Von den LichWelbühnen.
Friedrich der Große im Film.
— Der Film „Die Mühle von Sanssouc i" ist nun
auch nach Frankfurt gelangt; die Bieberbau-Lichtspiele
führen ihn vor. Ein Erzeugnis der deutschen Fox-Produktion, nach
Motiven eines Lustspiels von Siegfried Philippi gedreht. Die
zehn Akte find mit guten Kräften und unleugbarem Geschick zu
sammengestellt. Auf die bekannte Anekdote von dem Müller, der
gegen den König mit Erfolg an das Kammergericht in Berlin
appelliert, baut die Fabel sich auf. Die Liebesgeschichten der
Müllers- und der HofjuwelierZLochtsr gruppieren sich um den Kern.
Als Staffage das Potsdamer Milieu, die Interviews von
Sanssoucsi Chargen und Kompanien, die Generalität. Alles, was
man von Menzel her kennt, naturgetreu hergerichtet. Im Mittel
punkt der Friedrich Otto Gebührs, porträtähnlich, mit dem
Airs «LSM
Kecien unck Susen SÄkns-
mann. Z. r'er-m. Uüneken, 0. H. Zeck.
S-M Leiten. 6eö. 16.
Das m XuklWs orsebionsns Lueb dringt
neue XulsätLs, äks, naed äom ^Vorts ckes
Verla886rs, „mittsn dinsin in äas Lrsnnon äsr Ksxwn-
^ärtixwn cksutsellsn Uinuts" tnürsn. I^oickor orLSMt
8i6 bei Lüllnsmann Lranä^uncisn; denn noeb im
Zsntömder 1925 Ltsbt er niekt an, äis „Zittliebs
liüekständiKÜsit der ^sstliedsn Völüor" dsdaup-
tsn, dis sieh v^ädrend des Lris^s ^sokksnbnrt dads.
Dieser Xussorueb, dem sied ädnliede anreiden Hellen,
stammt niedt aus dem ^Veltreied dentseden Oeistes,
sondern aus irgend einem Lräd^indel. Der Huell
anderer XusiassunZen M rEreldaite Idealismus,
der in den .formalen Dereieden, in denen es niedt
darauf andommt. von Versvreedun^en triekt, die er
in den dondreten Din^eMIIen niedt dält. ^Vir sind
ZoLialisten, so vürd erdlärt; aber: der „Lomalismus
als Dartei'bedeutet den Dogmatismus einer erstarr
ten volds^irtsedaktlieden. Deedt^läubi^dsit, die
längst niedt medr lebendige Religion ist." ^Vir
sind aued Demokraten im Zinne der Demokratie als
„sittlieder Idee"; aber: die .Demokratie als Dar-
tei... bedeutet die DenutMNL der XbstimmunTS-
masedine kür die kanitalistiseden Av^eeke". 1/Vo also
steden vür? 'vVas sollen vür tun? Nan kra^t ver
gebens, es sei denn, dall man sied mit dem- Bekennt
nis 2ur „sittUeden Idee" be^nü^t; es ist aber keine
Xnttvort, sondern die Dluedt vor idr — eine
Dluedt, die xevüll niedt in das .J^tzltreied ckeutseden
ösistes^ küdrt. — Interessant sind die Xusküdrunxen
über amerikanisede Verdältnisse, die Xüdnemann
vMrend der 2ert seiner Xustnuselwrokessur ?u stu
dieren Dele^endeit datte. Tr.
lDie neue Mufikgesinnung.I Im Rahmen der von der
Frankfurter Kammermusikgemeinoe getroffenen Veranstaltungen er
örterte Karl Holl die Stellung der Musik innerhalb der heutigen
Gesellschaft. Nicht nur die Musiker werden ihm dankbar dafür
sein, daß er, über das Inner-ästhetische hinausweisend, die Auf
merksamkeit auf die es mitbedingende soziale Problematik lenkte,
der das Musikleben zur Zeit untersteht. Mit treffenden Stich
worten kennzeichnete er zunächst die historische Entwicklung der
! musikalischen Produktion, die eine immer stärkere Ablösung der
Musik von den übersubjektiven Zusammenhängen, eine immer auf
fälligere Verringerung und Spezialisierung des eigentlichen Musik
publikums gezeitigt hat. Der Ueberblick führte zu dem Ergebnis,
daß die Kunstmusik heute zur Mu s ik esoterischer Zirkel,
hie Volksmusik aber zur gemeinen Schlagermusik geworden
ist, die einzig von der Passivität des Publikums getragen wird.
