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etwas Gutes zu essen aufsuchen und es uns wohlschmecken
lassen.“
Anna sprach: „Wenn du mich an einen Ort führst,
wo uns niemand sieht, so will ich mitgehen.“
„Nun,“ sagte Jakob, „so komm mit in das Milch—
kämmerlein, dort wollen wir eine Schüssel voll süßer Milch
verzehren.“
Anna erwiderte: „Dort sieht uns der Nachbar, der
auf der Gasse Holz spaltet.“
„So komm mit in die Küche,“ sagte Jakob wieder,
„in dem Küchenschranke steht ein Topf voll Honig, in den
wollen wir unser Brot eintunken.“
Anna antwortete: „Dort kann uns die Nachbarin
sehen, die am Fenster sitzt und spinnt.“
„So wollen wir unten im Keller Apfel essen,“ sagte
endlich Jakob, „dort ist es stockfinster, dass uns gewiss
niemand sieht.“
Anna sprach: „Lieber Jakob, meinst du wirklich, dass
uns dort niemand sehe? Weißt du nichts von jenem Auge
da droben, das die Mauern durchdringt und in das Dunkle
sieht?“
Jakob erschrak und sagte: „Du hast recht, liebe
Schwester, Gott sieht uns auch da, wo kein Menschenauge
uns sehen kann. Wir wollen darum nirgends etwas
Böses thun.“ Cht. Schmid.
28. Versuchung.
Gar emsig bei den Büchern ein Knabe sitzt im
Kämmerlein; da lacht herein durchs Fenster der lust'ge,
blanke Sonnenschein und spricht: „Lieb Kind! du sitzest
hier? Komm doch heraus und spiel' bei mir!“ —
Den Knaben stoͤrt es nicht, zum Sonnenschein er
spricht: „Erst lass mich fertig sein!“