Den Beschluß machen die Darstellungen, die dem .Heute
gelten. Zu den Aufnahmen vom Brückenabbruch gesellen sich
Blätter, die von der kurzen Lebensgefchichte des Notstegs han
deln. Etwaige Lücken werden durch das reiche Photogra
phische Material ausgesüllt, das kein Fleckchen unberücksich
tigt läßt.
Sie MZWMg der MSesbau-Nereinr.
Vor dem Umbau der Alten Brücke hat der Brücken
bau -- Verein in den Rö-wer Hallen eine Ausstellung ver-
anstaltet, die in Urkunden und Bildern die Geschichte des ehr
würdigen Bauwerkes von der Frühzeit an bis zur Ge
genwart widerspiegelt. Eine vollständigere Biographie;
läßt sich kaum denken; jede Phase des baulichen Zustandes ist
getreulich festgehalten, jede Einzelheit von Künstleraugen
bucht. Eine Lobpreisung, die sich durch die Jahrhunderte er"
strE und sich nicht genug daran tun kann, die Schönheit der
Brücke immer wieder neu W verkünden. Kein Standpunkt, von
dem aus sie nicht verewigt worden wäre, keine Stimmung,
die man nicht der Vergänglichkeit entrissen hätte. Es ist gut
ss, daß man jetzt noch einmal Gelegenheit hat, ihre Wechsel-
vollen Schicksale den: Gedächtnis einzuprägen, denn der Ban
der neuen Brücke wird das Bild der alten mehr und mehr ver
drängen.
Die Fülle des von Dr. Lübbecke Zusammengetragenen
historischen Materials entstammt, von etlichen Beiträgen des
historischen Museums abgesehen, dem Privatbesitz; zumal die
FrMofurtensien-Sammlung des Herrn H. Stiebet hat
viele Blätter hergegeben. Mit pietätvollem Schauer betrachtet
man die älteste Brückenurkunde aus dem Jahre 1223, in der ein
Bürger Baldemar sein Haus an der Brücke dem Kloster Arns-
bürg vermacht, sowie die erste zeichnerische Darstellung in einem
sogenannten Bedebuch, ein primitives Gekritzel, das um 1400
anzusetzen ist. Diesen Vorläufern fügen sich die Stiche der ver
schiedenen Merians an, die mit dem großen Velagerungs"
plan aus dem Jahre 1552 anheben und das ganze 17. Jahr
hundert durchziehen. Im folgenden Jahrhundert häufen sich
die Wiedergaben, und holländische Künstler, so etwa Pieter van
Liender, sind kaum minder eifrige Brückenchwnisten wie die
Zehender und Heinrich Schütz. Das Hauptereignis des Jahr^
Hunderts ist der Brückenumbau 1739 bis 1749 durch Uffen-
Ha Her, dessen Originalbericht ebenfalls vorliegt. Das 19.
Jahrhundert bringt Bilder und Namen, die der Gegenwart
schon vertrauter sind. Bürger und Carl Morgenstern
veranschaulichen Zart den Zusammenhang von Brücke, Fluß
und Ufer, und die impreffionistischien Studien von Peter Vur-
nitz lösen die festen Konturen in malerische Unbestimmtheit
auf. Nun folgen die Neueren und Neuesten., den stets gleichen
Gegenstand unter mannigfachen Aspekten würdigend; Zu er
wähnen das schöne Schwarzweiß-Matt Wucherers von der
winterlichen Brücke und die fast allzu monumentale Radierung
Sepp Franks.
* Kleine Gruppen führen vom Ganzen der Brücke ins Detail.'
Sie fasten etwa Abbildungen der Brückentürme Zusammen,
die am Ende des 18. Jahrhunderts verschwunden sind, Zeigen
die^ ehemalige Befestigung und widmen sich ausführlicher der
Bnickenmühle und der Insel. Die Kanonensteppet treten
gar im Original auf, und auch der lebenden Sachsenhäuser
Typen wird hinreichend ge^
Ausstellung des Brückenbau-Vereins.
