Im GngmleU bcflhwo i Ader sich ko
quent bleibende Jk-
Möglichkeit, zu seinem vollen Sein zu gelangen, sie binden-'
ihn bloß, um ihn Zu befreien. Weder vergewaltigt — im aller
dings unerreichbaren Jdealfall — die Gemeinschaft das Indi
viduum, noch kann dieses auf Kosten jener sich ausdehnen;
beide haben ja letzten Endes gar keine von einander unab
hängige Existenz, sie bestehen vielmehr mit und für einander,
da seelische Innenwelt sowohl wie kulturell-soziale Außenwelt
in den gleichen Materiellen Voraussetzungen wurzeln, die dem
unverbrüchlich geglaubten göttlichen Sinn entfließen. Man
braucht das Mittelalter nicht romantisch zu vergolden, um zu
erkennen, Laß aus dem Werke des Thomas von Aquino z. V.
etwas von. dem Geiste einer solchen Einheitskultur uns ent-
gegenweht.
Die in der Gegenwart sich befehdenden Anschauungen über
die Bedeutung der Autorität sind gleichsam Fragmente dieses
ELmemschastsideM Es ist vor allem die Neak ion, die heute
nach dem starken Mann ruft und die Wiedergewinnung einer
fraglosen, über den Parteien stehenden staatlichen Autorität als
einziges Mittel der Rettung aus unserem Elend preist. So
gewiß es nun seine Richtigkeit damit hat, daß jedes Gemein
wesen starker, zielbewuß'er Leitung bedarf, so wenig kann man
doch den von den Anhängern des „Autoritätsgedank-sns" ge
prägten Machtbegriff gelten lassen. Ganz abgesehen da
von, daß dieser Gedanke heute meistens zur Verbrämung sehr
realer politischer Ziele dient, er ist auch an sich verwerflich, weil
er einseitig die Notwendigkeit' des Zwanges betont, ohne die
Gesinnung der dem Zwange unterworfenen Menschen wesentlich
mitzuberückW Seine Vorkämpfer werden sozusagen nur
einen Teil des Urbildes der vollkommenen Gemeinschaft
gewahr, es bleibt ihnen verborgen, daß Autorität erst dann
Daseinsberechtigung erlangt, wenn die Seelen sich ihr Zu-
me gen, wenn sie von einem die Gemeinschaft erfüllenden hohen
Sinn sicb herleitet. Die Verherrlichung der Macht um ihrer
selbst willen, wie sie von den Verfechtern des Au-oritätsprinZips
betrieben wird und betrieben werden muß, weil ihre Sehnsucht
tto kueto einem historisch überlebten, seelenlos geworden m
staatlichen Gebilde gilt, führt folgerichtig zur Staatsvergotzung,
zur Wertminderung individuellen Sems, Zur unerträglichen
Scheidung von Innenwelt und Gemeinschaftswelt^ Krieg und
Revolution haben uns d'ese.und noch andere Folaen eines
rein autoritativen Systems mit so surchtbarer Deutlichkeit ent
hubt, daß es kaum angebracht erscheint, auf lerne Gefahren
noch ausdrücklich ^inz"wei''rn
Ge^krttcher, wrß rsi ^cnein^ng Lei
Autorität zugunsten der Eigenbedeutung des Einzelmen-
scheru Der bis auf Luther zurück reichende Mdividualis-
rrms. Messt verankert m der deuWm LeMAchen Philoso-
phie, schließt gegenwärtig, wo immer er sich weltanschaulich
politisch auswirkt, naturgemäß seinen Pakt vorwiegend mit
den Linksparteien. In taufend Abschaltungen cmftretend,
von denen der Liberalismus alten Sti^s nur eine schon bei
nahe überholte Spielart ist, wirft er sich bald ganz allgemein
zum Verteidiger der oemokratichen Republik gegen den Obrig-
leilsstaat auf, wacht sich im besonderen bald, bis zur Un
kenntlichkeit verhüllt, den Genoffenschaftsgedanken zu eigen
(Natorp) oder setzt sich auch (wie bei G. Landauer Z. B.) für
einen revolutionären Sozialismus mit anarchistischen Endzie
len ein, als solcher neuerdings reiche Nahrung aus der russi
schen Gefühlswelt ziehend; wobei im übrigen nicht vergessen
