/^L7c^ 1
Boulevard-Mut. Der erste Teil dieses französischen Monstre-
Films läuft zurzeit in den HLnsa - und den Ariadne - Licht
spielen. Eine endlose Handlung, die bis jetzt elf Me erreicht,
und zwar mit verbrauchten Motiven arbeitet, doch von jener Span
nung ist, wie sie gewissen talentierten Kitschromanen eignet. Mittel
punkt der komplizierten und figurenreichen Begebenheiten ist ein
junges, früh verwaistes Mädchen, Margot genannt, das in der
Provinz erzogen wird, vor den Schrecken des Internats entläuft
und in dem freundlichen Asyl, das ste findet, ihren verkommenen
Vater auf einem Einbruch ertappen muß. S^.e läßt Frieden und!
Behaglichkeit im Stich und folgt dem väterlichen Verbrecher, den'
st. aus den Fängen der Polizei zu wiederholten Malen entreißt
und zu einem Wandel seines Lebensstiles zu bekehren scheint. Das
ist die Hauptaktion, um die sich amüsante Episoden in Fülle grup
pieren. Man begegnet etwa einer boshaften alten Jungfer, deren
Ressentiment sich in hämischen. Gebärden äußert, einem Provinz
Dienstmädchen, das horcht und die Haare sich ondulieren läßt,
kaum daß ste in Paris angekommen ist, dem Vormund Margots
ferner, einem gewissen Biscot Meyer, der als „König der Komiker"
allabendlich Triumphe feiert, ohne daß er darüber seiner Vor
mundspflichten vergäße, und schließlich der kleinen Schwester
unserer Heldin und einem anderen Waisenpaar, welches Kinder
quintett sich < rf das entzückendste 'beträgt, der kleine Junge zu
mal, der Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle ist, wie gering auch
bei ihm der Abstattd zwischen diesen Körperpolen sei, anderer Per
sonen nicht zu gedenken, die ebenfalls in Aktion treten und die
Szene angenehm erfüllen. Das bück ME M Beginn in Süd«
frankreich, später in Paris, von dem man leider nur kärgliche
Straßermusschnitte sieht; die Technik in der Aufnahme-Folge ist
überhaupt bängst nicht ss eräwickelt wi-e bei den modernen deut
schen Films, was wohl daran auch Argen maz, daß der Mm
einige Jahre Zurückdatiert. Aber sind auch die Moden nicht
Eruier mü, so konimt das ewig Menschliche doch hübsch zum
Ausdruck in ihm, die französische Sentimentalität gleicht nutz
Haar der unsern, und man darf hoffen, daß der in acht Tagen
folgende AllZZang aÜLn Beteiligten zum Segen gereiche, roe.
KLnstler-Theater.
,Die Leutchen Kleinstädter" von Kotzebue.
Das Frankfurter Künstlertheater M Rh-m
«nd Main, daS unter Direktor Meißner ^.^Ü^che
Landeswanderbühne seine Tätigkeit ausLibt, dor dem -
Utt einer längeren Kunstreist im Framfurter Volksb'ldung-
heim Kotzebues LustsMl: „Die deutsche/ K^°^
stSdter" heraus. Wie antiquiert immer die Fabel des Lmaes
'sei die Komik im einzelnen bleibt unverwüstlich, und sichere
Theaterrmrtine verleiht dem abgeblatzten, Inhalt eme FM, die
An nicht ganz in die Vergangenheit zurucksrnken laßt, ^a Wirk
lich er ersteht hier leibhaftig wieder, rener harmlofe Mikrokos
mos der kleinen deutschen Stadt von anno d/umÄ, und lachel
man auch überlegen, fo lächelt man eben doch, wenn alle die
IvvUchen Figuren und Situationen für kurze Werke lebendig weT-
dm, die einstens die Physiognomie Krähwinkels be^
len und beute in den „Flregenden Blattern EuMs ern ve
scheidenes Dasein noch fristen: der Dorfpoet, dretr^
Weiber, die Klatschbasen und alten Jungfern, die biederen Hono
ratioren und als sprengende Macht der junge Herr au-'der
Residenz der das sittsame Töchterlein zur Braut ych riklest-
Nichts bleibt vergessen, weder der Nachtwächter, noch der Mond,
die Borniertheit nicht und die Langeweile - em ergötzliches
Drum und Dran, das der schlafmützigen Welt das Gepräge gabt
durch die sich die magere Handlung vier Wie lang windet. Der
als Regisseur verpflichtete Dichter Herbert Kranz, dessen Pro
log einen guten Auftakt bildete, bemühte sich nnt Ersolg um dre
s^wierigr Aufgabe, das neue Ensemble zusammenzufchweiß.n.
Gusti Forst bestimmte als Frau Unter-Steuer-Emnehmenn
mit ansehnlicher provinzieller Würde das Milieu, in bem fm)
auch die anderen Damen: Elfriede S th"d er, Gert Ander
sen, Charlotte Scheier, Käthe Wald au ihrer Rolle ent-,
svrechend bewegten. Ihnen traten unter Führung von Heinz
Äudorf, der den Bürgermeister mit der erfororrlimen kray-
Winkelischen Hochachtbarkeit ausstattete, die Herren Alms Herr-
Wgnn, Otto Dierichs und Hans Deppe zur Seite Das
MMKrm LaMiN nLM mit Beifall»
Werkbundausstellung: „Die Form."