Die Ausstellung des Brückenbau-Vereins, die das wechselnde
Bild der Alten Brücke von ihrer Frühzeit an bis zur Ge
genwart veranschaulicht, wurde Sonntag vormittag durch Stadt
rat Dr. Schulz in den Römerhallen eröffnet. Das von
Dr. Lübbecke vorzugsweise aus Privatbesitz zusammenge
tragene Material an Stichen, Kunstblättern und Originalarb eilen
beweist, daß -die Brücke von jeher als Wahrzeichen Frankfurts
galt und auf die künstlerische Phantasie immer wieder ihre An
ziehungskraft ausübte. Die Merlans haben sie in vielen Plänen
und Stichen, deren ältester aus dem 16. Jahrhundert stammt,
getreulich festgebaltsn, durchreisende Holländer sie im 18. Jahr
hundert abgebildet und die Frankfurter selber, so E. Morgen
stern oder P. Burnitz, durch künstlerische Darstellungen ihr Lob
verkündet. Jede Phase der Baugeschichte, jede Einzelheit der
Brücke wird unermüdlich widergespiegelt: eine Verherrlichung,
> die durch die Jahrhunderte geht, und in solchem Matze nicht oft
- einem Bauwerk zuteil geworden sein mag. Historisch reizvoll
sind" zumal -die Blätter, die längst Entschwundenes zeigen; etwa
die Brückentürme und die Befestigung^ das alte Wasserwerk und
die frühere Gestaltung der Ufer. Auch die Ereignisse der jüng
sten Vergangenheit —- der Abbruch in seinen verschiedenen
Stadien und die Vergänglichkeit des Notstegs wer-oen der
Bilderchronik einverleM. An den historischen Teil reiht sich die
Sonderschau des Tiefbauamtes, sie in die nahe Zukunft
weist. Die Folge der von ihr dargebotenen Projekte schließt
mit dem zur Ausführung bestimmten Entwürfe der Architekten
Heber er und v. Hoven ab, der im Modell un) in Per
spektiven genau vergegenwärtigt wird. Findet die Tätigkeit des
Brückenbauvereins auch weiterhin die verständnisvolle Unter
stützung Ser Frankfurter Bürgerschaft, so ist mit dem baldigen
Beginn der baulichen Arbeiten zu rechnen. Man hofft schon in
diesem Jahre die drei Oeffnungen über den MMermain zu
bauen; der übrige Teil der Brücke soll dann im nächsten Jahre
nach Ablauf der Hochwasserperiode folgen. Ueber die Aus-
j steLmrg selber werden wir noch ausführlicher berichten.
Die angegNederte Sonderschau des Tiefbauamts
' gewährt einen sehr lehrreichen Ueoerblick über die Reihe der
Umbam- und Neubaupro je kte seit der Mitte des vori
gen Jahrhunderts. Einige nähere Angaben zu den daraebote-
nen Entwürfen werden gewiß willkommen sein.
Da die Brücke kein einheitliches Bauwerk bildet, war ibr
baulicher Zustand an einzelnen Stellen ein verschiedener. Wie
man es bei alten Brücken häufig findet, liegen die Fundamente zu
hoch, weil der Fluß rm Laufe der Zeit sich sein Bett tiefer einaräbt.
Durm dre starken Hochfluten, die sich im Durchschnitt alle 30 Iabre
wiederholen, entstehen starke Strömungen, die das Flußbett ein-
rerßen und unter den Fundamenten Hohlräume erzeugen. JmMoe
dieser Eingriffe des Wassers sind im Laufe der Hahrhm d rte
manche Einstürze der Brücke erfolgt, sodaß dauernd Wiedm Er
stellungen nötig wurden. Von 1825 bis 1859 verausgabte man
allein für Jnstandsetzungsarberten 23 000 fl., eine in Anbetracht
des niedrigen Geldstandes der damaligen Zeit sehr große Summe.
Der Zustand der Brücke wurde späterhin immer schlechter, sodatz
der Rat der Freien Stadt Frankfurt sich dazu entschied, kein Geld
mehr für die Brucke aufzuwenden, sondern sie abzureitzen und
durch ernen Neubau zu ersetzen. In der gesetzgebenden Versamm
lung des wahres 1866 wurde dieser Neubau auch einstimmig
beschlossen. Er unterblieb, weil die Brücke kurz darauf in den
Besitz des preußischen Staates überging, der sich vorerst mit lau
fenden Unrerhaltungsarbeiten begnügen Zu können glaubte.