werden darf, daß er, als rein geistige Strömung, seinen unkon-
trollierbaren, dafür aber umso stärkeren Einfluß auf breite
deutsche Dildungsfchichten ausübt Gerade die jüngsten Polin
sehen Auswirkungen des deutschen individualistischen Geistes^
bedürfen nun einer lSonderen Aufmerksamkeit, weil sie, getra
gen von dem Willen zur Gemeinschaft, auf den ersten VLick hin
einer Ueberwindung liberalen Manchestertnms Von innen her
aus gleickzukommen scheinen. Dieser Geist gibt sich z. B. in
den verschiedensten deutschen Jugendbewegungen kund, er lebt
den zablreich emporsprießenden Arbeitsgemeinschaften und
läßt eine Unmenge von Gesinnungsbünden, von Vereinigungen
zur inneren Erneuerung usw. erstehen. Man wird sich darüber
zu verg-ewissern haben, ob der weltanschauliche Unterbau der
meisten derartigen Gruppen so beschaffen ist, daß das ideale
Streben, das in ihüen nach Ausdruck ringt, wirklich sein Ziel
erreichen kann. Fast durchweg beruhen die hier gemeinten Zu-
sanrmenschlüsse, die wie Pilze aus der Erde schießen und sich
nur in verhältnismäßig unwesentlichen Pw^rammpunk^n von
einander unterscheiden, ouf dem Glauben an ein Ich, das auf
Grund seiner Einsicht und aus freiem Entschluß heraus sich
mit anderen Jchen harmonisch zur wahren Gemeinschaft ver
bindet. Der Bestand übermdividueller Mächte wird von den
Anhängern dieser ganzen Richtung geleugnet und, abgesehen
bestenfalls von der rein persönlichen Autorität Zufällig g-efun-
dener charismatischen Führer, gilt ihnen sachlich fest veran
kerte Autorität, die befiehlt, Gehorsam verlangt und sich den
Eingriffen Einzelner entzieht, recht eigentlich als das
teuflische Prinzip Gort lebt nur in den Einzelpersönlichkei
ten, aus oeren Zusammerk^ng auch einzig der Staat erwächst
Autontatwe? Zw^ng von leiten des Startes ist durch E^zieb-
Autorität und Individualismus.
Von Dr. Siegfried Kraeauer.
Als im November 1918 der Zusammenbmch einer schon
langst unterhöhtten Autorität sich vollendete, war Ablehnung
dieser wie schließlich jeder Autorität überhaupt tief berechtigte
Notwehr-Handlung des einem unerhörten Druck plötzlich ent
ronnenen Volks. Inzwischen ist es, aus sattsam bekannten
Gründen, nicht gelungen, der Auflösung staatlicher Gewalt
Einhalt zu tun, und die demoralisierenden Folgen des chaoti
schen Zustands, in dem wir nun schon über zwei Jahre leben,
wachen sich von Tag zu Tag stärker fühlbar. Dem Chaos ist
ober um so schwerer zu gebieten, als die zerrüttenden ökonomi
schen und Politischen Kampfe durch Gegensätze der Welt-
l nschauungen getragen werden, die so unversöhnlich sind,
baß noch mcht einmal über die für den Aufbau einer jeden Ge
meinschaft wesentlichen Vorbedingungen Einstimmigkeit sich er-
xirlen läßt. Gerade in Bezug auf das heute einer Bewältigung
besonders bänglich harrende Grundproblem, welche Rolle denn
Autorität und autoritativer Zwang innerhalb der Gemeinschaft
Du spielen habe, ein Problem von weltanschaulicher Bedeutung,
bes^n Lösung part-eipolitflch-ryi Denken sich durchaus entzieht,
finden sich die geistigen Schichten Deutschlands im großen und
ganzen in zwei feindliche Lager geteilt. Während die. eine
Richtung das Heil in einem auf unbedingte Autorität ge
stützten Regiment erblickt, verwirft die andere Richtung jegliche
wuto-i^iive Anmaßung als unsittlich und erkennt allein die
durch Freiwilligkeit ihrer Glider zustande gekommene
Gemeinschaft an. Es ill für die junge deutsche Demokratie in
ihrer gegenwärtig so bedrängten Lage Pflicht, zu dieser Frage
grund-MÜH Stellung zu nehmen.
