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Galion.
Schmale Fassaden, bunt und aneinandergeLebt, die einzige
Wand aufgelockert durch das Gewirr der Balköne, Gärten davor
Und der Helle, so gar nicht bedächtige Eifak; dicht darüber die Purg
und höher nach oas Benediktiner-Kloster Gäben, dessen Nonnen
dieser Welt so verloren sind, daß sie von ihrem Gipfel aus die
schöne Welt nimmer schauen dürfen— das ist Kla u s e n, heute
Chiusa genannt, obgleich es eiliger Jtalianisierung nicht bedurft
hätte, damit der Fremdling von jenseits des Brenners hier
Süden bereits fühle-
Wenige machen Rast in dem Städtchen. Die meisten rauschen
vorbei/ durch G-eisewagenfenster seine Front allenfalls ! er
spähend. Oder sie würdigen Klausen lediglich als Ausgangspunkt
der im Krieg durch die Oesterreichs erbauten Schmalspurbahn
einem kleinen, angestrengt tätigen Vehikel, von dem man sich mit
entzückendem Umstand ins Grödner Tal hinaufwinden lassen mag.
Freundlich vergessen also ist, wer sich zu bleiben entschließe
Ob er will oder nicht, er gerät ins Schlendern, denn auch die Zeit
vergißt sich hier, und ein jedes Ziel fällt im Spätnachmittag ab.
Man trödelt am Ufer hin, gegenüber die lange Wand mit den
Balkönen, auf denen mitunter, hoch und unnahbar fast, eine
Mädchenerscheinung sich zeigt. Dann sticht die Mücke mitten ins
Bild hinein, der flache Schein der Fassaden wird zur Wirklichkeit
mehOMeM Hausgebilde, und? MZ dM schält
die eine Gasse sich endlos heraus. In ihrer Schattenenge ver
steckt sich eine Rokckotür, dringt spitz ein Erker vor, wie sie im
Jnntal flch finden — geformte Mngwelt ehrwürdigen Alters,
durch die mit der Selbstverständlichkeit der Lebendigen das.Volk
sich bewegt. So das liebliche: man plaudert vor den Läden u-ld
in Torgängen, gebärdet sich ernsthaft üyd politisch nach Burschen
art und verständigt sich schließlich mit 'den Töchtern des Landes
M heiterem Unsinn, weil es eben am schönsten so ist. Dazwischen
ttülienische Uniformen, die Zum Ensemble gehören.
: Unser deutsches LlderFo, alias Hotel, mag das treppenteiche
Heißen. Stufengänge führen in halber Höhe der behäbigen eucina
vorbei, hören im Dümmer irgenvÄs auf und beginnen an anderer
Stelle von neuem; sind ihre steilen Wege auch nicht berechenbar,
so münden fis doch .am Ende mit untrüglichem. Instinkt vor Am
Zimmer ein, das dem Gast jeweils zubesümmt ist. In diesem
kabyrtnthischen OroaniSmuS herrscht ein patriarchalisches Leben- an
dessen Spitze die Wirtin und Mutter ihres DHrpelberufes sorg
fältig waltet. Zwei Kostbarkeiten lernt der Blick bald unter
scheiden: die große Terrasse über dem Eisak und einen Backfisch,
däs Löchterlein, das auf den Anruf Hilde zögernd sich naht.
Man sitzt bei rotem Südtiroler auf der Terrasse, während
Fluß und Berge dem Abend sich langsam befreunden, man spürt
di? unabweMiche Wandlung zum Kühlen, Disünkten und Faubt
sich" selber Figur im erlöschenden Bild. Die Wirtin berichtet von
d-Lv im Fahre 1921, der das damals in Mt-
teidenschaft gezogene Haus seine heute Zusammengestückte Existenz
-.verdanke - Noch- kommt sie.- ihren-' wenig' .srandÄöfen -GhronisLerr-
Mchten nach — ihr Wort verweht/ man G Figur und allen
Pflichten fern — da bricht ein Lachen ein, das der Stummhett
entrückt, und man weiß alsbald: so kann mit ihren Zöpfen Hilde
nur lachen Und wirklich, Hilde lacht so über den geistlichen Herrn,
der ihr kleines Aeffchen an seine Finger steckt und damit richtige
Komödie spielt. Was tut Hilde, wenn sie abends müde M Wie
macht Hilde ihre Morgentoilette? Das Aeffchen kopiert in allen
Stücken seine Herrin, die auch in solchem Spiegel naiv sich erkennt.