Unterdessen gestalteten sich die Verkehrsverhältnisse am und
unter der Brucke immer schwieriger. Die großen Rheinschiffe, die
jert der Eröffnung des Osthafens den Main befubren, konnten.
Namentlich bei starker Strömung, kaum die Brücke passieren und
verunglückten nicht selten. Dieser unhaltbare Zustand veranlaßte
die städtischen Behörden, den Gedanken des Brückenneubaus wieder
aufzunehmen. Das älteste bekannte Projekt stammt aus dem
Jahre 1865 aus der Hand des städtischen Inspektors Eckardt.
Wertere ProMe ließ der Staat, dem die Brücke damals noch
gehörte, in den Jahren 1891 und 18Z7 mrfftellen. Das letzte sah
eiserne Bogen wie bei der Obermain- und der Untermainbrücke
vor. Die späteren Projekte des Tiefbauamts schlugen zunächst
eine Eisenbrücke vor, versuchten dann, sich mit dem Umbau ein
Zelner Teile zur Durchleitung der Schiffahrt und des Hochwassers
und mit einer Verbreiterung des Restes der Brücke zu begnügen,
und gelangten schließlich zu einem vollständigen Neubauentwurf,
der sich im Aeußeren möglichst an die Halbkreisbogen der alten
Brücke hielt. Bei der Prüfung dieses Projektes aus dem Jahre
1909 stellte sich jedoch heraus, daß infolge zu geringer Breite
der Oeffnungen zwischen den einzelnen Pfeilern eine Umarbei
tung notwendig wurde.
Um ein künstlerisch wertvolles Projekt Zu erhalten, entschlossen
sich nunmehr endlich die städtischen Behörden Zur Ausschreibung
eines öffentlichen Wettbewerbes, dessen Hauptergeb
nisse ebenfalls in der Ausstellung Zugänglich gemacht worden sind.
Den ersten Preis erhielten die Architekten van Hoven und
Hoberer, der Zweite Preis fiel an den inzwischen verstorbenen
Architekt Leonhardt. Da die Entscheidung des Preisgerichts
in der Öffentlichkeit auf heftigen Wiederstand stieß, beauftragte
die Stadtverwaltung die Preisträger mit der Ausarbeitung eines
neuen Projekts, das die Vorzüge der beiden früheren in sich
vereinigen sollte. Das gemeinsame Werk fand die Zustimmung
der Behörden und der Bürgerschaft und wurde zur Ausführung
bestimmt.
Nachdem sämtliche maßgebenden Instanzen ihre Genehmigung
erteilt hatten, begann man Ende des Jahres 1913 mit den Bau
arbeiten. Zunächst wurde die hölzerne Notbrücke, die den Verkehr
während der Bauzeit ausnehmen sollte, im Winrer 1913/14 errichtet
und am 3. Juni 1914 die erste Hacke an die Brücke Zum Abbruch
gelegt. Der bald darauf ausbreckende Krieg behinderte die Fort
führung der Arbeiten in erheblichen Matze und auch nach dem
Kriege war eine wesentliche Förderung der Arbeiten nicht möglich.
Doch gelang es im Laufe der Zeit immerhin, sämtliche neuen Fun
damente herzustellen. Das letzte Fundament zwischen den beiden
Schiffahrtsöffnungen konnte erst vor kurzem beendet werden.
Durch den im Januar erfolgten Einsturz der Not
brücke ist die Errichtung des Brückenoberbaus Zur dringlichen
Aufgabe geworden. Da dank der Werbetätigkeit des Brücken
bau-Vereins und der Opferbereitschaft der Frankfurter Bür
gerschaft an der Ausbringung der erforderlichen Geldmittel
heute nicht mehr zu zweifeln ist, wird die Bauvermaltung vor
aussichtlich schon im nächsten Monat die Bau
arbeiten wieder aufnehmen können. Es ist beabsichtigt,
in diesem Jahre noch die drei Oeffnungen über den Müller
main- zu bauen. Der übrige Teil der Brücke soll dann nach
Mlauf der nächsten Hochwasserperiode im folgenden Jahre
erstehen. Sinkt mittlerweile nicht der Zufluß der Gelder,
so darf man damit rechnen, daß Anfang 1926 die neue Brücke
dem Verkehr übergeben wird, Lr.