Sr. Werfen Wer die deutsche AutzeWsM
- Frankfurt, 26. April.
Im stark besuchten großen Saale des Zoologischen Gartens
sprach gestern abend der Führer der Deutschen Demokratischen
Partei, Reichstagsaögeordneler Senator Dr. Peter sen
r Hamburg) über die heutigen Notwendigkeiten der deutschen
Außenpolitik. Nach einleitenden Worten des Landtags
Abgeordneten Goll erörterte der lebhaft begrüßte Redner zu
nächst die verschiedenen politischen Probleme, die zum Weltkrirg
geführt haben, und wies hierbei vor allem darauf hin, daß es
von jeher das Bestreben Frankreichs war, die Hegemonie in
Europa Zu erlangen, woraus sich seine Haltung gnenüber
Deutschland von Ludwig XIV. an bis in die jüngste Ver
gangenheit erklären lasse.
Auch durch den Frieden von Vers ailleS, so fuhr er
fort, haben diese Probleme keine Lösung erfahren. Sinnlos ist
LZ, Deutschland im Osten zu zerstückeln, sinnlos ist die Behand
lung der russischen Frage, sinnlos das Vorgehen im Saar
gebiet, in den Rheinlanden und neuerdings an der Ruhr. Diese
ganze Versailler Lösung, die es Frankreich infolge der zaudern
den Haltung Englands und Amerikas erlaubt, mit eiserner Kon-!
sequeng sein Ziel: die Vernichtung Deutschlands bis
ans Ende zu verfolgen, ist keine Lösung. Wissen die Staats
männer hier keinen Ausweg, versagen sie weiter, wie sie bis
her versagt haben, so sind die Massen im Recht, wenn sie ihr
Schicksal selber in die Hand nehmen. Unabsehbares Elend
wird dann freilich die Folge sein.
Für uns, die wir den Versailler Vertrag unterzeichnet haben,
gibt es trotz seiner Sinnlosigkeit nur den einen Weg: den Ver
such zu machen, ihn nach Möglichkeit zu erfüllen, um durch
solchen notwendig vergeblichen Versuch seine UnersüllLarkeit
einer nach und nach von der Kriegsleidenschaft genesenen
Menschheit zu beweisen. Diese Politik des guten
Willens ist von den verschiedenen Regierungen durchgeführt
worden. Auch das Kabinett Cuno hält sie inne und gehorcht
damit der gleichen zwangsläufigen Entwicklung wie seine Vor
gänger Rathenau und Wirth. Daß es die Zahlungen an Frank
reich und Belgien eingestellt hat, ist lediglich die Folge des
rechtswidrigen Einbruchs der Franzosen in das Ruhrgebiet.
Mit warmen Worten stattete Dr. Petersen den Kämpfern
an der Ruhr den Dank d?s deutschen Volkes ab« Er hob
hervor, daß es in diesem letzten Kampfe, der jetzt an Rhein und
Ruhr auZgefochtm werde, um unsere ganze Zukunft .gehe. Wir
sind bereit, so betonte der Redner weiterhin, uns mit den Fran
zosen zu verständigen, Zahlungen im Rahmen des Mög
: lichen Zu leisten, Frankreich Sicherungen gegen neue Kriege zu
' gewähren und uns an der Abrüstung in Europa ebrlich zu betei
ligen. Alles, was Zu den Vereinigten Staaten von Europa führen
bann, sind wir bereit Zu tun. Nur eines kann Frankreich nicht
haben: Niemals werden wir uns dazu hergeben, auch nur
einen Zoll breit deutschen Gebietes ab zu treten.
Die Deutsche Demokratische Partei weiß, wie unerhört schwer
heute die politische Situation ist, sie weiß auch, daß nur eine kluge
Politik aus dieser Situation herausführen kann. Mit Genug
tuung empfindet sie es, daß unter dem Druck von außen heute
eine Einheitsfront im Innern entstanden ist; sie freut
sich vor allem darüber, daß von der Sozialdemokratie bis zur
Deutschen Volkspartei völlige Einigkeit über die Notwendig
keit der Herbeiführung von Verhandlungen
herrscht. Bei dieser Gelegenheit werden die Besitzenden selbstver
ständlich die .größten Opfer zu bringen haben, zumal die Besitzer
der Sachwerte werden Eingriffe in ihre Substanz machen müssen,
vorausgesetzt, daß uns durch solche Opfer auch wirklich die Mög
lichkeit geboten wird, endlich zur Freiheit zu kommen. Das war,
immer unter dieser Voraussetzung, schon feit Jahren nicht allein
die Forderung der Sozialdemokraten, sondern auch der anderen
Parteien bis Zur Deutschen Volkspartei. Heute stimmen alle Par
teien darin überein, daß versucht werden muß, in besonnener Weise
an die Rede Curzons anzuknüpfen und die Aufnahme von
Verhandlungen unter Bedingungen zu erreichen, die uns unsere
Existenz und unsere Selbständigkeit gewährleisten.