Ein unhaltbarer Zustand, -der nur dann zu tilgen sein wird, wenn
eine neue M u s i k g e s i n n u n g heraufwächst, die wieder die
Musik zu dem macht, was sie von Hause aus ist: zu einer Kunst
äußerung, die aus der Gemeinschaft konrmt und in sie mündet, und
als Möglichkeit der Empfängnis und des Ausdrucks in jedem
physiologisch gesunden Menschen bereit liegt. Wie aber ist hier
Re-medur zu schaffen? Die Antwort auf diese Frage ward nicht
ohne Optimismus erteilt, wenngleich Holl keineswegs die Größe
der Gefahr-- erkannte, denen bei der Umwandlung des gegen-
wärU-^ ^Mndes zu begegnen ist. Gefordert ist vor allem He
n- bereits angestrebte Neubegründung des musikali -
U nterr r ch t D Durch seinen Einbau in den Gesamt
verricht, durch rhythmische Gymnastik und andere Veranstaltungen
wird danach Zu trachten sein, daß der Unterschied zwischen Müst-
kalischen und Unmusikalischen mehr und mehr sich verflüchtige und
die Fähigkeit des Musizierens wieder allgemeiner hervortrete. Be
troffen von der notwendigen Umstellung, die nicht zuletzt aus
^wirtschafLlf^ erfolgen muß, wird auch das
öffentliche Musikleben. Holl prognostizierte den Ätzgas
der durchschnittlichen Solisten vom Podium, der vielleicht dem
Mustkbildungswesen zugute komme, und die unausweichliche An-
padung der Konzertgesellschaften an den neuen Musikwillen. Er
ist der Oper am wenigsten günstig, und die Frage entsteht, ob
ihre Aufführungen nicht wieder Festspielcharakter an
nehmen sollen, eine Aenderung, die zugleich den wirklich leistungs
fähigen Bühnen einen größeren Aktionsradius verliehe. Nachdem
der Redner noch kurz die Pflichten angedeutet hatte, die dem Staat
und den Kommunen angesichts des Kommenden erwachsen, umriß
er Zum Schlüsse den maßgebenden Anteil der Presse, an der
Umgestaltung des musikalischen Lebens. Das schöne Bild, das er
von der Wurde und den Führerqualitäten des idealen Musik
kritikers, dieses öffentlichen „Sachwalters der Musik" entwarf,
durfte man auch als eine Zielsetzung seines eigenen "beruflichen
Wirkens verstehen. i<r
— „Die rote Maus." Ein Novellenstoff, der Kaschemme und
Salon verbindet. Man hat dergleichen öfters gesehen, aber die
Regie ist gut und die Handlung spannt, wenn sie auch nicht ge
nügend von dem Buch sich ablöst. Aud Egede Nissen entfaltet
sich als Heldin; ihre Züge wandeln sich vom Schrecken zur Ko
ketterie, sie beherrscht die Stufen des Ausdrucks. Aus der Gesell
schaft eines Diebes, der ihr Geliebter ist, reißt sie sich los, reinere
Sphären zu betreten. Zunächst die des Films. Sie spielt hier,
was sie früher schien: die Dirne, die auf der Leinwand so häufig
wie in der Wirklichkeit zu sehen ist. Filmleute kopieren sich selber
getreu, Jupiterlampen leuchten, die Kulissenwelt wird reproduziert.