In gotterfüllten Zeiten, da noch ein bestimmter hoher Sinn
alle Gellaltunaen des Daseins dnrchdnngt, weilt man dem
Urbild der vollkommenen Gemeinschaft näher als in Epochen,
in denen bloß mel-r die Sehnsucht Einzelner Gen aus der Welt
gewichenen göttlichen Sinn erreicht. Dem Schoße gemein-
Amen unerschütterlichen Glaubens entwächst eine Materials
Einheit? kultur; Gott verUrperr sich in Formen, Ordnungen
und Machten, durch die sämtliche Angehörige der Gemeinschaft
innerlich und äußerlich fest miteinander verknüpft werden
Stets darf die Autorität, als Ausdruck des höch^n Sinnes,
dcr dem Geilt überhaupt gegeben sein kann unbedingten ^e-
lorsam fordern. Die auf diesen Sinn sich gründenden Ge
bräuche, Institutionen, Gliederungen usw. engen den Einzelnen
Richt NM Gicht ein, sie gewähren ihm mr Gegenteil erst die
zur G" u 'ck Sdng zu e m wAcher C Im GngmleU bcflhwo i Ader sich konsequent bleibende Jk-
ziel'<rleistung die Ausgabe echten politischen FührerLums gipselu dividualismus, der den Schwerpunkt rein in das Subjekt ver-
Jedem Zwang und allen Forderungen sich versagend, durch legt, notwendig den chaotischen Anarchismus heMpf uM
die das Recht der verschiedenen Persönlichkeiten auf ihr eigenes hereM demrtn mittelbar die Diktatur vor ; gleichviel im übrb
Innenleben veÄürzt werden Drucke, erblickt der Individualis-Mn, ob ex bloß egoWMe MrLMDMAreAeN maskiert Ob«
mus in dem Vorhandensein sylchrr Gesinnung, wie überhaupt
in dem Willen dcr Menschen zum Guten und Wahren, eine
genüszmLe Bürg-chaft für das Gedeihen der Gemeinschaft.
Höchstes Ziel ist ihm ein. Staatsgebilde, das aus dem perank
wormngsvollen Handeln autonomer Individuen gleichsam von
selber erblüht.
So hart es klingt: auch dieser Individualismus unserer
Tage läßt das Urbild der vollkommenen Gemeinschaft zum
Fragment ve'ckümnurn, er ist im Grunde nichts anderes als
das genaue Widerspiel der rein autoritativen Aufsasfung.
Sicherlich verdient ein nur durch äußeren, mechanischen Zwang
zusammengehaltenes SLaatswesen sittlich geörcmdrMrft Zu
werden, ja, man müßte es vernichten, wum es sich nicht am
Ende selber .vernichtete. Aber die individualistischen Träger
des neuen „Gemeinschaftse«^ vergessen ganz — und
hierin liegt eine tragische Schuld — daß eine Gemeinschaft sich
sogar dann nicht rein auf das inwendige Sein ihrer Angehöri
gen stützen kann, wenn diese seelisch bereits vorgesormt sind,
o h. wmn ihr Wesen feine Prägung erfahren hat durch einen
sie alle überwölbenden Si^ zum unantastbaren
Dogma, zur unbezwüselbaren inneren Autorität wüd, und Zu
dem genug bestimmte Inhalt» aufwnst, um ihnen die Entfal
tung in einer eindeutig bestimmten Richtung vorzuschreiLen
Auch dann noch nämlich bedarf es, aus httr nicht Zu erörtern
den wLsenZnotMLndigen soziologischen Gründen, stets der
-äußeren Autorität, die aber nun nicht wehr im Leeren schwebt,
sondern dem geglaubten Sinn entquillt, was sie rechtfertigt und
verchrungswürdig. macht. „Kein soziologischer Zusammen
hang", bemerkt T r o e l t s H einmal (in feinen ^Soz'allehrcH
der chnstliRsn Kirchen"), Rann dauernd ohne Zwangsmittel
eristieren. Das ist eine Toi lache des Lebens, und aller Glaube
an eine ausschließliche Macht der reinen Idee gehört nurwnter
die spmLualisttschen Illusionen, nicht in das Reich der Wirk
lichkeit." Was aber selbst für eine einhoitlich fühlende, weil
an einen bestimmten mc-trrinlLN Sinn gebundene Gemeinschaft
Z-utrisst, gilt erst recht für ein innerlich zerrissenes Volk, Witz,
das unfrige es ist. Drß in ihm sämtliche Glieder sich ohm
autoritativen Zwang freiwillig und reibungslos ineinander
fügten, wäre möglich nur unter der Voraussetzung einer Präfix
'bitterten Harmonie, welche die Leibnizsche noch übertrumpfte;
d h. es ist in Wahrheit unmöglich und auch durch eine indivi
dualistische Erziehung zur Gemeinschaft nicht zu bewirken.