Der geistliche Herr ist als Maler von der gleichen Delikatesse.
Er hat in Hildes Stammbuch ein scmberes Engelköpfchen gezeich
net, und dieses Stammbuch darf man Blatt für Blatt jetzr besehen.
Hilde steht dabei, sie setzt flch ohne Zagen und gibt karge Er-
Uärungen ab über die vielen Freundinnen aus dem Internat zu
Vrixen, die in dem Buch hier alle verewigt sind. Die kleinen
Mädchen beteuern italienisch und deutsch in vollendeter kaürgraphL-
scher Ausführung zarte Empfindungen der Liebe, sie ranken farbige
Blümchen um Maximen der Lebensweisheit und wahrhaftig, sie
sind beschlagen genug, um sogar aus Schillers ästhetischen Schriften
den einen oder anderen bedürfenden Hinweis heranzuzieyen. Man
wird gebeten sich eir-zutragen, und findet zum Glück ein Plätzchen
noch frei, auf dem ein wohlgeratener Spruch den Namen des
Gastes für Kinder und Enkel erhalten mag.
Das Bild der Landschaft ist nun getilgt, nur der geschwätzigr
Monolog des EisÄ dringt zur Terrasse empor. Der geistliche Herr
hat längst sich entfernt, und Hildes Stimme sinkt klein und traurig
in sich Zurück. Sie klagt über verlassene Abende, die Musik rmd
Lektüre nicht füllen, sie sehnt sich, ohne daß sie es sagte, nach
Wechsel, nach Autos und Schals. Objektiv zärtlich streicht Her
NachLwind um das Geschöpfchen, und wer weiß, was geschäht, riefe
die Mutter nicht laut inS wohnliche Labyrinth.
Morgen entführt das emsige Vehikel fauchend von der
Station. kr.
--- Hochstapler und Artisten^ Der Film „Kavalie r e" der
im Hohen zollerntheater und der ^kala-L^
bühne läuft, zeigt eine Hochstaplerbande m voller Taügkert. Ist
die Handlung auch etwas undurchsichtig, so erfahrt man doch
immerhin, daß jene edlen Gesellen fremder Leute -.Achter verfuh
ren, Erpressungen ausüben und, wenn es gar nicht anders geht,
unter Mitnahme des Familienschmucks verschwinden ^rerlich,
wie stets, gebt die Unmoral zuletzt an der Moral zuschanden, die,
im Kino wenigstens, die längeren Beine hat. Da ist ein um das
Lebensglück der Tochter betrogener Vater, da sst weiterhin ein
lrraver junger Mann, dem die Elenden übel witgespielt haben.
Beide verbünden flch wider das glänzende Laster, und nach Vieleck
retardierenden Momenten, erlebt man mcht nur die Genugtuung,
daß die Tugend siegt, sondern auch die Freude, daß der jungs
Mann die ihm zubestimmte Gattin findet, für die er beinahe deu
Tod erlitten hätte. Der glückhaste Ausgang versöhnt mit man
cherlei Unwahrscheinlichkeiten der Fabel, und das moralische Ends
mit der Plumpheit der Schwindeleien .— Der zweite Film:?
„Eine gefährliche Freundschaft", ist eine rührsame Ge
schichte von einem lieben Mädel, das aus Not zur Ballettra-le
wird und sich in dieser gefährlichen Stellung aufs anständigste
behauptet. Die Handlung, die schlimme Klippen der Liebe und
der Eifersucht umschifft, mündet auch hier in das erwünschte
Finale ein. Dis Aufnahmen und darstellerischen Leistungen find
im einzelnen ausgezeichnet. rec.
EröMung^r^kMstmefle.
Die Kunstmesss im Römer, die der Landschaft und Kultur
des Saar! and es gewidmet ist, wurde Sonntag vormittag
durch Stadimt Dr. Land wann eröffnet. Der Redner hob
in seinen Begrüßungsworten hervor, daß dieser Ausstellung,
der ersten des Saarlands, eine besondere Bedeutung eigne,
sie bezeuge die unlösliche Verwachsenheit der Saar mit dem
Mutterland und erweise vor aller Welt, daß die Leiden der
dortigen Bevölkerung deutsche Leiden seien. Auch möge sie
bestätigen, daß Frankfurt seinem deutschen Beruf die
Treue wahre; wie es sich der Elsaß-Lothringer angenommen
habe, so stelle es jetzt die Verbindung mit der Saar her, ein
gedenk der Mission, die im Westen ihm zukomme. Dr.-
Lübbecke dankte allen denen, die zum Gelingen der Schau
beigetragen haben, und gedachte der erfreulichen Tatsache/
daß ste dm Grundstock eines in Saarbrücken zu errichtenden
Saar-Museums bilden solle. Um ste zustande zu
bringen, Habs man sich an die französische Grubmverwaltung
wenden müssen, von der ste dann auch beschickt worden sei.
