erfs s s e r sin-d nach ihm die großen Religionsstifter gewesen,
einen Sinnesevsasser nennt er stch selber. Er gliedert stch damit
bewußt einer Menschenspezies ein, deren Werke statt der schnell
abgestandenen Theorien unvergängliche Keime sind und deren
Geist, wie er bei Gelegenheit Christi sagt, sich als unmittel
bares Leben manifestiert. Von ihnen gehen Impulse aus, nicht
fertige Lehrmeinungen, und einen Impuls Will auch Keyserling
in der Schule her Weisheit erteilen. Er hebt diese ihre
Bedeutung mit den Worten hervor: Darmstadt wandelt „Jahr
fir Flchp die GrmKtheme» dM SMtcS« poMhsn von «WM
Verstehensniveau aus ab und erteilt ihnen dadurch einen neuen >
Sinn". Es ist also nicht eigentlich Bescheidenheit, die ihn auf die
Unzulänglichkeiten seines Daseins blicken läßt, vielmehr: hie engen
Beziehungen von Unzulänglichkeiten und Leistungen werden
unterstrichen, um die Leistungen zum Ausdruck der auf Sinnes
erfassung gerichteten Persönlichkeit zu stempeln. Denn wie heißt
es von Christus? Es kommt „bei Geistern letztendlich nicht auf
das Mas', sondern allein das Mer' an". Ehen dieser Wer ent
hüllt in der autobiographischen Skizze seine Unzulänglichkeit.
Die folgenden Sinnbilder dienen dem eigenen als Relief
und als Bestätigung. Keyserling wirkt; Schopenhauer
hat nicht gewirkt. Da abxr nach Keyserling die Menschen so
wirken, wie sie sind, kann Schopenhauer nicht gut wer gewesen
sein. Seine Philosophie wird als eine der Ohnmacht gekenn
zeichnet; der Ohnmacht, die ihren Grund in seinem unschöpferi-
schen Willen, in der mangelnden Willenskraft seiner ver
einigten Fähigkeiten hat. So glänzend diese Fähigkeiten im
einzelnen sein mögen, Schopenhauer als Persönlichkeit hat
kein Verhältnis zum Sinn. Er wird daher zum Musterbeispiel
der Artisten, der Essayisten und Feuilletonisten erniedrigt —
einer Menschenklasse, mit der Keyserling so gründlich zu Ge
richt geht, daß der Verdacht nicht abzuweisen ist, seine
empirische Unzulänglichkeit habe unter ihr zu leiden gehabt,!
Ist der Gesamtabrechnung spielt das angebliche Vorurteil her
Lite raten, daß die Sprache über den Wert der Gedanken
entscheide, keine geringe Rolle, Seiner Sachkxftik an S-chopen- >
Hauer wäre im übrigen unbedenklich zuzustimmen, versetzte er
nicht zu gleicher Zeit Nietzsche unter die Gestirne („- - - was
Nietzsche bedeutet, werden erst unsere Enkel ermessen können"), >
Die Zensuren erwecken Mißtrauen gegen den Ginn, der in
Darmstadt erteilt wird.
„Prophetie beruht nicht auf Tatsachen-, sondern SinncS-
schau." Also ist zwar Keyserling ein Prophet, aber SPcng-
ler mitnichten. Er wird, richtig durchaus, als „Tatsachen-
mensch" erfaßt, der den Primat des Geistes nicht anerkennt
und darum zur Blindheit gegen die Ideen verurteilt ist, die
den Zug der Geschichte bestimmen. Zum Beweis dessen, daß
nicht das Wut, sondern der Geist die Welt verwandelt, führt
Kchserling die gemischte Gesellschaft von Buddha, Mussolini
und Lenin an.
Kant erhält einen Ehrenplatz, doch er wäre mit der Aus
zeichnung kaum zufrieden gewesen. Denn als sein Verdienst
wird erachtet, daß er eine „Philosophie der allgemeinen
Sinneserfassung" ermöglicht; nicht etwa, daß er Religion und
Ethik auf Vernunftforderungen gründet. Keyserling verübelt
ihm ein wenig die systematische Darstellung seiner Erkennt
nisse, der allenfalls ein gewisser Nützlichkeitswert innswohne,
versöhnt sich aber dann wieder mit dem System, weil Kant
trotz dchses Schönheitsfehlers so fortwirfte, als hätte er nur j
Keime ausgestreut. i
Besser ist G schon, SGK« M WbW, ßmdsW «vms»
züglich den Sinn zu erschauen und weiter zu geben. So ist
es in Darmstadt der Brauch, so haben es zu allen Zeiten die
Magier gehalten, die bösen und die guten. Alle Sinnes?