Nach innen hin werden wir den demokraLischen Sraat
aufrecht zu erhalten haben, für den sich hcute die Kämpfer an
Rhein und Ruhr einsetzen. Gelingt es, ihn gegen Angriffs von
außen und innen zu verteidigen, so ist damit die sicherste Bürg-
sKafi dafür gegeben, daß in Europa endlich der Gedanke des
> Rechts und der Völkerverständigung Zum Siege
j gelangt. (Lebhafter Beifall.)
Leren sich Frankreich in den letzten dreieinhalb Monaten des
Ruhreinbruchs in zahllosen Einzelfüllen schuldig gemacht habe,
wobei er nicht zu erwähnen unterließ, daß sich seit einigen La
gen die Anzeichen mehrten, als ob man etliche Erleichterungen
eintretsn lassen wolle. Sodann ging der Minister auf die Art
unseres Abwshrkampfcs ein, der von der ersten Minute ab als ein
waffenloser Kampf geführt worden war. Er betonte hierbei be
sonders, daß alle Maßnahmen aus der Bevölkerung selber er
wachsen seien, denen die Verordnungen der Regierung gewöhnlich
nur nachhmkten. Auch wies er auf das noch HZu^s unvermindert'
fortbestehend^ Einvernehmen zwischen Arbeitneh
mern und Arbeitgebern in dem Passiven Widerstand bin.
Daß alle passiven Maßnahmen zu dem Erfolge führen ksnmm,
den sie tatsächlich „gezeitigt haben, war nicht zuletzt der Einicht
in die Notwendigkeit zu verdanken, daß die Wirtschaft im besetz
ten Gebiet unter -allen Umständen in Gang erhalten werden müsse.
Was die Wirkungen des Kampfes anlangt, so darf
man wohl sagen, daß Frankreich nichts von dem erreicht hat, was
es erreichen wollte. Abgesehen davon, daß der Gedanke, Frank-!
reich bvauche Sicherungen, angesichts seiner militärischen Stärke
und der Ohnmacht Deutschlands nicht recht einzuleuchten vermag
—- alaubt man denn wirklich, daß es durch die Ruhrbesetzung
solche Sicherungen erlangen kann? Man schaudert, bei der Vor
stellung, daß eines LageZ die Saat des Hasses aufgehen kann, die
Frankreich dort gesät hat. Gerade weil wir keinen Krieg wol
len, wünschen wir, daß Frankreich erkenne, wie sehr es durch sein
Vorgehen die Revanche-Idee in Deutschland festigt und mehrt.
Aber -auch das Ziel, produktive Pfänder zu erlangen, hat Frank
reich durch die Ruhrbesetzung nicht erreicht und wird es wohl
auch nicht erreichen Bis heute haben die Franzosen im ganzen
vielleicht 200 000 Tonnen Kohle nach Frankreich befördert, d. h.
eine Menge, die vor dem Embruch in fünf Togen dorthin ging.
Die Folge ist einzig und allein, daß die französische Eisenindustrie
an der Östgcenze heute zum größten Teile stilliegt. Die Wirkung
auf Deutschland dagegen war Lei weitem nicht so, wie man be-
fünchtzet hatte. An Rhein und Ruhr geht die Wirtschaft trotz Be
triebseinschränkungen infolge Anspannung äußerster Energie wei
ter und auch im unbesetzten Gebiet haben wir dank der Einfuhr
von Koblen und Eisen keinen Mangel an dem unentbehr
lichen WrLschaftsbedach Restlos erfreulich ist, daß unser Volk
einen einheitlichen Willen bei der Abwehr des Ein
bruchs gezeigt hat.
Ueber den Ausgang des Kampfes, läßt sich schwer prophe
zeien Das eine aber dürfen wir sagen: Solange die Front an
der Ruhr so steht wie bisher, gehen wir mit den besten Aussichten
den. Weg weiter, den wir gewiß ohn? unseren eigenen Willen
haben einschlagen müssen, Die kommunistischen Un
ruhen am Rande des Ruhrgebiets geben keinen Anlaß zu Be»
ffürchtungen, da die Mehrheit der deutschen Arbeiter über gs-
nügend Vernunft und politische Einsicht verfügt, um sich nicht
durch kommunistische Schlagworte einfangen Zu lassen. Den Fran
zosen allein, die die Ruhr von der Schutzpolizei entblößt haben,
ist di-s Schuld LeiZumessen, wenn es im Ruhrgebiet infolge des
Vergehens radikaler Elements drunter und drüber geht. Auch
die E rs ch ü t teru n g der Mark in den letzten Tagen braucht
nicht ängstlich Zu stimmen. Die Einbruchsstelle ist zum Teil schon
wieder abgedeckt worden und der Regierung tmrd es gelingen,
die Stabilität auch weiterhin aufrecht zu erhalten.