Wir werden über die Kunstmesse an anderer Stelle noch
berichten.
Die kunsimesse im Römer.
Die Kunst messe, wie alle vorigen von Dw Fr.
Lübbecke mit bewährtem Geschick verunstaltet, ist diesesmal
der Landschaft und der Kultur des Saarland es gewidmet.
Ihre politische Bedeutung liegt auf der Hand und ist von
Sladtrat Dr. Landmann bei der Eröffnung Hinreichend ge
würdigt worden: sie soll die innige Verbundenheit der Saar
mit dem deutschen Mutterland vor aller Welt demonstrieren und
Zugleich bekunden, daß Frankfurt der vaterländischen Mission
eingedenk ist, die im Westen ihm zukommt. Was sie der Saar
-selber bedeutet, mag dis Tatsache erweisen, daß sie den Grund
stock eines in Saarbrücken zu errichtenden Saa r-M useum §
bilden wird.
, Die Ausstellung ist die erste ihrer Art, und sie zustandezu-
bringen, war darum mit manchen Schwierigkeiten verknüpft.
Wenn sie dennoch mit lehrreichem Material aufwarten kann,
fo ist dies dem Entgegenkommen der Stadt Saarbrücken, der
Saarbrücker Handelskammer und der verschiedenen Staats
archive (etwa von Wiesbaden und Koblenz) sowie dem Ver
ständnis Privater zu danken. Von Persönlichkeiten der Saar
hat vornehmlich Maler Hermann KeuLh (Saarbnicken) sich in
den Dienst des Unternehmens gestellt.
Gezeigt wird Zunächst die Landschaft , die ihre unauf
dringlichen Reize hat. Malerische Ansichten der Städte und Ort
schaften und charakteristische NatursLimmungen erstehen in man
nigfachen Photographien, die durchweg von Stadtselretär
Wentz (Saarbrücken) Herruhren, einem Künstler der Kamera,
der auch architektonische Details und Interieurs in Menge für
die Ausstellung ausgenommen hat. Das Bild der Landschaft
bestimmen zum Teil die Jndustriewerke, die nicht selten mit der
Natur sehr annehmbar zusammenklingen.
Das Land ist von jeher der Schauplatz einer ereignisreichen
Geschichte gewesen. Zahlreiche Kriege haben auf seinem Bo
den gewütet und die meisten Werke zerstört, die kulturgesätLigte
Jahrhunderte hier schufen. Immerhin bringt die Ausstellung
Zeugnisse des Gewesenen zur Genüge bei. Man sieht etwa
aus romanischer Zeit Abbildungen der gut erhaltenen Kirche
von Merzig, reich verzierte Kapitale und ein Modell des
runden Turmes im Kloster Mettlach, eines seltsam klobigen Mo
numents, das die Gotik mit Strebepfeilern rundum abgestüht
hat. Von rein gotischen Bauten finden sich die Kirchen St.
Wendel und Tholey und das Stift St. Arnual bei Saar
brücken. Die Abgüsse einiger ansehnlicher Grabdenkmäler dieses
Süfts sind für die Kunstmesse eigens hergestellt worden; da ist
die Gruft des Grafen Johann III. von Nassau-Saarbrücken
(1476) und die sanfte Steingestalt der Gräfin Elisabeth von
Lothringen (1456), die einen französischen Ritterroman unter
dem Titel „Huge Scheppel" (Hugo Capet) übersetzte, eirr
miniaturengeschmücktes Prachtvolumen im Besitz der Hamburger
Staatsbibliothek, das leider nur in der Kopie vorgezeigt wird.
Im Gang der Kunstgeschichte sollten die Schlösser der R e-
naissance jetzt folgen, deren das Saarland eine stattliche
Anzahl besaß. Doch der dreißigjährige Krieg hat ganze Arbeit
gemacht, so daß kein einziges mehr erhalten ist. Geblieben stnd