Verwirklichung, sagt Keyserling, ist Magie, und der Magier
verkörpert das schöpferische Prinzip des Geistes in männlicher
Modalität, Auch I esus, das fünfte und letzte Sinnbild des
Buches, lst ein Magier gewesen, esn guter Magier natürlich,
einer jener Magier höchster Art, von denen Keyserling be
merkt, dap ihr Urquell der „kosmische Sinn" sei, ein Geist,
der ganz konkret geworden ist, kurz, ein Geist von persönlichem
Stil. Das „Urbild alles Stils" ist das Wort, bemerkt
Keyserling weiterhin, und ex mißt dem Wort am Schlüsse
soviel Bedeutung bei, daß er es zum ursprünglichen „Körper
alles Sinns" erhöht. "
Hält man diese Erkenntnis mit der abfälligen über die
Lfteraten zusammen, so ergibt sich ein Widerspruch, der
schon allein genügte, um gegen den in Darmstadt erteilten
Sinn skepasch zu stimmen. Aus Anlaß Schopenhauers, des
Artisten, ward geäußert, daß „tief denken und gut schreiben
Me; Dmge sind, von denen keins das andere notwendig be
dingt-; in der Gegend um Jesus wird festgestellt, daß das
. unmittelbar „spermatisch-schöpferisch" sei und nur gut
geschriebene Bücher fortlebten. Das erste Mal scheint Keyser
ling aus Grimm gegen die Lfteraten und als Fürsprecher
?VLWruläMichM -enteilt zu haben; das zweite
Rücksicht auf das JphMnes-Evangelium. Ein Sinn
k n E, oh er sich gut cher schlecht ausdrücken
«E, ist fnfpßkf.
-, s/l nicht nur suspekt, sondern er ist seiner wahren Be
schaffenheit ubcrführt, wenn von ihm gesagt werden darf, daß
könne „Ich glaube fest daran," erklärt
.reyserlrng, „daß das Leben einen tiefen Sinn hat, sofern
man ihn ihm gibt." (Vom Autor gesperrt.) Dieses Wort
vom Sinnertsilen fällt in Verbindung mit WAMMMsiMMps;
an entscheidender Stelle, um von Keyserling sprachgewandten
Lfteraten gegenüber als Belanglosigkeit entschuldigt zu wer
den. Wird es aber voll belastet, so erhellt aus seinem Gebrauch,
daß her Keyserlingsche Sinn nicht danach gngetan ist, die
empirische Unzulänglichkeit zu legitimieren, zu der er in funk
tionaler Beziehung steht, Denn der echte Sinn wird nicht
gegeben oder in Därmstadt von Fahr zu Fahr erteilt, er wird
vielmehr erkannt und genommen. Ohne Zweifel erkennt
und nimmt ihn der ganze Mensch, der ihn fortan darstellt.
Aber dieser Mensch hat ihn als einen inhaltlich bestimmten
Sinn, den er der Welt einpftanzen will, weil er ihn für richtig
und geboten hält stehe Buddha und Lenin (auf Mussolini
wäre in diesem Zusammenhang doch Wohl zu verzichten) —
und es wird ihm niemals etnfallen^ irgendeinen Sinn für
richtig und geboten M halten, weil er sich mit ihm der ganzen i
WeS Pende« «Achte. D«. G. ;
— Der Meister der Welt. Würden Sie, wenn stch eine Frau um
Ihretwillen mit dem Revolver nicht unerheblich verwundet hätte,
das Zimmer verlassen, um als Dauerlaufer in einem Entschei
dungskampf anzutreten? Der Held dieses in den „Alemanni a-
Lichtspielen" gezeigten Films tut es. Er ist ein bildhübscher,
junger Mann, gefeierter Läufer, eine Kapazität im Stadion. Der
Film entrollt einen Ausschnitt aus seiner heroischen Biographie.
