- 
der Prohibition entwickeln, erfähit keine klare ner Gesellschaftskreise; der Alltag in einer großen 
Bewertung. Auf ihre Tapferkeit fallen Schatten, Pension. Ein reichhalt’ges Material, das Stichpro- 
Preis J 4.80) erscheint bei uns in dem Augen 
blick, in dem Amerika wieder naß werden will. 
Vielleicht ist dieses Zusammentreffen auf das 
Zögern des Autors zurückzuführen, den Kampf 
gegen den Alkohol aufzunehmen. Jedenfalls ver 
hält sich Sinclair auch in seinem Buch selber wie 
ein Zögernder, Er greift die alkoholischen Aus 
schweifungen an, ohne durchaus für das Pro 
hibitionsgesetz einzutreten. Man hat das Gefühl, 
daß die ganze Angelegenheit nicht unbedingt die 
seine ist. Der Ton des Buches ist ziemlich ge 
dämpft. 
eben daher, daß er eine Aktion in die Mitte sind stets Gelegenheitsprodukte und bilden jeden- 
rückt, deren Vordergründigkeit ihm gewiß nicht falls nicht die Hauptader des Romans. Es ist, als 
verborgen ist. Er müßte aber ein größerer Künst- befürchte Sinclair, von seinem Thema abzulen- 
ler sein, als er ist, um dennoch die selbstgewählte ken oder es zu bagatellisieren, wenn er die 
Aufgabe bewältigen zu können. So lahmen* ihn Scheinhaftigkeit des Prohibitionsstreites drastisch 
sachliche Skrupel, die sich ohne Zwischeninstanz enthüllte. Lieber beschränkt er sich darauf, das 
in ein künstlerisches Versagen umsetzen. Ge- Für und Wider in der Alkoholfrage umfassend 
wohnt, seine Typen aus den sozialen Zuständen miteinander zu konfrontieren und die Personen 
herauszukonstruieren und den Schwerpunkt auf vorwiegend als Beispiele und Gegenbeispiele auf- 
die kapitalistische Struktur der Gesellschaft zu treten zu lassen. Kaum spürt man, daß'sie Bürger 
legen, bewegt er sich nur unsicher in den Rau- sind. Sie haben es nicht zu richtigen Individuen 
men, in die ihn das Romanthema drängt. Hier und ebensowenig zu richtigen sozialen Typen ge 
golten die üblichen Stilisierungen nicht; hier bracht. Als halbe Geschöpfe bleiben sie im Da- 
wird der soziale Standort durch das Verhältnis zwischen stecken. 
der verschiedensten Menschen zum Alkohol über- * 
deckt. Kurzum, Sinclair ist durch seinen Stoff Der Vorteil der Halbheit ist, daß neutrale 
zur Darstellung menschlicher Züge genötigt, die Schilderungen überwiegen, die unsere Kenntnis 
sich nicht unmittelbar aus dem gesellschaftlichen des amerikanischen Lebens vermehren. Man 
• 
Die Handlung, die vor dem Krieg beginnt und 
tief in die Nachkriegszeit hineinreicht, ist natür 
lich durch die thematische Aufgabe bestimmt. 
Sie spielt in den Südstaaten und später in New 
York und umfaßt lauter Personen, die alle irgend 
eine Beziehung zum Trinken haben? In den 
meisten Fällen sind diese Beziehungen positiver 
Art. Kips Vater geht an Trunksucht zugrunde, 
und Maggie Mays Vater, ein reicher Zuckerrohr 
pflanzer, bringt sich sogar infolge des gleichen 
Lasters um. Sein Sohn Roger hat die Säufer 
anlage geerbt, die ihn vermutlich eines Tages ins 
Unglück stürzen wird. Daß das Prohibitionsgesetz 
ihn und die meisten andern erst recht zum Ge 
nuß geistiger Getränke reizt, versteht sich von 
selbst. Ausgemachte Antialkoholiker sind eigent 
lich nur Maggie May und der atme Kip, zwei 
sympathische junge Menschen, die nach ihrer 
Heirat ein stilles normales Leben führen würden, 
wenn sie sich nicht durch die traurigen Schicksale 
in ihren Familien und ihrem weiteren Kreis dazu 
berufen fühlten, die Sache der Prohibition aktiv 
zu verfechten. Kip tr’tt in den Bundesdienst und 
1 wird bei einer Razzia gegen Alkoholschmuggler 
erschossen. Seine Frau hält Vorträge gegen den 
Alkohol, in denen sie den Untergang ihres Vaters 
schildert, wirbt zahlreiche Anhänger und ruft 
nach Kips Opfertod zum Frauenkreuzzug gegen 
die Speakeasies auf. 
Upton Sinclairs Roman: „Alkohol“ scheinung, die für sich allein zu beseitigen wäre, Diese Unentschiedenheiten wären dadurch zu 
(Malik-Verlag, Berlin. Uebersetzung aus dem sondern das Zeichen eines Schadens, an dem die tilgen gewesen, daß Sinclair entweder seine Per- 
Amerikanischen von Elias Canetti. 480 Seiten, ganze Gesellschaftsordnung krankt. Pazifismus
	        

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