einandergerüttelt.
raca.
— Mörrig TLir.I Aus Paris wird uns geschrieben:
Ein französischer Film der letzten Wochen: „Liti l.,
der König der Gassenjugen^ Isi-, E ckes
QoLse.8") ist seinem Inhalt nach aufschlußreich, weil er, ohne es
im übrigen zu verhehlen, ganz in das Gebiet der Kolportage g-e-
hört. Die Kolportage bringt vieles an den Tag, was das Licht der
höheren Künste oft scheut. Der Litt mit seinem Wuschelkovf ist das
Muster eines Pariser Gassenjungen — ein Boulevard-Blatt siai
seinen Darsteller jüngst sogar interviewt, so populär ist die Figur»
Jungenstreiche werden nun seit Mark Twain gewöhnlich in
Amerika verübt. Was tun die Buben dort in den Filmend Sie
bilden Banden, die sich Straßenkämpse liefern, und begehen
mancherlei heroischen Unfug, nicht ohne das unverdorbene Herz
leuchten zu lassen. So Jackie Coogan, der das unbestrittene Vor
bild ist (oder war). Aber Liebs rennen die Knaben nicht. Mary
Pickford ist ihr Spielkamerad, Zärtliche Regungen stehen , hinter dem
allgemein-menschlichen Edelmut zurück, den sie freilich in unglaub
tichen Quantitäten besitzen.
Der , Pariser Ati — höchstens Zwölf Jahrs zahlt der KnirM
— .unterscheidet sich von den auswärtigen Kollegen durch seine
amvuröfs Natur. Gewiß, auch er ist artiger Unarten voll, doch er
setzt sie um der Rettung eines kleinen Mädchens willen ins Wer*
für das er besondere Gefühle hegt Die Triebfeder seiner Taten ist
die Liebe. Er weiß nichts von geschäftlichen Abschlüssen, wie sie
Jackie tätigt, er ist auch Lein reiner Tor, wie die Boys auf der
Leinwand. Ein Troubadour steckt in Titi, und seine Züge tragen
schon die Spuren der vererbten und vorgsahnten erotischen Er
fahrung — er müßte sonst kein Franzose sein. Die winzige Er
korene aber ist nicht nur die Königin seines Herzens, sondern eine
wirkliche Balkan Königin, der ein Prätendent das Geburtsrecht
streitig macht; was allerdings erst ganz am Schluß an den Tag
kommt. Nach der Enthüllung wird ein märchenhaftes Zeremoniell
aufgeöoten. Die Miniaturfürstin im StaaLsNeid mit endloser
Schleppe empfängt vor ihrer Abreise (nach dem Balkan) noch ein
mal den kaum minder aufgeputztsn Titi, der ihr verspricht- sie
später aufzusuchen. Er wird es zu einer gesellschaftlichLN Stellung
durch das Mädchen bringen Lis^e, Ritterlichkeit, Glanz: die Welt
der kleinen LLM ist die der groben-
--- Das PanzsrgewMe. Ein guter DeteMvfilm, der in den
Natlonaitheatcrn (Scala- und Hohsnzollerntheatei)
lauft. Stuart Webbs, alias Ernst Reicher, ist in chm wieder
auferstanden. Vor mehreren Jahren lief eine ganze Serie dieser
L-tuart Webbs-Film«, die hübsche und schaurige Detektivabenteuer
anemanderreihten. (Einige Stücke, so vor allem «Der Amateur
detektiv", wünschte man wieder einmal zu sehen-) Die Mode wech-
iclte, an die Stelle des Kriminalfilms trat der Gesellschaftsfilm,
der eine schöne Gesellschaft Zeigte. Vielleicht war es auch ganz gut,
daß Stuart Webbs in der Versenkung verschwand, denn sein
Scharfsinn hatte beträchtlich abgenommen. Die lange Brachreit
scheint ihm gut bekommen zu sein. Das .PanzergewWe""bat
Sand und Fuß, und Webbs-Reicher zeigt sich auf dem Gipfel
seines alten detektivischen Ruhms. Er hat es mit einer Falfch-
münzerbande zu tun, an deren Spitz« ein unheimlicher Mann mit
einem Vollbart steht: Heinrich George. Man möchte ihm
nachts nicht allein auf der Straße begegnen, und seine Komplizin
Aud Egede Rissen wird denn auch kurzerhand von ihm er
würgt, weil sich das Mädchen verräterisch benommen hat. Wie er
wippend dasieht, die Hände in den Hosentaschen; wie er kalt-
lachelnd Erpressung übt, wie er zuletzt sämtliche Stadien der grob
PhWchen Angst durchläuft: das ist schon eine fein aufgebaute.
Wirkungsvolle Leistung. In der Begleitung Ernst Reichers frei
lich konnte man ihm auch nachts ohne Furcht begegnen. Das
weltmännische Wesen die Ironie und die freundliche Uebcrlegen-
hert des MeisterdetektivZ ist noch anderen Schurken gewachsen«
Zweigen wir über die Handlung, auf die Ueberraschung kommt
es hrer an- Verraten sei nur das eine: daß es in dem Panzer-
gewolbe schrecklich zugeht und harmonisch endet. Auch in der Bei-
Mrichung des Humors ist das Rezept für den guten Defektiv oman
gewd befolgt. Witzig ist vor allem ein sanfter Verbrecher
typ, der über eine Art von milder Gemeinheit verfügt. Der Be
such des Films ist sehr anzuratm. raeu.