Von Stuttgart, ihrem Geburtsort, ist die Werkbund-Aus
stellung „Die Form" nun zunächst in das Frankfurter
Kunstgewerbemuseum übergesiedelt, von wo aus sie binnen
Monatsfrist ihre Wanderung durch die deutschen Städte fort-
sstzen wird. Die Schau ist während ihrer kurzen Lebensdauer
schon der Gegenstand lebhafter Kontroversen gewesen, ihr
Grundgedanke zumal: „Form ohne Ornament" hat sich, von
namhaften Berliner Kritikern etwa, manche Anfeindungen ge
fallen lassen müssen. Indessen, so sehr man den Rügen dieser
Krittler Lm einzelnen Lnpflichten mag, der Eindruck, den man
jetzt von der Ausstellung wieder empfängt, bestätigt aufs neue,
daß eß mit der These, auf die ste sich gründet, seine Richtig
keit habe. Faßt man die These so auf, wie sie gemeint ist und
wie sie sich in gar nicht wenigen der gezeigten Dinge verwirk
licht, so besagt sie lediglich das eine, daß in einer Epoche stetig
wachsender Technisierung und Amerikanisierung solchen Dingen
allein innere Nottvendigkeit und damit künstlerische Berech
tigung eigne, deren sachgemäße Konstruktion und karge Gestal
tung ihr aufrichtiges Verhältnis zu den unser Leben nun ein
mal beherrschenden Realitäten bekundet. Jene These ist der
Ausdruck einer Gesinnung und mißzuverstehen nur von
einer Kritik, die nicht begreifen will, daß die schönen Aus
schweifungen der schmückenden Phantasie eine Kultur voraus
setzen, die jedenfalls nicht die unsere ist, und aus diesem Grunde
redlicher Bemühung vorläufig sich versagen. Vorläufig: denn
ihre Ablehnung entspringt lediglich dem Zwang der gegen
wärtigen Situation, sie ist keine Forderung, die an sich Geltung
besäße.
Die Ausstellung, deren Leitung in den Händen von Lilly
Reich, Pros. Robert Schmidt und Architekt Ferdinand Krämer
lag, hat ihren Umfang erheblich verringert. Sie verliert da
durch, sind auch wertvolle Stücke (so z. B. die Kompositionen
Pros. Ernst LichMaus) fsrtgefallen, um so weniger an Ent
schiedenheit, als einige ausgeprägte Arbeiten neu sich hinzu
gesellen. Solche Abwandlungen bei unverändertem Kern waren
ursprünglich schon vorgesehen, sie dienen der Hervorkehrung
künstlerischer Eigenarten, die von Ort zu Ort wechseln mögen,
und- führen so zu immer anderen Variationen des einen gleichen
Themas.
Wir haben seinerzeit in unserem Bericht über die in Stutt
gart gerade eröffnete Ausstellung (vergl. Erstes Morgenblatt
vom 10. Juli d. I.) Idee und Leistungen so ausführlich ge
würdigt, daß weniges nur zu bemerken bleibt. Allgemein wäre
vielleicht noch hervorzuheben, daß bei der Betrachtung vieler
Gegenstände die programmatische Absicht, die sie zusammen
geführt hat, hinter dem unmittelbaren Gefühl zurücktritt, daß
ihre Gestaltung durchaus unfragwürdig sei — ein Beweis
mehr für die Gültigkeit dieser Absicht. Die technischen Dinge,
die begreiflicherweise am sichersten geformt sind, drängen sich
diesesmal in verstärktem Maße vor; da tauchen als Neuerschei
nungen etwa Werkstücke des begabten Frankfurter Architekten
Krämer auf, dessen konstruktive Energie zum großen Teil
ausgezeichnete, wenn auch hie und da ein wenig grobkörnige
Die Buchmesse ist dieses Mal in dem oberen Geschoß
des WeMundhauses untergebracht, das größere Entfaltungs
möglichkeiten bietet. Ihre Organisation hat sich gegen früher,
in doppelter Hinsicht geändert. Einmal stellen nicht mehr alte
Verlage selbst aus, ein Teil von ihnen, der in einem eigenen
Raum zusammengefaßt ist, hat vielmehr seine Bücher in die
Obhut der hiesigen Sorttmenter gegeben, die mit der Ver
tretung betraut sind. Zum andern ist eine Mgsse- Buch
handlung eingerichtet worden, eine eigene Verkaufsabtei
lung der Frankfurter Sortimenter, in der alle von den Aus-
ftellern dargebotenen BÄcher im Einzelverkauf erhältlich sind.
Diese Neuerung im Rahmen der Messe entspricht den besonderen
Bedürfnissen des Buchhandels und wird vom Publikum zumal
angenehm empfunden werden.— Bei der Musterung der Stände
und Kojen fällt auf, daß manche Stammgäste von ehedem, so
der Insel-Verlag oder der Karl Wolff-Verlag, den Weg hierher
nicht mehr gefunden haben. Dafür sind andere eingesprungen,
denen man ein gutes Beginnen wünscht. Die Erwartungen
freilich sind trotz des in den Vormittagsstunden schon rege ein
setzenden Besuchs keineswegs hoch gespannt. Skeptische Stim
mung herrscht vor, mit einem Anflug von Optimismus gering
dosiert, und das Klagelied von der Kredit- und Kapitalnot tönt
hier so wie anderwärts. Nur der Buchhandlung wird eine
einigermaßen günstige Prognose gestellt. — Zu den überall vor
handenen Schwierigkeiten gesellt sich im übrigen noch die beson
dere hinzu, daß die Frankfurter Buchmesse von der Stuttgarter
und Leipziger heftig befehdet wird. So hat man eine wichtige
Tagung der Buchhändlev-Gemeinschaft in Stuttgart gerade auf
den gestrigen Sonntag angesetzt, eine seltsame Koinzidenz, die
gewiß nichh^rft blosiem Zufall beruht.__