Großer Sieg in England, Massenjuöel, das Mütterchen zuhause
strahlt. Eine Braut ist vorhanden, deren Vater jedoch die Größe
des Marathonläufers vorerst noch nicht zu würdigen vermag. Olga
Tschechowa,. die Freundin des geschlagenen Konkurrenten, ban-
delt mit dem Sieger an, um ihn bei dem nächsten Entscheidungs
kampf zu schwächen. Der schöne Jüngling taumelt in diesen Venus
berg hinein, sein Mütterchen weint, aber die blonde Braut, alias
Tenia Desni, befreit ihn aus den dämonischen Fängen. Er siegt
wider Erwarten auch zum zweiten Mal. Maffenjubel, Mutterstrahlen,
bekehrter Papa. Dieser nach einem Roman von Werner Scheff ge
drehte SportblattberichL ist sehr hübsch aufgemacht. Gut und flott
sind die Nebenszenen: Stadionausschnitte, Schlafwagenaspekt.e, An
kunft in Berlin usw. Ja, mitunter scheint sich in den sportlichen
Ernst eine leise Ironie zu mischen, die den Enthusiasmus für die
Läufer noch übertreibt, um seine Komik ins Bewußtsein zu er
heben. Die Hauptfigur ist übrigens nicht der Läufer selbst, sondern '
PaulGraetzals Trainer. Ob er ein tüchtiger Trainer ist, bleibe
dahingestellt. Aber wundervoll mischt er Fürsorglichkeit, pfiffiges
Wesen und Überlegenheit. Sein Trikot ist ein Gedicht, und für
seinen Mienenspiel während des Rennens möchte man das Rennen
selber Preisgeben. Dieser Trainer ist zugleich der humoristische Kri
tiker seiner Tätigkeit. RLQL.
, / r. .
Die Frau ohne Namen,
Film der „B i -b e rba u -L icht spiele" ermög
licht auf bequeme Art eine Reise um die Welt. Man steht
in ihm er wirb nicht wie die Mehrzahl Ser durchschnitt
lichen GeMchaftsfilme vor gestellten Staffagen gedreht. In seiner
Haltung fchlreßt er sich ungefähr an den Ellen Richier-Film an,
der vor längerer Zeit die Sehnsucht nach fremden Ländern bc-
friedlgte. „ Auch die „Frau ohne Namen" legt eine aufregende
Reye Mruck. Das Motiv der Unternehmung ist Ee sehr hübsche
Mmrdee. Die betreffende junge Dame ist Besitzerin einer ameri-
kamschen Zeitung, die im Begriff ist, bankerott zu gehen. Aus
Rektamegründen beschließt das Mädchen, «in halbes Jahr zu ver
schwinden; wer ihren Aufenthaltsort ausfindig macht und sie dem
amerikanischen Konsul ausliefert, soll 100 060 Dollar erhalten,
.ihr intimster Konkurrent, ebenfalls Zeitungsbesitzer, ebenfalls
reklamebdurstrg, heftet sich ihr an die Fersen. Heißt es indiskret
>em, wenn wir verraten, daß die beiden sich lieben? Fügt man
noch hinzu, daß die junge Dame von keinem geringeren Kavalier
als Georg Alexander begleitet wird, während den Konkur
renten eine Schlangentänzerin bedrängt, so ist die lustige Expo
sition gegeben, und zugleich hinreichend deutlich aüsgedrückt, daß
aus der Schlangentänzerin und dem Kavalier stch gleichfalls ein
Paar gestalten wird. Die Sache beginnt in New Yorker Zei-
tungsöetrieben, deren Interieurs den Referenten nicht eben darauf
begierig machen, sich als amerikanischer Reporter zu versuchen.
Dann geht es nach San Fvancisco, mit vielen Komplikationen,
aps der Veranlassung .zur Expedition mit Notwendigkeit folgen.
Elga Brrnk ist ein tollkühnes Mädchen und ihr Partner Jack
Trevor nicht auf den Kopf gefallen. Immer und überall trifft
das Quartett wieder zusammen, die Welt ist klein. Daß sie groß
rst, schön und verschiedenartig wird durch viele famche Aufnahmen
bewiesen. Wo machen wir nicht des verrückten Abkommens wegen
Station: Mitten in Amerika springen wir aus dem Expreß, wir
werden in Frisko auf den Kutter eines Sektschmugglers (Stuart
Rome) verstaut, besteigen in Honolulu den Kilaulea, verschiffen
uns als bunde Passagiere nach Schanghai, setzen unter verschro-
venen Umstanden nach Japan über. Ein geographischer
der nicht nur die üblichen
AipMe zergt, sondern auch abseitige Gegenden vor Augen führt.
Die Kakteen an der Transpacific-Bahn sind bez.cmbernd hoch' und
abnorm. Hafenbilder in allen Erdteilen machen krank vor Heim-
wch nach der Fremde. Den Jangtsekiang mit seinen elegischen
Dschunken hinauszufahren ist ein reines Pergnügen. Das aben
teuerliche Mädchen wird dort in ein Schanghaier Freudenhaus
verschleppt, wo man die Bekanntschaft eines fetten Koreaners
schließt, der, bei Licht besehen, sich als Jakob Tiedke entpuppt.
Es verlohnt sich, in den Straßen Schanghais zu bummeln. Herr
lich auch Tokio, von dem besonders glückliche Bilder zu sehen