Ihr entsteigt die Heldin, um die Frau des Gerichtspräsidenten zu
werden. Sie ist glücklich so in der Höhe, herrlich anzuschauen in
Gesellschaftskostüm, aber ein Alpdruck lastet auf ihr — die Ver
gangenheit, die sie verschweigt. Der Dieb, ein Gentleman durch
aus, hat ihren Namen nicht genannt. Er kommt aus dem Gefäng
nis heraus, er bedrängt sie, gar nicht mehr AsntlemanMe: wird
er nun reden? Man zittert von M zu Akt, fürchterlich schürzt
sich der Knoten, schlimm wird es enden. Es endet vortrefflich,
durch eine Wendung, die im letzten Augenblick erfolgt und psycho
logisch nicht uninteressant ist. Dem Gerichtspräsidenten wünscht
man noch eine lange glückliche Ehe, er ist von innerem Adel und
reich. Die Rollen sind ausgezeichnet besetzt, einige Impressionen
biotechnisch voll ausgeschöpft, und so wäre denn wieder einmal
das große Motiv des schlechten Schweigens in dem Bereich der
kriminellen Ereignisse drastisch entlarvt. — Im Beiprogramm zei
gen die Alemannia - Lichtspiele noch einen netten ameri
kanischen Film: „Hochzeit mit Hindernissen". Sind
diese Bewegungsvorgänge auch bereits Klischee geworden, so steht
man sie doch wieder gern, denn die Eile, mit der sie voruber-
schlüpfen, tut gut. Die Deulig-Woche ist mit Aktualitäten
gemästet. racL.
Michelangelo als Architekt.
— In der Berufsschule für Graphik und gestaltende Gewerbe
sprach Pros. Julius Hülsen zu dem Kreis der Freunde und
Gönner der Schule über Michelangelo als Architekt. Er
charakterisierte ihn als eine Erscheinung des Uebergangs, an der
Wende zweier Zeiten. Zwar redet Michelangelo noch die FormenD
spräche der Antike, bricht aber als Architekt die Alleinherrschaft^
der Säulen und gibt den Massen einen neuen Inhalt. Man
nennt ihn den „Vater des Barockstils"; und in der Tat, er
hat seine Heraufkunft am nachhaltigsten beschworen.
Bei der durch Lichtbilder unterstützten Betrachtung der
Architekturwerke Michelangelos ging der Redner zunächst auf die
M e d i c e e rk a p e l l e ein. Sie hätte damals sehr schlicht gelöst
werden können. Michelangelo aber hat die Sitzfiguren der beiden
Mediceer architektonisch verklärt, indem er ein Nischenwerk errichtet,
§ das bereits die Antike verleugnet. .Das Ganze ist nicht im Ein
klang mit den alten Ordnungen komponiert, sondern frei geschaffen;
der Bildhauer, nicht der Architekt hat sich durchgerungen. Der
Schmuck erlangt bei ihm eine selbständige Bedeutung, die Wand
findet ihre eigene Sprache, durch plastische Mittel ist ihr etwas
gegeben. Kandelabersäulen, Kränze, Bewegung der Bänder: alles
ist neu und stimmt wunderbar zusammen; hier ist die Geburtsstätte
des Barock.
Der eigentliche Schöpfungsbau des Barock freilich ist die
Laurentiana. In ihrem Treppenhaus hat Michelangelo die
Säulen in die Mauer gestellt, der Licht- und Schatteneffekte
wegen. Alles ist in der Wirkung gleichsam angeheizt. Auch die
Nischen, die um ihrer selbst willen da sind, und die verkröpften
Gesimse erteilen den 'Mauern ein neues Leben.
In Rom erwartete Michelangelo die Aufgabe, den Kapitol-
platz zu gestalten. Marc Aurel steht hier auf einem niedrigen
Sockel, an dem man auch das Wesen des Barock studieren kann.
Der Senatorenpalast zeigt in seiner Frontbehandlung nicht eigent
lich viel vom barocken Wesen; die Treppenvorbauten freilich holen
es wieder herein, auch durch die ganze Freiheit, mit der die Bau
elemente behandelt sind, wird es bestätigt.
An der Porta Pia hat sich Michelangelo als Bildhauer mit
malerischem Blick bewährt. Sie ist besät mit merkwürdigen Formen:
Rahmen sitzen in Rahmen, die Simaprofile sind umgewandelt —
alles gewaltige Neuerungen, barocken Geistes voll, der die Gewalt
! der in sich gebunden architektonischen Formen tilgt.
> Es würde zuweit führen, den Redner durch die ganze Architek- <
l turwelL Michelangelos zu begleiten. Genug Laß er, vom Beifall!
der Hörer bedankt, auch für die anderen Schöpfungen an Haut
der Lichtbilder ein Verständnis zu erwecken suchte. — Ein Musik
vortrag leitete den Abend ein. Xr.