Wiekann es aberzuVerhandlungen komme n?
Das eine steht fest: ein solcher Kampf kann nicht mit Diktaten
beendet, unmögliche Forderungen können- von uns nicht
erfüllt werden. Sicher ist, daß wir nur dann zu einer Verstän
digung kommen, wenn diese Einsicht, und damit eine wahre Ver
handlungsbereitschaft, sich auch in Frankreich Bahn LrichL. Ob
das heute schon der Fall ist, erscheint zweifelhaft. Wirunse -
rerseits sind gewiß dazu bereit, alle Wege zu
gehen, um den Ru'hreinbruch abzubauen. Not ¬
wendig hierzu ist freilich, daß wir auf dem Fuße der Gleichberech
tigung uns mit unseren Gegnern an den Verhandlungstisch setzen
können. Keine deutsche Regierung wird sich ferner dazu ver
stehen, freiwillig auf Souveränitätsrechte in irgend einem deut
schen Gebiet zu verzichten: Preußen und das Reich
m ü fs en unzerstückelt bleiben, das will auch der Rhein
länder selbst. Vorbedingung der Verhandlung ist ferner, daß
alle Vertriebenen und Ausgewiesenen wieder in ihre Heimat zu
rückkehren können. Was Frankreichs Forderung hinsichtlich der
Sicherungen anbetrifft, so glauben wir Wohl, wie schon
unser früherer an Amerika gerichteter Vorschlag beweist,
daß sich in diesem Punkte eine Einigung erzielen
Näßt. In wirtschaftlicher Hinsicht müssen wir zu erreichen suchen,
daß unZ bestimmte Reparationsforderungen, die!
sich im Rahmen unserer Leistungsfähigkeit halten müssen, auferlegt
werden. Verlangt Frankreich finanzielle Garantien, P wird,
dessen find wir sicher, auch die deutsche Industrie sich nicht wei
gern, ihm solche Garantien Zu bieten. Wie sehr man selbst in
England noch unsere Lage verkennt, beweist der kürzlich im eng
lischen Oberhaus ausgesprochene Wunsch, wir möchten mit
bestimmten Vorschlägen hervortreten. Immerhin zeigten diese
Verhandlungen doch in vielen Punkten eine objektivere Betrach
tung der Verhältnisse, wenu sie auch noch manches in Deutsch
land schief sähm Wer Ohren hat zu hören, der 'mußte aus ver
Red- des deutschen Außenministers v. Rosenberg und weiterhin
aus der des Abg. Stresemann genau entnehmen, auf welcher
Grundlage uns Verhandlungen.möglich erscheinen. Daß wir kei
nen formellen Vorschlag unterbreiten, rührt einfach daher, daß
Frankreich solche Vorschläge bisher immer — der Minister er
innerte an die Januar-Vorschläge —- zurückgewiesen hat und daß
man uns auch die Unterweisung eines derartigen Vorschlages als
Schwache mMlegsn würde. Wenn Frankreich nicht hören will, so
müssen wir den Abwehrkampf ebm weiierführen. Die Front au
der- Ruhr hält fest, und wenn auch das Hinterland in Treue aus^
harrt, so werden wir ihn zu einem guten Abschluß bringen, auf
daß endlich einmal nicht die Macht über das Recht, sondern das
Recht selber züm Siege gelange.
Nach Schluß der Rede dankte Konsul Dr. KotzenLerg
dem Minister für seine Ausführungen und versicherte ihm, daß
das deutsche BoA nach wie vor! hinter den Maßnahmen der
Regierung stehen werde.
In ä«r vmn Veris« 0. 6. ksckt in Mnvk«n Lernns-
LarnWwnk „LstkoMon" ist äriita öa-va:
Au Au 8 tinu 8; 6M 1^68Gbu6b aus K6M6N VVHrLtzN
In einer von losepk öernkert besorgten
Wabi (285 8.) ersMensn, äw das vrHlKtrabll^ö vv-bsen
Luxuetins möBoket voüstLnäi« -u re^sn suokt. Die
isnse, ssäisxeiw Linleitun? gruppiert äiv ksLaiLenMett
Austins vsok äsn si« konetituierenäsn 6runäks-
erikksn unä Mt äsinit ruxkick einen EUsäsn sb kur
ckia cker aus äsn Marken LN^etützrteri 8t6L-
jsn. öie bat der KerLULAedar rrut
ktzakt LLNL -selten beran^o^en, um Las nur sn seiner
6LQsbeit erfaßbare "Werk niebt nMkürlnk ru serreiken.
Lmen LrsstL kür äie Werke selber bietet ckae I^eeebuen
NLtürbob nlebt, s-ber es äoeb Lmmerbm su einem
2. L. .
e - s6