Das Serkaer Nettopollheaker
lm Schumamthealer.
Si«« Do-prlreva«.
— .Welches ist daS betSrendste Gift? Das WeiL-^ So fragt,
fo antwortet Elfe Berna, die Hauptdarstellerin der Metropol-
theater-Revu« und vergiftet dann das Publikum mit sich
selbst und den Girls vom Metropol. Die Mädchen tanzen und
bilden geometrische Muster, wie es sich für eine Revue gehört, die
Beine und Kostüme sind hübsch. Das übrige auch Eine schöne
Gruppe ist die einer Rose, deren Riesenblüte sich öffnet und
schließt. In einer Uebersicht über historische Tänze wird der
Schieber: «Im Grunewald ist Holzauktion" stilgerecht zelebriert,
auch die Rokoko-Pagen und die Csnvan-TLnzerinnen machen gute
Figur und Figuren- Trotz des Hauptschlagers: »Das hat die Welt
noch nicht geseh'n" hat die Welt freilich die meisten Figuren schon
gesehen. Am originellsten ist die lustige VaristS-Szene, in der eine
Dame einen Pony springen läßt. Der Pony ist künstlich, er ist,
wie sich später heraussteLL, eigentlich ein Mmn, darum auch er
scheint die ganze Pferd eanatomie sehr drollig verrenkt. Das Tier
verübt vier- und zweibeinige Tänze, die unsere gewohnten Begriffe
auf den Kopf stellen — eine GroteZknummer, weit über dem Durch
schnitt. Und dann ist Leo Morgenstern vorhanden, ein dicker
humoristischer Berliner Herr, der fortwährend in die Handlung ein-
greift und manche erheiternde Zwischenfälle arrangiert, die das dünn
instrumentierte Spiel angenehm unterbrechen. Sein Partner ist
Charlie Brock, ein Schwerennöter, wie man so sagt, dem in der
Revue zum mindesten keine Frau widersteht. Außer diesen beiden
Herren scheint es weitere nicht zu geben, denn alle anderen Herren
sind Mädchen. Als junge Gents in Straßenkostümen sehen sie
übrigens reizend aus.
Die Revue der Großen umrahmt die der Kleinen, die von der
Welt seltener gesehen wird. Singers Midgets-Revue ist
eine amerikanische Zwergenschau, die eine Fülle von
Produktionen bietet. Die Vorführungen sind sonderbar aufreizend.
Es ist ja nicht so, als ob man durch das umgekehrte Opernglas die
normalen Proportionen verkleinert erblickte, vielmehr, man hat
(wenn dieser Vergleich gestatte: ist) die Sensation, in ein mensch
liches Aquarium zu schauen. Auf einem schönen, zarten Frauen-
körper sitzt ein altes Gesicht, das nicht ganz zu chm paffen wm,
slle Erscheinungen sind ein wenig verzerrt. Ihr Heraustreten aus
den absoluten menschlichen Maßen rückt auch ihr Wesen uns fern,
sie bilden eine Welt für sich, deren Gleichheit mit der unsrigen
wieder, erstaunen läßt. Diese durch das Kleine hervorgerufene
AbgesperWeit erzeugt wohl den schmerzlichen Ausdruck der Augen
und drängt bei den Beschauern das Lachen dort auch zurück, wo
es am Platze wäre. Die Leistungen der Truppe sind außerordent
lich. Ihre Jazzband vollführt auf normalen Instrumenten,
die nur eine eigene MpuLanische Tastatur besitzen, eine unver
fälscht niggerhafte Musik, scharf und exakt im Rhythmus; sogar
das Zu Heidelberg verlorene Herz scheint in den 17. 8. Zu
schlagen. Der winzige starke Mann, der ein Pferd mit Reiter zu
heben vermag, gleicht der Ameise, die einen Grashalm schleppt,
der bei der Umrechnung auf unsere Größenverhältniffe sich als
Amshsher Balken erwiese. Traurig schön sind die Fragmente aus
einer New Aorker Revue: die Herrchen in Smoking, Die Dämchen
in PrunkphanLastegewändern, die ein Parkett von Millionären
entzückten. Eine Kopie aus der Riesenwelt; wie
Marionetten in einem Glaskasten bewegen sich und singen die
Figuren. Einer zaubert dann, als chinesischer Magier Piepst er
deutsche Sätze, gewandt wie der Blitz, eine Märchengestalt. Oder
sie reiten im Braus dahin, kaum daß die Pferde von der Stelle
kommen, denn auch die Zeit ist verkürzt. Die Miniatur-B oxkänrpfe
sind lächerlich und entsetzlich; dicht wie Schneeflocken in einer
Glaskugel folgen sich die Schläge. Bei dem Schiußbild, das alle
Darsteller der Doppelrevue vereinigt, sind die Zwerge mit dem
Girlensemble zu einer einzigen Gruppe zusammen gestellt. Nur in
einem Lachkabinett erscheinen die Dimensionen ähnlich durch-